Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.12.2017, Az. I ZR 186/16

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 1212

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:061217U[X.]186.16.0

BUN[X.]SGERI[X.]HTSHOF
IM
NAMEN
[X.]S
VOLKES
URTEIL
I [X.]
Verkündet am:
6. Dezember 2017
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Konferenz der Tiere
ZPO § 4 Abs. 1, § 511 Abs. 2 Nr. 1; [X.] § 2 Abs. 1 Nr. 6, §§ 19a, 85 Abs. 1 Satz 2, § 94 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 2 Satz 1
Der Teilnehmer einer [X.]tauschbörse, der [X.] in der [X.] anbietet, die einem urheberrechtlich geschützten Werk zuzuordnen sind, das im zeitlichen Zusammenhang mit der beanstandeten Hand-lung in der [X.] zum Herunterladen bereit gehalten wird, haftet regel-mäßig als Mittäter einer gemeinschaftlich mit den anderen Nutzern der [X.] begangenen Verletzung des Rechts zur öffentlichen Zugäng-lichmachung des Werks.
[X.], Urteil vom 6. Dezember 2017 -
I [X.] -
LG [X.] ([X.])

AG [X.] ([X.])

-
2
-
[X.]:[X.]:[X.]:2017:061217U[X.]186.16.0
Der [X.]
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhand-lung vom 6.
Dezember 2017 durch [X.]
Dr.
Büscher, die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff, Prof.
Dr.
Koch und Feddersen

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 6. Zivilkammer des Landgerichts [X.] ([X.]) vom
22. Juli 2016 aufgeho-ben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht [X.].
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin behauptet, Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs-
und Verwertungsrechte an dem Film
"[X.]"
zu sein. Dieser
Film
sei vom 22. bis zum 24.
März 2011 über den dem
Beklagten zuzuordnenden [X.]anschluss in einer [X.] im [X.] zum Herunterladen angebo-ten worden.
1
-
3
-

Die Klägerin
hat den Beklagten mit anwaltlichem Schreiben vom 6. April 2011 abgemahnt. Sie verlangt von dem
Beklagten die Zahlung von Schadens-ersatz und Abmahnkosten.
Die
Klägerin
hat beantragt,
1.
den
Beklagten
zu verurteilen, einen angemessenen Schadensersatz, des-sen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, der jedoch insge-samt nicht weniger als
600

betragen soll, zuzüglich
Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit dem 24.
Mai
2013
zu zahlen,
2.
den
Beklagten
zu
verurteilen, an sie 506

zuzüglich
Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz
hieraus
seit dem 24.
Mai
2013
zu zahlen.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der
Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche
weiter.
Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht hat die mit der Klage verfolgten Ansprüche als unbegründet angesehen. Hierzu hat es ausgeführt:
Aus dem Vorbringen der Klägerin ergebe sich nicht, dass über den Inter-netanschluss des Beklagten eine lauffähige Version des Films oder eines Teils davon zum Herunterladen angeboten worden sei.
Dies sei für die Geltendma-chung von urheber-
und leistungsschutzrechtlichen Ansprüchen jedoch erfor-derlich.
2
3
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5
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-
4
-
I[X.] Die Revision der Klägerin hat Erfolg.
1. Gegen die Zulässigkeit der Berufung, die auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. [X.], Versäumnisurteil vom 30. März 2017

[X.], [X.], 785 Rn. 12

übersteigenden Wert des [X.] (§
511 Abs.
2 Nr.
1 ZPO) keine Bedenken.
Dieser Wert beläuft sich allerdings -
entgegen der erstinstanz-lich erfolgten Festsetzung -

uf 1.083,23

Bei der Berechnung der Beschwer sind die Abmahnkosten dem Wert des Schadensersatzanspruchs hinzuzurechnen, soweit sie nicht als Nebenforde-rung im Sinne des § 4 Abs. 1 Halbs. 2 ZPO, sondern als Hauptforderung gel-tend gemacht werden. Soweit mit der Abmahnung ein im Streitfall nicht anhän-gig gemachter Unterlassungsanspruch verfolgt worden ist, beziehen sich die Kosten der Abmahnung auf einen Anspruch, der vom geltend gemachten Hauptanspruch unabhängig ist (vgl. [X.], Beschluss vom 17.
Januar 2013

I
ZR 107/12, [X.], 448 -
Rezeptbild; Urteil vom 12. Mai 2016

I
ZR
1/15, [X.], 1275 Rn. 17 = [X.], 1525 -
Tannöd).
Das Amtsgericht hat die Klage wegen des Anspruchs auf Schadenser-satz

der
nach einem Gegenstandswert von

Kosten der Abmahnung abgewiesen. Mit der Abmahnung
hat
die Klägerin einen gerichtlich nicht mehr anhängig ge-machten Unterlassungsanspruch verfolgt und r-ten Schadensersatzes
verlangt, so dass von den Abmahnkosten auf das [X.] 95,5%

, mithin 483,23

In dieser Höhe stellen die Abmahnkosten neben dem Schadensersatzanspruch eine Hauptfor-derung dar.
7
8
9
10
-
5
-

2. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann
der
mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Schadensersatz gemäß §
97 Abs.
2 Satz
1 in Verbindung mit §§
19a, 94
Abs. 1 Satz 1 [X.] nicht verneint werden.
a) In der Revisionsinstanz ist mangels entgegenstehender Feststellun-gen des Berufungsgerichts davon auszugehen, dass die Klägerin Inhaberin der ausschließlichen Nutzungs-
und Verwertungsrechte an dem Film "[X.]"
ist,
dieser Film urheberrechtsschutzfähig ist
und der Beklagte in dem von der Klägerin dargelegten Zeitraum über seinen [X.]anschluss dem genannten Film zuzuordnende Datenpakete zum Herunterladen angeboten hat.
b) Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des [X.], eine Haftung des
Beklagten nach §
97 Abs.
2 Satz
1 [X.] be-stehe nicht.
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, aus dem Vorbringen der Klägerin ergebe sich nicht, dass über den [X.]anschluss des Beklagten eine lauffähige Version des Films oder eines Teils davon zum Herunterladen ange-boten worden sei. Dies sei für die Geltendmachung von urheber-
und leistungs-schutzrechtlichen Ansprüchen jedoch erforderlich. Eine nur teilweise zur Verfü-gung gestellte Datei sei regelmäßig nicht lauffähig und konsumierbar,
weshalb es sich nicht um eine Nutzung des geschützten Werks oder seiner Teile [X.], sondern
lediglich um "Datenmüll".
Die Klägerin habe nicht dargelegt und un-ter Beweis gestellt, dass diese [X.] zumindest auch im Sinne des §
11 [X.] nutzbare Werkteile enthielten. Dasselbe
gelte für das [X.], weil dieser nicht in stärkerem Umfang ge-schützt werden könne als der Urheber des Films. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
11
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-
6
-
bb) Nach §
97 Abs.
2 Satz
1 [X.] ist, wer das [X.] oder ein [X.] nach dem [X.]sgesetz geschütztes Recht widerrechtlich sowie vorsätzlich oder fahrlässig verletzt, dem Verletzten zum Ersatz des daraus ent-stehenden Schadens verpflichtet. Die Klägerin hat ihre Klage auf eine Verlet-zung ihrer ausschließlichen Verwertungsrechte gemäß §
94 Abs. 1 Satz 1 [X.] und damit auf ein nach dem [X.]sgesetz geschütztes Recht gestützt. Nach dieser Bestimmung hat der Filmhersteller das ausschließliche Recht, den Bildträger oder Bild-
und Tonträger, auf den das Filmwerk aufgenommen ist, zu vervielfältigen, zu verbreiten und zur öffentlichen Vorführung, Funksendung oder öffentlichen Zugänglichmachung zu benutzen. Das Anbieten von Musik-stücken oder Filmwerken mittels
eines Filesharing-Programms in sogenannten "Peer-to-Peer"-Netzwerken im [X.] verletzt das Recht auf öffentliche Zu-gänglichmachung des Leistungsschutzberechtigten
(vgl. [X.], Beschluss vom 19. Februar 2009
-
[X.]-557/07, [X.]. 2009, [X.] = [X.], 579
Rn. 26 ff.

[X.]Tele2; Urteil vom 15.
September 2016
-
[X.]-484/14,
[X.], 1146 Rn.
81
ff. = [X.], 1486

[X.]/[X.]; [X.], Beschluss vom 19.
April 2012 -
I
ZB
77/11, [X.] 2012, 587 Rn. 32 f.; [X.], [X.], 1275 Rn.
22 -
Tannöd; [X.], Urteil vom 6.
Oktober 2016

I
ZR
154/15,
[X.], 386 Rn. 10 = [X.], 448 -
Afterlife).
cc) Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung können die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche nicht verneint werden. Dies gilt einmal dann, wenn auch [X.] dem Leistungsschutzrecht des Film-herstellers nach §
94 f. [X.] unterliegen (dazu nachfolgend II
2 cc
[1] und [2]), jedenfalls aber deshalb, weil eine mittäterschaftliche Haftung des Beklagten für die öffentliche Zugänglichmachung des Gesamtwerks über die [X.]tausch-börse in Betracht kommt (dazu nachfolgend II
2 cc
[3]).
15
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-
7
-

(1) Nach Auffassung des Senats kann das angegriffene Urteil schon deshalb keinen Bestand haben, weil die Werkqualität der im Wege des Filesha-ring zum Herunterladen
angebotenen Datenpakete im Sinne des §
2 Abs. 1 Nr.
6 [X.] keine Voraussetzung für den Leistungsschutz des [X.] nach §
94 Abs.
1 Satz 1 [X.] ist.
Hierauf stellt der Senat im Streitfall allerdings nicht entscheidend ab, weil er mit Beschluss vom 1. Juni 2017 ([X.], [X.], 895 [Vorlagefra-ge 1] = [X.], 1114 -
Metall auf [X.]) dem Gerichtshof der [X.] die Frage zur Vorabentscheidung vorgelegt hat,
ob ein Eingriff in das ausschließliche Recht des [X.] zur Verviel-fältigung seines Tonträgers aus Art. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/[X.], wenn seinem Tonträger kleinste Tonfetzen entnommen und auf einen ande-ren Tonträger übertragen werden,
und eine Antwort des Gerichtshofs noch nicht vorliegt. Die im Streitfall relevante Frage, ob [X.] dem Leistungsschutzrecht des [X.] gemäß Art. 3 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/[X.] unterfallen, kann nicht unab-hängig von
der Vorlagefrage
beantwortet werden.
Nach Auffassung des erkennenden Senats ist Schutzgegenstand des Schutzrechts des [X.] nach §§ 94 f. [X.] die im Filmträger verkör-perte organisatorische und wirtschaftliche Leistung des [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 22. Oktober 1992 -
I [X.], [X.]Z 120, 67, 70 -
Filmher-steller; Urteil vom 20. Dezember 2007

I
ZR
42/05, [X.]Z 175, 135 Rn.
16

TV-Total; [X.], [X.], 895 Rn. 18
-
Metall auf [X.]; [X.] in Dreier/[X.], [X.], 5.
Aufl.,
§ 94 Rn. 20; [X.]/[X.] in
[X.],
[X.], 5. Aufl., § 94 [X.] Rn. 5). Danach ord-net §
94 [X.] ebenso wie das in
§
85 Abs. 1 [X.] geregelte Schutzrecht des [X.] das Ergebnis eines besonderen unternehmerischen [X.] mit den Mitteln eines Schutzrechts demjenigen zu, der den Aufwand als 17
18
19
-
8
-
Unternehmer getätigt hat (vgl. [X.]Z 120, 67, 70 -
Filmhersteller). Da der Film-hersteller diese unternehmerische Leistung für den gesamten Ton-
oder Film-träger erbringt, gibt es keinen Teil des Ton-
oder Filmträgers, auf den nicht ein Teil dieses Aufwands entfällt und der daher nicht geschützt ist. Mithin stellt nach Auffassung des Senats selbst die Entnahme kleinster Partikel einen Eingriff in die durch § 94 Abs.
1 Satz 1 [X.] geschützte Leistung des Filmträgerherstel-lers dar (vgl. [zu §
85 Abs. 1 Satz 1 [X.]] [X.], Urteil vom 20. November 2008 -
I [X.], [X.], 403 Rn. 14 = [X.], 308 -
Metall auf [X.]; Urteil vom 11. Juni 2015 -
I [X.], [X.], 176 Rn. 27 = [X.], 57 -
[X.] I; Urteil vom 11. Juni 2015 -
I [X.], [X.], 184 Rn. 20 = [X.], 66 -
[X.] II; [X.], [X.], 895 Rn. 18
-
Metall auf [X.]).
Es stellt keinen Wertungswiderspruch dar, kleinsten Partikeln eines Film-
oder Tonträgers Leistungsschutz zuzubilligen, während Teile eines Musikwerks nur dann [X.]sschutz genießen, wenn sie für sich genommen den ur-heberrechtlichen [X.] genügen (zum Schutz von Teilen ei-nes Werks nach Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/29/[X.] vgl. [X.], Urteil vom 16. Juli 2009 -
[X.]-5/08, [X.]. 2009, [X.] = [X.], 1041 Rn. 39

Infopaq/[X.]). Die Unterschiede im Schutzumfang ergeben sich aus dem gänzlich unterschiedlichen Schutzgegenstand dieser Rechte. Während das verwandte Schutzrecht am Tonträger den Schutz der wirtschaftlichen, organisa-torischen und technischen Leistung des [X.] zum Gegenstand hat, schützt das [X.] am Musikwerk die persönliche geistige Schöp-fung des Komponisten ([X.], [X.], 403 Rn. 16 -
Metall auf [X.]; [X.], 895 Rn. 19 -
Metall auf [X.]).
20
-
9
-

(2) Diese Sichtweise steht entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht in Widerspruch zu der
zum Schutzrecht des [X.] nach §
85 [X.] ergangenen
Entscheidung des [X.]s vom 31.
Mai 2016 ([X.] 142, 74).
Das [X.] hat ausgesprochen, dass die grundsätz-liche Anerkennung eines Leistungsschutzrechts zugunsten des [X.] in §
85 Abs. 1 Satz 1 [X.], das den Schutz seiner wirtschaftlichen, or-ganisatorischen und
technischen Leistung zum Gegenstand hat, mit Blick auf das Grundrecht der Kunstfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 3 GG verfassungsrechtlich unbedenklich ist ([X.] 142, 74 Rn. 77). Es hat weiter ausgeführt, die Beja-hung eines Eingriffs in das Recht des [X.] aus § 85 Abs. 1 Satz
1 [X.] schon bei der Entnahme einer nur kurzen Rhythmussequenz stelle für sich genommen noch keine ungerechtfertigte Beeinträchtigung der [X.] dar ([X.] 142, 74 Rn. 93 ff.).
Die Kunstfreiheit sei im Rahmen der Anwendung des Rechts auf freie Benutzung gemäß § 24 [X.] angemessen zu berücksichtigen ([X.] 142, 74 Rn. 95 ff.).
Das [X.] hat zugleich klargestellt, dass der Schutz des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 1 GG die Lizenzpflichtigkeit solcher Nutzungshandlungen erfordert, die nicht von der Kunstfreiheit erfasst sind oder die aufgrund ihres Umfangs oder ihres zeitli-chen und inhaltlichen Zusammenhangs mit dem Originaltonträger für dessen Hersteller nicht hinnehmbare wirtschaftliche Risiken mit
sich bringen ([X.] 142, 74 Rn. 108).
Diese für das Verhältnis von Eigentumsschutz und Kunstfreiheit maßgeb-lichen Erwägungen sind im Streitfall unabhängig davon nicht einschlägig, dass aufgrund des unionsrechtlichen Hintergrunds des dem Filmhersteller zustehen-den Leistungsschutzrechts der öffentlichen Zugänglichmachung
in Art. 3 Abs. 2 Buchst. c der Richtlinie 2001/29/[X.] ausschließlich Unionsgrundrechte zu [X.] sind, soweit die Richtlinie den Mitgliedstaaten keinen Umsetzungsspielraum 21
22
23
-
10
-
überlässt, sondern zwingende Vorgaben macht
(vgl. [X.] 142, 74 Rn. 115; [X.], [X.], 895 Rn. 42 ff. -
Metall auf [X.]). Der Beklagte vermag sich zur Rechtfertigung seiner Teilnahme an einer [X.]-[X.] nicht auf das Grundrecht der Kunstfreiheit
zu berufen und beruft sich auch nicht da-rauf.
(3) Selbst wenn sich das Leistungsschutzrecht des [X.] ge-mäß §
94 Abs.
1 Satz 1 [X.] nicht auf [X.] erstreckt,
kann auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts eine Haftung des [X.] im Streitfall nicht verneint werden.
In Betracht kommt, dass der Beklagte
als Mittäter einer gemeinschaftlich mit den anderen Nutzern der [X.]tauschbör-se
begangenen Verletzung des
Leistungsschutzrechts
der Klägerin zur öffentli-chen Zugänglichmachung des Films "[X.]"
oder urheber-rechtsschutzfähiger Teile hiervon
haftet.
Die Frage, ob sich jemand als Täter, Mittäter, Anstifter oder Gehilfe in [X.] seine zivilrechtliche Haftung begründenden Weise an einer deliktischen Handlung beteiligt hat, beurteilt sich nach den im Strafrecht entwickelten Grundsätzen. Täter ist danach, wer die Zuwiderhandlung selbst oder in [X.] Täterschaft begeht (§ 25 Abs. 1 StGB). Mittäterschaft (vgl. § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB) erfordert eine gemeinschaftliche Begehung, also ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken (st. Rspr.; vgl. nur [X.], Urteil vom 25. April 2012

I
ZR
105/10, [X.], 1279 Rn. 38 = [X.], 1517 -
DAS GROSSE RÄTSELHEFT; Urteil vom 5. Februar 2015 -
I [X.], [X.], 485 Rn. 35 = [X.], 577 -
Kinderhochstühle III; Urteil vom 14. [X.] -
I [X.], [X.], 946 Rn. 40 = [X.], 958 -
Freunde fin-den).
24
25
-
11
-
Der objektive Tatbeitrag des einzelnen Teilnehmers an einer [X.]-tauschbörse liegt in der Bereitstellung von [X.]n, die gemeinsam mit weiteren von anderen Teilnehmern der [X.] bereitgestellten [X.] auf dem [X.]omputer des herunterladenden Nutzers zur [X.] zusammengefügt werden
können. Das Filesharing über sogenannte [X.] dient der
Erlangung und Bereitstellung
funktionsfähiger Datei-en.
Jeder Teilnehmer eröffnet
anderen Teilnehmern des Netzwerks die Mög-lichkeit, von ihm heruntergeladene Dateien oder [X.] ihrerseits von seinem [X.]omputer herunterzuladen; der Download geht also mit dem Angebot zum Upload einher.
Typischerweise bezieht ein Teilnehmer, der eine Datei [X.], [X.] von vielen verschiedenen Teilnehmern. Jedes [X.] lässt sich anhand des sogenannten Hashwerts als zu
einer be-stimmten [X.] zugehörig identifizieren und hat eine Nummer, die seine Position in der [X.] kennzeichnet (vgl. zum Vorstehenden [X.], [X.], 567 f.; [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], 279 f.).
Die zum Herunterladen bereitgestellten [X.] sind somit -
entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts -
kein "Datenmüll", sondern individuell adressierte Datenpakete, die auf dem [X.]omputer des herun-terladenden Nutzers zur
[X.]
zusammengefügt
werden
können.
Aus der Funktionsweise des Peer-to-Peer-Netzwerks als arbeitsteiliges System folgt zugleich, dass den [X.] der Teilnehmer eine kumulative Wirkung zu-kommt und die Gesamtheit der im Netzwerk verfügbaren [X.] eine funktionsfähige Kopie der [X.] ergibt
(vgl. [X.], Urteil vom 22. Juni 2011 -
I [X.], [X.], 1018 Rn. 61 = [X.], 1469 -
Automobil-Onlinebörse; [X.]/[X.]/[X.]/Sabellek, [X.], 279, 282; [X.]/[X.], [X.], 169, 180).
In der Revisionsinstanz ist mangels gegenteiliger Feststellungen des Berufungsgerichts zugunsten der Klägerin zu unterstellen, dass im zeitlichen Zusammenhang mit dem vom Inter-netanschluss des Beklagten vorgenommenen Angebot zum Herunterladen
über 26
-
12
-
die [X.]
eine vollständige Version des Films "[X.]"
oder eines urheberrechtsschutzfähigen
Teils
hiervon zum Herunterladen ange-boten worden ist.
Das Bereitstellen von Dateien oder [X.]n über ein Peer-to-Peer-Netzwerk erfolgt regelmäßig im Rahmen eines bewussten und gewollten Zusammenwirkens der Teilnehmer. Dem steht nicht entgegen, dass die [X.] der [X.]n anonym bleiben und nicht untereinander kommuni-zieren. Mittäterschaft kommt auch in Betracht, wenn die Beteiligten einander nicht kennen, sofern sich jeder bewusst ist, dass andere mitwirken und alle im bewussten und gewollten Zusammenwirken handeln (vgl. [X.], Urteil vom 12.
November 2009 -
4 [X.], [X.], 342 Rn. 14; [X.]/Weißer in [X.]/[X.], StGB, 29. Aufl., § 25 Rn. 72).
Die Funktionsweise von [X.]n, die schon seit mehr als zehn Jahren Gegenstand der media-len Berichterstattung und der zivil-
und strafrechtlichen Rechtsprechung sind, ist deren Teilnehmern regelmäßig jedenfalls insofern geläufig, als sie sich im Kla-ren darüber sind, nicht nur Dateien oder [X.] von den [X.]omputern anderer Teilnehmer auf ihren [X.]omputer herunterzuladen, sondern zugleich im [X.] anderen Nutzern das Herunterladen von
Dateien oder [X.] zu ermöglichen, um eine funktionsfähige [X.] zu erhalten. Auch wenn es an technischem
Spezialwissen fehlt, ist den
Teilnehmern einer [X.]tauschbörse regelmäßig bewusst, dass sie auf diese Weise im arbeits-teiligen Zusammenwirken mit anderen Teilnehmern des
Netzwerks
das Herun-terladen vollständiger und funktionsfähiger Dateien ermöglichen. Sie wirken daher bei der öffentlichen Zugänglichmachung der Dateien mit den anderen Teilnehmern der [X.] bewusst und gewollt zusammen (vgl. [X.], [X.], 399 Rn. 18; [X.]/[X.], [X.]sverletzungen im In-ternet, Rn. 787 ff.; [X.]/[X.]/[X.]/Sabellek, [X.], 279, 283; aA
LG [X.], Urteil vom 12. Februar 2014 -
308 [X.], juris Rn. 51;
27
-
13
-
AG Düsseldorf, Urteil
vom 20. Mai 2014 -
57 [X.] 16445/13, juris Rn. 18; [X.], [X.], 567, 570 f.).
Dass es dem Teilnehmer einer [X.]tauschbörse in erster Linie darauf ankommen mag, selbst in den Ge-nuss der heruntergeladenen
Dateien zu gelangen, steht der Annahme vorsätzli-chen Zusammenwirkens mit den anderen Teilnehmern nicht entgegen. Weiß er, dass im Rahmen
der arbeitsteiligen Funktionsweise der [X.] die Be-reitstellung der von ihm heruntergeladenen Dateien oder [X.] im Netzwerk
eine
notwendige Begleiterscheinung des Herunterladens auf den ei-genen [X.]omputer ist, so nimmt er diese Folge seines Handelns
mindestens [X.] in Kauf.
Dies reicht für die Annahme von Mittäterschaft aus (vgl. Hei-ne/Weißer in [X.]/[X.] aaO § 25 Rn. 99).
3. Aus den vorstehenden Gründen hat auch die Abweisung des [X.] auf Zahlung von Abmahnkosten gemäß § 97a [X.] in der Fassung vom 7.
Juli 2008 keinen Bestand.
II[X.] Eine Vorlage an den [X.] nach Art.
267 Abs.
3 AEUV
ist nicht veranlasst (vgl. [X.], Urteil vom 6.
Oktober 1982

283/81, [X.]. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 -
[X.].[X.]L.F.[X.]T.; Urteil vom 1.
Oktober 2015 -
[X.]-452/14, [X.]. 2015, 1152 Rn. 43 -
Doc Generici, mwN). Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Ausle-gung des Unionsrechts, die nicht zweifelsfrei zu beantworten ist.
28
29
-
14
-
IV. Danach ist das angegriffene Urteil aufzuheben und die Sache, da sie nicht zur Endentscheidung reif ist, zur neuen Verhandlung und Entscheidung

auch über die Kosten des Revisionsverfahrens
-
an das Berufungsgericht zu-rückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
Büscher
Schaffert
Kirchhoff

Koch
Feddersen
Vorinstanzen:
AG [X.] ([X.]), Entscheidung vom 22.01.2015 -
3a [X.] 256/14 -

LG [X.] ([X.]), Entscheidung vom 22.07.2016 -
6 S 22/15 -

30

Meta

I ZR 186/16

06.12.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.12.2017, Az. I ZR 186/16 (REWIS RS 2017, 1212)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 1212

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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I ZR 19/14 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
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I ZR 186/16

I ZR 50/16

I ZR 115/16

I ZR 19/14

I ZR 7/14

I ZR 240/12

I ZR 65/14

I ZR 159/10

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