Bundessozialgericht, Urteil vom 23.10.2014, Az. B 11 AL 6/14 R

11. Senat | REWIS RS 2014, 1872

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Umlage für das Insolvenzgeld - Arbeitgeber - Wohnungseigentümergemeinschaft - geringfügige Beschäftigung als Hausmeisters - Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums - Befreiung von der Umlagepflicht mangels Insolvenzfähigkeit


Leitsatz

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft wird durch die Beschäftigung eines Hausmeisters zur ordnungsgemäßen Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums nicht verpflichtet, für das aus diesem Arbeitsverhältnis gezahlte Arbeitsentgelt eine Insolvenzgeldumlage zu erbringen.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 5. Dezember 2013 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten auch des Revisionsverfahrens.

Tatbestand

1

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin als Wohnungseigentümergemeinschaft im Sinne des Gesetzes über das Wohnungseigentum und das [X.] (Wohnungseigentumsgesetz ) zur Zahlung der Umlage für das Insolvenzgeld ([X.]) heranzuziehen ist.

2

Die Klägerin beschäftigt seit Oktober 2005 zur Instandhaltung, Instandsetzung und Reinigung des gemeinschaftlichen Eigentums ein Ehepaar als Hausmeister im Rahmen geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse und entrichtete deswegen die in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung gültigen Pauschalbeiträge nach den für geringfügige Beschäftigungen allgemein geltenden Beitragssätzen. Nachdem die Beklagte für die Einziehung der [X.]-Umlage bei geringfügigen Beschäftigungen zuständig geworden war, stelle sie die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung der [X.]-Umlage ab 1.1.2009 dem Grunde nach fest, weil die Klägerin nach § 358 Abs 1 [X.] ([X.]) nicht von der Umlage ausgenommen sei (Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.8.2010).

3

Das Sozialgericht (SG) hat diese Entscheidung aufgehoben (Urteil vom [X.]). Das [X.] ([X.]) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und zur Begründung ua ausgeführt: Die Klägerin sei zur Zahlung der [X.]-Umlage nicht verpflichtet. Zwar ergebe sich ihre Befreiung von der [X.]-Umlage nicht aus dem Wortlaut des § 358 Abs 1 S 2 [X.]. Die Vorschrift sei aber auf eine [X.] Gesetzes nicht insolvenzfähige Wohnungseigentümergemeinschaft analog anzuwenden (Urteil vom 5.12.2013).

4

Mit ihrer Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 358 Abs 1 S 2 [X.] und führt zur Begründung im Wesentlichen aus: Die tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Befreiung von der [X.] seien nicht erfüllt und es gebe auch keine Anhaltspunkte für eine planwidrige Regelungslücke. Bei der Einführung des Konkursausfallgeldes (Kaug) habe der Gesetzgeber möglichst viele Beitragszahler in die [X.] einbeziehen und mit einer abschließenden Aufzählung von Ausnahmen eine klare, für die Verwaltung praktikable Abgrenzung schaffen wollen. Das spätere Festhalten an dem eng gefassten [X.] spreche für eine bewusste Entscheidung des Gesetzgebers gegen eine Privilegierung von Wohnungseigentümergemeinschaften, zumal sich die Rechtsprechung immer wieder mit dem Problem der [X.] der Arbeitgeber befasst habe. Das [X.] habe insoweit auch wiederholte Entscheidungen des [X.] ([X.]) nicht ausreichend berücksichtigt. Da sich der Gesetzgeber bis heute zu keiner Neuregelung entschlossen habe, sei davon auszugehen, dass die [X.] weiter auf möglichst viele Beitragsschuldner verteilt werden solle.

5

Die Beklagte beantragt,
die Urteile der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage abzuweisen.

6

Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

7

Sie verteidigt das angefochtene Urteil.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision ist nicht begründet und daher zurückzuweisen (§ 170 Abs 1 S 1 Sozialgerichtsgesetz ). Das [X.] hat zu Recht das Bescheid aufhebende Urteil des SG bestätigt.

9

Der angefochtene Bescheid vom [X.] in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] ist rechtswidrig, weil die Klägerin nicht zur Zahlung der [X.]-Umlage verpflichtet ist. Das ergibt sich allerdings - wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat - nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 358 Abs 1 S 1 [X.] (in der seit 1.1.2009 geltenden Fassung durch das [X.] <[X.] 2130, Unfallversicherungsmodernisierungsgesetz - [X.]>).

Nach dieser Vorschrift sind Schuldner der Umlage die Arbeitgeber. Das [X.] hat die Klägerin zu Recht als Arbeitgeberin der von ihr beschäftigten [X.] iS dieser Vorschrift angesehen (allgemein zum Arbeitgeberbegriff vgl [X.] in [X.], [X.], Stand Oktober 2013, § 358 RdNr 5 f; [X.] in jurisPK-[X.], § 358 Rd[X.]1). Denn nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 SGG) hat die Klägerin Arbeitsverträge mit den [X.]n geschlossen und diesen damit von ihr bestimmte und das gemeinschaftliche Eigentum betreffende Aufgaben gegen Arbeitsentgelt übertragen.

Die Beschäftigung der Eheleute als [X.] fällt auch in den Kernbereich der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, weil die Eigentümer nach § 21 Abs 5 [X.] [X.] einander zur ordnungsmäßigen Instandhaltung und Instandsetzung des gemeinschaftlichen Eigentums verpflichtet sind.

Zugleich lag darin sozialversicherungsrechtlich die Begründung von Beschäftigungsverhältnissen zwischen der Klägerin und den nichtselbständige Arbeit verrichtenden [X.]n iS von § 7 Abs 1 [X.] ([X.]). Eine gemeinschaftsbezogene Beschäftigung von Personen durch eine Wohnungseigentümergemeinschaft löst für letztere dem Grunde nach die Verpflichtung zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen als Arbeitgeberin aus (vgl [X.] vom [X.] - [X.] 4-2400 § 8a [X.] Rd[X.]3).

Auch nach zivilrechtlichen Maßstäben ist die Klägerin als Arbeitgeberin der von ihr ausschließlich für gemeinschaftsbezogene Zwecke eingestellten [X.] anzusehen. Denn sie hat mit dem Abschluss der entsprechenden Arbeitsverträge im Rahmen der ihr durch § 10 Abs 6 S 1 bis 3 [X.] für die gesamte Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zuerkannten Teilrechtsfähigkeit als gegenüber den einzelnen Wohnungseigentümern rechtlich verselbständigter [X.] am Rechtsverkehr teilgenommen und ist deshalb selbst Trägerin aller daraus resultierenden Rechte und Pflichten (§ 10 Abs 6 [X.] [X.]; vgl [X.] vom [X.] - [X.] 4-2400 § 8a [X.] Rd[X.]0).

Schließlich bestehen auch aus arbeitsrechtlicher Sicht keine Bedenken, eine Wohnungseigentümergemeinschaft, die im eigenen Namen mit einem zur Betreuung des gemeinschaftlichen Eigentums eingestellten [X.] einen Arbeitsvertrag geschlossen hat und objektiv auch Nutznießerin der vereinbarten gemeinschaftsbezogenen Arbeitsleistung ist, als Arbeitgeberin des [X.]s anzusehen, falls der beim Abschluss des Arbeitsvertrags erkennbar gewordene Parteiwille nichts anderes ergibt (vgl BAG AP [X.]8 zu § 611 BGB [X.] = NJW 2013, 1692).

Als Arbeitgeberin wäre die Klägerin bei [X.] Gesetzesanwendung zur Zahlung der [X.]-Umlage verpflichtet. Denn nicht in die Umlage einbezogen werden nach § 358 Abs 1 [X.] [X.] (idF seit 1.1.2009) nur der [X.], die Länder, die [X.]n sowie Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts, über deren Vermögen ein Insolvenzverfahren nicht zulässig ist, und solche juristischen Personen des öffentlichen Rechts, bei denen der [X.], ein Land oder eine [X.] kraft Gesetzes die Zahlungsfähigkeit sichert, sowie private Haushalte. Als teilrechtsfähiges Privatrechtssubjekt gehört die Klägerin weder zu den in der Vorschrift aufgeführten Rechtsträgern des öffentlichen Rechts noch zu den "privaten Haushalten".

Zur geringfügigen Beschäftigung in Privathaushalten gemäß § 8a [X.] hat das [X.]essozialgericht (BSG) mit Urteil vom 29.8.2012 (B 12 R 4/10 R - [X.] 4-2400 § 8a [X.]) bereits entschieden, dass Beschäftigungen als [X.] bzw Reinigungskraft für eine Wohnungseigentümergemeinschaft, die - wie hier - nur die Erfüllung von Aufgaben im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums betreffen, weder durch einen "privaten Haushalt" begründete Beschäftigungen darstellen, wie § 8a [X.] [X.] ua voraussetzt, noch derartigen Beschäftigungen gleichzusetzen sind. Auch wenn der in § 358 Abs 1 [X.] [X.] ebenfalls verwendete Begriff des "privaten Haushalts" keine nähere gesetzliche Definition erfahren hat, spricht bereits aus Gründen der systematischen Zusammenhänge nichts dafür, ihn anders oder insbesondere weiter zu verstehen als bei der Auslegung des § 8a [X.]. Denn geringfügige Beschäftigungen in Privathaushalten iS dieser Bestimmung wirken sich in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung durch beitragsrechtliche Vergünstigungen aus, weil der Arbeitgeber ggf nur Beiträge nach niedrigeren Pauschalbeitragssätzen zu entrichten hat (§ 249b [X.] Sozialgesetzbuch Fünftes Buch; § 172 Abs 3a [X.]). Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die in § 358 Abs 1 [X.] [X.] angeordnete und gleichfalls begünstigende Befreiung "privater Haushalte" von der [X.]-Umlage etwa einem anderen bzw größeren Kreis von Arbeitgebern zugutekommen lassen wollte als den in § 8a [X.] genannten, sind nicht erkennbar, sodass kein Anlass zu einem unterschiedlichen Begriffsverständnis besteht. Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass das Tatbestandsmerkmal "private Haushalte" 2009 in § 358 Abs 1 [X.] [X.] eingefügt worden ist, um im Bereich der haushaltsnahen Beschäftigung den Abbau von [X.] festzuschreiben und so der Schattenwirtschaft entgegenzuwirken; keineswegs sollte eine sachliche Vergleichbarkeit mit insolvenzfesten Personen des öffentlichen Rechts angedeutet werden (vgl BT-Drucks 16/9154 [X.]; [X.] in [X.] [X.], 2014, § 358 Rd[X.]6).

Das [X.] hat aber im Ergebnis zu Recht angenommen, dass § 358 Abs 1 [X.] [X.] über seinen Wortlaut hinaus ergänzend dahingehend auszulegen ist, dass auch als Arbeitgeber am Rechtsverkehr teilnehmende Wohnungseigentümergemeinschaften nicht in die [X.]-Umlage einzubeziehen sind, weil ein Insolvenzverfahren über deren Verwaltungsvermögen (§ 10 Abs 7 [X.]) kraft gesetzlicher Anordnung in § 11 Abs 3 [X.] nicht stattfindet und daher auch Ansprüche ihrer Arbeitnehmer auf [X.] ausscheiden. Denn insoweit gleicht die [X.] den in § 358 Abs 1 [X.] [X.] genannten juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Eine solche ergänzende Auslegung von Gesetzesvorschriften kommt in Betracht, wenn im Laufe der Rechtsentwicklung eine verdeckte Regelungslücke entstanden ist (vgl zB [X.] 88, 145, Juris Rd[X.]6 ff; [X.] NJW 1997, 2230, Juris Rd[X.]4 ff). So liegen die Dinge auch hier.

Vorgängerleistung des [X.] war das [X.]. Zur Einführung dieser neuen Lohnersatzleistung am [X.] sah sich der Gesetzgeber veranlasst, weil er die Ansprüche von Arbeitnehmern auf Arbeitsentgelt im Fall des Konkurses ihres Arbeitgebers sogar bei ausreichender Konkursmasse als ungenügend gesichert ansah (BT-Drucks 7/1750 S 1). Bei der umlagefinanzierten Aufbringung der Mittel für das [X.] sollten die Lohnsummen von "konkursunfähigen" Betrieben unberücksichtigt bleiben, "da sie nicht zahlungsunfähig werden können und ihre Arbeitnehmer deshalb durch die [X.] nicht geschützt zu werden brauchen" (BT-Drucks 7/1750 S 15 ). Bei den Beratungen im 11. Ausschuss für Arbeit und [X.] wurde die Finanzierung des [X.] über eine Umlage der Arbeitgeber als angemessen angesehen, "da der Konkurs ausschließlich in deren Verantwortungsbereich fällt". Ferner hielt man eine gesamtwirtschaftliche Umlage für geboten, "um ungleiche Belastungen der einzelnen Wirtschaftszweige zu vermeiden". Für eine gleichmäßige und gerechte Umlage der Mittel schien es dem Gesetzgeber aber nur notwendig, all diejenigen Arbeitgeber zur Umlage heranzuziehen, "bei denen der Konkurs nicht rechtlich ausgeschlossen ist" (vgl zu allem BT-Drucks 7/2260 S 3 [zu 2.]).

Das fand seine Entsprechung auf der leistungsrechtlichen Seite. Denn die [X.] der Arbeitnehmer wurden nicht für jeden Fall der Zahlungsunfähigkeit von Arbeitgebern gesichert, sondern der eigentlich nach tatsächlichen Merkmalen zu bestimmende Begriff der "Zahlungsunfähigkeit" wurde durch eine Anknüpfung an den juristischen Begriff des Konkurses konkretisiert. Daraus wird deutlich, dass das Gesetz den Normalfall regeln wollte, dass bei Zahlungsunfähigkeit eines privat-wirtschaftlichen Unternehmers das Konkursverfahren über sein Vermögen nach den Vorschriften der damals geltenden Konkursordnung eröffnet wird oder mangels Masse nicht stattfindet. Arbeitnehmer von Arbeitgebern, bei denen ein Konkurs aus rechtlichen Gründen nicht eintreten kann, sollten dagegen schon aufgrund der Leistungsvoraussetzungen von der [X.] ausgenommen sein (vgl BSG, Vorlagebeschluss vom 17.9.1981 - 10/8b [X.] - Juris RdNr 37).

Zur Abgrenzung des mangels Konkursfähigkeit nicht umlagepflichtigen Kreises von Arbeitgebern wählte der Gesetzgeber in § 186c Abs 2 [X.] Alt 1 des Arbeitsförderungsgesetzes ([X.]) idF durch das Gesetz über [X.] - [X.] - vom 17.7.1974 ([X.] 1481) die Formulierung "Unberücksichtigt bleiben die Lohnsummen des [X.]es, der Länder, der [X.]n sowie der Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts, bei denen der Konkurs nicht zulässig ist". Darüber hinaus erstreckte er die Regelung auf die Lohnsummen "solcher juristischer Personen des öffentlichen Rechts, bei denen der [X.], ein Land oder eine [X.] kraft Gesetzes die Zahlungsfähigkeit sichert" (§ 186c Abs 2 [X.] Alt 2 [X.]). Vom BSG geäußerte Bedenken dagegen, dass der Gesetzgeber damit die Gruppe der [X.]igen nach ausschließlich formalen Kriterien bestimmt habe, ohne zu berücksichtigen, ob ein Konkursverfahren tatsächlich vorstellbar sei (Vorlagebeschluss vom 17.9.1981 - 10/8b/12 [X.] - , hat das [X.] nicht geteilt. Es hat vielmehr mit Beschluss vom 5.10.1993 (1 BvL 34/81 - [X.] 89, 132 = [X.] 3-4100 § 186c [X.], Juris RdNr 42, zur [X.] einer Handelskammer) ua das Abstellen auf den rechtlichen Ausschluss des Konkurses als sachgerecht gebilligt, weil andere Abgrenzungskriterien praktisch kaum handhabbar wären.

Die mit § 186c Abs 2 [X.] [X.] getroffene Regelung wurde (von hier nicht erheblichen redaktionellen Änderungen abgesehen) bei der Einführung des [X.] zum [X.] in § 359 Abs 2 [X.] [X.] beibehalten und auch vom Gesetzgeber des [X.] mit Wirkung ab 1.1.2009 in § 358 Abs 1 [X.] [X.] im Wesentlichen übernommen, allerdings mit der Ergänzung, dass auch private Haushalte nicht in die Umlage einbezogen werden. Hierbei ging der Gesetzgeber jedoch nicht von einer Neuerung, sondern vielmehr davon aus, dass private Haushalte - obwohl in keiner der [X.] erwähnt - schon bisher von der Umlage ausgenommen gewesen seien (BT-Drucks 16/9154 [X.] ). Das deutet darauf hin, dass der Gesetzgeber selbst nicht davon ausgegangen ist, dass der Wortlaut der Vorgängervorschriften alle Ausnahmen von der [X.] abschließend erfasst habe.

Im Übrigen war schon bei der Einführung des [X.] und erst recht bei der Verabschiedung des [X.] bekannt, dass die Rechtsprechung den Wortlaut des § 186c Abs 2 [X.] [X.] nicht im Sinne eines in jedem Fall abschließenden Ausnahmekatalogs verstanden hatte. Denn das BSG hatte bereits mit Urteil vom 31.5.1978 (12 [X.]/77 - [X.] 4100 § 186c [X.] - Juris Rd[X.]5 f) entschieden, dass ein Unternehmen, das nach Konkurseröffnung weitergeführt wird und deshalb derzeit nicht erneut in Konkurs gehen kann, durch eine Ausdehnung der Ausnahmevorschrift über ihren Wortlaut hinaus ebenfalls von der [X.] freizustellen sei, weil das Gesetz insoweit eine planwidrige Unvollständigkeit erkennen lasse und eine Regelungslücke aufweise, die nach Sinn und Zweck des Gesetzes und der Ausnahmevorschrift zu schließen sei. Eine Missbilligung dieser Rechtsprechung durch den Gesetzgeber ist in der Folgezeit und insbesondere bei der Einführung des [X.] oder des [X.] ebenso wenig erkennbar geworden wie etwa umgekehrt der Versuch, dieser Rechtsprechung durch eine entsprechende Präzisierung des Wortlauts der Ausnahmeregelung Rechnung zu tragen.

Auch die Rechtsprechung des [X.], dass die zur Befreiung von der [X.] führende Unzulässigkeit eines Konkurses nicht ausdrücklich normiert sein müsse, sondern sich auch aus Verfassungsgrundsätzen ergeben könne, mit denen die konkrete Ausgestaltung des [X.] nicht zu vereinbaren sei (Beschluss vom 5.10.1993 - 1 BvL 35/81 - [X.] 89, 144 = [X.] 3-4100 § 186c [X.] ; Urteil vom 13.12.1983 - 2 BvL 13/82, 2 [X.], 2 BvL 15/82 - [X.] 66, 1 = [X.] 4100 § 186c [X.] ), hat den Gesetzgeber nie veranlasst, den Wortlaut der Ausnahmeregelung wenigstens im Interesse einer Klarstellung zu ändern.

Bereits diese Umstände sprechen gegen den Standpunkt der Revision, allein schon dem Festhalten des Gesetzgebers an überkommenen Formulierungen sei ein Erklärungswert in dem Sinne beizumessen, dass Wohnungseigentümergemeinschaften trotz ihrer Insolvenzunfähigkeit bewusst nicht von der [X.]-Umlage hätten ausgenommen werden sollen. Das gilt umso mehr, als sich weder in den Gesetzesmaterialien zum [X.] noch sonst Hinweise darauf finden, dass der Gesetzgeber sein ursprüngliches Konzept, Arbeitgeber von der Umlage auszunehmen, die aus Rechtsgründen nicht konkursfähig (bzw heute nicht insolvenzfähig) sind und deshalb auch keine Versicherungsfälle verursachen können, etwa im Laufe der [X.] aufgegeben hätte. Vielmehr deutet alles darauf hin, dass dieses Konzept und die darauf beruhenden Vorschriften zur [X.]-Umlage bei der Reform des Rechts der Wohnungseigentümergemeinschaften nicht bedacht wurden, sodass eine unbewusste Regelungslücke entstanden ist.

In dem 2006 eingebrachten Gesetzentwurf der [X.]esregierung zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze (BT-Drucks 16/887 S 1 ff) waren zunächst keine Regelungen vorgesehen, welche die vorher ergangene Grundsatzentscheidung des [X.]esgerichtshofs zur Teilrechtsfähigkeit von Wohnungseigentümergemeinschaften (Beschluss vom [X.] - [X.], 154) aufgriffen. Erst auf Stellungnahme des [X.]esrats (BT-Drucks 16/887, Anlage 2, [X.] ff) ging die [X.]esregierung in ihrer Gegenäußerung (BT-Drucks 16/887, Anlage 3, [X.] ff) auf diese Problematik ein und wollte nunmehr als Konsequenz der Anerkennung der Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft auch das Insolvenzverfahren über ihr Verwaltungsvermögen zulassen, allerdings mit der Maßgabe, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht zur Auflösung der [X.] führen sollte (BT-Drucks 16/887, Anlage 3, [X.] ff ). Die anschließenden Beratungen im Rechtsausschuss führten dann jedoch aus im Wesentlichen pragmatischen Erwägungen zu der Entscheidung, die Insolvenzfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft durch § 11 Abs 3 [X.] auszuschließen (BT-Drucks 16/3843, Beschlussempfehlung und Bericht, [X.]5 ).

Die von der Revision angeführte Rechtsprechung des [X.] steht der Auslegung der Ausnahmevorschrift durch das [X.] nicht entgegen. Dem die [X.] einer öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt verneinenden Beschluss des [X.] vom 5.10.1993 (1 BvL 35/81 - [X.] 89, 144 = [X.] 3-4100 § 186c [X.]) ist nicht zu entnehmen, dass die Befreiung von der [X.] Rechtssubjekten mit Systemrelevanz für grundgesetzlich garantierte Freiheiten vorzubehalten sei. Das [X.] ist vielmehr - ebenso wie in seinem die [X.] der Kirchen verneinenden Urteil vom 13.12.1983 (2 BvL 13/82, 2 [X.], 2 BvL 15/82 - [X.] 66, 1 = [X.] 4100 § 186c [X.]) - davon ausgegangen, dass für die Befreiung von der [X.] die rechtliche Unzulässigkeit eines Konkurses ausschlaggebend ist, und hat lediglich diese tatbestandliche Voraussetzung für die Anwendung der damals in § 186c Abs 2 [X.] [X.] normierten Ausnahmeregelung aus dem Verfassungsrecht hergeleitet. Daraus kann gerade nicht entnommen werden, dass die durch Gesetz - wie hier durch § 11 Abs 3 [X.] - ausdrücklich bestimmte Unzulässigkeit eines Insolvenzverfahrens für die [X.] unerheblich sei.

Aus dem Hinweis der Revision auf den Nichtannahmebeschluss des [X.] vom 2.2.2009 (1 BvR 2553/08 - ZInsO 2009, 714) lässt sich ebenfalls nichts für ihren Standpunkt gewinnen. Diese zur [X.] eines Reiseunternehmens ergangene Entscheidung bekräftigt lediglich, dass die Heranziehung nur der Arbeitgeber zur [X.]-Umlage nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt ([X.] an [X.], Beschluss vom 18.9.1978 - 1 BvR 638/78 - [X.] 4100 § 186b [X.]). Dagegen gibt sie nichts her für die hier entscheidende Frage, ob der rechtliche Ausschluss der Insolvenzfähigkeit der [X.] entgegensteht. Dasselbe gilt für das vorhergehende, mit der Verfassungsbeschwerde erfolglos angegriffene Urteil des BSG vom [X.] (B 11a [X.] 61/06 R - [X.], 286 = [X.] 4-4300 § 359 [X.]).

Schließlich führt der Hinweis der Revision auf das sog [X.] bei der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung gemäß § 882a der Zivilprozessordnung (idF der Bekanntmachung vom 5.12.2005, [X.] 3202) nicht zu einem anderen Ergebnis. Denn abgesehen davon, dass auch Gläubiger von Wohnungseigentümergemeinschaften Einschränkungen hinnehmen müssen, weil § 11 Abs 2 [X.] das Recht ausschließt, die Aufhebung der [X.] zu verlangen, geht es hier nicht um die Frage einer allgemeinen Gleichstellung von Wohnungseigentümergemeinschaften und öffentlich-rechtlichen Rechtsträgern. Ausschlaggebend ist vielmehr das der Finanzierung des [X.] und des [X.] zugrunde liegende Grundkonzept, das einerseits eine Verteilung der [X.] auf möglichst viele Beitragsschuldner vorsieht, andererseits aber nur diejenigen Arbeitgeber zu der Umlage heranziehen will, bei denen ein Konkurs- bzw heute [X.] rechtlich überhaupt in Betracht kommt, um so auf der leistungsrechtlichen Seite (auch nur) die [X.] der Arbeitnehmer solcher Arbeitgeber zu sichern.

Das [X.] hat deshalb zutreffend auch darauf abgestellt, dass einer Heranziehung der Klägerin zur Finanzierung des [X.] kein entsprechendes Versicherungsrisiko gegenüberstünde. Denn ein Anspruch der von der Klägerin beschäftigten [X.] auf [X.] käme nach § 165 [X.] (idF seit 1.4.2012; bis 31.3.2012: § 183 [X.]) nur in Betracht, falls sie bei einem [X.] noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt für die vorausgegangenen drei Monate des Arbeitsverhältnisses hätten. "Ansprüche auf Arbeitsentgelt" sind nach § 165 Abs 2 S 1 [X.] alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis. Solche Ansprüche könnten die [X.] aber aus den bereits genannten Gründen nur gegenüber der Klägerin als ihrem Vertragspartner und Arbeitgeber haben. Dementsprechend könnten sie wegen solcher Ansprüche kein [X.] beanspruchen, weil ein Insolvenzverfahren über das für die Verbindlichkeiten aus den Arbeitsverhältnissen haftende Verwaltungsvermögen der Klägerin kraft Gesetzes von vornherein ausscheidet. Denn mit der Teilrechtsfähigkeit und Insolvenzfestigkeit der [X.] korrespondiert ein selbstständiger, unmittelbarer Haftungsanspruch des Gläubigers gegen jeden einzelnen Wohnungseigentümer selbst, § 10 Abs 8 [X.], der im Falle ausbleibender Lohnzahlung namens der [X.] im Ergebnis zu einem anteiligen Entlohnungsanspruch der Beschäftigten gegen jeden der Wohnungseigentümer führt (zur Entstehungsgeschichte vgl [X.] in Bärmann, [X.], 12. Aufl 2013, § 10 Rd[X.]98 ff).

Die Kosten ihres nach alledem erfolglos bleibenden Rechtsmittels hat nach § 197a Abs 1 S 1 SGG iVm § 154 Abs 2 der Verwaltungsgerichtsordnung die Beklagte zu tragen.

Ein Streitwertbeschluss ergeht gesondert.

Meta

B 11 AL 6/14 R

23.10.2014

Bundessozialgericht 11. Senat

Urteil

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Darmstadt, 7. März 2012, Az: S 10 KR 344/10, Urteil

§ 358 Abs 1 S 1 SGB 3 vom 30.10.2008, § 358 Abs 1 S 2 SGB 3 vom 30.10.2008, § 7 Abs 1 SGB 4, § 8a SGB 4, § 10 Abs 6 S 1 WoEigG, § 10 Abs 6 S 2 WoEigG, § 10 Abs 6 S 3 WoEigG, § 10 Abs 7 WoEigG, § 10 Abs 8 S 1 WoEigG, § 11 Abs 3 WoEigG, § 21 Abs 5 Nr 2 WoEigG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 23.10.2014, Az. B 11 AL 6/14 R (REWIS RS 2014, 1872)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1872

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