Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.04.2014, Az. XI ZR 341/12

11. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6495

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Gegenstand

Haftung bei Kapitalanlageberatung: Widersprüchliches Verhalten des Schadenersatz begehrenden Anlegers bei Abschluss des Anlagegeschäfts trotz ausdrücklicher Verweigerung der Auskunft über die Höhe der Rückvergütung durch den Berater


Leitsatz

Ein Anlageinteressent, der im Rahmen eines Beratungsgesprächs nach der Höhe der an die Bank fließenden Provision fragt und trotz ausdrücklicher Erklärung des Anlageberaters der Bank, ihm die Höhe der an die Bank fließenden Rückvergütung nicht mitzuteilen, das Anlagegeschäft gleichwohl abschließt, verhält sich widersprüchlich, wenn er später von der Bank Schadensersatz wegen fehlender Aufklärung über die Rückvergütung geltend macht.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 13. Zivilsenats des [X.] vom 1. August 2012 im Kostenpunkt und insofern aufgehoben, als zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung und wegen Verschweigens von Rückvergütungen im Zusammenhang mit dem Erwerb eines Anteils an dem [X.](nachfolgend: M.  ) in Anspruch.

2

Der Kläger, gelernter Bankkaufmann und Diplom-Betriebswirt, ist seit 1970 Kunde der [X.] und in verschiedenen, teils selbst gegründeten Unternehmen in leitender Funktion tätig. Er war bereits vor Erwerb des Anteils an [X.]kapitalmarkterfahren und fragte bei anderen - ebenfalls über die Beklagte erworbenen - Kapitalanlagen regelmäßig nach Preisnachlässen, die er auch erhielt. Vor der Zeichnung von [X.]hatte der Kläger bereits einen Parallelfonds gezeichnet, allerdings nicht über die Beklagte, sondern über die        Bank. Ende 2000 hatte der Kläger bei der [X.] rund 2,3 Millionen DM an Festgeldern angelegt.

3

Am 21. Oktober 2000 erwarb er über die Beklagte einen Anteil an M.  im Wert von 511.291,88 € (1.000.000 DM). Den Anlagebetrag finanzierte er mit 231.103,93 € Eigenkapital und in Höhe von 280.187,95 € durch ein Darlehen der H.             vom 21. Oktober/3. November 2000. Auch bei [X.]hatte der Kläger vor Zeichnung nach einem Preisnachlass gefragt, aber keinen erhalten. Unstreitig erhielt die Beklagte für den Vertrieb von M.  eine umsatzabhängige Provision, die nach ihren eigenen Angaben 7% bezogen auf die vermittelte Bareinlage betrug.

4

Mit der Klage verlangt der Kläger von der [X.] die Rückzahlung des von ihm aufgewendeten Eigenkapitals von 231.103,93 € abzüglich erhaltener Ausschüttungen von 67.892,03 €, mithin einen Betrag von 163.211,90 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 4% als entgangenen Gewinn für den Zeitraum von der Zeichnung bis zur Rechtshängigkeit, die Freistellung von allen Ansprüchen aus dem Darlehensvertrag mit der H.             , die Freistellung von allen weiteren sich aus der Beteiligung ergebenden Nachteilen Zug um Zug gegen Abgabe eines Angebots zur Übertragung der Beteiligung und Abtretung aller aus dieser Beteiligung bestehenden Rechte sowie die Feststellung des Annahmeverzuges der [X.]. Die Beklagte hat unter anderem die Einrede der Verjährung erhoben.

5

Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Klage bis auf einen Teil der Zinsforderung stattgegeben. Mit ihrer - vom Berufungsgericht zugelassenen - Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.

7

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung - soweit für die Revisionsinstanz von Interesse - im Wesentlichen ausgeführt:

8

Nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des [X.] sei zwischen den [X.]en zumindest konkludent ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Aufgrund dessen sei die Beklagte verpflichtet gewesen, den Kläger über eine erhaltene Rückvergütung aufzuklären. Die Beklagte habe unstreitig eine umsatzabhängige Provision erhalten. Dass die der Beklagten zugeflossene Provision im Prospekt als Vertriebskosten bzw. Kosten der Eigenkapitalvermittlung bezeichnet worden sei, stehe der Anwendung der [X.] zur Aufklärung über Rückvergütungen nicht entgegen. Unstreitig sei der Kläger mündlich nicht auf die genaue Höhe der Provision der Beklagten hingewiesen worden. Der Zeuge [X.]       habe bei seiner Zeugenvernehmung eingeräumt, dem Kläger die Höhe der Provision auch auf dessen Nachfrage hin nicht mitgeteilt zu haben. Auch die Prospektangaben enthielten keine ausreichende Aufklärung über die Höhe der an die Beklagte geflossenen Provision.

9

Die mangelnde Aufklärung über die an die Beklagte geflossene Provision sei auch kausal für die Anlageentscheidung des [X.] gewesen. Nach dem Ergebnis der Anhörung des [X.] im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 6. Juni 2012 sei der Beklagten der ihr obliegende Nachweis, dass der Kläger die fragliche Anlageentscheidung auch in Kenntnis der Rückvergütungen getroffen hätte, nicht gelungen. Soweit die Beklagte nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz mit Schriftsatz vom 11. Juli 2012 erstmals die [X.]vernehmung des [X.] beantragt habe, sei der Beweisantritt gemäß § 531 Abs. 2 ZPO verspätet. Außerdem habe der Kläger bei seiner Anhörung nach § 141 Abs. 1 ZPO, bei der die Beklagte Gelegenheit zur Befragung gehabt habe, Angaben zu seiner Motivlage gemacht und glaubhaft angegeben, dass er die Anlage nicht gezeichnet hätte, wenn er von der Höhe der Rückvergütung gewusst hätte.

Der Anspruch des [X.] sei entgegen der Auffassung der Beklagten nicht verjährt. Die für den Verjährungsbeginn nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 [X.] erforderliche Kenntnis des [X.] hinsichtlich der Verletzung der Pflicht der Beklagten zur Aufklärung über die an sie geflossene Rückvergütung könne nicht darin gesehen werden, dass der Kläger bereits zum Zeitpunkt des Beratungsgesprächs gewusst habe, dass ihm eine Information über die genaue Höhe der Provision vorenthalten worden sei. Für den Beginn der Verjährung sei erforderlich, dass der Anleger auch die genaue Höhe der Provision kenne oder hierüber grob fahrlässig in Unkenntnis sei.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.

1. Die Revision ist unbeschränkt zulässig. Das Berufungsgericht hat die Revision zwar lediglich im Hinblick auf die Verjährung in Bezug auf Ziffer 7 seiner Entscheidungsgründe und wegen Divergenz zu Urteilen des [X.] ([X.] 2011, 91) und des [X.] (Urteil vom 9. Februar 2012 - 18 U 95/11, juris Rn. 197) zugelassen. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] kann die Revision aber nicht auf die Frage der Verjährung beschränkt werden (Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2007 - [X.], [X.], 666 Rn. 7 [X.]). Fehlt es an einer wirksamen Beschränkung der Zulassung, so ist allein die Beschränkung, nicht aber die Zulassung unwirksam, die Revision ist daher unbeschränkt zugelassen (Senatsurteil vom 5. April 2005 - [X.], [X.], 1076, 1077 [X.]).

2. Die Revision hat auch Erfolg.

a) Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht allerdings unter Bezugnahme auf die Feststellungen des [X.] davon ausgegangen, dass zwischen den [X.]en konkludent ein [X.] zustande gekommen ist. Soweit die Revision meint, die [X.]en hätten lediglich einen "Anlagevermittlungsvertrag" geschlossen, verkennt sie, dass nach der Rechtsprechung des [X.] ein Auskunftsvertrag (nicht Anlagevermittlungsvertrag) konkludent nur dann zustande kommt, wenn ein reiner Anlagevermittler (zur Unterscheidung zwischen Anlagevermittler und Anlageberater vgl. [X.], Urteile vom 13. Mai 1993 - [X.], [X.], 1238, 1239 und vom 12. Februar 2004 - [X.], [X.], 631, 633, insofern in [X.]Z 158, 110 nicht abgedruckt) ohne Beratung ein Anlageprodukt vertreibt und der [X.] erkennbar die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse des Vermittlers in Anspruch nehmen will und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt ([X.], Urteile vom 13. Januar 2000 - [X.], [X.], 426, 427; vom 12. Mai 2005 - [X.], [X.], 1219, 1220; vom 11. Januar 2007 - [X.], [X.], 585 Rn. 10 und vom 25. Oktober 2007 - [X.], [X.], 2228 Rn. 7; Senatsurteil vom 7. Oktober 2008 - [X.], [X.]Z 178, 149 Rn. 11). Demgegenüber ist - nach den zutreffenden Feststellungen des Berufungsgerichts - zwischen dem Kläger und der Beklagten nach den Grundsätzen des [X.] (Senatsurteil vom 6. Juli 1993 - [X.], [X.]Z 123, 126, 128) ein Beratungsvertrag (vgl. auch Senatsurteile vom 9. Mai 2000 - [X.], [X.], 1441, 1442; vom 25. Juni 2002 - [X.], [X.], 1683, 1686; vom 21. März 2006 - [X.], [X.], 851 Rn. 10 und vom 25. September 2007 - [X.], [X.], 199 Rn. 12) und nicht lediglich ein Auskunftsvertrag zustande gekommen, da eine Bank regelmäßig Anlageberaterin und nicht lediglich reine Anlagevermittlerin ist (Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - [X.], [X.], 925 Rn. 19).

b) Zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass die Beklagte ihre Pflicht, über erhaltene Rückvergütungen aufzuklären, verletzt hat. Hierauf kann sich aber - wie die Revision zutreffend geltend macht - der Kläger nach [X.] (§ 242 [X.]) nicht berufen.

aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem [X.] verpflichtet, über die von ihr vereinnahmten Rückvergütungen ungefragt aufzuklären. [X.] Rückvergütungen in diesem Sinne sind - regelmäßig umsatzabhängige - Provisionen, die im Gegensatz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie z.B. [X.] und [X.] gezahlt werden, deren Rückfluss an die [X.] aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (vgl. nur Senatsbeschluss vom 9. März 2011 - [X.], [X.], 925 Rn. 25 und Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.]Z 193, 159 Rn. 17). Danach handelt es sich auch dann um aufklärungspflichtige Rückvergütungen, wenn diese nicht aus einem Agio oder aus Verwaltungsgebühren, sondern aus sonstigen offen ausgewiesenen Vertriebskosten fließen, wobei es auch nicht darauf ankommt, ob die Zahlung des Anlegers über die Bank oder direkt an die Fondsgesellschaft erfolgt (vgl. Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.]Z 193, 159 Rn. 18 [X.]).

bb) Die Beklagte hat nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts unstreitig eine umsatzabhängige Provision aus den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebskosten bzw. Kosten der [X.] erhalten. Dabei handelt es sich um eine aufklärungspflichtige Rückvergütung (vgl. Senatsurteil vom 19. Februar 2013 - [X.], juris Rn. 14). Zu einer ordnungsgemäßen Aufklärung gehört nach der Rechtsprechung des Senats auch die Mitteilung der Höhe der Rückvergütung (Senatsurteil vom 19. Dezember 2006 - [X.], [X.]Z 170, 226 Rn. 24 und Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - [X.], [X.], 1506 Rn. 9). Über diese hat der Mitarbeiter der Beklagten den Kläger unstreitig nicht aufgeklärt. Auch aus dem Prospekt war dies - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - nicht zu ersehen.

Die Revision macht aber zutreffend geltend, dass der Kläger sich nicht auf diese [X.] berufen kann, weil der Zeuge [X.]       auf die konkrete Nachfrage des [X.] die Mitteilung der Höhe der Provision ausdrücklich verweigert hat und der Kläger danach gleichwohl [X.]gezeichnet hat. Ein [X.], der im Rahmen eines Beratungsgesprächs nach der Höhe der an die Bank fließenden Provision fragt und trotz ausdrücklicher Erklärung des Anlageberaters der Bank, ihm die Höhe der an die Bank fließenden Rückvergütung nicht mitzuteilen, das Anlagegeschäft gleichwohl abschließt, verhält sich widersprüchlich, wenn er später von der Bank Schadensersatz wegen fehlender Aufklärung über die Rückvergütung geltend macht (vgl. allgemein zum Einwand des [X.]/[X.], [X.], 73. Auflage, § 242 Rn. 55, 59 [X.]).

c) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht auch die Kausalität der Pflichtverletzung, auf die sich der Kläger von seinem Standpunkt aus auch berufen konnte, für den Erwerb der Kapitalanlage bejaht.

aa) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist derjenige, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, beweispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also unbeachtet gelassen hätte. Diese sogenannte "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" gilt für alle Aufklärungs- und Beratungsfehler eines Anlageberaters, insbesondere auch dann, wenn Rückvergütungen pflichtwidrig nicht offengelegt wurden. Es handelt sich hierbei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr führende widerlegliche Vermutung (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.]Z 193, 159 Rn. 28 ff. [X.]). Die Beweislastumkehr greift bereits bei feststehender [X.] ein, ohne dass es darauf ankommt, ob der Anleger bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsalternative gehabt hätte (Senatsurteil vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.]Z 193, 159 Rn. 30 ff. [X.]).

bb) Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat den Kläger selbst nach § 141 ZPO angehört und hat ihm aufgrund des persönlichen Eindrucks, den es bei seiner Anhörung von ihm gewonnen hat, geglaubt, dass er [X.]nicht gezeichnet hätte, wenn er von der Höhe der an die Beklagte geflossenen Vergütung gewusst hätte. Die tatrichterliche Würdigung kann in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden, ob sie vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denk- oder Erfahrungssätze verstößt (Senatsurteile vom 26. Oktober 2004 - [X.], [X.], 27; vom 18. Dezember 2007 - [X.], [X.], 292 Rn. 20 und vom 8. Mai 2012 - [X.], [X.]Z 193, 159 Rn. 46; Senatsbeschluss vom 19. Juli 2011 - [X.], [X.], 1506 Rn. 9).

Dieser Überprüfung hält das Berufungsurteil nicht stand, weil das Berufungsgericht verfahrensfehlerhaft den Kläger nicht als [X.] vernommen hat (§ 445 Abs. 1 ZPO). Es entspricht zwar ständiger Rechtsprechung des [X.], dass das Tatgericht im Rahmen der Beweiswürdigung nach § 286 Abs. 1 ZPO in bestimmten Fällen seine Überzeugung auch ohne förmliche [X.]vernehmung auf die Angaben einer [X.] stützen kann, die diese im Rahmen ihre Anhörung nach § 141 Abs. 1 ZPO gemacht hat (vgl. [X.], Urteile vom 16. Juli 1998 - [X.], NJW 1999, 363, 364 und vom 19. Dezember 2002 - [X.], [X.], 594, 595). Beantragt der Gegner aber die [X.]vernehmung, kann diese nicht unter Hinweis auf die Anhörung nach § 141 Abs. 1 ZPO abgelehnt werden ([X.], Beschluss vom 28. April 2011 - [X.], BeckRS 2011, 15319 Rn. 12 ff.). Das Berufungsgericht hätte daher seine Entscheidung nicht allein auf die Würdigung der Angaben des [X.] bei seiner Anhörung nach § 141 Abs. 1 ZPO stützen dürfen.

Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht auch die von der Beklagten beantragte [X.]vernehmung des [X.] (§ 445 Abs. 1 ZPO) als verspätet nach § 531 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Zu Unrecht beruft sich die Revision zwar darauf, erst mit der Senatsentscheidung vom 8. Mai 2012 ([X.], [X.]Z 193, 159 Rn. 38 ff.) sei klar gewesen, dass der Hauptbeweis für das Fehlen der Kausalität erbracht und nicht nur eine tatsächliche Vermutung hätte erschüttert werden müssen. An der Beweislastverteilung hat das genannte Senatsurteil (aaO Rn. 29, 31) nichts geändert. Die [X.]vernehmung des Gegners der beweisbelasteten Prozesspartei war bereits vor dem Senatsurteil vom 8. Mai 2012 (aaO Rn. 39 [X.]) zulässig. Jedoch durfte die Beklagte, der ausdrücklich die unbefristete Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden war, auf den in der mündlichen Verhandlung vom 6. Juni 2012 gegebenen Hinweis, nach dem das Berufungsgericht der Rechtsauffassung des [X.] nicht folgen wollte, neue Beweismittel einführen, auf die es in erster Instanz nicht ankam. Das Berufungsgericht hätte daher die mündliche Verhandlung nach § 156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wieder eröffnen und den Kläger nach § 445 Abs. 1 ZPO vernehmen müssen (vgl. Senatsbeschluss vom 15. Februar 2005 - [X.], juris Rn. 12).

d) Ferner hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft die Verjährung des [X.] nach §§ 195, 199 Abs. 1 [X.] verneint. Wie die Revision zu Recht geltend macht, war der - unterstellte - Schadensersatzanspruch des [X.], soweit er auf die Verletzung von Beratungspflichten der Beklagten über Rückvergütungen gestützt wird, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts bei Klageerhebung bereits verjährt.

aa) Der - unterstellte - Schadensersatzanspruch des [X.] ist bereits mit Zeichnung der Fondsbeteiligung am 21. Oktober 2000 im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 1 [X.] entstanden. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist der Anleger, der aufgrund einer Verletzung der Aufklärungspflicht oder einer fehlerhaften Beratung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erworben hat, bei der gebotenen wertenden Betrachtung bereits durch den Erwerb der Kapitalanlage geschädigt, weil der ohne die erforderliche Aufklärung gefasste Anlageentschluss von den Mängeln der fehlerhaften Aufklärung beeinflusst ist (Senatsurteil vom 26. Februar 2013 - [X.], [X.]Z 196, 233 Rn. 25 [X.]). Bereits mit Vertragsschluss ist der Vermögensschaden eingetreten (Senatsurteil vom 8. März 2005 - [X.], [X.]Z 162, 306, 310 [X.]; ebenso der Sache nach [X.], Urteile vom 8. Juli 2010 - [X.], [X.]Z 186, 152 Rn. 24; vom 24. März 2011 - [X.], [X.], 874 Rn. 9; vom 15. Februar 2012 - [X.], [X.], 806 Rn. 31 und vom 11. Juli 2012 - [X.], [X.]Z 194, 39 Rn. 70; [X.] ZIP 2012, 2096, 2099, aufgehoben durch [X.], Urteil vom 21. März 2013 - [X.], [X.], 836 ff.) und es kommt nicht darauf an, ob und wann die Kapitalanlage gegebenenfalls später im Wert gefallen ist (Senatsurteil vom 26. Februar 2013 - [X.], [X.]Z 196, 233 Rn. 25 [X.]).

bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht angenommen, der Kläger habe nicht bereits bei Zeichnung der Beteiligung ausreichende Kenntnis sämtlicher anspruchsbegründender Umstände im Sinne des § 199 Abs. 1 Nr. 2 [X.] gehabt, weil er die genaue Höhe der an die Beklagte geflossenen Rückvergütung nicht gekannt habe.

(1) Die erforderliche Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen liegt im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich ist. Weder ist notwendig, dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicherweise Bedeutung haben, noch muss er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können. Auch kommt es grundsätzlich nicht auf eine zutreffende rechtliche Würdigung an. Vielmehr genügt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit im Grundsatz die Kenntnis der den Ersatzanspruch begründenden tatsächlichen Umstände (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 26. Februar 2013 - [X.], [X.]Z 196, 233 Rn. 27 [X.]). Es kommt auch nicht darauf an, dass der Geschädigte die Rechtswidrigkeit des Geschehens, das Verschulden des Schädigers und den in Betracht kommenden Kausalverlauf richtig einschätzt (Senatsurteil vom 26. Februar 2013 - [X.], [X.]Z 196, 233 Rn. 27 [X.]). In Fällen des Schadensersatzes wegen unzureichender Aufklärung muss der Geschädigte insbesondere nicht die Rechtspflicht des Schädigers zur Aufklärung kennen. Auch insoweit genügt vielmehr die Kenntnis derjenigen tatsächlichen Umstände, aus denen sich die Aufklärungspflicht ergibt (Senatsurteil vom 26. Februar 2013 - [X.], [X.]Z 196, 233 Rn. 28 [X.]).

Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erfordert der Verjährungsbeginn des Schadensersatzanspruches wegen verschwiegener Rückvergütung auch nicht die Kenntnis des Anlegers von deren konkreten Höhe. Die [X.] muss den Anleger zwar über Grund und Höhe einer Rückvergütung ungefragt aufklären, so dass die unterlassene Mitteilung über die Höhe der Rückvergütung ein anspruchsbegründender Umstand ist. Von diesem Umstand hat ein Anleger aber [X.] bereits dann positive Kenntnis, wenn er weiß, dass die ihn [X.] Provisionen für das von ihm getätigte Anlagegeschäft erhält, deren Höhe ihm die Bank nicht mitteilt (Senatsurteil vom 26. Februar 2013 - [X.], [X.]Z 196, 233 Rn. 29 [X.]).

(2) Nach diesen Grundsätzen waren hier entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns gemäß § 199 Abs. 1 Nr. 2 [X.] bereits bei Zeichnung der Beteiligung erfüllt. Der Kläger hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts bereits zum Zeitpunkt des Beratungsgesprächs gewusst, dass die Beklagte für ihre Beratungsleistung eine - der Höhe nach streitige - Provision erhielt. Der Kläger hat - wie auch in anderen Fällen zuvor - über einen Preisnachlass verhandelt, den er aber nicht erhielt. Der Zeuge [X.]        hat dem Kläger auf dessen Nachfrage die Höhe der Provision ausdrücklich nicht mitgeteilt. Damit hatte der Kläger bereits vor Erwerb der Beteiligung an [X.]positive Kenntnis davon, dass die Beklagte eine Rückvergütung in Form eines Anteils der Vertriebskosten bzw. Kosten der [X.] erhielt und die Beklagte ihm die Höhe dieser Rückvergütung nicht mitgeteilt hatte.

Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts gilt nichts anderes, wenn der Kläger die von ihm vermutete Größenordnung der Rückvergütung als abschließend angesehen haben sollte. Die fehlende Kenntnis des Anlegers von der Höhe der Rückvergütung steht allenfalls in solchen Fällen dem Verjährungsbeginn entgegen, in denen die [X.] konkrete, jedoch fehlerhafte Angaben zur Höhe der Rückvergütung macht (Senatsurteil vom 26. Februar 2013 - [X.], [X.]Z 196, 233 Rn. 30 [X.]). Denn in diesen Fällen meint der Anleger, über die Höhe der Rückvergütung pflichtgemäß aufgeklärt worden zu sein, weshalb es an der Kenntnis der tatsächlichen Umstände fehlt, aus denen sich die Verletzung der Aufklärungspflicht durch die [X.] ergibt. So liegt der Fall hier aber nicht. Der Zeuge [X.]        hat keine abschließenden Angaben über die Höhe der Rückvergütungen gemacht, sondern jede Auskunft zur Höhe verweigert.

cc) Da der - unterstellte - Anspruch des [X.] somit bereits im Jahre 2000 entstanden ist und der Kläger zu diesem Zeitpunkt auch Kenntnis von den seinen Anspruch begründenden Umständen hatte, ist die nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EG[X.] maßgebliche dreijährige Verjährungsfrist nach §§ 195, 199 Abs. 1 [X.] am 31. Dezember 2004 abgelaufen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 73. Aufl., EG[X.] 229 § 6 Rn. 6 [X.]). Die am 30. Dezember 2009 eingereichte Klage konnte die Verjährung nicht mehr gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 1 [X.] hemmen.

III.

Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben, soweit zum Nachteil der Beklagten erkannt worden ist (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird sich - wie die Revisionserwiderung zutreffend geltend macht - mit den weiteren vom Kläger geltend gemachten Beratungsfehlern befassen müssen.

Joeres                    [X.]                      Maihold

            Menges                         Derstadt

Meta

XI ZR 341/12

08.04.2014

Bundesgerichtshof 11. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Köln, 1. August 2012, Az: 13 U 103/11

§ 242 BGB, § 280 Abs 1 S 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 08.04.2014, Az. XI ZR 341/12 (REWIS RS 2014, 6495)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6495

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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