Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.05.2020, Az. 2 StR 64/20

2. Strafsenat | REWIS RS 2020, 1926

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Gegenstand

Bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Konkurrenzverhältnis mehrerer Tatausführungshandlungen; nicht geringe Menge bei einer Amphetaminzubereitung


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 14. Oktober 2019, soweit es ihn betrifft, geändert

a) im Schuldspruch dahin, dass der Angeklagte wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in elf Fällen sowie wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Besitz einer halbautomatischen Selbstladewaffe, einer Schusswaffe, von Munition sowie von verbotenen Gegenständen schuldig ist. Die für die Fälle II. 19 und II. 21 der [X.] verhängten Einzelstrafen entfallen;

b) in der Einziehungsentscheidung dahin, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen auf 6.767,17 € herabgesetzt wird; die darüberhinausgehende Einziehung des Wertes von Taterträgen entfällt.

2. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird verworfen.

3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen „unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 13 Fällen sowie wegen bewaffneten unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit vorsätzlichem unerlaubten Besitz von fünf Schusswaffen (Gewehr [X.]. 015427, [X.]. 618, Pistole [X.]. [X.], Bockbüchsflinte [X.]. [X.] nebst Schalldämpfer und Pistole [X.]), Munition, drei Elektro-Impulsgeräten sowie eines Schlagrings“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt und „die Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 8.339,92 € angeordnet.“ Die auf die ausgeführte Sachrüge gestützte Revision hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

I.

2

Das [X.] hat, soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung, folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

3

Am 6. März 2018 erwarb der Mitangeklagte [X.]für den Angeklagten 500 ml [X.] mit einer Mindestwirkstoffmenge von 171 g [X.] zu einem Preis von 1.000 €. Der Angeklagte veräußerte von dieser Menge 370,9 ml. Die restliche Menge, die ebenfalls zur Weiterveräußerung bestimmt war, wurde von den Ermittlungsbehörden anlässlich einer Durchsuchung am 26. März 2018 sichergestellt (Fall [X.] der Urteilsgründe).

4

Am 18. März 2018 erwarb der Mitangeklagte [X.] wiederum für den Angeklagten 500 ml [X.] mit einer Wirkstoffmenge von 171 g [X.] zu einem Preis von 1.000 €. Der Angeklagte beabsichtigte, das Rauschgift an dritte Abnehmer gewinnbringend zu veräußern. Die Drogen wurden ebenfalls anlässlich der Durchsuchung vom 26. März 2018 sichergestellt (Fall II. 21 der Urteilsgründe).

5

Am 26. März 2018 verfügte der Angeklagte neben dem vorbeschriebenen, in zwei Behältnissen verwahrten, 629,1 g flüssigem Amphetamin über 515,8 g feuchte [X.] mit einer Gesamtwirkstoffmenge von 120,8 g [X.]. Auch diese Drogen waren zum Weiterverkauf bestimmt. Auf einem Sideboard im Wohnzimmer stand in einem Ständer ein Schlagring mit fünf Klingennachbildungen; ferner befand sich in einer Wohnzimmerschublade ein voll funktionstüchtiges Distanz-Elektroimpulsgerät. Diese Gegenstände waren, im Gegensatz zu weiteren anlässlich der Wohnungsdurchsuchung aufgefundenen Schusswaffen und verbotenen Gegenständen, griff- und gebrauchsbereit und zum Einsatz gegen Personen geeignet und bestimmt (Fall II. 23 der Urteilsgründe).

II.

6

1. Die auf die Sachrüge des Angeklagten veranlasste Überprüfung des Urteils führt zur Abänderung des Schuldspruchs und zum Entfall der Einzelstrafen in den Fällen [X.] und II. 21 der Urteilsgründe. Ferner bedarf die Anordnung der Einziehung des Wertes von [X.]n der Korrektur.

7

a) [X.], die von einer tatmehrheitlichen Begehung ausgegangen ist, hat das Konkurrenzverhältnis der dargestellten Taten in mehrfacher Hinsicht verkannt.

8

aa) Sie hat zunächst übersehen, dass sich die Ausführungshandlungen in den Fällen [X.] und II. 23 bzw. II. 21 und II. 23 der Urteilsgründe, bezogen auf die am 6. bzw. 18. März 2018 erworbenen 500 ml [X.], jeweils als Teilakte einer sukzessiven Tatausführung zur Erreichung eines einheitlichen [X.] darstellen; bereits dies verbindet die Tathandlungen für die jeweilige Handelsmenge zu einer einheitlichen Tat im Rechtssinne (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Beschlüsse vom 21. April 2020 - 6 StR 49/20, juris Rn. 3; vom 18. Dezember 2018 - 4 [X.], juris Rn. 3, jeweils mwN; vgl. auch [X.]/[X.], 4. Aufl., § 52 Rn. 50).

9

bb) Gleichzeitig hat die [X.] bei ihrer konkurrenzrechtlichen Wertung verkannt, dass sich die Ausführungshandlungen des Handels mit diesen beiden, am 6. März bzw. 18. März 2018 beschafften [X.] sowie der weiteren Rauschgiftmenge von 515,8 g feuchter [X.], durch das Bereithalten der zur Verletzung von Personen geeigneten und bestimmten Gegenstände in der Wohnung des Angeklagten jedenfalls im Zeitpunkt der Durchsuchung am 26. März 2018 teilweise überschnitten. Dies hat zur Folge, dass alle drei Taten konkurrenzrechtlich zur Tateinheit verknüpft sind (vgl. [X.], Beschluss vom 28. Januar 2020 - 4 StR 303/19, juris Rn. 14, vom 21. August 2018 - 3 [X.], juris Rn. 12, jeweils mwN) und sich die Tat im Fall II. 23 der Urteilsgründe als bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in drei tateinheitlichen Fällen darstellt.

Die Schuld- und Strafaussprüche in den Fällen [X.] und II. 21 der Urteilsgründe hatten daher zu entfallen. Der [X.] hat den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO geändert, § 265 StPO steht dem nicht entgegen.

b) Im Übrigen hat die Überprüfung zum Schuld- und Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

aa) Die Änderung des [X.] bleibt ohne Einfluss auf die Einzelstrafe im Fall II. 23 der Urteilsgründe.

Dabei ist die [X.] zwar zunächst rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, dass der Angeklagte durch den Handel mit 515,8 g feuchter [X.] mit einem Wirkstoff von 120,8 g [X.] die nicht geringe Menge i.S.d. § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG bei dem Handel mit Amphetamin um das 12-fache überschritten habe. Sie hat dabei übersehen, dass [X.] lediglich 73 % [X.] (vgl. [X.], Beschluss vom 19. Juli 2007 - 3 [X.], juris Rn. 2, Urteil vom 11. April 1985 - 1 [X.], [X.]St 33, 169, 170) enthält, so dass eine Umrechnung des [X.]s in [X.] vorzunehmen gewesen wäre (vgl. [X.], Beschluss vom 24. Oktober 2012 - 4 StR 392/12, [X.], 81, 82). Bei der Amphetaminzubereitung beginnt die nicht geringe Menge bei einem Wirkstoffgehalt von 10 g [X.] ([X.], Urteil vom 11. April 1985 - 1 [X.], [X.]St 33, 169, 172; [X.]/[X.]/[X.], BtMG, 9. Aufl., § 29a Rn. 56 f.). Dementsprechend überschritt der Wirkstoffgehalt der feuchten [X.] die nicht geringe Menge nur um das Neunfache.

Allerdings hat die [X.] unberücksichtigt gelassen, dass auch die 500 ml [X.], die der Angeklagte jeweils am 6. März bzw. 18. März 2018 (Taten [X.] und II. 21 der Urteilsgründe) mit einem Gesamtwirkstoffgehalt von 342 g [X.] erworben hatte, in die [X.] der Tat II. 23 der Urteilsgründe einzustellen gewesen wären, so dass tatsächlich die Handelsmenge die nicht geringe Menge in der Summe um das 43-fache überschritt und der Angeklagte durch die Wertung der [X.] nicht beschwert ist.

bb) Der Wegfall der Einzelstrafen in den Fällen [X.] und II. 21 der Urteilsgründe lässt die Gesamtstrafe unberührt. Der [X.] kann angesichts der verbleibenden Einzelstrafen von drei Jahren und elfmal einem Jahr und drei Monaten sowie des von der [X.] insgesamt zu gering bemessenen Gesamtschuldgehalts ausschließen, dass diese bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewertung auf eine niedrigere Gesamtfreiheitsstrafe erkannt hätte (vgl. [X.], Beschluss vom 12. Februar 2019 - 4 StR 565/18; LK-StGB/[X.]/ [X.], 13. Aufl. § 53 Rn. 23).

c) Die angeordnete „Einziehung eines Geldbetrages in Höhe von 8.339,92 €“, die sich erkennbar auf den Wert der von dem Angeklagten erzielten [X.] bezieht, bedarf der Korrektur. [X.] ist, worauf sie zutreffend selbst hingewiesen hat, in den Fällen [X.] und II. 21 der Urteilsgründe von unzutreffenden Erträgen ausgegangen. Der Angeklagte hat insgesamt Erlöse in Höhe von 18.427,25 € erzielt. Unter Abzug der bei ihm sichergestellten 11.660,08 €, mit deren Einziehung er sich einverstanden erklärt hat, errechnet sich der noch einzuziehende Tatertrag mit 6.767,17 €.

2. [X.] beruht auf § 473 Abs. 4 StPO. Im Hinblick auf den nur geringfügigen Teilerfolg der Revision ist es nicht unbillig, den Beschwerdeführer mit den Kosten und Auslagen seines Rechtsmittels zu belasten.

Franke     

        

Appl     

        

Zeng   

        

Grube     

        

Schmidt     

        

Meta

2 StR 64/20

26.05.2020

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Aachen, 14. Oktober 2019, Az: 95 KLs 1/19

§ 29a Abs 1 Nr 2 BtMG, § 30 Abs 2 Nr 2 BtMG, § 52 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.05.2020, Az. 2 StR 64/20 (REWIS RS 2020, 1926)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 1926


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 2 StR 64/20

Bundesgerichtshof, 2 StR 64/20, 28.07.2020.

Bundesgerichtshof, 2 StR 64/20, 26.05.2020.


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