Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2004, Az. I ZR 26/02

I. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2676

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 24. Juni 2004 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.] : nein [X.]R : ja
Werbeblocker
UWG § 1; GG Art. 5 Abs. 1 Satz 2, Art. 12 Abs. 1

a) Zwischen einem (privaten) Fernsehsendeunternehmen und einem Unter-nehmen, das ein zum Anschluß an den Fernseher oder Videorekorder be-stimmtes Gerät produziert und vertreibt, mit dem [X.] aus dem [X.] automatisch ausgeblendet werden können (Werbeblok-ker), besteht ein konkretes Wettbewerbsverhältnis.
b) Die Werbung und der Vertrieb eines [X.] und die Ausstrahlung von [X.] für diesen verstoßen auch unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Schutzes, den das Fernsehsendeunternehmen aus Art. 5 und Art. 12 GG genießt, weder unter dem Gesichtspunkt einer pro-duktbezogenen Behinderung noch wegen Werbebehinderung gegen § 1 UWG und stellen auch keine nach dieser Bestimmung unzulässige [X.] dar.
[X.], [X.]. v. 24. Juni 2004 - [X.] - [X.] [X.] - 2 - Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 24. Juni 2004 durch [X.] Dr. Ullmann und [X.] v. Ungern-Sternberg, Prof. [X.], Pokrant und Dr. Schaffert für Recht erkannt:

Die Revision gegen das [X.]eil des 5. Zivilsenats des Kammerge-richts vom 24. Juli 2001 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewie-sen.

Von Rechts wegen

- 3 - Tatbestand:

Die Klägerin betreibt einen ausschließlich durch Einnahmen aus [X.] finanzierten Fernsehsender. Sie plaziert die Werbung über ihr gesamtes Programm verteilt und insbesondere auch während laufender [X.], so daß diese regelmäßig durch sogenannte [X.] unter-brochen werden. Die von der Klägerin erzielten Werbeumsätze belaufen sich auf mehr als 1 Milliarde Euro netto; ihr Gewinn belief sich im [X.] auf 497 Millionen DM.
Die Beklagte produziert und vertreibt ein von ihr als "[X.]" be-zeichnetes Vorschaltgerät. Dieses ist zum Anschluß an den Fernseher oder Videorekorder bestimmt und verfügt seit Ende 1999 u.a. über eine sogenannte [X.] ("[X.]"). Das Gerät der [X.] kann damit vom Nutzer so programmiert werden, daß [X.] aus dem [X.] automatisch ausgeblendet werden. Zu diesem Zweck sendet die Beklagte Befehlssignale aus, mittels deren das Vorschaltgerät den Fernseher oder Videorekorder für die [X.], während der im gewählten [X.] ausgestrahlt wird, auf ein werbefreies Programm umschaltet und nach dem [X.] wieder zurückschaltet.
Die Klägerin sieht in der Bewerbung und in dem Vertrieb des mit einer solchen [X.] ausgerüsteten Vorschaltgeräts, in der Aus-strahlung der entsprechenden Befehlssignale und in der Bewerbung dieser Dienstleistung ein unter den Gesichtspunkten der Behinderung, der Ausbeutung erbrachter Vorleistungen und der allgemeinen Marktstörung nach § 1 UWG wettbewerbswidriges Verhalten der [X.]. Zur Begründung führt sie insbe-- 4 - sondere aus, die Beklagte verletze die durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG gewähr-leistete [X.] der Klägerin, da sie in unzulässiger Weise in deren in der Erzielung von Werbeeinnahmen bestehende wirtschaftliche Grundlage ein-greife. Bei entsprechender Werbung liege der Markt für das Werbeblocker-System der [X.] noch über den von dieser in Veröffentlichungen [X.] % der Fernsehhaushalte. Die Beklagte gefährde damit - auch im Hinblick auf die gegebene Nachahmungsgefahr - in erheblichem Maße die Finanzierung der Klägerin. Zudem greife sie in das als [X.] geschützte Fernseh-programm der Klägerin durch Umgestaltung ein.
Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen,

a) ein Vorschaltgerät zum Anschluß an TV-Geräte wie in der beiliegenden Ablichtung beworben anzubieten, zu vertreiben und/oder zu bewerben, soweit mit diesem Gerät Fernsehwerbung im [X.] der Klä-gerin derart unterdrückt wird, daß das Vorschaltgerät das [X.] während der Übertragung von Fernseh-werbung auf dem eingestellten [X.] auf einen anderen zu dieser [X.] werbefreien Kanal umschaltet, und/oder
b) an diese Vorschaltgeräte gerichtete Befehlssignale auszustrahlen bzw. ausstrahlen zu lassen, die bewirken, daß an das Vorschaltgerät ange-schlossene Fernsehempfangsgeräte während Werbeübertragungen im [X.] der Klägerin auf einen ggf. werbefreien Kanal [X.] und/oder eine entsprechende Dienstleistung zu bewerben. - 5 - - 6 -
Die Beklagte macht demgegenüber geltend, es fehle bereits an einem konkreten Wettbewerbsverhältnis. Sie betätige sich in einer anderen Branche und auf einer anderen wirtschaftlichen Stufe als die Klägerin. Die angebotenen Leistungen schlössen sich nicht gegenseitig aus, sondern ergänzten sich. Eine unzulässige Behinderung liege nicht vor, da auch weiterhin der Verbraucher entscheide, ob er Werbung sehen möchte. Die Perfektionierung des Umschal-tens in ein anderes Fernsehprogramm während der Ausstrahlung der [X.] durch die jederzeit abänderbare Programmierung des Vorschaltgeräts be-gründe kein Unwerturteil. Der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG bewirkte Schutz der [X.] erschöpfe sich in dem Verbot st[X.]tlicher Regelungen, die die Existenz der Klägerin erheblich gefährden oder beeinträchtigen könnten; dazu gehöre der Schutz der finanziellen Mittel nicht. Aufgrund des geringen Verbreitungsgrades der "[X.]" drohe tatsächlich auch keine Gefahr für die Einnahmen der Klägerin.
Das [X.] hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt ([X.] ZUM-RD 2000, 144). Die Berufung der [X.] führte zur Abweisung der Klage ([X.], 483).
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen [X.]eils.

- 7 - Entscheidungsgründe:

[X.] Das Berufungsgericht hat zugunsten der Klägerin unterstellt, daß zwi-schen den Parteien ein konkretes Wettbewerbsverhältnis bestehe, da der aus [X.] bestehende Teil des von der Klägerin angebotenen [X.] und das Werbeblocker-System der [X.] einander behindern könnten. Es hat aber die Bewerbung und den Vertrieb des mit der Werbeblok-ker-Funktion ausgerüsteten Vorschaltgeräts sowie die Ausstrahlung der an die-ses gerichteten Befehlssignale durch die Beklagte nicht als i.S. des § 1 UWG wettbewerbswidrige Verhaltensweisen angesehen. Die Verletzung eines Urhe-berrechts der Klägerin oder des Rechts an deren eingerichtetem und ausgeüb-tem Gewerbebetrieb hat es ebenfalls verneint. Zur Begründung hat es ausge-führt:
Für einen Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG unter dem Gesichts-punkt einer produktbezogenen Behinderung fehle es, da die Entscheidung in-soweit bei den Zuschauern verbleibe, an einer unmittelbaren oder auch nur mit-telbaren wettbewerbswidrigen Einwirkung auf die von der Klägerin angebotenen Leistungen. Die Beklagte stelle den Zuschauern, die das Programm der Kläge-rin verlassen wollten, lediglich eine technische Hilfe zur Verfügung.
Eine produktbezogene Behinderung der Klägerin sei auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines Eingriffs in ihr Grundrecht auf [X.] zu bejahen. Allerdings erfasse diese im Rahmen ihrer im Verhältnis der Parteien zueinander bestehenden mittelbaren Drittwirkung auch die von der Klägerin gesendete Werbung. Das Verhalten der [X.] erschwere zudem die Aus-übung der [X.] nicht unerheblich, da ihr Verhalten die [X.] - nahmen der Klägerin zu vermindern drohe. Trotz der überragenden Bedeutung der zugunsten der Klägerin zu berücksichtigenden [X.] seien aber die Belange der [X.] schutzwürdiger als die der Klägerin. Durch die [X.] könnten sich für die Klägerin, wie der Berufungssenat auf-grund der Lebenserfahrung seiner Mitglieder beurteilen könne, zwar nicht ganz unempfindliche finanzielle Einbußen ergeben, nicht aber eine existentielle Ge-fährdung. Als Kunden des von der [X.] vertriebenen Geräts kämen vor-nehmlich Zuschauer in Betracht, die sich der Werbung bislang ohnehin durch Umschalten auf ein anderes Programm, Ausschalten des Fernsehers oder [X.] oder Verlassen des Raumes entzogen hätten. Zu berücksichtigen seien ferner der für die Masse der Durchschnittsverdiener nicht geringe [X.] für das Gerät von knapp 400 DM und - wenn auch möglicher-weise eher geringe - monatliche Gebühren für die Dienstleistungen der [X.]. Zudem sei die Anziehungskraft des [X.] maßgeblich dadurch geschwächt, daß er die Unterbrechung des laufenden [X.] während der Ausstrahlung der [X.] nicht vermeiden könne. Soweit sich die Klä-gerin über den von der [X.] zugestandenen Verkauf von 1.000 Geräten monatlich hinaus auf deren Äußerungen zur geplanten Produktion von 3.000 Geräten pro Monat und zu einem Marktpotential von 20 % der [X.] bzw. 15 Millionen Fernsehhaushalte beziehe, seien diese Zahlen eindeutig werblich motiviert; ihr Erreichen liege fern. Außerdem habe es die Klägerin als Programmveranstalterin in der Hand, gemeinsam mit ihren Werbekunden die Anziehungskraft der Werbung für den Zuschauer zu erhöhen oder die Werbung mit der Einblendung redaktioneller Sendeleistungen zu verbinden. Auch Neue-rungen wie die Teilbelegung eines Bildes (Werbung mit Einblendung redaktio-neller Sendeleistungen) schränkten die Gefahren für die Klägerin weiter ein. Demgegenüber drohten dem nach Art. 14 und Art. 2 GG geschützten Unter-nehmen der [X.] bei einer Untersagung des [X.], der den [X.] [X.] ihrer Geschäftsidee darstelle, existenzge-fährdende Einbußen. Bei der Gesamtabwägung sei zudem zu berücksichtigen, daß die Klägerin den Geschäftserfolg der [X.] beobachten könne. Zeigten sich wider Erwarten doch gravierende Einnahmeverluste im gesamten Bereich des privaten [X.], könne immer noch ein Eingriff erfolgen, der der [X.] einen gewissen Erfolg ihrer Geschäftsidee belasse.
Ein Anspruch aus § 1 UWG sei auch nicht unter den von der Klägerin des weiteren geltend gemachten Gesichtspunkten der kundenbezogenen Behinde-rung, der Werbebehinderung, der Ausbeutung einer fremden Leistung sowie der allgemeinen Marktbehinderung zu bejahen.
Die Klage sei im übrigen auch weder aus § 97 Abs. 1, § 4 Abs. 2 [X.] unter dem Gesichtspunkt eines widerrechtlichen Eingriffs in ein der Klägerin zustehendes [X.] noch aus § 823 Abs. 1, § 1004 Abs. 1 BGB we-gen Eingriffs in deren eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb begrün-det.
I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat [X.]n Erfolg. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, daß der Vertrieb der von der [X.] hergestellten und vertriebenen, mit einer [X.] ausgestatteten "[X.]" und die Ausstrahlung der an diese ge-richteten Befehlssignale nicht nach § 1 UWG wettbewerbswidrig ist. Ebenfalls zutreffend ist seine Beurteilung, das von der Klägerin erstrebte Verbot sei ferner weder aus § 97 Abs. 1 Satz 1 [X.] noch aus § 823 Abs. 1 i.V. mit § 1004 Abs. 1 BGB gerechtfertigt. - 10 - 1. Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG zu.
a) Die Klägerin ist allerdings als unmittelbar betroffene Mitbewerberin nach § 1 UWG klage- und sachbefugt. Als unmittelbar von einer zu [X.] begangenen Handlung betroffen sind grundsätzlich diejenigen Mitbewerber anzusehen, die zu dem Verletzer (oder dem von diesem Geförder-ten) in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis stehen (vgl. [X.], [X.]. v. 5.10.2000 - I ZR 210/98, [X.], 258 = [X.], 146 - [X.]; [X.]. v. 5.10.2000 - I ZR 237/98, [X.], 260 = [X.], 148 - Vielfachabmahner, jeweils m.w.N.). Im Streitfall besteht entgegen der [X.] der Revisionserwiderung zwischen den Parteien ein konkretes Wettbe-werbsverhältnis.
[X.]) Ein konkretes Wettbewerbsverhältnis ist immer dann gegeben, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder gewerbliche Leistungen innerhalb [X.] abzusetzen versuchen und das Wettbewerbs-verhalten des einen daher den anderen beeinträchtigen, d.h. im Absatz behin-dern oder stören kann (vgl. [X.], [X.]. v. 23.4.1998 - I ZR 2/96, [X.], 69, 70 = [X.], 1065 - Preisvergleichsliste II; [X.] [X.], 258 - Immobi-lienpreisangaben; [X.], 260 - Vielfachabmahner; [X.], [X.]. v. 21.2.2002 - I ZR 281/99, [X.], 902, 903 = [X.], 1050 - [X.], m.w.N.). An einem solchen Wettbewerbsverhältnis aufgrund der ei-gentlichen beruflichen Tätigkeiten der Parteien fehlt es hier allerdings. Denn bei dem Betreiben eines privaten Fernsehsenders durch die Klägerin einerseits und bei dem Vertrieb eines mit verschiedenen Funktionen zur Nutzung des [X.] ausgestatteten Geräts durch die Beklagte andererseits handelt es sich nicht um gleichartige Waren oder gewerbliche Leistungen. - 11 -
[X.]) Im Interesse eines wirksamen wettbewerbsrechtlichen [X.] sind an das Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses allerdings [X.] hohen Anforderungen zu stellen; es wird daher insbesondere keine Bran-chengleichheit vorausgesetzt. Da es für die wettbewerbsrechtliche Beurteilung regelmäßig nur um die konkret beanstandete [X.] geht, ge-nügt es, daß die Parteien durch eine Handlung miteinander in Wettbewerb [X.] sind, auch wenn ihre Unternehmen im übrigen unterschiedlichen Bran-chen angehören (vgl. [X.], [X.]. v. 12.1.1972 - I ZR 60/70, [X.], 553 - Statt Blumen ONKO-Kaffee; [X.] 93, 96, 97 f. - [X.]; [X.], [X.]. [X.], [X.], 453, 454 = [X.], 25 - [X.]; [X.]. v. 7.12.1989 - I ZR 3/88, [X.], 375, 376 = [X.], 624 - Steuersparmodell). Das ist hier der Fall.
Die unternehmerische Tätigkeit der Klägerin als werbefinanzierter Fern-sehsender ist durch ihr Auftreten auf zwei verschiedenen Märkten gekenn-zeichnet: Zum einen bietet die Klägerin gegen Entgelt Sendeplätze für die Aus-strahlung von Werbung an, woraus sie sich finanziert. Zum anderen präsentiert sie den Fernsehzuschauern unentgeltlich ihr Programm. Auf diesem Markt tritt die Beklagte mit dem angegriffenen Verhalten mit der Klägerin in Wettbewerb. Das von ihr angebotene Gerät mit [X.] stellt zwar eine an-dersartige gewerbliche Leistung dar als diejenige, die die Klägerin den [X.] präsentiert. Die Beklagte wendet sich mit ihrem Angebot aber ebenso wie die Klägerin - wenn auch mit umgekehrter Zielrichtung - an Fernsehkonsu-menten. Während die Klägerin möglichst viele Zuschauer zu erreichen [X.], die sich ihr Programm und insbesondere die darin enthaltene Werbung anschauen, wendet sich die Beklagte an Fernsehzuschauer, die während der Unterbrechung laufender [X.] durch [X.] statt der Werbung - 12 - lieber [X.] eines zu dieser [X.] werbefreien Senders sehen möchten. Eine geringere Anzahl von [X.] mindert aus der Sicht der [X.] der von der Klägerin angebotenen Werbesendeplätze und kann daher deren Absatz behindern.
b) Das Berufungsgericht hat einen Verstoß der [X.] gegen § 1 UWG unter dem Gesichtspunkt einer individuellen Behinderung mit Recht ver-neint (ebenso im Ergebnis [X.], 613, 614 f.; [X.], 152, 153 f.; [X.] in [X.]/[X.], UWG, 3. Aufl., § 1 [X.]. 414; a.[X.] in: Festschrift für Hertin, 2000, [X.], 349 ff.).
[X.]) Eine wettbewerbswidrige Behinderung in diesem Sinne setzt stets ei-ne Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeiten eines [X.] voraus (vgl. [X.] 148, 1, 5 - [X.]). Die Behinderung kann sich auf alle [X.] des Mitbewerbers wie beispielsweise Absatz, Bezug, Werbung, Produktion, Finanzierung oder Personal beziehen (vgl. [X.] in [X.]/[X.] [X.]O § 1 [X.]. 385; [X.]/[X.], Wettbe-werbsrecht, 22. Aufl., § 1 UWG [X.]. 208). Da aber grundsätzlich jeder Wettbe-werb die Mitbewerber zu beeinträchtigen vermag, müssen weitere Umstände hinzutreten, damit von einer unzulässigen individuellen Behinderung gespro-chen werden kann (vgl. [X.] 148, 1, 5 - [X.]; [X.].UWG/[X.]/[X.], § 1 [X.]. [X.]; [X.]/[X.] [X.]O § 1 UWG [X.]. 208; [X.] in [X.]/[X.] [X.]O § 1 [X.]. 386). Insoweit ist eine Ge-samtwürdigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls geboten, bei der die sich gegenüberstehenden Interessen der Mitbewerber, der Verbraucher, der sonstigen Marktteilnehmer sowie der Allgemeinheit gegeneinander abzuwägen sind (vgl. [X.] 148, 1, 5 - [X.]; Großkomm.UWG/[X.]/ - 13 - [X.], § 1 [X.]. [X.]; [X.]/[X.] [X.]O § 1 UWG [X.]. 208; [X.] in [X.]/[X.] [X.]O § 1 [X.]. 386).
[X.]) Das Berufungsgericht hat eine unlautere produktbezogene Behinde-rung aufgrund einer umfassenden Abwägung der sich gegenüberstehenden Interessen verneint. Dagegen wendet sich die Revision ohne Erfolg.
(1) Eine unlautere produktbezogene Behinderung kommt beim Vorliegen einer unmittelbaren Einwirkung auf das Produkt des Mitbewerbers - etwa [X.], daß dieses vernichtet oder beschädigt wird - in Betracht (vgl. [X.] in [X.]/[X.] [X.]O § 1 [X.]. 399). An einer solchen unmittelbaren Einwirkung auf die von der Klägerin angebotenen Dienstleistungen durch die Beklagte fehlt es im Streitfall. Die Beklagte wirkt auf die [X.] der Klägerin und nament-lich auch auf die darin enthaltene Werbung nicht unmittelbar ein. Sie ermöglicht es den [X.] durch ihr Vorschaltgerät mit [X.] und die Ausstrahlung der an dieses gerichteten Befehlssignale ledig-lich, das Fernsehgerät für die Dauer der Programmunterbrechung durch Werbe-inseln aus- oder auf einen werbefreien Sender umzuschalten. Der Gebrauch der [X.] bleibt jeweils dem Zuschauer überlassen. (2) Allerdings kann auch eine mittelbare Einwirkung auf die Ware oder Dienstleistung eines Mitbewerbers wettbewerbsrechtlich unlauter sein (vgl. [X.] in [X.]/[X.] [X.]O § 1 [X.]. 399). So verhält es sich etwa bei dem Vertrieb von Waren oder Dienstleistungen, die geeignet sind, [X.] einen unberechtig-ten kostenlosen Zugang zu einer entgeltlich angebotenen Leistung zu verschaf-fen (vgl. zum Vertrieb von "Piratenkarten" zum kostenlosen Empfang von [X.]: [X.] NJW 1996, 264 f.). Eine solche Fall-gestaltung liegt hier nicht vor. - 14 -
(3) Die von der [X.] über den entgeltlichen Vertrieb des [X.] dem Fernsehzuschauer angebotene technische Erleichterung hindert die Klägerin nicht daran, ihre Leistungen auf dem Markt in angemessener Wei-se zur Geltung zu bringen. Zwar läuft der Einsatz des [X.] dem [X.] der Klägerin zuwider, nicht nur mit ihren redaktionellen Programmbei-trägen, sondern insbesondere auch mit ihren Werbesendungen möglichst viele Zuschauer zu erreichen, da hiervon die Höhe ihrer Werbeeinnahmen abhängt. Das allein macht das Angebot und den Vertrieb der Leistungen der [X.] aber noch nicht wettbewerbsrechtlich unlauter. Ein wettbewerbswidriges Verhal-ten wäre vielmehr nur dann gegeben, wenn sich die Beklagte dabei nicht wett-bewerbseigener Mittel bediente (vgl. [X.] 110, 156, 162 ff. - HBV-Familien- und Wohnungsrechtsschutz; [X.]/[X.] [X.]O § 1 UWG [X.]. 208). Das ist jedoch nicht der Fall.
cc) Aus den vorstehend genannten Gründen liegt des weiteren - wie das Berufungsgericht ebenfalls zu Recht angenommen hat - keine unlautere Wer-bebehinderung vor.
Allerdings kann die Beeinträchtigung der Werbung eines Mitbewerbers - etwa durch deren Zerstörung, Beschädigung, Beseitigung oder Verdeckung - im Einzelfall eine unlautere Behinderung des Mitbewerbers darstellen (vgl. Großkomm.UWG/[X.]/[X.], § 1 [X.]. [X.] ff.; [X.]/[X.] [X.]O § 1 UWG [X.]. 225 ff.; [X.] in [X.]/[X.] [X.]O § 1 [X.]. 414 ff.). Dabei handelt es sich aber typischerweise um die Beeinträchtigung der [X.] gegenüber einem mit der Werbung angesprochenen breiteren Publi-kum oder - etwa in den Fällen einer Erinnerungswerbung - gegenüber den Er-werbern eines bestimmten Produkts, ohne daß dies auf einer freien Entschei-- [X.] derer beruht, an die sich die Werbung richtet (vgl. [X.], [X.]. v. 18.2.1972 - I ZR 82/70, [X.], 558, 559 - Teerspritzmaschinen; [X.] GRUR 1994, 316; [X.] NJW-RR 1996, 1515). Anders verhält es sich jedoch im Streitfall. Die von der Klägerin gesendete Werbung erreicht, wenn der Werbeblocker der [X.] zum Einsatz kommt, nur diejenigen Fernsehzu-schauer nicht, die sich bewußt dafür entschieden haben, keine Werbung sehen zu wollen.
[X.]) Auch der verfassungsrechtliche Schutz, den die Klägerin aus Art. 5 und Art. 12 GG genießt, gebietet unter den gegebenen Umständen keinen wei-terreichenden wettbewerbsrechtlichen Schutz.
(1) Die Klägerin handelt bei der Ausstrahlung ihrer Sendungen, zu denen die gesendete Werbung mit gehört, im Rahmen ihrer durch die [X.] (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) geschützten Aufgabenstellung (vgl. [X.], [X.]. v. 13.4.2000 - I ZR 282/97, [X.], 703, 707 = [X.], 1243 - Matt-scheibe). Das ist bei der Auslegung und Anwendung des § 1 UWG zu berück-sichtigen (vgl. [X.], [X.]. v. [X.] - 1 BvR 1188/92, [X.], 1058, 1059 f. = [X.], 1160 - Therapeutische Äquivalenz). Davon ist auch das Berufungsgericht ausgegangen.
(2) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht den Schutzumfang der [X.] zutreffend bestimmt. Die [X.], die [X.] der [X.] bildet (vgl. [X.]E 97, 228, 268 m.w.N.), wird durch die beanstandete [X.] nicht berührt. Die Rechtsordnung darf den privaten Rundfunk zwar nicht Bedingungen unterwer-fen, die die Ausübung der grundrechtlichen Freiheit wesentlich erschweren oder gar praktisch unmöglich machen würden (vgl. auch [X.]E 73, 118, 157; 83, - 16 - 238, 297; 97, 228, 268). Aus der institutionellen Garantie des St[X.]tes für die Freiheit des Rundfunks läßt sich aber ein Anspruch der Fernsehsender auf un-gestörte geschäftliche Betätigung nicht herleiten. Der Schutz des Rundfunks als einer meinungsbildenden Institution gebietet grundsätzlich keinen Bestand-schutz über die Zuerkennung zivilrechtlicher Ansprüche. Auch Unternehmen des [X.] müssen sich den Herausforderungen des Marktes stellen, der von der Freiheit der wirtschaftlichen Betätigung und von [X.] der [X.] lebt. Nach den verfahrensfehlerfrei getroffenen Feststellungen des [X.] liegt es nicht fern, daß die Klägerin Beeinträchtigungen etwa [X.] erfolgreich entgegenwirken kann, daß sie in Zusammenarbeit mit der werbungtreibenden Wirtschaft das Interesse des Zuschauers am [X.] weckt und wach hält oder daß sie ihrerseits mit technischen Neuerun-gen einer Ausblendung der Werbebeiträge entgegenwirkt. Unabhängig davon kann die rechtliche Beurteilung nicht davon abhängen, ob schon heute [X.] benannt werden können, mit deren Hilfe eine existenzgefährdende Be-einträchtigung der unternehmerischen Tätigkeit der Klägerin durch die Beklagte vermieden werden kann.
(3) Im Blick auf die verfassungsrechtlich geschützte Position der Klägerin ist bei der Beurteilung des Verhaltens der [X.] unter wettbewerbsrechtli-chen Gesichtspunkten eine umfassende Interessenabwägung geboten. Diese hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler vorgenommen. Zutreffend hat es dabei auch die ebenfalls grundrechtlich geschützten Positionen der [X.] mitberücksichtigt.
Es kann dahinstehen, ob im Streitfall das durch Art. 14 GG geschützte Recht der [X.] an ihrem Unternehmen in Rede steht. Jedenfalls genießt das von der Klägerin beanstandete Wettbewerbsverhalten der [X.] den - 17 - Schutz der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG). Das Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG gilt gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch für juristische Personen des Pri-vatrechts (vgl. [X.]E 97, 228, 253). Der hierdurch bewirkte Schutz umfaßt insbesondere die wirtschaftliche Verwertung der beruflich erbrachten Leistung (vgl. [X.]E 97, 228, 253). Diese Voraussetzungen sind bei dem Vertrieb der "[X.]" mit der beanstandeten [X.] durch die [X.] und bei der beanstandeten Ausstrahlung der [X.] gegeben.
c) Ein Anspruch aus § 1 UWG wegen allgemeiner Marktbehinderung scheidet schon deshalb aus, weil nach den verfahrensrechtlich nicht zu bean-standenden Feststellungen des Berufungsgerichts der Vertrieb des [X.] durch die Beklagte die geschäftliche Tätigkeit des werbefinanzierten Fern-sehens zwar erschwert, nicht aber existentiell bedroht.
[X.]) Die Frage, ob in einem beanstandeten Wettbewerbsverhalten eine unzulässige allgemeine Marktbehinderung zu sehen ist, kann nur aufgrund [X.] Gesamtwürdigung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls unter Abwä-gung der Interessen der Mitbewerber und der Allgemeinheit beurteilt werden (vgl. [X.] 114, 82, 84 - [X.]). Dabei ist auch den [X.] Grundrechtspositionen Rechnung zu tragen (vgl. [X.] [X.], 1058, 1060 - Therapeutische Äquivalenz).
[X.]) Die Klägerin hat nach den vom Berufungsgericht getroffenen Fest-stellungen keine konkreten Tatsachen wie etwa Einbußen bei ihren eigenen Werbeeinnahmen oder denjenigen ihrer Mitbewerber (vgl. [X.], [X.]. v. 22.11.1984 - I ZR 98/82, [X.], 881, 882 = [X.], 330 - Bliestal-Spiegel) vorgetragen, die auf eine Gefährdung des Bestandes der durch [X.] finanzierten privaten Fernsehsender schließen lassen könnten. Die [X.] macht auch nicht geltend, daß das Berufungsgericht in dieser Hinsicht Sachvortrag der Klägerin übergangen habe. Die damit lediglich in Betracht zu ziehende Möglichkeit, daß Werbekunden der Klägerin und der anderen durch Werbung finanzierten privaten Fernsehsender bei einer erheblichen Verbreitung des [X.] der [X.] weniger Sendezeit buchen oder nurmehr einen geringeren Preis pro [X.]einheit zu zahlen bereit sein könnten und daß es deshalb bei Privatsendern wie der Klägerin zu Einnahmeverlusten kommen könnte, reicht für die Annahme eines Wettbewerbsverstoßes unter dem Gesichtspunkt einer allgemeinen Marktbehinderung nicht aus (vgl. [X.], [X.]. v. 12.10.1989 - I ZR 155/87, [X.], 44, 46 = [X.], 266 - [X.]).
2. Das Berufungsgericht hat mit Recht auch einen urheberrechtlichen Un-terlassungsanspruch der Klägerin verneint. Es kann dahinstehen, ob dem aus redaktionellen und werbemäßigen Beiträgen bestehenden Programm der [X.] zukommt. Das Verhalten der [X.] stellt jedenfalls [X.]n Eingriff in ein urheberrechtliches Verwertungsrecht dar.
3. Zutreffend hat das Berufungsgericht schließlich auch einen Unterlas-sungsanspruch der Klägerin gemäß § 823 Abs. 1 i.V. mit § 1004 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt der Verletzung des Rechts an ihrem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verneint.
Die Anwendung dieses Auffangtatbestandes kommt in der Regel nur dann in Betracht, wenn es darum geht, eine regelungsbedürftige Lücke im Rechtsschutz zu schließen (vgl. [X.], [X.]. v. 24.2.1983 - I ZR 207/80, GRUR 1983, 467, 468 = [X.], 398 - [X.]). Das ist hier nicht der Fall. Da - wie oben unter Ziffer I[X.] 1. a) ausgeführt wurde - zwischen den Parteien ein - 19 - Wettbewerbsverhältnis besteht, sind wettbewerbsrechtliche Vorschriften grund-sätzlich vorrangig anzuwenden. Ein nach ihnen nicht zu beanstandendes [X.] stellt auch keinen Eingriff in das Recht am eingerichteten und ausgeüb-ten Gewerbebetrieb dar (vgl. [X.]/[X.] [X.]O Allg [X.]. 130; [X.] in [X.]/[X.] [X.]O Einf [X.]. 41).
II[X.] [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Ullmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm

Pokrant Schaffert

Meta

I ZR 26/02

24.06.2004

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.06.2004, Az. I ZR 26/02 (REWIS RS 2004, 2676)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2676

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

33 O 5017/15 (LG München I)

Kein Unterlassungsanspruch gegen Vertrieb von Werbeblocker-Software für Internetseiten


5 U 152/15 (Hanseatisches Oberlandesgericht)


I ZR 154/16 (Bundesgerichtshof)

Wettbewerbsverstoß im Internet: Angebot einer Werbeblocker-Software als zielgerichtete Behinderung und als aggressive geschäftliche Handlung - …


I ZR 154/16 (Bundesgerichtshof)


I ZR 173/12 (Bundesgerichtshof)

Förderung des Wettbewerbs eines anderen Unternehmens mit Werbung auf der eigenen Webseite: Wettbewerbsverhältnis zu einem …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.