Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.01.2016, Az. 5 AZR 277/14

5. Senat | REWIS RS 2016, 17084

ARBEITSRECHT BUNDESARBEITSGERICHT (BAG) VERTRAGSRECHT ARBEITSVERTRAG ALLGEMEINE GESCHÄFTSBEDINGUNGEN (AGB) FRIST MINDESTLOHN

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Gegenstand

Verfallklausel - Teilbarkeit


Leitsatz

Enthält eine Verfallklausel - sprachlich verschränkt - inhaltlich trennbare Ausschlussfristenregelungen für verschiedene Arten von Ansprüchen, kann der Vertragstext des unwirksamen Teils der Klausel zur Auslegung der verbleibenden Regelung herangezogen werden.

Tenor

1. Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 18. Dezember 2013 - 6 [X.] - wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über [X.] unter dem Gesichtspunkt des equal pay.

2

Der Kläger war vom 5. März 1998 bis zum 29. November 2013 bei der [X.], die neben einem eigenen Produktionsbetrieb auch Arbeitnehmerüberlassung betreibt, als Putzer von Gussteilen beschäftigt. In dem in die Revisionsinstanz gelangten Streitzeitraum - die Jahre 2008 und 2009 - war der Kläger mehrfach der [X.] (fortan Entleiherin) überlassen und erhielt dabei einen Bruttostundenlohn von 10,00 Euro nebst Zuschlägen für Nacht- und Feiertagsarbeit. Von März bis September 2009 sowie im Dezember 2009 war der Kläger von Kurzarbeit betroffen.

3

Dem Arbeitsverhältnis lag zunächst ein Formulararbeitsvertrag vom 1. Januar 1999 (im Folgenden AV 1999) zugrunde, in dem es ua. heißt:

        

„§ 11 Ausschlußfrist

        

(1) Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen wie folgt geltend gemacht werden: Ansprüche auf Zuschläge aller Art sofort, spätestens innerhalb von 4 Wochen nach Abrechnung des [X.]raums, bei dem sie hätten abgerechnet werden müssen; alle übrigen beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach ihrer Fälligkeit.

        

(2) Eine Geltendmachung nach Ablauf der unter Ziffer 1 festgesetzten Frist ist ausgeschlossen.

        

(3) Ist ein Anspruch rechtzeitig erhoben worden und lehnt der Arbeitgeber seine Erfüllung ab, so hat der Arbeitnehmer den Anspruch innerhalb von drei Monaten seit der Ablehnung gerichtlich geltend zu machen. Eine spätere Geltendmachung ist ausgeschlossen.

        

§ 12 Ergänzende Vorschriften

        

Soweit in diesem Vertrag einzelne Bestimmungen des Manteltarifvertrages einbezogen sind, handelt es sich hierbei um den Manteltarifvertrag für das Metallbauer-Handwerk, das [X.], das [X.], das [X.], das [X.], das [X.] und das Metallgießer-Handwerk in [X.] in der jeweils gültigen Fassung. Über die ausdrücklich in diesem Vertrag bezeichneten Bestimmungen hinaus findet der Manteltarifvertrag aber keine Anwendung.“

4

Am 29. Januar 2010 schlossen die Parteien einen neuen Arbeitsvertrag (im Folgenden AV 2010), der auszugsweise lautet:

        

„§ 2 Anwendung eines Tarifvertrages

        

1. Für diesen Arbeitsvertrag kommen der Manteltarifvertrag, der Entgeltrahmentarifvertrag, der Entgelttarifvertrag und der Tarifvertrag zur Beschäftigungssicherung des [X.] in ihrer jeweiligen gültigen Fassung zur Anwendung. Eine Tarifbindung besteht nicht.

        

…       

        

§ 4 Beginn und Dauer des Arbeitsverhältnisses

        

Das Arbeitsverhältnis hat aufgrund des zwischen den Vertragsschließenden vereinbarten Arbeitsvertrages vom 05.03.1998 bereits zum 05.03.1998 begonnen. Es ist unbefristet. Zwischen den Vertragsschließenden besteht Einigkeit darüber, dass der vorgenannte Arbeitsvertrag durch die Regelungen dieses Vertrages ersetzt wird.

        

…       

        

§ 23 Besondere Vereinbarungen

        

Zwischen den Vertragsschließenden besteht Einigkeit darüber, dass die vorstehend vereinbarten arbeitsvertraglichen Regelungen sämtliche Regelungen des bisherigen Arbeitsvertrages ersetzen und aus dem bisherigen Arbeitsvertrag sämtliche Ansprüche, gleich welcher Art, bekannt oder unbekannt, abgegolten und erledigt sind; die bisherige Dauer der Betriebszugehörigkeit (zeitliche Faktor) bleibt hiervon unberührt. Im Übrigen besteht zwischen den Vertragsschließenden Einigkeit darüber, dass die Bestimmungen der vorstehend bezeichneten tariflichen Regelungen bereits im Rahmen des bisherigen Vertragsverhältnisses Anwendung gefunden haben.“

5

Mit Schreiben vom 20. August 2010 forderte der Kläger die Beklagte auf, ihm beginnend ab Januar 2007 für die [X.]en der Überlassung an die Entleiherin „ordnungsgemäße“ Abrechnungen unter Berücksichtigung des Lohnrahmentarifvertrags für die Eisen-, Metall- und Elektroindustrie des Landes [X.] zu erteilen und „sich daraus ergebende Lohnansprüche“ auszugleichen. Dem kam die Beklagte nicht nach.

6

Mit der am 2. März 2011 eingereichten Klage hat der Kläger zunächst dieses Begehr für die [X.] ab Januar 2008 weiterverfolgt. Nachdem er von der Entleiherin eine Auskunft nach § 13 [X.] eingeholt hatte, hat der Kläger mit [X.] vom 1. August 2011 auf eine bezifferte Leistungsklage umgestellt und unter Berufung auf § 10 Abs. 4 [X.] für die [X.]räume der Überlassungen an die Entleiherin die Differenz zwischen der von der [X.] erhaltenen Vergütung und dem Arbeitsentgelt, das die Entleiherin vergleichbaren Stammarbeitnehmern gewährt haben soll, verlangt. Außerdem stehe ihm ein jährliches Urlaubsgeld in der von vergleichbaren Stammarbeitnehmern bezogenen Höhe sowie eine auf der Grundlage des [X.] berechnete „Kurzarbeitervergütung“ zu.

7

Der Kläger hat - soweit die Klage in die Revisionsinstanz gelangt ist - zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 10.540,33 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 7. März 2011 zu zahlen und über die Zahlungsbeträge neue Abrechnungen zu erteilen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und geltend gemacht, möglichen Ansprüchen des [X.] stehe die Abgeltungsklausel in § 23 AV 2010 entgegen. Jedenfalls sei Verfall nach der in § 11 AV 1999 vereinbarten Ausschlussfristenreglung eingetreten.

9

Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit sie in die Revisionsinstanz gelangt ist - stattgegeben. Das [X.] hat auf die Berufung der [X.] dem Kläger nur ([X.] iHv. 904,89 Euro brutto nebst Zinsen zuerkannt und im Übrigen die Klage abgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

Die Revision des [X.] ist unbegründet. Das [X.] hat - unter nicht tenorierter, aber sich aus den Gründen ergebender und rechtskräftig gewordener Zurückweisung der Berufung im Übrigen - der Berufung der Beklagten gegen die erstinstanzliche Entscheidung zu Recht in dem ausgeurteilten Umfang stattgegeben. Die Klage ist hinsichtlich der noch anhängigen Ansprüche unbegründet.

I. Der Kläger hat für jede Überlassung für deren jeweilige Dauer Anspruch auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 [X.] (vgl. [X.] 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 24; 23. Oktober 2013 - 5 [X.] - Rn. 27, [X.]E 146, 217). Eine nach § 9 Nr. 2 [X.] zur Abweichung vom Gebot der Gleichbehandlung berechtigende Vereinbarung haben die Parteien im [X.] 1999 nicht getroffen.

II. Den Ansprüchen des [X.] auf gleiches Arbeitsentgelt steht § 23 [X.] 2010 nicht entgegen.

1. Unabhängig von der [X.]rage, ob die „Erledigungsklausel“ in § 23 Satz 1 [X.] 2010 überhaupt rechtsgeschäftliche Erklärungen enthalten soll, hätte ein - zugunsten der Beklagten unterstellter - rechtsgeschäftlicher Erklärungswert dieses [X.] (§ 310 Abs. 3 BGB) allenfalls die Bedeutung eines deklaratorischen negativen [X.]. Entsprechend ihrem Wortlaut hält die Klausel die übereinstimmende Auffassung der Parteien fest, dass mit der Ersetzung des [X.] 1999 durch den [X.] 2010 alle Ansprüche aus dem bisherigen Arbeitsvertrag „abgegolten und erledigt“ sind. Damit fixieren die Vertragsparteien typischerweise die von ihnen angenommene Rechtslage und dokumentieren das, wovon sie ausgingen: Es bestehen nach diesem Zeitpunkt keine Ansprüche aus dem „alten“ Arbeitsverhältnis mehr (vgl. [X.] 23. Oktober 2013 - 5 [X.] - Rn. 16 ff., [X.]E 146, 217; 28. Januar 2015 - 5 [X.] - Rn. 21).

2. Soweit § 23 Satz 2 [X.] 2010 die erst im neuen Arbeitsvertrag in Bezug genommenen tariflichen Regelungen aus der [X.] rückwirkend zur Anwendung bringen soll, benachteiligt die Klausel den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist unwirksam, § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Der Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt nach § 10 Abs. 4 [X.] entsteht als ein die arbeitsvertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Entgeltanspruch mit jeder Überlassung ([X.] 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 42, [X.]E 144, 306). Die rückwirkende Vereinbarung tariflicher Regelungen iSd. § 9 Nr. 2 [X.] zielt auf den Ausschluss der während der Geltung des [X.] 1999 bereits entstandenen Ansprüche des [X.] auf equal pay und damit auf einen Anspruchsverzicht. Ein solcher einseitig und [X.] den Leiharbeitnehmer treffender Entzug von erworbenen Ansprüchen auf gleiches Arbeitsentgelt widerspricht einer ausgewogenen Vertragsgestaltung und ist sachlich nicht zu begründen (vgl. [X.] 19. [X.]ebruar 2014 - 5 [X.] - Rn. 20 ff.).

III. Die Ansprüche des [X.] auf gleiches Arbeitsentgelt sind jedoch nach § 11 [X.] 1999 wegen nicht rechtzeitiger Geltendmachung verfallen.

1. Die arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung ist nach nicht angegriffener [X.]eststellung des [X.]s eine Allgemeine Geschäftsbedingung (§ 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB). Dafür begründet zudem das äußere Erscheinungsbild eine tatsächliche Vermutung (vgl. [X.] 19. März 2014 - 5 [X.] ([X.]) - Rn. 17 mwN), der keine der Parteien entgegengetreten i[X.]

Unter Zugrundelegung des für die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen geltenden Maßstabs (dazu zB [X.] 16. Dezember 2015 - 5 AZR 567/14 - Rn. 12 mwN, [X.] Rspr.), erfasst die Klausel den Anspruch des Leiharbeitnehmers auf gleiches Arbeitsentgelt. Denn zu den „beiderseitigen Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis“ gehören alle Ansprüche, welche die Arbeitsvertragsparteien aufgrund ihrer durch den Arbeitsvertrag begründeten Rechtsbeziehung gegeneinander haben, ohne dass es auf die materiell-rechtliche Anspruchsgrundlage ankäme (vgl. [X.] 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 39, [X.]E 144, 306).

2. Die Klausel ist nicht überraschend iSd. § 305c Abs. 1 BGB und damit Vertragsbestandteil geworden.

Die Vereinbarung von Ausschlussfristen entspricht einer weit verbreiteten Übung im Arbeitsleben ([X.] 25. Mai 2005 - 5 [X.] - zu IV 3 der Gründe, [X.]E 115, 19; 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 46, [X.]E 144, 306). Die Regelung findet sich auch nicht an einer irgendwo im Arbeitsvertrag versteckten Stelle. Sie ist vielmehr in einem mit „Ausschlussfrist“ überschriebenen eigenen Paragraphen enthalten.

3. Die Regelung zur Geltendmachung von Ansprüchen auf „Zuschläge aller Art“ ist unwirksam, im Übrigen hält § 11 Abs. 1 [X.] 1999 der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB stand.

a) Die erste Stufe der [X.]rist zur Geltendmachung von Zuschlägen ist unwirksam nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil sie wegen ihrer Kürze den Kläger entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Ihm verbleibt zur Geltendmachung nicht eine Mindestfrist von drei Monaten ab [X.]älligkeit des nicht erfüllten Anspruchs (vgl. [X.] 28. September 2005 - 5 [X.] - Rn. 34 ff., [X.]E 116, 66; 19. [X.]ebruar 2014 - 5 [X.] - Rn. 25).

b) Die Unwirksamkeit der [X.]rist zur Geltendmachung von Zuschlägen bedingt nicht die Unwirksamkeit der - den Anforderungen des § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB genügenden - [X.]rist zur Geltendmachung aller übrigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Die Klausel ist teilbar.

aa) Ohne Verstoß gegen das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion ist bei einer teilbaren Klausel die Inhaltskontrolle jeweils für die verschiedenen, nur formal in einer Allgemeinen Geschäftsbedingung verbundenen Bestimmungen vorzunehmen ([X.] 11. April 2006 - 9 [X.] - Rn. 32, [X.]E 118, 36; 14. Januar 2009 - 3 [X.] - Rn. 23, [X.]E 129, 121). Maßgeblich ist dabei die inhaltliche Teilbarkeit ([X.] 13. November 2013 - 10 [X.] - Rn. 27, [X.]E 146, 284; [X.] 10. Oktober 2013 - III ZR 325/12 - Rn. 14 mwN; [X.]/Preis 16. Aufl. §§ 305 - 310 BGB Rn. 103; [X.]/[X.] 6. Aufl. § 306 BGB Rn. 3; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] 4. Aufl. § 306 BGB Rn. 12a). Deshalb können inhaltlich trennbare Regelungen in einer Verfallklausel nach Anwendung des sog. [X.] wirksam sein ([X.] 16. Mai 2012 - 5 [X.] - Rn. 37, [X.]E 141, 340).

bb) Gemessen daran ist § 11 Abs. 1 [X.] 1999 inhaltlich teilbar. Er enthält - sprachlich verschränkt und in einer Klausel zusammengefasst - für die erste Stufe der Geltendmachung zwei Ausschlussfristenregelungen, nämlich eine für Zuschläge, eine weitere für alle übrigen beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis. Eine solche Aufspaltung mag bei arbeitsvertraglichen [X.] ungewöhnlich sein, in tariflichen Ausschlussfristenregelungen ist eine unterschiedliche Länge der Geltendmachungsfrist für verschiedene Arten von Ansprüchen nicht unüblich. So enthält der in § 12 [X.] 1999 erwähnte Manteltarifvertrag für das [X.], Maschinenbaumechaniker-, [X.], [X.], [X.]einmechaniker-, Metallformer- und [X.] für das [X.] in § 26 eine wortgleiche Ausschlussfristenregelung (zwischen Ansprüchen auf Zuschläge und „alle übrigen Ansprüche“ differenzierend zB auch § 22 [X.] für die Arbeitnehmer der [X.] Metall- und Elektroindustrie). Bei einer Ausschlussfristenregelung müssen nicht zwingend alle Ansprüche einer Ausschlussfrist - noch dazu einer gleich langen - unterworfen werden. Auch ohne Ausschlussfristenregelung für Zuschläge enthält § 11 [X.] 1999 für alle Ansprüche, die nicht auf Zuschläge gerichtet sind, ein sinnvolles, in sich geschlossenes Ganzes.

Der Teilbarkeit der Klausel steht nicht entgegen, dass der verbleibende Teil - Ausschlussfristenregelung für „alle übrigen beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ - wegen der Auflösung der sprachlichen Verschränkung auslegungsbedürftig wird. Dies lässt nicht die inhaltliche Eigenständigkeit der verbleibenden Regelung entfallen, sondern betrifft deren Transparenz.

4. Die in § 11 Abs. 1 [X.] 1999 verbleibende Regelung ist hinreichend transparent iSd. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.

a) Bei einer die Art und Weise der Geltendmachung eines entstandenen Anspruchs - und damit zugleich dessen Untergang - regelnden Klausel ist es erforderlich, dass der Arbeitnehmer bei Vertragsabschluss erkennen kann, was „auf ihn zukommt“: Es muss aus der Klausel ersichtlich sein, welche Rechtsfolge der Arbeitnehmer zu gewärtigen und was er zu tun hat, um diese Rechtsfolge zu verhindern ([X.] 13. März 2013 - 5 [X.] - Rn. 48, [X.]E 144, 306). Dabei führt die Auslegungsbedürftigkeit der Klausel nicht automatisch zu deren Intransparenz ([X.] 17. August 2011 - 5 [X.] - Rn. 16 mwN, [X.]E 139, 44).

b) Diesen Anforderungen genügt die verbleibende Ausschlussfristenregelung.

Die gedankliche Prüfung der Teilbarkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung führt nicht dazu, dass der unwirksame Teil einer Klausel „unter dem blauen Stift verschwindet“. Vielmehr kann der Vertragstext weiterhin zur Auslegung der verbleibenden Regelung herangezogen werden. [X.]ür den durchschnittlichen Arbeitnehmer ist unbeschadet des späteren [X.] erkennbar, dass mit der [X.]ormulierung „alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis“ all diejenigen gemeint sind, die nicht „Zuschläge aller Art“ zum Inhalt haben. Auch über den Rechtsbegriff der „Zuschläge“ ist der durchschnittliche Arbeitnehmer nicht im Unklaren und weiß, dass es sich dabei um über das Grundentgelt hinausgehende Vergütungen etwa für Arbeit zu besonderer Zeit oder unter besonderen Bedingungen handelt. Dementsprechend hatte der Kläger keine Schwierigkeiten, die vergleichbaren Stammarbeitnehmern von der Entleiherin gewährten (tariflichen) Zuschläge in seine Vergleichsberechnung einzubeziehen.

Des Weiteren kann der Arbeitnehmer aus der Klausel ersehen, dass diese Ansprüche „ausgeschlossen“ sind (also - untechnisch - in Wegfall geraten), wenn sie nicht innerhalb bestimmter [X.]risten geltend gemacht werden.

IV. Der Kläger hat keinen Anspruch auf neue Abrechnungen.

Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist dem Arbeitnehmer „bei Zahlung“ des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Der [X.] entsteht danach erst, wenn Arbeitsentgelt gezahlt wird und ist vorher nicht klagbar ([X.] 13. Oktober 2015 - 1 [X.] - Rn. 29; 16. Dezember 2015 - 5 [X.] - Rn. 34 ff. mwN).

V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Müller-Glöge    

        

    Biebl    

        

    Weber    

        

        

        

    Kremser    

        

    Pollert    

                 

Meta

5 AZR 277/14

27.01.2016

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Gießen, 25. Januar 2013, Az: 10 Ca 119/11, Urteil

§ 10 Abs 4 AÜG, § 9 Nr 2 AÜG, § 307 Abs 1 S 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.01.2016, Az. 5 AZR 277/14 (REWIS RS 2016, 17084)

Papier­fundstellen: NJW 2016, 1979 REWIS RS 2016, 17084

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