Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.04.2014, Az. XI ZR 341/12

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 6473

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XI [X.]
Verkündet am:

8. April 2014

Herrwerth,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 280 Abs. 1 Satz 1, § 242
Cd
Ein [X.], der im Rahmen eines Beratungsgesprächs nach der Höhe der an die Bank fließenden Provision fragt und trotz ausdrücklicher Er-klärung des Anlageberaters der Bank, ihm die Höhe der an die [X.] nicht mitzuteilen, das Anlagegeschäft gleichwohl ab-schließt, verhält sich widersprüchlich, wenn er später von der [X.] wegen fehlender Aufklärung über die Rückvergütung geltend macht.

[X.], Urteil vom 8. April 2014 -
XI [X.] -
OLG [X.]

LG [X.]

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat
des Bundesgerichtshofes hat
aufgrund der
mündlichen
Ver-handlung vom 8.
April 2014 durch den
Richter Dr.
Joeres
als Vorsitzenden, die Richter Dr.
[X.]
und
Maihold
sowie
die
Richterinnen Dr.
Menges und Dr.
Derstadt
für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des 13.
Zivilsenats des [X.] vom 1.
August 2012
im Kostenpunkt und insofern
aufgehoben, als zum Nachteil der [X.] erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagte
auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung und wegen Verschweigens von Rückvergütungen im [X.] mit dem Erwerb eines Anteils an dem
Medienfonds M.

KG

(nachfolgend: M.

) in Anspruch.
Der Kläger, gelernter Bankkaufmann und Diplom-Betriebswirt, ist seit 1970 Kunde der [X.] und in verschiedenen, teils selbst gegründeten Un-ternehmen in leitender Funktion tätig. Er
war bereits vor Erwerb des Anteils an 1
2
-
3
-
M.

kapitalmarkterfahren und fragte bei anderen

ebenfalls
über die Beklagte erworbenen

Kapitalanlagen regelmäßig nach Preisnachlässen, die er auch erhielt. Vor der Zeichnung
von M.

hatte der Kläger bereits einen Parallelfonds gezeichnet, allerdings nicht über die Beklagte,
sondern über die

Bank. Ende 2000 hatte der Kläger bei der [X.] rund 2,3
Millionen
DM an [X.] angelegt.
Am 21.
Oktober 2000 erwarb er über die Beklagte einen Anteil an M.

im Wert von 511.291,88

DM). Den Anlagebetrag finanzierte er mit 231.103,93

der H.

vom 21.
Oktober/3.
November 2000.
Auch bei M.

hatte der Kläger vor Zeichnung nach
einem Preisnachlass gefragt, aber
keinen erhal-ten. Unstreitig erhielt die Beklagte für den Vertrieb von M.

eine umsatzabhän-gige Provision, die nach ihren eigenen Angaben 7% bezogen auf die
vermittelte Bareinlage betrug.
Mit der Klage verlangt der Kläger von der [X.] die Rückzahlung des von ihm aufgewendeten Eigenkapitals von 231.103,93

e-ner Ausschüttungen von 67.892,03

zuzüglich Zinsen in Höhe von 4% als entgangenen Gewinn für den Zeitraum von
der Zeichnung bis zur Rechtshängigkeit, die Freistellung von allen Ansprü-chen aus dem Darlehensvertrag mit der H.

, die Freistellung von allen weiteren sich aus der Beteiligung ergebenden Nachteilen Zug um Zug ge-gen Abgabe eines Angebots zur Übertragung der Beteiligung und Abtretung aller aus dieser Beteiligung bestehenden Rechte sowie die Feststellung des Annahmeverzuges der [X.].
Die Beklagte hat unter anderem die Einrede der Verjährung erhoben.
3
4
-
4
-
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des
[X.] hat das Berufungsgericht unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels der Klage bis auf einen Teil der Zinsforderung
stattgegeben. Mit ihrer

vom Berufungsgericht zugelassenen

Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:
Die Revision ist begründet
und führt
zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung

soweit für die Revisionsinstanz von Interesse

Wesentlichen ausgeführt:
Nach den nicht zu beanstandenden Feststellungen des [X.] sei zwischen den [X.]en zumindest konkludent ein Beratungsvertrag zustande gekommen. Aufgrund dessen sei die Beklagte verpflichtet gewesen, den Kläger über eine erhaltene Rückvergütung aufzuklären. Die
Beklagte habe unstreitig eine umsatzabhängige Provision erhalten.
Dass die der [X.] zugeflossene
Provision
im Prospekt als Vertriebskosten bzw. Kosten der Eigenkapitalvermitt-lung bezeichnet worden sei, stehe der Anwendung der Rechtsprechungsgrund-sätze zur Aufklärung über Rückvergütungen nicht entgegen. Unstreitig sei der Kläger mündlich nicht auf
die genaue Höhe der Provision
der [X.] hinge-wiesen worden. Der Zeuge F.

habe bei seiner Zeugenvernehmung ein-geräumt, dem Kläger die Höhe der Provision auch auf dessen Nachfrage hin 5
6
7
8
-
5
-
nicht mitgeteilt zu haben. Auch die Prospektangaben enthielten keine ausrei-chende Aufklärung über die
Höhe der an die Beklagte geflossenen Provision.
Die mangelnde Aufklärung über
die an die Beklagte geflossene
Provision
sei auch kausal für die Anlageentscheidung des [X.] gewesen. Nach dem Ergebnis der Anhörung des [X.] im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 6.
Juni 2012 sei der [X.] der ihr obliegende Nachweis, dass der Klä-ger die fragliche Anlageentscheidung auch in Kenntnis der Rückvergütungen getroffen
hätte, nicht gelungen. Soweit die Beklagte nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz mit Schriftsatz vom 11.
Juli 2012 erstmals die [X.]vernehmung des [X.] beantragt habe, sei der [X.] gemäß §
531 Abs.
2 ZPO verspätet. Außerdem habe der Kläger bei seiner Anhörung nach §
141 Abs.
1 ZPO, bei der die Beklagte Gelegenheit zur [X.] gehabt habe, Angaben zu seiner Motivlage gemacht
und glaubhaft ange-geben, dass er die Anlage nicht gezeichnet hätte, wenn er von der Höhe der Rückvergütung gewusst hätte.
Der Anspruch des [X.] sei entgegen der Auffassung der [X.] nicht verjährt. Die für den Verjährungsbeginn nach §
199 Abs.
1 Nr.
2 [X.] er-forderliche Kenntnis des [X.] hinsichtlich der Verletzung der Pflicht der [X.] zur Aufklärung über die an sie geflossene Rückvergütung könne nicht darin gesehen werden, dass der Kläger bereits zum Zeitpunkt des Beratungs-gesprächs gewusst habe, dass ihm eine Information über die genaue Höhe der Provision vorenthalten worden sei. Für den Beginn der Verjährung sei [X.], dass der Anleger auch die
genaue
Höhe der Provision kenne oder
hierüber grob fahrlässig in Unkenntnis sei.

9
10
-
6
-
II.
Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1. Die Revision ist unbeschränkt zulässig. Das Berufungsgericht hat die Revision
zwar lediglich
im Hinblick auf die Verjährung in Bezug auf Ziffer
7 sei-ner
Entscheidungsgründe und wegen Divergenz zu
Urteilen des Oberlandesge-richts
Düsseldorf (GWR
2011, 91) und des Oberlandesgerichts
[X.] (Urteil vom 9.
Februar 2012

18
U 95/11, juris Rn. 197)
zugelassen. Nach
ständiger Recht-sprechung des [X.] kann die Revision aber nicht auf die Frage der Verjährung beschränkt werden (Senatsbeschluss vom 4.
Dezember 2007

XI
ZR 144/06, [X.], 666 Rn.
7
mwN). Fehlt es an einer wirksamen Be-schränkung der Zulassung, so ist allein die Beschränkung, nicht aber die Zulas-sung unwirksam, die Revision ist daher unbeschränkt zugelassen (Senatsurteil vom 5.
April 2005

XI
ZR 167/04, [X.], 1076, 1077 mwN).
2. Die Revision
hat auch Erfolg.
a) Rechtsfehlerfrei
ist das Berufungsgericht allerdings unter Bezugnahme auf die Feststellungen des [X.] davon ausgegangen, dass zwischen den [X.]en konkludent ein [X.] zustande gekommen
ist. Soweit die Revision
meint, die [X.]en hätten lediglich einen "Anlagevermitt-lungsvertrag"
geschlossen, verkennt sie,
dass nach der Rechtsprechung
des [X.] ein Auskunftsvertrag (nicht Anlagevermittlungsvertrag) konkludent nur dann zustande
kommt, wenn ein reiner Anlagevermittler (zur Unterscheidung zwischen Anlagevermittler und Anlageberater vgl. [X.], Urteile vom 13.
Mai 1993

III
ZR 25/92, [X.], 1238, 1239 und vom 12.
Februar 2004

III
ZR 359/02, [X.], 631, 633, insofern in [X.]Z 158, 110 nicht ab-gedruckt) ohne Beratung ein Anlageprodukt vertreibt und der [X.] erkennbar die besonderen Erfahrungen und Kenntnisse des Vermittlers in An-11
12
13
14
-
7
-
spruch nehmen will und der Anlagevermittler die gewünschte Tätigkeit beginnt ([X.], Urteile vom 13.
Januar 2000

III
ZR 62/99, [X.], 426, 427;
vom 12.
Mai 2005

III
ZR 413/04, [X.], 1219, 1220;
vom 11.
Januar 2007

III
ZR 193/05, [X.], 585
Rn.
10 und vom 25.
Oktober 2007

III
ZR 100/06, [X.], 2228
Rn.
7; Senatsurteil vom 7.
Oktober 2008

XI
ZR 89/07, [X.]Z 178, 149 Rn.
11). Demgegenüber ist

nach den zutreffenden Feststel-lungen des Berufungsgerichts

zwischen dem Kläger und der [X.] nach den Grundsätzen des [X.] (Senatsurteil vom 6.
Juli 1993

[X.], [X.]Z 123, 126, 128) ein Beratungsvertrag (vgl. auch Senatsurteile vom
9.
Mai 2000

XI
ZR 159/99, [X.], 1441, 1442; vom 25.
Juni 2002

XI
ZR 218/01, [X.], 1683, 1686; vom 21.
März 2006

XI
ZR 63/05, [X.], 851 Rn.
10 und vom 25.
September 2007

XI
ZR 320/06, [X.], 199 Rn.
12) und nicht lediglich ein Auskunftsvertrag
zustande gekommen, da eine Bank re-gelmäßig Anlageberaterin und nicht lediglich reine Anlagevermittlerin ist (Se-natsbeschluss vom 9.
März 2011

XI
ZR 191/10, [X.], 925 Rn.
19).
b)
Zu Recht hat das Berufungsgericht auch angenommen, dass die [X.] ihre Pflicht, über erhaltene Rückvergütungen aufzuklären, verletzt hat. Hierauf kann sich aber

wie die Revision zutreffend geltend macht

der Kläger nach [X.] (§
242 [X.]) nicht berufen.
aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats ist eine Bank aus dem [X.] verpflichtet, über die von ihr vereinnahmten [X.] ungefragt aufzuklären. [X.] Rückvergütungen in diesem Sinne sind

regelmäßig umsatzabhängige
Provisionen, die im Gegen-satz zu versteckten Innenprovisionen nicht aus dem Anlagevermögen, sondern aus offen ausgewiesenen Provisionen wie z.B. [X.] und [X.] gezahlt werden, deren Rückfluss an die [X.] aber nicht offenbart wird, sondern hinter dem Rücken des Anlegers erfolgt. 15
16
-
8
-
Hierdurch kann beim Anleger zwar keine Fehlvorstellung über die Werthaltigkeit der Anlage entstehen, er kann jedoch das besondere Interesse der beratenden Bank an der Empfehlung gerade dieser Anlage nicht erkennen (vgl. nur
Se-natsbeschluss vom 9.
März 2011
XI
ZR 191/11, [X.], 925 Rn.
25 und Senatsurteil vom 8.
Mai 2012
XI
ZR 262/10, [X.]Z 193, 159 Rn.
17). Danach handelt es sich auch dann um aufklärungspflichtige Rückvergütungen, wenn diese nicht aus einem Agio oder aus Verwaltungsgebühren, sondern aus [X.] offen ausgewiesenen Vertriebskosten fließen, wobei es auch nicht darauf ankommt, ob die Zahlung des Anlegers über die Bank oder direkt an die Fondsgesellschaft erfolgt (vgl. Senatsurteil vom 8.
Mai 2012
XI
ZR 262/10, [X.]Z 193, 159 Rn.
18 mwN).
bb) Die Beklagte hat nach den unangegriffenen Feststellungen des [X.] unstreitig eine umsatzabhängige Provision
aus den im Prospekt ausgewiesenen Vertriebskosten bzw. Kosten der Eigenkapitalbeschaffung
er-halten. Dabei handelt es sich
um eine aufklärungspflichtige Rückvergütung
(vgl. Senatsurteil vom 19.
Februar 2013
XI
ZR 493/11, juris Rn.
14). Zu einer [X.] Aufklärung gehört nach der Rechtsprechung des Senats auch die Mitteilung der Höhe der Rückvergütung (Senatsurteil vom
19.
Dezember 2006

XI
ZR 56/05, [X.]Z 170, 226 Rn.
24
und Senatsbeschluss vom 19.
Juli 2011

XI
ZR 191/10, [X.], 1506 Rn. 9). Über diese hat der Mitarbeiter der [X.] den Kläger unstreitig nicht aufgeklärt. Auch aus dem Prospekt war
dies

wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat
-
nicht zu ersehen.
Die Revision macht aber zutreffend geltend, dass der
Kläger sich nicht auf diese
Aufklärungspflichtverletzung berufen kann, weil der Zeuge
F.

auf
die konkrete Nachfrage des [X.] die Mitteilung der Höhe der Provision
ausdrücklich verweigert hat und der Kläger danach gleichwohl M.

gezeichnet hat. Ein [X.], der im Rahmen eines Beratungsgesprächs nach der 17
18
-
9
-
Höhe der an die Bank fließenden Provision fragt und trotz ausdrücklicher Erklä-rung des Anlageberaters der Bank, ihm die Höhe der an die Bank fließenden Rückvergütung nicht mitzuteilen, das Anlagegeschäft gleichwohl abschließt, verhält sich widersprüchlich, wenn er später von der Bank Schadensersatz we-gen fehlender Aufklärung über die Rückvergütung geltend macht (vgl. allgemein zum Einwand des [X.]/[X.], [X.], 73.
Auflage, §
242 Rn.
55, 59
mwN).
c)
Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht auch die Kausalität der Pflichtverletzung, auf die sich der Kläger von seinem Standpunkt aus auch [X.] konnte,
für den Erwerb der Kapitalanlage bejaht.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist derjeni-ge, der vertragliche oder vorvertragliche Aufklärungspflichten verletzt hat, be-weispflichtig dafür, dass der Schaden auch eingetreten wäre, wenn er sich pflichtgemäß verhalten hätte, der Geschädigte den Rat oder Hinweis also un-beachtet gelassen hätte. Diese sogenannte "Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens" gilt für alle Aufklärungs-
und Beratungsfehler eines Anlageberaters, insbesondere auch dann, wenn Rückvergütungen pflichtwidrig nicht offengelegt wurden. Es handelt sich hierbei nicht lediglich um eine Beweiserleichterung im Sinne eines Anscheinsbeweises, sondern um eine zur Beweislastumkehr füh-rende widerlegliche Vermutung (Senatsurteil vom 8.
Mai 2012

XI
ZR 262/10, [X.]Z 193, 159 Rn. 28
ff. mwN).
Die Beweislastumkehr greift bereits bei [X.] ein,
ohne dass es darauf ankommt, ob der Anleger bei gehöriger Aufklärung vernünftigerweise nur eine Handlungsal-ternative gehabt hätte (Senatsurteil vom 8.
Mai 2012

XI
ZR 262/10, [X.]Z 193, 159
Rn.
30
ff. mwN).
19
20
-
10
-
bb) Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen. Es hat den Kläger
selbst nach §
141 ZPO angehört und hat ihm
aufgrund des per-sönlichen Eindrucks, den es bei seiner Anhörung von ihm gewonnen hat, ge-glaubt, dass er M.

nicht gezeichnet hätte, wenn er von
der Höhe
der an die Beklagte
geflossenen Vergütung gewusst hätte. Die tatrichterliche Würdigung kann in der Revisionsinstanz nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden, ob sie vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denk-
oder Erfah-rungssätze verstößt (Senatsurteile vom 26.
Oktober 2004

XI
ZR 211/03, [X.], 27; vom 18.
Dezember 2007

XI
ZR 76/06, [X.], 292 Rn.
20 und vom 8.
Mai 2012

XI
ZR 262/10, [X.]Z 193, 159 Rn. 46; Senatsbeschluss vom 19.
Juli 2011

XI
ZR 191/10, [X.], 1506 Rn.
9).
Dieser Überprüfung hält das Berufungsurteil nicht stand, weil
das [X.] verfahrensfehlerhaft den Kläger nicht als [X.] vernommen hat (§
445 Abs.
1 ZPO).
Es entspricht zwar ständiger Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs, dass das Tatgericht im Rahmen der Beweiswürdigung nach §
286 Abs.
1 ZPO in bestimmten Fällen seine Überzeugung auch ohne förmliche [X.] auf die Angaben einer [X.] stützen kann, die diese im Rah-men ihre Anhörung nach §
141 Abs.
1 ZPO gemacht hat (vgl. [X.],
Urteile vom 16.
Juli 1998

I
ZR 32/96, NJW 1999, 363, 364 und vom 19.
Dezember 2002

VII
ZR 176/02, [X.], 594, 595). Beantragt der Gegner aber die [X.]ver-nehmung, kann diese nicht unter Hinweis auf die Anhörung nach §
141 Abs.
1 ZPO abgelehnt
werden
([X.], Beschluss vom 28.
April 2011

V
ZR 220/10, BeckRS 2011, 15319 Rn.
12 ff.). Das Berufungsgericht hätte daher seine Ent-scheidung nicht allein auf die Würdigung der Angaben des [X.] bei seiner Anhörung nach §
141
Abs.
1
ZPO stützen dürfen.
Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht
auch die von der [X.] beantragte [X.]vernehmung des [X.] (§
445 Abs.
1 ZPO)
als verspätet 21
22
23
-
11
-
nach §
531 Abs.
2 ZPO zurückgewiesen. Zu Unrecht beruft sich die Revision zwar darauf, erst mit der Senatsentscheidung vom 8.
Mai 2012 (XI
ZR 262/10, [X.]Z 193, 159 Rn.
38
ff.) sei klar gewesen, dass der Hauptbeweis für das Fehlen der Kausalität erbracht und nicht nur eine tatsächliche Vermutung hätte erschüttert werden müssen. An der Beweislastverteilung hat das genannte [X.] (aaO Rn.
29, 31) nichts geändert. Die [X.]vernehmung des Gegners der beweisbelasteten Prozesspartei war bereits vor dem Senatsurteil vom 8.
Mai 2012 (aaO Rn.
39 mwN) zulässig.
Jedoch durfte die Beklagte, der [X.] die unbefristete Möglichkeit zur Stellungnahme eingeräumt worden war, auf den in der mündlichen Verhandlung vom 6.
Juni 2012 gegebenen [X.], nach dem das Berufungsgericht der Rechtsauffassung des [X.] nicht folgen wollte,
neue Beweismittel einführen, auf die es in erster Instanz nicht ankam. Das Berufungsgericht hätte daher die mündliche Verhandlung nach §
156 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wieder eröffnen
und den Kläger nach §
445 Abs.
1 ZPO vernehmen müssen (vgl. Senatsbeschluss vom 15.
Februar 2005

XI
ZR 144/03, juris Rn.
12).

d)
Ferner hat das
Berufungsgericht rechtsfehlerhaft
die Verjährung des [X.] nach §§
195, 199 Abs.
1 [X.] verneint. Wie die Revision zu Recht geltend macht, war der

unterstellte

Schadensersatzanspruch des [X.], soweit er auf die Verletzung von Beratungspflichten der [X.] über Rückvergütungen gestützt wird, entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts bei Klageerhebung bereits verjährt.
aa) Der

unterstellte

Schadensersatzanspruch des [X.] ist bereits mit Zeichnung der Fondsbeteiligung am 21.
Oktober 2000
im Sinne von §
199
Abs.
1 Nr.
1 [X.] entstanden. Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] ist der Anleger, der aufgrund einer Verletzung der Aufklärungspflicht oder einer fehlerhaften Beratung eine für ihn nachteilige Kapitalanlage erwor-24
25
-
12
-
ben hat, bei der gebotenen wertenden Betrachtung bereits durch den Erwerb der Kapitalanlage geschädigt, weil der ohne die erforderliche Aufklärung ge-fasste Anlageentschluss von den Mängeln der fehlerhaften Aufklärung [X.] ist (Senatsurteil vom 26.
Februar 2013

XI
ZR 498/11, [X.]Z 196,
233 Rn.
25 mwN). Bereits mit Vertragsschluss ist der Vermögensschaden eingetre-ten (Senatsurteil
vom 8.
März 2005

XI
ZR 170/04, [X.]Z 162, 306, 310 mwN; ebenso der Sache nach
[X.], Urteile vom 8.
Juli 2010

III
ZR 249/09, [X.]Z 186, 152 Rn.
24; vom 24.
März 2011

III
ZR 81/10, [X.], 874 Rn.
9; vom 15.
Februar 2012

IV
ZR 194/09, [X.], 806 Rn.
31 und vom 11.
Juli 2012

IV
ZR 164/11, [X.]Z 194, 39
Rn.
70; aA OLG
München ZIP 2012, 2096, 2099, aufgehoben durch [X.], Urteil vom 21. März 2013 -
III ZR 182/12, [X.], 836
ff.) und es kommt nicht darauf an, ob und wann die Kapitalanlage gegebe-nenfalls später im Wert gefallen ist (Senatsurteil vom 26.
Februar 2013

XI
ZR 498/11, [X.]Z 196,
233 Rn.
25 mwN).
bb) Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht
angenommen, der Kläger habe nicht bereits bei Zeichnung der Beteiligung ausreichende Kenntnis sämtli-cher anspruchsbegründender Umstände im Sinne des §
199 Abs.
1 Nr.
2 [X.] gehabt, weil er die genaue Höhe der an die Beklagte
geflossenen Rückvergü-tung nicht gekannt habe.
(1) Die erforderliche Kenntnis von den den Anspruch begründenden Um-ständen liegt im Allgemeinen vor, wenn dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich ist. Weder ist notwendig, dass der Geschädigte alle Einzelumstände kennt, die für die Beurteilung möglicher-weise Bedeutung haben, noch muss er bereits hinreichend sichere Beweismittel in der Hand
haben, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risikolos führen zu können. Auch kommt es grundsätzlich nicht auf eine zutreffende rechtliche 26
27
-
13
-
Würdigung an. Vielmehr genügt aus Gründen der Rechtssicherheit und Billigkeit im Grundsatz die Kenntnis der den Ersatzanspruch begründenden tatsächli-chen Umstände (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteil vom 26.
Februar 2013

XI
ZR 498/11, [X.]Z 196,
233 Rn.
27 mwN). Es kommt auch nicht darauf an, dass der Geschädigte die Rechtswidrigkeit des Geschehens, das Verschulden des Schädigers und den in Betracht kommenden Kausalverlauf richtig einschätzt (Senatsurteil vom 26.
Februar 2013

XI
ZR 498/11, [X.]Z 196,
233 Rn.
27 mwN).
In Fällen des Schadensersatzes wegen unzureichender Aufklärung muss der Geschädigte insbesondere nicht die
Rechtspflicht des Schädigers zur Aufklärung kennen. Auch insoweit genügt vielmehr die Kenntnis derjenigen tat-sächlichen Umstände, aus denen sich die Aufklärungspflicht ergibt (Senatsurteil vom 26.
Februar 2013

XI
ZR 498/11, [X.]Z 196,
233 Rn.
28
mwN).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erfordert der [X.] des Schadensersatzanspruches wegen verschwiegener Rückver-gütung auch nicht die Kenntnis des Anlegers von deren konkreten
Höhe. Die [X.] muss den Anleger zwar über Grund und Höhe einer Rückver-gütung ungefragt aufklären, so dass die unterlassene Mitteilung über die Höhe der Rückvergütung ein anspruchsbegründender Umstand ist. Von diesem [X.] hat ein Anleger aber [X.] bereits dann positive Kenntnis, wenn er weiß, dass die ihn [X.] Provisionen für das von ihm getätigte [X.] erhält, deren Höhe ihm die Bank nicht mitteilt (Senatsurteil vom 26.
Februar 2013

XI
ZR 498/11, [X.]Z 196,
233 Rn.
29 mwN).
(2) Nach diesen Grundsätzen waren hier entgegen der Ansicht des [X.]
die subjektiven Voraussetzungen des Verjährungsbeginns gemäß §
199 Abs.
1 Nr.
2 [X.] bereits bei Zeichnung der Beteiligung erfüllt. Der Kläger hat nach den
Feststellungen des Berufungsgerichts bereits zum Zeitpunkt des Beratungsgesprächs gewusst, dass die Beklagte für ihre Beratungsleistung eine 28
29
-
14
-

der Höhe nach streitige

Provision erhielt. Der Kläger hat

wie auch in ande-ren Fällen
zuvor

über einen Preisnachlass verhandelt, den
er aber nicht er-hielt. Der Zeuge F.

hat dem Kläger auf dessen Nachfrage die Höhe der Provision
ausdrücklich
nicht mitgeteilt. Damit hatte der Kläger bereits vor Er-werb der Beteiligung an M.

positive Kenntnis davon, dass die Beklagte
eine Rückvergütung in Form eines Anteils der Vertriebskosten bzw. Kosten der Ei-genkapitalbeschaffung
erhielt
und die Beklagte ihm die Höhe dieser Rückvergü-tung nicht mitgeteilt hatte.
Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts gilt nichts anderes, wenn der Kläger die von ihm vermutete Größenordnung der Rückvergütung als ab-schließend angesehen haben sollte. Die fehlende Kenntnis des Anlegers von der Höhe der Rückvergütung steht allenfalls in solchen Fällen dem [X.] entgegen, in denen die [X.] konkrete, jedoch fehlerhaf-te Angaben zur Höhe der Rückvergütung macht (Senatsurteil vom 26.
Februar 2013

XI
ZR 498/11, [X.]Z 196,
233 Rn.
30 mwN). Denn in diesen Fällen meint der Anleger, über die Höhe der Rückvergütung pflichtgemäß aufgeklärt worden zu sein, weshalb es an der Kenntnis
der tatsächlichen Umstände fehlt, aus denen sich die Verletzung der Aufklärungspflicht durch die [X.] ergibt. So liegt der Fall hier aber nicht. Der Zeuge F.

hat keine ab-schließenden Angaben über die Höhe der Rückvergütungen gemacht, sondern jede Auskunft zur Höhe verweigert.
cc) Da der

unterstellte

Anspruch des [X.] somit bereits im Jahre 2000
entstanden ist und der Kläger zu diesem Zeitpunkt auch Kenntnis von den seinen Anspruch begründenden Umständen hatte, ist die nach Art.
229 §
6 Abs.
4 Satz
1 EG[X.] maßgebliche dreijährige Verjährungsfrist nach §§
195, 199 Abs.
1 [X.] am 31.
Dezember 2004 abgelaufen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 73.
Aufl., EG[X.] 229 §
6 Rn.
6 mwN). Die am 30.
Dezember 2009
ein-30
31
-
15
-
gereichte Klage konnte die Verjährung nicht mehr gemäß §
204 Abs.
1 Nr.
1 [X.] hemmen.

III.
Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben, soweit zum Nachteil der [X.] erkannt worden ist (§
562 Abs.
1 ZPO). Da die Sache nicht zur End-entscheidung reif ist, ist sie zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 Satz
1 ZPO). Das [X.] wird sich

wie die Revisionserwiderung zutreffend geltend macht

mit den weiteren vom Kläger geltend gemachten Beratungsfehlern befassen müssen.
Joeres

[X.]

Maihold

Menges

Derstadt
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 27.04.2011 -
3 O 57/10 -

OLG [X.], Entscheidung vom 01.08.2012 -
13 [X.] -

32

Meta

XI ZR 341/12

08.04.2014

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 08.04.2014, Az. XI ZR 341/12 (REWIS RS 2014, 6473)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 6473

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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XI ZR 341/12 (Bundesgerichtshof)

Haftung bei Kapitalanlageberatung: Widersprüchliches Verhalten des Schadenersatz begehrenden Anlegers bei Abschluss des Anlagegeschäfts trotz ausdrücklicher …


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XI ZR 341/12

III ZR 182/12

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