Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.02.2014, Az. IV ZB 32/13

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 8145

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 32/13

vom

5. Februar 2014

in dem Rechtsstreit

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Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], [X.], [X.], die Richterin
[X.] und [X.] Karczewski

am 5. Februar 2014

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 3. Zivil-senats des [X.] vom 11.
September 2013 wird auf Kosten der Beklagten als unzulässig verworfen.

Gegenstandswert:
31.786

Gründe:

[X.] Die Beklagte erstrebt die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist. Nach rechtzeiti-ger Einlegung ihrer Berufung wurde der Antrag der Beklagten auf [X.] der bis Montag, dem 29. Juli 2013,
laufenden Berufungsbe-gründungsfrist nicht an das Berufungsgericht, sondern das in erster In-stanz zuständige Landgericht adressiert. Dort ging er per Fax am [X.], dem 26. Juli 2013
ein, wurde mit Schreiben vom 29. Juli 2013 an das Berufungsgericht weitergeleitet
und lag dort erst am Folgetag vor.

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Zur Begründung ihres zusammen mit einem erneuten Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist am 9. August 2013 per Fax beim Berufungsgericht eingegangenen Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsbegründungs-frist hat die Beklagte vorgetragen:

Die Fristversäumung beruhe auf dem Versehen einer
Sekretärin im Büro ihres in zweiter Instanz beauftragten Prozessbevollmächtigten
(im Folgenden: Prozessbevollmächtigter). Diese habe entgegen einer ihr er-teilten Weisung den [X.] vom 26. Juli 2013 nicht in der angelegten Berufungsakte, sondern der für die erste Instanz ange-legten Akte verfasst und an das Gericht erster Instanz adressiert. Der Antrag sei sodann dem Prozessbevollmächtigten zusammen mit einer Vielzahl weiterer Schriftstücke zur Unterzeichnung vorgelegt und von diesem unterzeichnet worden, wobei dem Schriftstück weder die Beru-fungsakte beigefügt noch der Prozessbevollmächtigte mündlich auf den [X.] hingewiesen worden sei.
In dessen Büro be-stehe allerdings die Weisung an die Sekretariate, die Gewährung bean-tragter Fristverlängerungen bei der aus der jeweiligen Berufungsakte er-sichtlichen Geschäftsstelle des Berufungsgerichts telefonisch abzufragen und auf dem betreffenden [X.] zu notieren, dass die Fristverlängerung gewährt und mit wem gesprochen worden sei. Erst [X.] dürfe eine entsprechende Korrektur des Fristendes im Fristenka-lender erfolgen. Dagegen habe die genannte Sekretärin verstoßen und die Frist ohne telefonische Rückfrage beim [X.].

Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Berufungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und zugleich die Berufung als 2
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unzulässig verworfen. Hiergegen richtet sich die fristgemäß eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde der Beklagten.

I[X.] Das
nach §§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 522 Abs. 1 Satz 4, 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsmittel
ist nicht zulässig. Es fehlt an den Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO. Insbesondere hat das Be-rufungsgericht Verfahrensgrundrechte der Beklagten
nicht verletzt und erfordert auch im Übrigen die Sicherung einer einheitlichen Rechtspre-chung keine Entscheidung des [X.].
Die von der Rechtsbeschwerde aufgeworfenen Rechtsfragen sind in der Rechtspre-chung des [X.] hinreichend geklärt.

Das Berufungsgericht hat der Beklagten die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht versagt. Nach §§ 233, 85 Abs. 2 ZPO hätte
ihr Wiedereinsetzung nur gewährt werden
können, wenn ihren
Prozess-bevollmächtigten kein auch nur mitursächliches Verschulden an der Fristversäumung träfe. Das ist hier nicht der Fall.

1.
Der Prozessbevollmächtigte trägt die Verantwortung
dafür, dass eine fristwahrende Prozesshandlung vor dem zuständigen Gericht vor-genommen wird (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Mai 2011

IV ZB 2/11, [X.]. 2011, 865 Rn. 8 m.w.[X.]
und ständig). Das umfasst die Pflicht, ei-nen [X.] darauf zu überprüfen, ob er an das zu-ständige Gericht adressiert ist,
und eventuell fehlerhafte Angaben zu be-richtigen. Insbesondere muss dem Rechtsanwalt
auffallen, wenn ein für ihn vorbereiteter Antrag auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist an das
Gericht gerichtet ist, dessen Entscheidung angefochten werden soll (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Mai 2011 aaO m.w.[X.]).
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Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat diese Pflichten schuldhaft verletzt, als er den Verlängerungsantrag ungeprüft unter-schrieben in den weiteren Geschäftsgang gegeben
hat. Das nimmt auch die Rechtsbeschwerde hin.

2.
Ohne Erfolg zieht sie allerdings in Zweifel, dass diese schuld-hafte Pflichtverletzung für die Fristversäumung kausal geworden ist, weil den Mitarbeitern im Büro des
Prozessbevollmächtigten
die unmissver-ständliche Weisung erteilt worden sei, nach Absendung eines Antrags auf Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist anhand der im Rechts-anwaltsbüro geführten Berufungsakte das Berufungsgericht zu ermitteln und dort
telefonisch nachzufragen, ob die beantragte Fristverlängerung gewährt sei.

Durch die Missachtung dieser Anweisung ist der

in der
Unter-zeichnung des [X.]s ohne inhaltliche Prüfung lie-gende

Verschuldensbeitrag des Prozessbevollmächtigten der Beklagten für das
Fristversäumnis
nicht vollständig entfallen. Das
hinzutretende Fehlverhalten der Sekretärin konnte die Pflichtverletzung des Prozess-bevollmächtigten und seinen
jedenfalls mitursächlichen Beitrag für die Unzulässigkeit des Rechtsmittels nicht nach den Grundsätzen der soge-nannten überholenden Kausalität beseitigen.

a) Die Anfertigung von zur Fristwahrung bestimmten Schriftsätzen gehört einschließlich der Angabe des zuständigen Gerichts zu den [X.], die ein Rechtsanwalt nicht seinem Büropersonal überlassen darf, ohne das Arbeitsergebnis auf seine Richtigkeit und Vollständigkeit zu überprüfen. Die Angabe des Berufungsgerichts ist mithin ein nicht de-8
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legierbarer Kernbestandteil des Antrags auf Verlängerung der Berufungs-begründungsfrist und muss vom unterzeichnenden Rechtsanwalt grund-sätzlich selbst kontrolliert werden (vgl. Senatsbeschluss vom 11. Mai 2011 aaO Rn. 11 m.w.[X.]
und ständig). Auch das erkennt die Rechtsbe-schwerde im Grundsatz an.

b) Anders als die Beschwerdeführerin meint, ändert daran die den Bürokräften erteilte Weisung, den Eingang der Schriftsätze bei Gericht zu kontrollieren, nichts.

Die Verantwortung eines Rechtsanwalts für den verspäteten Ein-gang eines infolge mangelnder Überprüfung falsch adressierten Schrift-satzes wird nicht dadurch beseitigt, dass nichtanwaltliche Büromitarbei-ter nachfolgend durch [X.] Verhalten ihrerseits Kontroll-pflichten verletzen und so zur Unzulässigkeit eines Rechtsmittels mit bei-tragen. Wiedereinsetzung kann nicht gewährt werden, wenn neben den vom Prozessbevollmächtigten verschuldeten Umständen andere von ihm nicht verschuldete mitgewirkt haben (Senatsbeschluss vom 11. Mai 2011 aaO Rn. 14 m.w.[X.]). Für die Kausalität zwischen schuldhafter [X.] und Fristversäumung, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausschließt, genügt Mitursächlichkeit (Senatsbeschluss vom 11.
Mai 2011 aaO Rn. 14 m.w.[X.]).

c) Auf eine
"überholende" Kausalität des nachfolgenden [X.] ihres Prozessbevollmächtigten kann sich die Be-schwerdeführerin nicht berufen.

Sie verweist auf Entscheidungen des [X.], denen zugrunde lag, dass anwaltliche Schriftsätze
ohne Unterschrift des Ver-12
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fassers an das jeweilige Gericht versandt worden
waren. Für einen sol-chen Fall hat etwa der IVb-Zivilsenat des [X.] im Be-schluss
vom 12. Dezember 1984 ([X.], NJW 1985, 1226
unter [X.]) ein rechtlich zurechenbares Verschulden des Rechtsanwalts ver-neint, weil er durch eine allgemeine Anweisung an seine Angestellten, sämtliche ausgehenden Schriftsätze darauf zu kontrollieren, ob sie [X.] unterschrieben seien, ausreichende Vorsorge dafür getrof-fen habe, dass
bei normalem Verlauf der Dinge die

in jenem Fall ver-säumte

Berufungsbegründungsfrist trotz versehentlicher Nichtunter-zeichnung der Berufungsbegründung "mit Sicherheit" gewahrt worden wäre
(vgl. auch [X.], Urteil
vom 6. Dezember 1995

[X.], NJW 1996, 998 unter [X.] b; Beschlüsse vom 15. Februar 2006

[X.], [X.], 1205
Rn.
9; vom 1. Juni 2006

III ZB
134/05, [X.], 2414 Rn.
5, jeweils m.w.[X.]).

Ob dem zu folgen ist (zweifelnd schon [X.], Beschluss vom 18.
April 2000

[X.], [X.], 2511 unter [X.] b, [X.]), kann offen bleiben. Jedenfalls
lassen sich

wie bereits der IVb-Zivilsenat in der [X.] Entscheidung vom 12. Dezember 1984 (aaO) dargelegt hat

die für eine fehlende
Anwaltsunterschrift aufgestellten Grundsätze nicht auf Fälle wie den vorliegenden übertragen, in welchen der Anwalt die [X.] ihm obliegende inhaltliche Schriftsatzkontrolle vernachlässigt. Dies-bezüglich kann er sich nicht durch büroorganisatorische Maßnahmen vollständig entlasten,
weil es nicht um eine "rein äußerliche technische Überprüfung"
([X.], Beschluss vom 18.
April 2000
aaO)
geht.

Aus diesem Grunde kommt es hier auch nicht darauf an, mit wel-chem Grad von Sicherheit die Versäumung der Berufungsbegründungs-16
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frist vermieden worden wäre, wenn die Sekretärin des [X.] der Beklagten die ihr erteilte Anweisung beachtet hätte.

[X.] [X.] [X.]

[X.] Dr.
Karczewski

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 23.05.2013 -
8 [X.]/11 -

OLG [X.], Entscheidung vom 11.09.2013 -
3 U 54/13 -

Meta

IV ZB 32/13

05.02.2014

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.02.2014, Az. IV ZB 32/13 (REWIS RS 2014, 8145)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8145

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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