Bundessozialgericht, Urteil vom 08.09.2010, Az. B 11 AL 34/09 R

11. Senat | REWIS RS 2010, 3559

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Insolvenzgeldanspruch - Arbeitsentgeltanspruch - Begriff der Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis - Aufwendungsersatz für verauslagte Reparaturkosten für den Firmenwagen


Leitsatz

Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Ersatz verauslagter Kosten für die Reparatur eines Firmenwagens kann ein Anspruch auf Arbeitsentgelt im insolvenzgeldrechtlichen Sinn sein.

Tenor

Auf die Revision des [X.] werden die Urteile des [X.] vom 1. Oktober 2009 und des [X.] vom 31. Mai 2007 aufgehoben. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheids vom 18. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. April 2003 verurteilt, dem Kläger weiteres Insolvenzgeld in Höhe von 972,33 Euro zu gewähren.

Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt weiteres Insolvenzgeld ([X.]) in Höhe von 972,33 Euro wegen verauslagter Kosten für die Reparatur eines Firmenwagens.

2

Der Kläger war bis 31.10.2002 bei der Firma [X.] (Arbeitgeber) als angestellter Betriebsleiter beschäftigt. In § 11 des Anstellungsvertrages war unter der Überschrift "Dienstfahrzeug" vereinbart, dass der Arbeitgeber dem Kläger einen Firmenwagen zur Verfügung stellte, den dieser uneingeschränkt auch privat nutzen konnte. Zusätzlich enthielt § 11 des Anstellungsvertrages Regelungen, wonach der Arbeitgeber die Betriebskosten zu tragen, der Kläger das Fahrzeug in einem pfleglichen Zustand zu erhalten und Reinigungen nach Bedarf vorzunehmen hatte. Das dem Kläger zur Verfügung gestellte und von ihm für betrieblich veranlasste Fahrten genutzte Fahrzeug, ein gebrauchter Geländewagen, war störanfällig und wurde regelmäßig in der Werkstatt vor Ort repariert.

3

Über das Vermögen des Arbeitgebers wurde am 4.12.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet.

4

Die Beklagte bewilligte dem Kläger [X.] in Höhe von 4921,20 Euro für das von August bis Oktober 2002 ausgefallene laufende Arbeitsentgelt. Soweit der Kläger im [X.]raum August bis Oktober 2002 für die Reparatur des Firmenwagens nach Rücksprache mit dem Arbeitgeber insgesamt 972,33 [X.] hatte, lehnte die Beklagte die Bewilligung von [X.] ab (Bescheid vom 18.3.2003; Widerspruchsbescheid vom 15.4.2003).

5

Das Sozialgericht ([X.]) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 31.5.2007). Das [X.] (L[X.]) hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen (Urteil vom 1.10.2009). In den Entscheidungsgründen hat das L[X.] ua ausgeführt: Der Anspruch auf Erstattung des für Reparaturkosten verauslagten Betrages sei kein Anspruch auf Arbeitsentgelt iS des § 183 [X.] ([X.]B III). Für die Begleichung von Reparaturkosten sei keine arbeitsvertragliche Regelung getroffen. Der Kläger habe eingeräumt, den Wagen bei Auftreten von Fehlern lediglich aus praktischen Gründen für den an sich verpflichteten Arbeitgeber zur Werkstatt gebracht und die Rechnungen in der Erwartung beglichen zu haben, die Beträge wie in früherer [X.] erstattet zu bekommen. Mithin habe er keine Auslagen vorgenommen, die für ihn unmittelbar bestimmt gewesen seien oder zu deren Begleichung er verpflichtet gewesen sei. Bei seinem Vorgehen habe es sich allein um ein Entgegenkommen bzw eine freie, auf eigenem Antrieb beruhende Handhabung gehandelt, anfallende Reparaturen praktischerweise im Bewusstsein zu regulieren, eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Aufrechterhaltung des Betriebsablaufs zu erfüllen. Die Aufwendungen seien auch nicht mit der Erbringung der Arbeitsleistung so eng verknüpft gewesen, dass die Einbeziehung in die insolvenzrechtliche Sicherung gerechtfertigt sei. Es sei nicht ersichtlich, dass der Kläger seine Arbeitsleistung nur mit diesem Fahrzeug und nur durch vorherige [X.] habe erbringen können, da es Sache des Arbeitgebers gewesen sei, entweder durch unmittelbare Begleichung der Rechnungen die [X.] von der Werkstatt und damit die Firmennutzung zu sichern oder ein Ersatzfahrzeug anzumieten.

6

Mit der vom L[X.] zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 183 Abs 1 Satz 1 [X.]B III. Ansprüche auf Arbeitsentgelt iS des § 183 [X.]B III seien alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis, soweit sie als Gegenwert für die geleistete Arbeit oder als Ersatz für die bei Erbringung der Arbeitsleistung entstandenen Auslagen anzusehen seien. Soweit das L[X.] auf das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Verpflichtung zur Begleichung der Reparaturkosten abstelle, verkürze es den [X.] des § 183 [X.]B III. Zwar sei der Anspruch auf Erstattung der Reparaturkosten nicht in eine arbeitsvertragliche Regelung einbezogen und damit kein unmittelbarer Bestandteil der Gehaltsbezüge gewesen, doch bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang mit der Erfüllung von Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag. Die Funktionsfähigkeit des Firmenwagens sei für seine Tätigkeit als Betriebsleiter unerlässlich gewesen.

7

Der Kläger beantragt,
das Urteil des L[X.] vom 1. Oktober 2009 und das Urteil des [X.] vom 31. Mai 2007 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Abänderung des Bescheids vom 18. März 2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15. April 2003 weiteres [X.] in Höhe von 972,33 Euro zu gewähren.

8

Die Beklagte beantragt,
die Revision des [X.] zurückzuweisen.

9

Sie hält das Urteil des L[X.] für zutreffend.

Entscheidungsgründe

[X.]ie Revision des [X.] ist begründet. Er hat Anspruch auf weiteres [X.] in Höhe von 972,33 Euro. [X.]ie Urteile der Vorinstanzen sind deshalb aufzuheben und die Beklagte ist antragsgemäß zu verurteilen.

1. Angefochten ist der streitgegenständliche Bescheid vom 18.3.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom [X.] nur, soweit die Beklagte dem Kläger [X.] verweigert hat. Soweit der Kläger bereits 4921,20 Euro erhalten hat, ist die Bewilligung rechtmäßig, da den tatsächlichen Feststellungen des [X.] zu entnehmen ist, dass der Kläger für die dem [X.] vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt in der genannten Höhe hatte (§ 183 Abs 1 Satz 1 [X.]). [X.]ie Prüfung des Senats beschränkt sich somit auf die Frage, ob dem Kläger weiteres [X.] unter dem Gesichtspunkt der Verauslagung von Reparaturkosten zusteht.

2. [X.]er vom Arbeitgeber nicht erfüllte Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Reparatur des Firmenwagens in Höhe von 972,33 Euro ist unter den festgestellten Umständen ein Anspruch auf Arbeitsentgelt für die dem [X.] vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses iS des § 183 Abs 1 [X.].

a) Nach § 183 Abs 1 Satz 1 [X.] idF des Job-AQTIV-Gesetzes vom [X.] ([X.] 3443) haben Arbeitnehmer Anspruch auf [X.], wenn sie im Inland beschäftigt waren und [X.] bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen ihres Arbeitgebers ([X.]) für die vorausgehenden drei Monate des Arbeitsverhältnisses noch Ansprüche auf Arbeitsentgelt haben. Zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt gehören nach § 183 [X.] [X.] alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis.

Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis iS des § 183 [X.] [X.] sind nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ([X.]) alle Leistungen des Arbeitgebers, die eine Gegenleistung für die Leistung des Arbeitnehmers darstellen und in unlösbarem Zusammenhang mit der Beschäftigung stehen ([X.]-4300 § 183 [X.] RdNr 22; [X.], 5 = [X.]-4300 § 183 [X.], jeweils Rd[X.]4; [X.], 142 = [X.]-4300 § 184 [X.], jeweils Rd[X.]1). Bei seiner Rechtsprechung zum [X.] hat der Senat auf die in der früheren Rechtsprechung des [X.] zu der das [X.] ([X.]) betreffenden Vorgängerregelung in § 141b Abs 2 Arbeitsförderungsgesetz ([X.]) entwickelten Grundsätze zurückgegriffen (vgl etwa Nachweise in [X.] aaO oder in [X.], 278 = [X.]-4300 § 183 [X.]2, jeweils Rd[X.]5-16).

b) [X.]ie zu § 141b Abs 2 [X.] ergangene Rechtsprechung zur Konkretisierung des Begriffs "Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis" ist auch unter Geltung des § 183 Abs 1 [X.] weiter heranzuziehen, obwohl der Wortlaut des § 183 [X.] [X.] nicht vollständig dem Wortlaut des § 141b Abs 2 [X.] entspricht. § 141b Abs 2 [X.] bestimmte, dass zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt alle Ansprüche gehörten, die unabhängig von der [X.], für die sie geschuldet wurden, [X.] nach § 59 Abs 1 [X.] a der Konkursordnung (KO) sein konnten. Im Konkursverfahren privilegierte [X.] nach § 59 Abs 1 [X.] a KO waren ([X.]) die Ansprüche der Arbeitnehmer auf die "Bezüge aus einem Arbeitsverhältnis" mit dem Gemeinschuldner wegen der Rückstände für die letzten sechs Monate vor der Eröffnung des Verfahrens. § 183 [X.] [X.] bestimmt demgegenüber nur noch, dass zu den Ansprüchen auf Arbeitsentgelt alle Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis gehören. Aus der Rechtsentwicklung ergibt sich aber, dass § 183 [X.] [X.] wesentlich an die frühere gesetzliche Regelung und an die hierzu in der Rechtsprechung entwickelten Maßstäbe anknüpft.

In der ursprünglichen, durch das [X.] ([X.]) vom [X.] ([X.] 594) eingeführten Fassung des § 183 [X.] fehlte noch die jetzt in [X.] enthaltene Regelung. Gleichwohl wurde in den Materialien zum [X.] ausgeführt, der Rechtsanspruch auf [X.] werde "in Übernahme des geltenden Rechts" geregelt (BT-[X.]rucks 13/4941 [X.], zu § 183). [X.]urch das Erste [X.]-Änderungsgesetz (1. [X.]-ÄndG) vom 16.12.1997 ([X.] 2970) wurde sodann mit Wirkung vom [X.] der damalige Satz 2 des Abs 1 - inzwischen Satz 3 - eingefügt, der nach der Begründung zum 1. [X.]-ÄndG klarstellen sollte, dass zB Zuschüsse, die zusätzlich zu Löhnen und Gehältern gewährt werden, "wie bisher" einen Anspruch auf [X.] begründen können (BT-[X.]rucks 13/8994 [X.], zu [X.]7 f). [X.]as Fehlen von Hinweisen auf die der KO nachfolgende Insolvenzordnung ([X.]) sowohl in der durch das [X.] eingeführten Fassung als auch in Abs 1 Satz 2 idF des 1. [X.]-ÄndG (jetzt [X.]) erklärt sich daraus, dass in der [X.] die ([X.]) in § 59 Abs 1 [X.] a KO noch geregelte Privilegierung von Ansprüchen der Arbeitnehmer auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis nicht mehr vorgesehen ist (vgl dazu [X.] in [X.], [X.], vor §§ 183 bis 189 RdNr 2, Stand 1999, mit Hinweisen auf § 55 Abs 2 [X.] und § 123 Abs 2 [X.]; [X.] in NK-[X.], 3. Aufl 2008, § 183 Rd[X.]9; [X.], [X.]/[X.], vor § 183 [X.] Rd[X.]3 und § 183 [X.] RdNr 92 ff, Stand 2009). Wenn der Gesetzgeber aber trotz der Unterschiede zwischen [X.] und KO im [X.] die "Übernahme" des früheren Rechts beabsichtigte bzw zum [X.] eine Regelung "wie bisher" treffen wollte, muss angenommen werden, dass für das Verständnis der Begriffe "Arbeitsentgelt" und "Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis" jedenfalls die in der Rechtsprechung zum früheren Recht entwickelten Grundsätze weiter gelten.

[X.]ie Rechtsprechung des [X.] zu § 141b Abs 2 [X.] hat vor allem darauf abgestellt, dass die Einführung des [X.] und die konkursrechtliche Privilegierung bestimmter rückständiger Lohnforderungen jeweils der Verbesserung des Schutzes der Arbeitnehmer vor dem Risiko des [X.] im Falle der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers dienten (vgl [X.], 277, 279 = [X.]100 § 141b [X.]2; [X.]100 § 141b [X.]; vgl auch [X.] [X.] 3-4100 § 141b [X.]). Aus der Verweisung in § 141b Abs 2 [X.] auf § 59 Abs 1 [X.] a KO folgte für das damalige Recht die Maßgeblichkeit des "konkursrechtlichen" Begriffs der "Bezüge aus einem Arbeitsverhältnis" ([X.]100 § 141b [X.]; [X.], 228, 231 = [X.] 3-4100 § 141b [X.] f). [X.]ieser Begriff umfasste nicht nur das Arbeitsentgelt im engeren arbeitsrechtlichen Sinn, sondern unter dem Gesichtspunkt des besonderen [X.] in einem weiteren Sinn alles, was sich als Gegenwert für die Arbeitsleistung darstellte (vgl [X.] in [X.], [X.], 1990, § 98 RdNr 9 f; [X.]/ Karsten [X.], KO, 16. Aufl 1993, § 59, [X.], a; [X.]/[X.], KO, 11. Aufl 1994, § 59 Rd[X.]5 m, jeweils mwN).

Für die Rechtslage nach dem [X.] kann zwar nicht mehr unmittelbar auf einen "konkursrechtlichen" [X.] abgestellt werden; die diesem früheren Begriff zugrunde liegenden Kriterien sind jedoch weiter maßgebend. Insofern enthält § 183 Abs 1 [X.] nun einen insolvenzgeldrechtlichen Begriff des Arbeitsentgelts, der aus Gründen des [X.] sowie unter Beachtung des durch die [X.]-Sicherung abgedeckten Risikos weit auszulegen ist (vgl [X.], aaO, § 183 [X.] RdNr 90; [X.] in [X.], [X.], § 183 Rd[X.]20, Stand 1999; [X.] in [X.]/Brand, [X.], 5. Aufl 2010, § 183 Rd[X.]1).

[X.]anach bedarf es für das Vorliegen von Arbeitsentgelt im insolvenzgeldrechtlichen Sinn keiner strengen wechselseitigen Beziehung derart, dass sich Arbeitsleistung und Entgelt wirtschaftlich gesehen unmittelbar gegenüberstehen und entsprechen (vgl [X.], 277, 278 f = [X.]100 § 141b [X.]2). Ohne Bedeutung für die Zuordnung ist auch die Frage der Lohnsteuer- bzw Beitragspflicht ([X.], 62, 63 = [X.]100 § 141b [X.]; [X.] [X.] 3-4100 § 141b [X.]; Voelzke in [X.]/[X.], [X.], § 183 Rd[X.]9, Stand 2010). Ansprüche auf Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis können mithin nicht nur Lohnforderungen im engeren Sinne sein, sondern auch Ansprüche auf Ersatz von Aufwendungen, die mit der Erbringung der Arbeitsleistung so eng verknüpft sind, dass eine Erstreckung der Sicherung auf den Ersatzanspruch gerechtfertigt ist (vgl [X.], 228, 231 f = [X.] 3-4100 § 141b [X.]). Eine Erstreckung der insolvenzgeldrechtlichen Sicherung auf den Ersatzanspruch ist weiterhin dann gerechtfertigt, wenn es sich entweder um Aufwendungen handelt, die für die eigene Person des Arbeitnehmers bestimmt sind und/oder die jedenfalls im direkten Zusammenhang mit der Erfüllung von Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag stehen (vgl [X.] aaO [X.]). Auch diese Leistungen stehen in einem Gegenseitigkeitsverhältnis.

c) Ausgehend von den zuletzt genannten Maßstäben handelt es sich bei dem Anspruch des [X.] gegen seinen Arbeitgeber auf Erstattung von Auslagen für die Reparatur des Firmenwagens in Höhe von 972,33 Euro um einen Anspruch auf "Bezüge aus dem Arbeitsverhältnis" und damit um einen Anspruch auf [X.] Arbeitsentgelt. [X.]enn die tatsächlichen Feststellungen des [X.] rechtfertigen die rechtliche Beurteilung, dass die Aufwendungen des [X.] für die Reparatur des Firmenwagens in direktem Zusammenhang mit der Erfüllung von Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag standen.

[X.]er Zusammenhang mit der Erfüllung von Pflichten aus dem Arbeitsvertrag folgt zunächst aus den getroffenen Vereinbarungen zur Überlassung des Firmenwagens in § 11 des Anstellungsvertrages. [X.]anach war einerseits der Arbeitgeber dem Kläger gegenüber zur Überlassung des Fahrzeugs und zur Tragung der Betriebskosten verpflichtet; andererseits begründete § 11 konkludent auch eine Verpflichtung des [X.], den Firmenwagen für seine Arbeit als Betriebsleiter regelmäßig einzusetzen. Nach den getroffenen Feststellungen hat der Kläger das Fahrzeug entsprechend der getroffenen Vereinbarung auch regelmäßig betrieblich genutzt und es insbesondere laufend für den Transport schwerer Gegenstände und sonstige betrieblich veranlasste Fahrten verwendet.

Zwar ist der Hinweis des [X.] zutreffend, dass im Anstellungsvertrag keine schriftliche Vereinbarung getroffen war, wonach der Kläger allgemein verpflichtet gewesen wäre, bei Anfall von Reparaturkosten gegenüber dem Arbeitgeber in Vorlage zu treten, also Reparaturrechnungen selbst vorab zu begleichen, um dann Erstattung zu verlangen. Um den notwendigen Zusammenhang mit der Erfüllung von Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis iS der Rechtsprechung des [X.] zu bejahen, bedarf es jedoch keiner derartigen ausdrücklichen schriftlichen Vereinbarung (zur Schriftform vgl zuletzt [X.], Urteil vom [X.] - B 12 R 5/09 R, RdNr 20 - zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen). Vielmehr kann es ausreichen, wenn sich eine Verpflichtung konkludent aus besonderen arbeitsvertraglichen Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ableiten lässt. Einer Verpflichtung iS der [X.]-Rechtsprechung gleichstehen kann sogar der Umstand, dass der Arbeitnehmer wegen seiner Arbeitsverpflichtung berechtigt war, die konkreten Aufwendungen zu tätigen (vgl [X.], 228, 231 = [X.] 3-4100 § 141b [X.]). Unter den festgestellten Umständen geht der Senat auch von einer solchen einer Verpflichtung gleichstehenden Berechtigung des [X.] aus.

Maßgebend für die Auffassung des Senats sind die Feststellungen des [X.] zu Art und Umfang der betrieblichen Tätigkeit des [X.], zur Beschaffenheit des ihm für diese Tätigkeit zur Verfügung gestellten Fahrzeugs, zu den Umständen der Verauslagung sowie zur Motivation des [X.] für seine Vorgehensweise. Insoweit hat das [X.] zunächst, ohne dies allerdings hinreichend bei seiner rechtlichen Beurteilung zu würdigen, festgestellt, dass der Kläger für seinen Arbeitgeber als Betriebsleiter tätig war, der das Fahrzeug, einen Geländewagen, für den regelmäßigen betrieblichen Einsatz benötigte. Aus dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.] und des in Bezug genommenen [X.] ergibt sich ferner, dass es sich bei dem Geländewagen um ein störanfälliges Fahrzeug handelte, das regelmäßig in der Werkstatt vor Ort repariert werden musste, wobei die Werkstatt nach Erfahrungen mit unpünktlichen Zahlungen den Wagen zuletzt nur noch gegen Barzahlung herausgab. [X.]en Feststellungen des [X.] ist auch zu entnehmen, dass der Kläger nach Rücksprache mit seinem Arbeitgeber die [X.] "praktischerweise" in dem Bewusstsein vornahm, eine anfallende Verpflichtung des Arbeitgebers zur Aufrechterhaltung des [X.] zu erfüllen. Es bestehen schließlich keinerlei Anhaltspunkte, dass es sich bei den Reparaturkosten um sachlich nicht gerechtfertigte oder wertmäßig überzogene Aufwendungen gehandelt hat.

Unter diesen Umständen ist das Verhalten des [X.], die Reparaturkosten zu verauslagen, entgegen der Auffassung des [X.] in direktem Zusammenhang mit der Erfüllung von Verpflichtungen aus dem Arbeitsverhältnis iS der Rechtsprechung ([X.] aaO) zu sehen. Von Bedeutung ist vor allem, dass der Kläger als Betriebsleiter in besonderer Weise zur Förderung des Unternehmens und zur Loyalität gegenüber seinem Arbeitgeber verpflichtet war (vgl zu den Nebenpflichten leitender Mitarbeiter: [X.] in [X.] Handbuch Arbeitsrecht, Band 1, 2. Aufl 2000, § 55 Rd[X.]7; vgl auch Preis in [X.] Kommentar, 10. Aufl 2010, § 611 BGB Rd[X.]07). [X.]iese besondere Stellung des [X.] verkennt das [X.], wenn es ausführt, es habe in der Hand des Arbeitgebers gelegen, entweder durch unmittelbare Begleichung der Rechnungen die [X.] zu sichern oder zur Aufrechterhaltung des Betriebs ein Ersatzfahrzeug anzumieten. [X.]enn der Kläger hat vor der Begleichung der Reparaturkosten mit seinem Arbeitgeber Rücksprache genommen, woraus folgt, dass es das auf arbeitsrechtlichen Nebenpflichten beruhende Interesse und Bestreben des [X.] war, an Stelle des sich offensichtlich in Zahlungsschwierigkeiten befindenden Arbeitgebers die Einsetzbarkeit des Firmenwagens und insoweit die Aufrechterhaltung der betrieblichen Tätigkeit zu sichern. [X.]emgegenüber kann einer etwaigen Absicht des [X.], mit der [X.] zusätzlich die vertragsmäßig eingeräumte Privatnutzung des Firmenwagens zu sichern bzw Schadensersatzansprüche zu vermeiden (vgl dazu [X.] BAG, Urteil vom 23.6.1994 - [X.] zu § 249 BGB = NJW 1995, 348), nur untergeordnete Bedeutung zukommen.

[X.]ie genannten besonderen arbeitsrechtlichen Beziehungen zwischen dem Kläger und seinem Arbeitgeber stehen der Auffassung des [X.] entgegen, die Begleichung der eigentlich gegen den Arbeitgeber zu richtenden Forderungen der Werkstatt sei einem [X.]arlehen gleichzusetzen, weshalb ein insoweit entstandener Anspruch auf Aufwendungsersatz gemäß § 670 [X.] (BGB) nicht als Anspruch auf Arbeitsentgelt angesehen werden könne (vgl zur Fallgestaltung der Kreditbeschaffung [X.], 228, 232 f = [X.] 3-4100 § 141b [X.]; hierauf offenbar Bezug nehmend: [X.] in [X.]/Brand, [X.], 5. Aufl 2010, § 183 Rd[X.]9; vgl auch [X.]urchführungsanweisung der BA zum [X.], [X.] 2; zur rein arbeitsrechtlichen Bewertung des Anspruchs nach § 670 BGB vgl Preis in [X.] Kommentar, 10. Aufl 2010, § 611 BGB RdNr 554 mwN). Wegen des direkten Zusammenhangs mit der Erfüllung von Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis kann in der Einordnung des Ersatzanspruchs unter den insolvenzgeldrechtlichen Anspruch auf Arbeitsentgelt auch keine Erstreckung des [X.] auf Nebenforderungen (dazu [X.], 278 = [X.]-4300 § 183 [X.]2, jeweils Rd[X.]5-16 mwN) gesehen werden. [X.]as Erfordernis des direkten Zusammenhangs vermeidet insoweit eine unangemessene Ausweitung des insolvenzgeldrechtlichen Versicherungsschutzes (vgl [X.] aaO, [X.]; hierzu [X.], [X.] 1992, 220 ff).

d) Nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.] bestehen schließlich keine Zweifel, dass der streitgegenständliche Anspruch dem [X.]-[X.]raum von drei Monaten gemäß § 183 Abs 1 Satz 1 [X.] zuzuordnen ist. Maßgebend für die Zuordnung ist der [X.]punkt, in dem die Aufwendungen getätigt wurden ([X.], 228, 232 = [X.] 3-4100 § 141b [X.]). Bezahlt wurden die Reparaturrechnungen der Werkstatt durch den Kläger in der [X.] von August bis Oktober 2002, also innerhalb der dem [X.] vorausgehenden letzten drei Monate des Arbeitsverhältnisses.

3. [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Meta

B 11 AL 34/09 R

08.09.2010

Bundessozialgericht 11. Senat

Urteil

Sachgebiet: AL

vorgehend SG Detmold, 31. Mai 2007, Az: S 9 (3) AL 145/03, Urteil

§ 183 Abs 1 S 1 Nr 1 SGB 3 vom 10.12.2001, § 183 Abs 1 S 3 SGB 3 vom 10.12.2001, § 141b Abs 2 AFG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 08.09.2010, Az. B 11 AL 34/09 R (REWIS RS 2010, 3559)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 3559

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