Bundessozialgericht, Beschluss vom 12.06.2018, Az. B 10 EG 1/18 B

10. Senat | REWIS RS 2018, 7986

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache - Elterngeld - Einkommensermittlung - zu versteuerndes Einkommen - Nichtberücksichtigung eines steuerfreien Stipendiums - Verfassungsrecht - Darlegungsanforderungen


Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 6. November 2017 wird als unzulässig verworfen.

Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

I. Die Klägerin beansprucht höheres Elterngeld für ihre am [X.] geborene Tochter unter Berücksichtigung der Zuwendungen aus einem Stipendium aus dem Jahr 2012. Das [X.] hat den hilfsweise geltend gemachten Anspruch verneint (Urteil vom 6.11.2017). Nach § 2 Abs 1 Bundeselterngeld- und [X.] ([X.]) seien lediglich von dem Einkommensteuergesetz ([X.]) erfasste steuerpflichtige Einkünfte aus Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen. Zuwendungen aufgrund eines Stipendiums fielen hierunter nicht.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin Beschwerde beim [X.] eingelegt. Sie beruft sich ausschließlich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache.

3

II. Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Begründung vom 7.3.2018 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form, weil der allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 160 Abs 2 [X.]) nicht in der hierfür erforderlichen Weise dargelegt worden ist (§ 160a Abs 2 S 3 [X.]).

4

1. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung iS von § 160 Abs 2 [X.], wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss daher, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl [X.] Beschluss vom 30.11.2017 - [X.] V 35/17 B - Juris RdNr 4; [X.] Beschluss vom [X.] - B 5 R 401/16 B - Juris RdNr 6 mwN). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.

5

Die Klägerin meint, dass der Rechtsstreit folgende Rechtsfrage aufwerfe:

        

"ob § 2 Abs 1 [X.] verfassungsgemäß ist im Hinblick auf die Tatsache, dass bei der Berechnung des [X.] nur positive Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1, S. 1 Nr. 4 des [X.] sowie Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit nach § 2 Abs. 1, S. 1 Nr. 1-3 des [X.] berücksichtigt werden und hierunter nicht Einkünfte aus einem Stipendium fallen".

6

Die Klägerin hat jedoch nicht ausreichend dargelegt, dass die von ihr gestellte Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung im oben dargestellten Sinne hat.

7

Es fehlen bereits Ausführungen zur Klärungsfähigkeit. Aus der Beschwerdebegründung ergibt sich nicht, ob sich auf der Grundlage des vom [X.] festgestellten und für das [X.] im angestrebten Revisionsverfahren grundsätzlich verbindlichen (§ 163 [X.] ) Sachverhalts notwendig über die angesprochene Problematik zu entscheiden ist. Denn aus dem angegriffenen Berufungsurteil ergibt sich, dass die Klägerin vor dem [X.] lediglich "hilfsweise" ein höheres Elterngeld unter Berücksichtigung der [X.] erhaltenen Zuwendungen aus einem Stipendium beantragt hat. Eine Schilderung des der [X.]-Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalts gehört jedoch zu den Mindestvoraussetzungen der Darlegung bzw Bezeichnung des [X.]. Es ist nicht Aufgabe des [X.], sich im Rahmen des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens die maßgeblichen Tatsachen aus dem angegriffenen Urteil selbst herauszusuchen (stRspr, [X.] Beschluss vom 7.3.2018 - B 5 RS 20/17 B - Juris RdNr 8; [X.] Beschluss vom 19.10.2017 - [X.] R 140/14 B - Juris Rd[X.]0, jeweils mwN).

8

Die Klägerin hat aber auch die Klärungsbedürftigkeit der aufgeworfenen Frage nicht im gebotenen Maße aufgezeigt. Soweit sie eine Verfassungswidrigkeit des § 2 Abs 1 [X.] gemessen an Art 3 und Art 6 [X.] unter Mitteilung ihrer eigenen Rechtsansicht behauptet, reicht dies nicht aus. Wer mit der Nichtzulassungsbeschwerde einen Verfassungsverstoß geltend macht, darf sich nicht nur auf die bloße Benennung angeblich verletzter Grundrechte beschränken. Vielmehr muss der Beschwerdeführer unter Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des [X.] und des [X.] zu den gerügten Verfassungsnormen bzw -prinzipien in substanzieller Argumentation darlegen, welche gesetzlichen Regelungen welche Auswirkungen haben und woraus sich im konkreten Fall die Verfassungswidrigkeit ergeben soll. Hierzu müssen der Bedeutungsgehalt der in Frage stehenden einfachgesetzlichen Normen aufgezeigt, die Sachgründe der jeweiligen Ausgestaltung erörtert und die Verletzung der konkreten Regelung des [X.] im Einzelnen darlegt werden. Es ist aufzuzeigen, dass der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit überschritten und in unzulässiger Weise verletzt hat ([X.] Beschluss vom 18.7.2017 - [X.] R 110/17 B - Juris RdNr 8; [X.] Beschluss vom [X.] - [X.] R 294/16 B - Juris RdNr 6). Eine diesbezügliche Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des [X.] und des [X.] lässt die Beschwerdebegründung vermissen. Anlass hierzu hätte aber schon deshalb bestanden, weil sowohl das [X.] als auch [X.] bereits ausdrücklich festgestellt haben, dass der Gesetzgeber mit dem Anknüpfen an das Einkommen aus Erwerbstätigkeit bei der Bemessung des [X.] gemäß § 2 Abs 1 [X.] ein legitimes Differenzierungsziel verfolgt hat (vgl [X.] Beschluss vom 9.11.2011 - 1 BvR 1853/11 - NJW 2012, 214; Senatsbeschluss vom [X.] - B 10 [X.] B - Juris RdNr 9).

9

Aber selbst wenn das [X.] eine Frage - worauf sich die Klägerin vorliegend beruft - noch nicht ausdrücklich entschieden hat, ist eine Rechtsfrage auch dann als höchstrichterlich geklärt anzusehen, wenn schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (stRspr, [X.] Beschluss vom [X.] - Juris RdNr 8 mwN). Die Klägerin unterzieht sich jedoch nicht der notwendigen Mühe, sich insoweit mit der umfangreichen Rechtsprechung des [X.] zu § 2 Abs 1 [X.] auseinanderzusetzen. Sie beschäftigt sich nicht mit der ständigen Rechtsprechung des [X.], dass in die Elterngeldberechnung als Bemessungsgrundlage grundsätzlich nur Einkünfte einfließen, die der Einkommensteuer unterliegen (ua Senatsurteil vom 20.5.2014 - B 10 EG 9/13 R - [X.]E 116, 54 = [X.]-7837 § 2 [X.], Rd[X.]4 mwN). Die Klägerin geht in ihrer Beschwerdebegründung weder auf den steuerrechtlich geprägten Einkommensbegriffs des [X.] und auf die hierfür vom Gesetzgeber und der Rechtsprechung des [X.] angeführten Gründe ein, noch legt sie hiervon ausgehend dar, aus welchen Gründen nicht zu versteuernde Zuwendungen - wie hier das Stipendium gemäß § 3 [X.] [X.] - entgegen § 2 Abs 1 S 3 [X.] nach Maßgabe von Art 3 und 6 [X.] zur Berechnung des als Einkommensersatzleistung ausgestalteten [X.] trotz des weiten Gestaltungsspielraums des Gesetzgebers im steuerakzessorischen Elterngeldrecht herangezogen werden müssten. [X.] Darlegungen der Klägerin wären hier aber schon deshalb geboten gewesen, weil der Senat bereits in seinem Urteil vom 20.5.2014 unter Hinweis auf die Gesetzesmaterialien im Einzelnen ausgeführt hat, dass sich der Gesetzgeber von Anfang an darüber im Klaren war, mit dem Verweis auf den steuerrechtlichen Einkommensbegriff steuerfreie Einkünfte und Einnahmen von der Elterngeldbemessung auszunehmen (B 10 EG 9/13 R - [X.]E 116, 54 = [X.]-7837 § 2 [X.], RdNr 20 ff).

2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§ 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 [X.]).

3. Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 S 1 Halbs 2 iVm § 169 S 2 und 3 [X.] durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

4. [X.] beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 [X.].

Meta

B 10 EG 1/18 B

12.06.2018

Bundessozialgericht 10. Senat

Beschluss

Sachgebiet: EG

vorgehend SG Marburg, 27. Oktober 2014, Az: S 15 EG 3/13, Urteil

§ 160a Abs 2 S 3 SGG, § 160 Abs 2 Nr 1 SGG, § 2 Abs 1 S 3 BEEG, § 3 Nr 44 EStG, Art 3 Abs 1 GG, Art 6 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 12.06.2018, Az. B 10 EG 1/18 B (REWIS RS 2018, 7986)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 7986

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

B 10 EG 16/17 B (Bundessozialgericht)

Elterngeld - Berechnung - selbstständige Tätigkeit - Einkünfte aus Gewerbebetrieb - Verrechnung mit Verlusten aus …


B 10 EG 2/12 R (Bundessozialgericht)

Elterngeld - Höhe - Bemessung - nichtselbstständige Arbeit - negative Einkünfte aus Gewerbebetrieb - Photovoltaikanlage …


B 10 EG 1/20 B (Bundessozialgericht)

(Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzliche Bedeutung einer Rechtsfrage - Elterngeld - Bestimmung des Bemessungszeitraums - Mischeinkommen - …


B 10 EG 12/14 B (Bundessozialgericht)

Elterngeld - Einkommensermittlung - Differenzierung zwischen selbständiger und nicht selbständiger Tätigkeit - Verfassungsmäßigkeit - Nichtzulassungsbeschwerde


B 10 EG 17/16 B (Bundessozialgericht)

Nichtzulassungsbeschwerde - grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage - Elterngeldrecht - Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative bei einer Ehegatten-GbR - …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

1 BvR 1853/11

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.