Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.04.2011, Az. III ZR 114/10

3. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 7293

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Gegenstand

Krankenhausentgeltrecht: Anwendbarkeit auf eine von dem Träger eines Plankrankenhauses als Alleingesellschafter einer GmbH auf dem Gelände des Plankrankenhauses betriebene Privatklinik


Leitsatz

Errichtet der Träger eines Plankrankenhauses als Alleingesellschafter eine GmbH, die auf dem Gelände des Plankrankenhauses eine Privatkrankenanstalt für Privatpatienten betreibt, unterliegt diese Privatkrankenanstalt auch dann nicht den Bestimmungen des Krankenhausentgeltrechts, wenn sie ihre Patienten mit Hilfe der apparativen Ausstattung und unter Einsatz von Ärzten des Plankrankenhauses behandelt .

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 29. Zivilsenats des [X.] vom 14. Januar 2010 - 29 U 5136/09 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

[X.]: 1.730.014 €.

Gründe

I.

1

Der klagende Verband der privaten Krankenversicherung e.V. nimmt die [X.] wegen der Gestaltung der Entgelte in einer Privatklinik auf Unterlassung in Anspruch. Die Beklagte zu 1, eine Anstalt des öffentlichen Rechts, ist Trägerin eines [X.]es und zugleich Alleingesellschafterin der [X.] zu 2, die in räumlicher Nähe zum [X.] eine Privatkrankenanstalt mit 26 Betten betreibt und ihre Patienten mit Hilfe der apparativen Ausstattung und unter Einsatz der Chefärzte des [X.]es behandelt. Der Kläger sieht in der "Ausgründung" der Privatklinik eine rechtlich nicht anzuerkennende Umgehung der gesetzlichen Vorschriften des [X.]s, mit der nur das Ziel verfolgt werde, von den (Privat-)Patienten der Privatklinik für dieselben Leistungen, die das [X.] nach dem Krankenhausentgeltgesetz abzurechnen habe, eine höhere Vergütung zu verlangen. Der Kläger verfolgt daher mit verschiedenen Anträgen das Unterlassungsbegehren, für Patienten der Privatklinik höhere Entgelte als nach dem [X.] geschuldet zu verlangen und Entgelte für die Wahlleistung Unterkunft im Einbettzimmer und im Zweibettzimmer abzurechnen, hilfsweise diese auf angemessene Beträge herabzusetzen.

2

Die Klage hatte in den Vorinstanzen keinen Erfolg. Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision.

II.

3

Die Revision ist nicht, wie die Beschwerde meint, zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen. Zu Recht hat das Berufungsgericht - ohne Rechte des [X.] aus Art. 103 Abs. 1 GG zu verletzen - seiner Beurteilung zugrunde gelegt, dass die von der [X.] zu 2 betriebene Privatklinik, die auch nicht zur stationären Versorgung von gesetzlich Versicherten nach § 109 Abs. 4 SGB V zugelassen ist, nicht den Bestimmungen des [X.]s unterliegt.

4

1. Die Anwendung des [X.]s gilt nicht voraussetzungslos als Regel für alle Arten von Krankenhäusern. Vielmehr stehen die die Vertragsfreiheit bei Vergütungsvereinbarungen einschränkenden Regelungen des Krankenhausfinanzierungs- und des Krankenhausentgeltgesetzes im Zusammenhang mit der Investitionsförderung, auf die insbesondere [X.] nach § 8 des Krankenhausfinanzierungsgesetzes ([X.]) einen Anspruch haben. In der Investitionsförderung wird daher ein verfassungsrechtlich gebotener Ausgleich für die Beschränkungen der Vergütungsvereinbarung gesehen (vgl. [X.]/[X.], Medizinrecht, 2. Aufl., § 25 Rn. 103). Demgegenüber haben nicht geförderte Krankenhäuser auf einer anderen wirtschaftlichen Grundlage zu kalkulieren (vgl. [X.], Urteil vom 12. März 2003 - [X.], [X.]Z 154, 154, 162). Die Frage, ob die "Ausgründung" einer Privatklinik Einfluss auf die von ihr vorzunehmende Preisgestaltung hat, hat sich daher zunächst und vor allem daran zu orientieren, ob sie weiterhin der Krankenhausförderung unterliegt.

5

2. Die von der [X.] zu 2 aufgrund einer Konzession nach § 30 Abs. 1 [X.] betriebene Privatkrankenanstalt erfüllt nach den nicht beanstandeten Feststellungen des Berufungsgerichts nicht die Voraussetzungen des § 67 AO und wird mithin auch nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 [X.] gefördert (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KHEntgG). Sie ist daher in ihrer Preisgestaltung - in den Grenzen der §§ 134, 138 BGB - grundsätzlich frei (vgl. [X.], Urteil vom 12. März 2003 aaO [X.] ff). Welche versicherungsrechtlichen Folgen sich hieraus ergeben, betrifft allein das Verhältnis des Krankenversicherers zum Patienten. Außerhalb des in § 17 Abs. 1 Satz 5 KHEntgG angesprochenen Bereichs ist dem Kläger von Gesetzes wegen kein Recht eingeräumt worden, die Herabsetzung unangemessen hoher Entgelte zu verlangen (vgl. hierzu Senatsurteil vom 4. August 2000 - [X.], [X.]Z 145, 66).

6

a) Dies ist nicht deshalb anders zu beurteilen, weil Alleingesellschafter der [X.] zu 2 der Träger eines [X.]es ist. Weder die einschlägigen Vorschriften der Gewerbeordnung noch die des Krankenhausfinanzierungsgesetzes hindern den Träger eines [X.]es daran, eine Privatkrankenanstalt zu gründen und zu betreiben. Jedenfalls solange das [X.] - wovon hier auszugehen ist - seinen durch den Krankenhausplan zugewiesenen Versorgungsauftrag erfüllt und nach dem legislativen Vorbild auch Selbstzahler und Privatpatienten behandelt, ist gegen eine solche Verfahrensweise von Gesetzes wegen nichts einzuwenden (vgl. [X.], [X.] 2009, 1, 7).

7

b) Unerheblich ist weiter, dass die ärztliche und apparative Ausstattung des von der [X.] zu 1 betriebenen [X.]es maßgeblich dazu beiträgt, dass die Beklagte zu 2 ihr Leistungsangebot überhaupt verwirklichen kann. Dies ändert nichts daran, dass die von der [X.] zu 2 betriebene Privatklinik rechtlich selbständig und nicht lediglich eine Abteilung für Privatpatienten des [X.]es ist. Es versteht sich, dass ein Krankenhaus in der Lage sein muss, die ausreichende medizinische und pflegerische Versorgung der Patienten zu gewährleisten. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Leistungen des Krankenhauses notwendigerweise vollumfänglich durch "eigenes" Personal und "eigene" Apparaturen und Geräte erbracht werden müssten; sichergestellt sein muss nur, dass diese Leistungen jederzeit - auf rechtlich gesicherter Grundlage - abrufbar sind (vgl. [X.]/[X.] aaO § 24 Rn. 42; [X.], [X.]/[X.] Nr. 5485 Rn. 6 [Stand Juni 2010]; [X.] aaO S. 5 f). Wäre die Rechtslage anders zu beurteilen, hätte die Beklagte zu 2 keine Konzession erhalten dürfen; denn diese ist nach § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 1a [X.] unter anderem dann zu versagen, wenn die Leitung der Krankenanstalt unzuverlässig oder die ausreichende medizinische und pflegerische Versorgung der Patienten nicht gewährleistet sind.

8

3. Allerdings mag dann, wenn die Leistungsbeziehungen zwischen dem [X.] und der "ausgegründeten" Privatklinik in räumlicher, personeller und organisatorischer Hinsicht nicht klar genug abgegrenzt sind - was das Berufungsgericht, ohne dass es darauf entscheidend ankäme, im Übrigen vorliegend aufgrund tatrichterlicher Würdigung verneint hat -, eine Quersubventionierung der öffentlichen Hand zugunsten von Privatkliniken zu befürchten sein (vgl. [X.], [X.], 741, 742 f). Wenn es aber darum geht sicherzustellen, dass [X.] ihren Versorgungsauftrag wahrnehmen und die Förderungsvoraussetzungen einhalten, so ist es allein Aufgabe der zuständigen Aufsichtsbehörden, die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen (so auch [X.] aaO Rn. 7; [X.] in [X.]/[X.], Krankenhausrecht, § 5 Rn. 71, 75; [X.] aaO S. 7). Demgegenüber geht es in einem solchen Falle nicht an, über den zivilrechtlichen Gedanken der "Umgehung" die Einhaltung der ordnungspolitischen Zielvorstellungen des Gesetzgebers des Krankenhausfinanzierungs- und des Krankenhausentgeltgesetzes zu erzwingen mit der Folge, dass die Vertragsbeziehungen zwischen dem Patienten und dem [X.] nach Maßgabe der §§ 134, 138 BGB sanktioniert werden oder aber die Privatklinik vergütungsrechtlich in ein [X.] "umfunktioniert" und damit den Vorgaben des § 17 Abs. 1 [X.] unterworfen wird (in diesem Sinne jedoch [X.]/[X.]/[X.], Abrechnung von Arzt- und Krankenhausleistungen, 3. Aufl., 2. Teil, Gesamtübersicht Rn. 69 ff; siehe auch [X.]/Wilde, [X.], 707, 708 ff).

9

4. Soweit die Beschwerde allgemein das Bedenken sieht, bei einer Zusammenarbeit, wie sie hier zwischen den [X.] bestehe, sei es zum Nachteil der Privatpatienten möglich, diese in die wesentlich teurere Privatklinik zu legen, ist dem durch an den jeweiligen Einzelfall angepasste Hinweise des Arztes oder Krankenhausträgers zu begegnen, zu denen sie ohnehin insbesondere dann vertraglich verpflichtet sind, wenn begründete Zweifel an der Erstattungsfähigkeit der Behandlungskosten bestehen (vgl. [X.], Urteil vom 1. Februar 1983 - [X.], NJW 1983, 2630 f).

5. Auch im Übrigen lässt die angefochtene Entscheidung keine zulassungsbegründenden Rechtsfehler erkennen. Von einer näheren Begründung wird insoweit abgesehen.

[X.]                                        Wöstmann

                         Hucke                                    Seiters

Meta

III ZR 114/10

21.04.2011

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 14. Januar 2010, Az: 29 U 5136/09, Urteil

§ 1 Abs 2 S 2 Nr 2 KHEntgG, § 17 Abs 1 KHEntgG, § 5 Abs 1 Nr 2 KHG, § 30 Abs 1 GewO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 21.04.2011, Az. III ZR 114/10 (REWIS RS 2011, 7293)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7293


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. III ZR 114/10

Bundesgerichtshof, III ZR 114/10, 30.06.2011.

Bundesgerichtshof, III ZR 114/10, 21.04.2011.


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