Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.09.2016, Az. X ZR 163/12

10. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 4902

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Gegenstand

Patentrecht: Schadensersatzanspruch eines übergangenen Mitberechtigten bei Vornahme der Anmeldung zum Patent durch einen Miterfinder nur im eigenen Namen - Beschichtungsverfahren


Leitsatz

Beschichtungsverfahren

Stehen Miterfindern die Rechte an der Erfindung in Bruchteilsgemeinschaft zu, ist die Anmeldung zum Patent durch einen Miterfinder jedenfalls dann nicht als notwendige Maßnahme zur Erhaltung des Gegenstands gerechtfertigt, wenn der Anmelder die Anmeldung nur im eigenen Namen vornimmt.

Einem auf diese Weise übergangenen Mitberechtigten steht ein Schadensersatzanspruch zu, der auch einen Ausgleich für vom Anmelder gezogene Gebrauchsvorteile umfassen kann (Weiterführung von BGH, Urteil vom 22. März 2005, X ZR 152/03, BGHZ 162, 342 - Gummielastische Masse II).

Tenor

Auf die Revision der Klägerin zu 1 wird das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 29. November 2012 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als darin die Anträge auf Verurteilung der Beklagten zu 1 zur Auskunftserteilung und Rechnungslegung für die [X.] bis zur Klagezustellung und auf Feststellung der Schadensersatzpflicht abgewiesen worden sind.

Die Berufung der Beklagten zu 1 gegen das Urteil des [X.] vom 4. Februar 2011 wird im Umfang von dessen Ausspruch zu I.4. in der Fassung des Berufungsurteils auch für die [X.] bis zur Klagezustellung und des Ausspruchs zu [X.] zurückgewiesen.

Auf die Anschlussberufung der Klägerin zu 1 wird die Beklagte zu 1 verurteilt, der Klägerin auch für die [X.] seit dem 20. Juli 2006 nach Maßgabe des Ausspruchs zu [X.] im Berufungsurteil Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen. Ferner wird festgestellt, dass die Beklagte zu 1 der Klägerin zu 1 zum Ersatz allen Schadens verpflichtet ist, der ihr oder dem Kläger zu 2 aus der Anmeldung des [X.] 002 706 entstanden ist.

Die in erster und zweiter Instanz sowie im Verfahren über die Nichtzulassungsbeschwerde entstandenen Kosten werden wie folgt verteilt:

Von den Gerichtskosten tragen die Beklagte zu 1 72 %, die Klägerin zu 1 20 %, der Kläger zu 2 4 % und die Beklagten als Gesamtschuldner ebenfalls 4 %.

Die Beklagte zu 1 hat der Klägerin zu 1 78 % von deren außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner 54 % der außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 2. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1 tragen die Klägerin zu 1 20 % und der Kläger zu 2 4 %. Von den außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 2 und 3 trägt der Kläger zu 2 46 %.

Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte zu 1.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin zu 1 (im Folgenden nur: Klägerin) ist ein in [X.] geschäftsansässiges mittelständisches Unternehmen, das sich mit der Entwicklung neuer Verfahren zur Korrosionsschutzbeschichtung von Met[X.] beschäftigt; der Kläger zu 2 ist ihr Geschäftsführer (im Folgenden zusammen nur: Kläger). Die Beklagte zu 1 (im Folgenden nur: Beklagte) ist ein in der Automobilzulieferungsindustrie tätiges Unternehmen; die Beklagten zu 2 und 3 sind ihre Mitarbeiter. Die Klägerin und die Beklagte arbeiteten ab 2002 im Rahmen eines von [X.]       initiierten Projekts zur verbesserten Oberflächenbehandlung von Stählen zusammen.

2

Am 23. Dezember 2005 meldete die Beklagte beim [X.] ein Beschichtungsverfahren unter Inanspruchnahme der Priorität der am 20. Juli 2006 offengelegten, ebenfalls nur von der Beklagten vorgenommenen [X.] Patentanmeldung 10 2005 002 706 vom 19. Januar 2005 (im Folgenden nur: [X.] Patentanmeldung) zum Patent an. Diese Anmeldung mit der Nummer 1 683 892 (im Folgenden nur: [X.] Patentanmeldung) wurde am 26. Juli 2006 veröffentlicht. In beiden Anmeldungen sind die Beklagten zu 2 und 3 als alleinige Miterfinder genannt. Gegenstand des im [X.] zuletzt formulierten Patentanspruchs 1 der [X.]n Patentanmeldung ist in merkmalsmäßiger Gliederung ein Verfahren

1. zum Aufbringen einer festen metallischen Beschichtung auf ein Profilbauteil aus Stahlblech,

2. wobei das Profilbauteil in einem Behandlungsraum mit einem zink- oder zinkoxidhaltigen Metallpulver eingenebelt

3. und das Metallpulver elektrostatisch auf der Oberfläche des [X.] vollflächig abgeschieden wird,

4. worauf eine Wärmebehandlung des [X.]

5. bei einer Temperatur zwischen 280°C und 350°C

6. über einen [X.]raum von 0,5 h bis 4 h vorgenommen wird,

7. bei welchem durch einen Diffusionsprozess zwischen dem Stahlblech und dem Metallpulver

8. bis zu 5 μm bis 40 μm dicke [X.] ausgebildet werden,

9. woran sich eine Abkühlung des [X.] anschließt.

3

Auf die [X.] Patentanmeldung ist der Beklagten inzwischen ein Patent erteilt worden. Sein Patentanspruch 1 ist wortgleich mit dem vorstehend wiedergegebenen Anspruch 1 der [X.]n Patentanmeldung.

4

Die Kläger haben vor dem [X.] geltend gemacht, der Kläger zu 2, der seine Rechte der Klägerin übertragen hat, sei der alleinige Erfinder der technischen Lehre der [X.]n Patentanmeldung; die Beklagten hätten diese Lehre widerrechtlich entnommen. Sie haben vor dem [X.] beantragt, die Beklagte zu verurteilen, den Anspruch auf Erteilung des [X.]n Patents an die Klägerin abzutreten und gegenüber dem [X.] die Zustimmung zur Benennung des [X.] zu 2 als Alleinerfinder zu erklären, diesbezügliche Korrespondenz und Unterlagen herauszugeben und der Klägerin Auskunft zu erteilen und Rechnung zu legen über etwaige parallele Schutzrechtsanmeldungen und - in näher bestimmter Weise - die Nutzung des angemeldeten Verfahrens sowie der unmittelbar dadurch hergestellten Profilbauteile, über Lizenznehmer und -einnahmen, den Austausch oder Verkauf der Erfindungsrechte, Art und Umfang der Benutzung des angemeldeten Beschichtungsverfahrens nach Umsatz, [X.] und -zeiten, über die Mengen erhaltener oder bestellter unmittelbarer Verfahrenserzeugnisse und die einzelnen Lieferungen und Bestellungen solcher Erzeugnisse sowie über die gewerbliche Werbung seit dem Veröffentlichungstag der Anmeldung. Des Weiteren haben sie die Feststellung begehrt, dass die Beklagte für die aus der Eigen- und Fremdnutzung des Gegenstands der [X.]n Patentanmeldung seit deren Veröffentlichung gezogenen Vorteile ausgleichspflichtig ist und der Klägerin [X.] Schaden ersetzen muss, der ihr aus der unberechtigten Patentanmeldung entstanden ist; außerdem, dass die Beklagten dem Kläger zu 2 gesamtschuldnerisch [X.] Schaden ersetzen müssen, der ihm aus der unrichtigen Erfinderbenennung entstanden ist.

5

Das [X.] hat die Beklagten verpflichtet, in eine 90prozentige Mitberechtigung der Klägerin an der Streitpatentanmeldung und die Nennung des [X.] zu 2 als Miterfinder einzuwilligen, und der Klage hinsichtlich der weiteren Anträge stattgegeben.

6

Dagegen haben die Beklagten Berufung mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung und die Klägerin mit dem Ziel der vollständigen Abtretung der [X.]n Patentanmeldung und deren Umschreibung allein auf sie eingelegt. Der Kläger zu 2 hat sich der Berufung mit dem Ziel angeschlossen, als alleiniger Erfinder benannt zu werden. Ebenfalls im Wege der Anschlussberufung haben die Kläger ihre Übertragungs- und Schadensersatz- sowie Auskunftsansprüche auf die inzwischen zum Patent erstarkte [X.] Patentanmeldung erstreckt.

7

Das Berufungsgericht hat das angefochtene Urteil auf die Berufung der Beklagten dahin abgeändert, dass diese verpflichtet ist, der Klägerin eine Mitberechtigung an der Streitpatentanmeldung ohne bezifferten prozentualen Anteil einzuräumen. Die Feststellungsklage, dass die Beklagte der Klägerin zum Ersatz [X.] Schadens aus der unberechtigten Patentanmeldung verpflichtet sei, hat das Berufungsgericht abgewiesen. Den Ausgleichsanspruch wegen der Nutzung der Erfindung und die Auskunfts- und [X.] hat es erst für die [X.] ab Zustellung der Klageschrift zuerkannt und davon die Angaben zu den Namen und Anschriften der einzelnen Hersteller, Lieferanten und anderen Vorbesitzer bzw. Abnehmer sowie zu den einzelnen Angeboten und Namen der gewerblichen Angebotsempfänger und zur betriebenen Werbung ausgenommen. Entsprechend hat das Berufungsgericht in Bezug auf die [X.] Patentanmeldung entschieden.

8

Gegen das Urteil haben die Parteien Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Der Senat hat die Revision der Klägerin gegen das Berufungsurteil zugelassen, soweit das Berufungsgericht ihre Klage auf Feststellung, dass die Beklagte zu 1 ihr zum Ersatz [X.] aus den unberechtigten Patentanmeldungen entstandenen Schadens verpflichtet ist, abgewiesen und Auskunfts- und [X.] für die [X.] bis zur Klageerhebung verneint hat. Im Übrigen hat der Senat die Nichtzulassungsbeschwerden zurückgewiesen.

9

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils im Umfang der Revisionszulassung die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz [X.] aus der Anmeldung der beiden Schutzrechte entstandenen Schadens auszusprechen und die Auskunfts- und [X.] bereits für die [X.] ab Veröffentlichung der Anmeldungen zuzuerkennen. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels.

Entscheidungsgründe

I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung, soweit im Revisionsverfahren von Bedeutung, wie folgt begründet: Im Hinblick darauf, dass der Kläger zu 2 nicht Alleinerfinder des Gegenstands der beiden Anmeldungen sei, sondern der [X.] hieran eine Mitberechtigung zustehe, könne nicht angenommen werden, dass diese sich wegen unberechtigter Anmeldung der Erfindung zum [X.] und [X.] Patent schadensersatzpflichtig gemacht habe. Im Übrigen unterliege das Rechtsverhältnis der Klägerin und der [X.] mangels abweichender Regelungen dem Recht der [X.] (§§ 741 ff. [X.]). Der Klägerin stehe ein Ausgleichsanspruch gemäß § 745 Abs. 2 [X.] erst ab der erstmaligen Geltendmachung zu, die hier in der Klageerhebung liege. Dementsprechend könne sie die (eingeschränkten) Auskünfte erst ab Rechtshängigkeit verlangen.

II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Auf den Streitfall ist [X.] Recht anzuwenden. Das ergibt sich aus den Bestimmungen des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch über außervertragliche Schuldverhältnisse (Art. 38 f. [X.][X.]). Nach Art. 40 Abs. 1 Satz 1 [X.][X.] unterliegen Ansprüche aus unerlaubter Handlung dem Recht des Staates, in dem der Ersatzpflichtige gehandelt hat. Solche Ansprüche macht die Klägerin im Streitfall geltend.

Der Begriff der unerlaubten Handlung des [X.] internationalen Privatrechts ist weiter als seine materiellrechtliche Entsprechung in den §§ 823 ff. [X.]. Er erfasst das gesamte Feld der außervertraglichen Schadenshaftung (vgl. BT-Drucks. 14/343, S. 11; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] u.a., jurisPK-[X.], 7. Aufl. 2014, Art. 40 [X.][X.] Rn. 8). Darunter fallen als Ansprüche aus einem gesetzlichen Schuldverhältnis auch im Innenverhältnis der Teilhaber von [X.]en geltend gemachte Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung von Rechten und Pflichten aus den §§ 742 ff. [X.] (vgl. [X.]/[X.], [X.], 75. Aufl., § 741 Rn. 9). Diese Ansprüche können auf § 280 [X.] gestützt werden ([X.], Urteil vom 25. Oktober 2012 - I ZR 162/11, [X.], 717 Rn. 52 - [X.]; [X.]/[X.] aaO § 280 Rn. 9).

Die Klägerin leitet ihre Ansprüche aus Handlungen her, die auf [X.] Hoheitsgebiet vorgenommen wurden, nämlich die Anmeldungen der Erfindung zum [X.] und [X.] Patent und macht damit [X.]. 40 Abs. 1 Satz 1 [X.][X.] die außervertragliche Schadenshaftung der [X.] geltend.

Das anwendbare Recht ergibt sich aus den Bestimmungen des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch über außervertragliche Schuldverhältnisse (Art. 38 ff. [X.][X.]) und nicht aus der Verordnung ([X.]) Nr. 864/2007 des [X.] und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht ([X.]), weil die [X.] der Handlungen vor dem für die Anwendung der Rom-II-Verordnung maßgeblichen Stichtag, dem 11. Januar 2009 (Art. 32 [X.]), liegt.

2. Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch der Klägerin zu Unrecht verneint.

a) Das Berufungsgericht ist allerdings zutreffend davon ausgegangen, dass sich das Verhältnis der Klägerin und der anstelle der [X.] zu 2 und 3 berechtigten [X.] mangels anderweitiger getroffener Vereinbarungen nach den §§ 741 ff. [X.] regelt (st. Rspr., vgl. [X.], Urteil vom 17. Oktober 2000 - I ZR 223/98, [X.], 226 - Rollenantriebseinheit; Urteil vom 22. März 2005 - [X.], [X.]Z 162, 342 - Gummielastische Masse II; Urteil vom 21. Dezember 2005 - [X.], [X.], 401 Rn. 9 - Zylinderrohr). Nach seinen Feststellungen gehen wesentliche Elemente der beanspruchten technischen Lehre, die Merkmale 1 und 2 sowie 4 bis 9, auf den Kläger zu 2 zurück und wurden von der Klägerin Mitarbeitern der [X.] vor dem für die [X.] Patentanmeldung maßgeblichen [X.] vermittelt, während das Merkmal 3 nach dem Zusammenhang der Gründe des Berufungsurteils der Sphäre der [X.] zuzuordnen ist.

b) Der Auffassung des Berufungsgerichts, die Beklagte habe aufgrund ihrer Mitberechtigung an der Erfindung bei deren Anmeldung zum [X.] und [X.] Patent nicht rechtswidrig gehandelt, kann aus Rechtsgründen nicht beigetreten werden.

aa) Nach dem festgestellten Sachverhalt war sich die Beklagte im [X.]punkt der für die [X.] Patentanmeldung prioritätsbegründenden [X.] Patentanmeldung der Mitberechtigung des Klägers zu 2 und damit des Umstands bewusst, dass an dem Gegenstand der Erfindung eine gemeinschaftliche Berechtigung bestand. Die Verwaltung des gemeinschaftlichen Gegenstands steht den [X.] nach § 744 Abs. 1 [X.] grundsätzlich gemeinschaftlich zu; nur die zur Erhaltung des Gegenstands notwendigen Maßregeln darf nach § 744 Abs. 2 [X.] jeder Teilhaber ohne Zustimmung der anderen treffen. Als solche von § 744 Abs. 2 [X.] privilegierte Erhaltungsmaßnahme können die Anmeldungen der [X.] nicht gelten.

Inwieweit die Anmeldung einer Erfindung zum Patent als solche als eine von § 744 Abs. 2 [X.] gedeckte Erhaltungsmaßnahme zu bewerten ist (vgl. dazu Busse/Keukenschrijver, 7. Aufl., § 6 [X.] Rn. 44; eingehend [X.], [X.], 2005 Rn. 435 ff. [X.]), bedarf im Streitfall keiner abschließenden Beurteilung. Denn auch unter der Prämisse, dass die Anmeldung der Erfindung zum Patent einem Miterfinder stets oder zumindest in Fällen drohender anderweitiger Veröffentlichung nach § 744 Abs. 2 [X.] ohne vorherige Absprache mit den übrigen [X.] erlaubt sein müsse, handelt der anmeldende Teilhaber jedenfalls dann nicht rechtmäßig, wenn er bei der Anmeldung unzutreffende Angaben über die Personen der Miterfinder macht und sich zu Unrecht als alleiniger Berechtigter an der Erfindung geriert.

Dass die Anmeldung einer gemeinsamen Erfindung nur dann einer nach § 744 Abs. 2 [X.] zur Erhaltung des gemeinschaftlichen Gegenstands notwendigen Maßnahme entspricht, wenn sie auf den Namen aller Teilhaber erfolgt, und dass der lediglich mitberechtigte Anmelder demgegenüber rechtswidrig handelt, wenn er die Erfindung nur auf seinen Namen anmeldet, hat bereits das [X.] angenommen ([X.], Urteil vom 30. April 1927 - I 191/26, [X.], 47, 50 f. - [X.]; zustimmend Busse/Keukenschrijver, aaO).

Diese Sichtweise trifft zu. Ist der Anmelder nur Mitberechtigter an der Erfindung, darf er auch die Patentanmeldung jedenfalls nicht nur im eigenen Namen einreichen, sondern darf dies allenfalls für die [X.] der Berechtigten tun. Es entspricht zudem den Pflichten des Anmelders aus § 37 Abs. 1 [X.], den (oder die) Erfinder zu benennen und zu versichern, dass weitere Personen seines Wissens an der Erfindung nicht beteiligt sind. Ebenso ist nach Art. 81 EPÜ der Erfinder in der [X.] Patentanmeldung zu nennen. Nach Regel 19 Abs. 3 teilt das [X.] jedem genannten Erfinder unter anderem den Namen des Anmelders und die Bezeichnung der Erfindung mit. Mit dieser Unterrichtung sollen die benannten Erfinder über die Anmeldung unterrichtet werden, damit sie ihre Rechte wahrnehmen können (vgl. [X.]/[X.], EPÜ, 2. Aufl., Art. 81 Rn. 20).

Wird hiergegen verstoßen, schafft der Anmelder die äußeren Voraussetzungen für die alleinige Verwertung (auch) der fremden schöpferischen Beiträge und beugt zugleich dagegen vor, dass diejenigen, die diese erbracht haben, überhaupt von ihrem Recht aus § 745 Abs. 2 [X.] Gebrauch machen und eine dem Interesse aller Beteiligten nach billigem Ermessen entsprechende Verwaltung und Benutzung verlangen. Dies betrifft sowohl die Gestaltung der Patentanmeldung selbst als auch die Nutzung ihres Gegenstands und die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber [X.]. Unabhängig davon, ob der Anspruch aus § 33 Abs. 1 [X.] neben dem Anmelder auch dem "nur" materiell Berechtigten zusteht (s. dazu Busse/Keukenschrijver, 7. Aufl., § 33 [X.] Rn. 6), setzt die Wahrnehmung sämtlicher Rechte voraus, dass dem (Mit-)Berechtigten die Anmeldung der Erfindung zum Patent nicht vorenthalten wird.

bb) Die Anmeldung der Schutzrechte allein für die Beklagte verletzt im Übrigen gleichermaßen das (unvollkommene) absolute Immaterialgüterrecht an der Erfindung, das als sonstiges Recht nach § 823 Abs. 1 geschützt ist (vgl. [X.], Urteil vom 18. Mai 2010 - [X.], [X.]Z 185, 341 Rn. 28 - Steuervorrichtung; vom 17. Januar 1995 - [X.], [X.]. 1996, 16 ff. - Gummielastische Masse I; Urteil vom 24. Oktober 1978 - [X.], [X.] 1979, 145, 148 - Aufwärmvorrichtung; [X.], Urteil vom 7. Dezember 1932 - I 189/32, [X.]Z 139, 87, 92 - Kupferseidenfaden). Ebenso wie die Position als Teilhaberin nicht dazu berechtigt, andere Teilhaber aus der [X.] zu drängen oder ihnen - wie hier - deren Existenz vorzuenthalten, schützt § 823 Abs. 1 [X.] den Miterfinder dagegen, dass seine Mitberechtigung von anderen [X.] übergangen wird.

III. Das Berufungsurteil ist hiernach insoweit aufzuheben. Da weitere tatsächliche Feststellungen weder erforderlich noch zu erwarten sind, hat der [X.] selbst in der Sache zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).

1. Nach § 280 Abs. 1 Satz 1 und § 823 Abs. 1 [X.] hat die Beklagte der Klägerin den aus der Verletzung ihrer Pflichten aus dem [X.]sverhältnis entstehenden Schaden zu ersetzen. Diese Verpflichtung ist antragsgemäß festzustellen (§ 256 Abs. 1 ZPO).

a) Zu Unrecht meint die Revisionserwiderung, ein Schaden der Klägerin komme nicht in Betracht, da es für erlittene Vermögensnachteile außerhalb der vorenthaltenen Mitberechtigung und der daraus von der [X.] gezogenen Vorteile an jedem Anhalt fehle und auch die geltend gemachten Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung nicht auf die Ermittlung der Grundlagen für die Bezifferung eines solchen Schadens gerichtet seien.

Der aus der ungerechtfertigten Alleinanmeldung der Schutzrechte hergeleitete Schadensersatzanspruch umfasst die Verpflichtung zum Ausgleich sämtlicher Vermögensnachteile, die die Klägerin infolge der Anmeldung der Erfindung zum Patent allein im Namen der [X.] und deren hieraus entstandene formelle Alleinberechtigung an den Patentanmeldungen erlitten hat, und schließt einen der Klägerin entgangenen Ausgleich der Vorteile ein, die die Beklagte aus der Nutzung des Gegenstands der Anmeldungen gezogen hat. Dass das Berufungsgericht diese Verpflichtung in der Urteilsformel zu 1.III.1 und 2.III (für die [X.] ab Klagezustellung) gesondert ausgesprochen hat, ändert daran nichts. Sie betrifft zum einen in zeitlicher Hinsicht nur die Vorteile, die die Beklagte aus der Nutzung der Erfindung gezogen hat, nachdem die Klägerin - mit der Klage - eine Regelung der Benutzung verlangt hat. Zum anderen schließt ein hierauf gestützter Ausgleichsanspruch sachlich nicht aus, dass dasselbe Begehren auch auf den Gesichtspunkt eines aus der unberechtigten Anmeldung entstandenen Schadens gestützt werden kann. Das Rechtsschutzinteresse an der Feststellung der Ersatzpflicht setzt nach der Rechtsprechung des [X.] bei Verletzung absolut geschützter Rechte nur die Möglichkeit, bei reinen Vermögensschäden die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts voraus ([X.], Urteil vom 24. Januar 2006 - [X.], [X.]Z 166, 84 Rn. 27 [X.]). Dafür, dass es an dieser Voraussetzung mangelte, bietet das Berufungsurteil keine Anhaltspunkte, und dies ist auch nicht geltend gemacht.

b) Der Verpflichtung zum Schadensersatz steht die Rechtsprechung des [X.] zu den Ansprüchen des Mitinhabers eines gemeinschaftlichen Patents gegen einen die Erfindung (allein) benutzenden anderen Mitinhaber auch sachlich nicht entgegen. Danach kann zwar von dem die Erfindung im Rahmen des § 743 Abs. 2 [X.] (allein) benutzenden Mitinhaber ein anteiliger Ausgleich für gezogene Gebrauchsvorteile nicht verlangt werden, solange die Mitinhaber hierüber weder eine Vereinbarung noch einen Beschluss getroffen haben und auch ein insoweit nach § 745 Abs. 2 [X.] bestehender Anspruch nicht geltend gemacht ist (vgl. [X.], Urteil vom 22. März 2005 - [X.], [X.]Z 162, 342 - Gummielastische Masse II). Auf diese Beschränkung seiner Ansprüche kann ein Mitinhaber aber allenfalls verwiesen werden, wenn er Ausgleichsansprüche in Kenntnis der Existenz einer [X.] oder unter der positiven Kenntnis gleichkommenden Umständen nicht geltend gemacht hat, was im Streitfall nicht in Rede steht.

c) Schließlich bleibt die Rechtsnatur als Schadensersatzanspruch davon unberührt, dass bei der Ermittlung der Vermögensnachteile der Klägerin die sich aus § 33 [X.] und Art. II § 1 Abs. 1 [X.] ergebenden Wertungen zu berücksichtigen sein werden. Solange das Schutzrecht noch nicht erteilt ist, kann der Anmelder allerdings nach diesen Bestimmungen von demjenigen, der den Gegenstand der Anmeldung benutzt hat, obwohl er wusste oder wissen musste, dass die von ihm benutzte Erfindung Gegenstand der Anmeldung war, eine nach den Umständen angemessene Entschädigung verlangen. Dementsprechend und unter Berücksichtigung der Mitberechtigung der [X.] kann der Klägerin jedenfalls kein Anspruch zustehen, der die Höhe einer solchen nach den Umständen angemessenen Entschädigung überstiege. Denn als Rechtsnachfolgerin des Miterfinders kann sie im Verhältnis zur [X.] nicht besser stehen als gegenüber einem außenstehenden [X.], gegen den ihr nach § 33 [X.] und Art. II § 1 Abs. 1 [X.] auch nur eine nach den Umständen angemessene Entschädigung zustünde.

2. Auskunft und Rechnungslegung kann die Klägerin nach ständiger Rechtsprechung gemäß § 242 [X.] in Verbindung mit § 259 Abs. 1 und § 260 Abs. 1 [X.] analog verlangen. Die entsprechenden Pflichten bestehen auch im Rahmen gesetzlicher Schuldverhältnisse (vgl. [X.], Urteil vom 17. Mai 1994 - [X.], [X.]Z 126, 109, 113; Urteil vom 20. Mai 2008 - [X.], [X.]Z 176, 311 Rn. 31 - Tintenpatrone I jeweils [X.]) und erstrecken sich jedenfalls auf die vom Berufungsgericht für die [X.] ab Klageerhebung zuerkannten Angaben.

Da der Schadensersatzanspruch, wie ausgeführt, die aus der Anmeldung gezogenen Vorteile einschließt, geht der Einwand der [X.] ins Leere, die begehrte Verpflichtung zur Auskunftserteilung hierüber sei nicht von der Zulassung der Revision umfasst.

IV. [X.] beruht auf § 92 Abs. 1 und 2 und § 97 Abs. 1 ZPO.

Meier-Beck                       Gröning                             Bacher

                     Deichfuß                      Kober-Dehm

Meta

X ZR 163/12

27.09.2016

Bundesgerichtshof 10. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG München, 29. November 2012, Az: 6 U 1591/11

§ 6 S 2 PatG, § 33 Abs 1 PatG, § 37 Abs 1 PatG, § 744 Abs 2 BGB, § 745 Abs 2 BGB, § 823 Abs 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.09.2016, Az. X ZR 163/12 (REWIS RS 2016, 4902)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 4902

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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