Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.01.2004, Az. VI ZB 68/03

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 4971

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[X.] ZB 68/03vom20. Januar 2004in dem [X.]:ja[X.]Z:[X.]: [X.] § 519, GG Art. 2 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3Können trotz unrichtiger Parteibezeichnung bei dem Berufungsgericht keine vernünf-tigen Zweifel über die Person des Rechtsmittelklägers aufkommen, so darf die [X.] nicht wegen des genannten Mangels als unzulässig verworfen werden.[X.], Beschluß vom 20. Januar 2004 - [X.]/03 - [X.] HammLG Dortmund- 2 -Der VI. Zivilsenat des [X.] hat am 20. Januar 2004 durch [X.] Richterin Dr. Müller, [X.] [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zollbeschlossen:Auf die Rechtsbeschwerde des [X.] wird der Beschluß des6. Zivilsenats des [X.] vom 18. [X.] aufgehoben.[X.] wird zur erneuten Entscheidung, auch über die [X.] Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.[X.]: 3.628,50 Gründe:[X.] Kläger nimmt den [X.] zu 1 und dessen Haftpflichtversicherer,die Beklagte zu 2, wegen eines Verkehrsunfalles auf Schadensersatz in vollemUmfang in Anspruch. Die [X.] haben die Haftung dem Grunde nach inHöhe von 50% anerkannt. Das [X.] hat daraufhin die Hälfte des geltendgemachten Anspruchs zugesprochen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen.Das Urteil ist am 12. April 2003 dem Kläger zugestellt worden. Am 5. Mai 2003- 3 -ist eine Berufungsschrift der seinerzeitigen Prozeßbevollmächtigten des [X.]per Telefax beim Berufungsgericht eingegangen. Eine Ablichtung des vollstän-digen Urteils des [X.]s war beigefügt. Der Text der Berufungsschriftlautet auszugsweise:"In Sachen des Herrn [X.], ...- Beklagter und Berufungskläger -,- Prozeßbevollmächtigte [X.] Instanz: Rechtsanwälte [X.] und Partner ...,[X.] ...- Beklagter zu 1 und Berufungsbeklagter -,2. die [X.] ...- Beklagte zu 2 und [X.]: Rechtsanwälte [X.] ...legen wir namens der [X.] Berufung [X.] hat mit Beschluß vom 18. September 2003, [X.] zugestellt am 1. Oktober 2003, die Berufung als unzulässig verworfen.Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des [X.], die er zur [X.] einheitlichen Rechtsprechung für zulässig [X.] 4 -[X.]1. [X.] (§ 574 Abs. 1 Nr. 1 ZPO in Verbin-dung mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO). Sie ist auch im übrigen zulässig (§ 574Abs. 2 Nr. 2 ZPO), form- und fristgerecht eingelegt (§ 575 ZPO) und begründet.Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert im vorliegen-den Fall eine höchstrichterliche Entscheidung (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Derangefochtene Beschluß verletzt den Kläger in seinem verfassungsrechtlich ge-währleisteten Anspruch auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes ausArt. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip. Aus diesem Prin-zip wird als "allgemeines Prozeßgrundrecht" der Anspruch auf ein faires Verfah-ren abgeleitet ([X.] 57, 250, 275). Die Verfahrensgarantien des [X.] verbieten es, den Zugang zu den in den Verfahrensordnungen einge-richteten Instanzen in unzumutbarer, aus [X.] nicht mehr zu rechtferti-gender Weise zu erschweren ([X.] 74, 228, 234; [X.] NJW 1991,3140). Dieser aus Art. 19 Abs. 4 GG entwickelte Grundsatz gebietet einerechtsstaatliche Verfahrensgestaltung, der jedes Gerichtsverfahren genügenmuß (vgl. [X.] 50, 1, 3; 51, 352, 354).2. Das [X.] hat zur Begründung ausgeführt:Die Berufung des [X.] sei als unzulässig zu verwerfen, da sie nichtformgerecht eingelegt worden sei. Der Berufungsschrift sei die Person [X.] nicht in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise zu ent-nehmen, weil der Kläger darin als Beklagter und Berufungskläger bezeichnetwerde. Auch [X.]n aus der beigefügten Urteilsabschrift eindeutig ersichtlich sei,daß es sich bei [X.] um den Kläger handle und die Rechtsanwälte [X.], [X.] des [X.] in der zweiten Instanz, die Berufungs-schrift verfaßt hätten, sei nicht in einer jeden Zweifel ausschließenden [X.] 5 -erkennbar, für [X.] das Rechtsmittel eingelegt werden sollte. Es heiße nämlichim weiteren Text der Berufungsschrift "legen wir namens der [X.] [X.] ein". Da beide Parteien durch das Urteil beschwert seien, ergäben sichberechtigte Zweifel. Die Rechtsanwälte, die die Berufung einlegten, seien zwarin der ersten Instanz nicht tätig gewesen, doch sei nur deswegen, weil die alsdie Prozeßbevollmächtigten der [X.] genannten Rechtsanwälte diese inerster Instanz ebenfalls vertreten hätten, nicht zwingend, daß die Verfasser [X.] gerade für den Kläger tätig würden. Es könne auch ein Fehlerbei der Angabe der Prozeßbevollmächtigten vorliegen. Auch sei "namens der[X.]" die Mehrzahl verwandt worden, eine Personenmehrheit liege [X.] auf [X.]seite vor.3. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht [X.]) Die Auslegung von Prozeßhandlungen unterliegt nach ständigerRechtsprechung des [X.] freier revisionsrechtlicher Nachprü-fung. Sie orientiert sich an dem Grundsatz, daß im Zweifel dasjenige gewollt ist,was nach den Maßstäben der Rechtsordnung vernünftig ist und dem recht ver-standenen Interesse entspricht ([X.], Urteil vom 24. November 1999- [X.] - NJW-RR 2000, 1446; Urteil vom 17. Mai 2000 - [X.] -NJW 2000, 3216, 3217 unter [X.] 1.). Lediglich theoretisch mögliche Zweifel, fürdie tatsächliche Anhaltspunkte nicht festgestellt sind, können bei der [X.] Berufungsschrift nicht ausschlaggebend sein.b) Gemessen an diesen Grundsätzen hätte das [X.] dieBerufung nicht als formwidrig verwerfen dürfen. Zutreffend geht das Oberlan-desgericht allerdings davon aus, daß an die eindeutige Bezeichnung [X.] strenge Anforderungen zu stellen sind. Nach der ständigenRechtsprechung des [X.] ist der Formvorschrift des § 519- 6 -Abs. 2 ZPO (früher § 518 Abs. 2 ZPO) nur entsprochen, [X.]n bis zum Ablaufder Rechtsmittelfrist angegeben wird, für [X.] und gegen [X.] das Rechtsmitteleingelegt werden soll (Senatsurteil vom 15. Dezember 1998 - VI ZR 316/97 -[X.], 900; Beschluß vom 13. Januar 2003 - [X.]/03 - noch [X.].; vom 30. Mai 2000 - [X.]/00 - [X.], 1299, 1300 und vom7. November 1995 - [X.]/95 - [X.], 251). Daran fehlt es, [X.]n inder Berufungsschrift anstelle des wirklichen Berufungsklägers ein anderer, mitihm nicht identischer Beteiligter bezeichnet wird ([X.], Beschluß vom 16. [X.] - [X.] - [X.], 1529, 1530). Das bedeutet aber nicht, daß dieerforderliche Klarheit über die Person des Rechtsmittelklägers ausschließlichdurch dessen ausdrückliche Bezeichnung zu erzielen wäre. Vielmehr kann sieauch im Wege der Auslegung der Berufungsschrift und der etwa sonst vorlie-genden Unterlagen gewonnen werden (Senatsurteile vom 13. Oktober 1998- VI ZR 81/98 - [X.], 636, 637 und vom 15. Dezember 1998 aaO; Be-schluß vom 18. April 2000 - [X.]/00 - NJW-RR 2000, 1371 sowie vom30. Mai 2000 - [X.]/00 - aaO).c) Das Berufungsgericht hat im Ansatz zutreffend bei der Auslegung [X.] auch die beigefügte [X.] mitberücksichtigt. Bei [X.] hat es aber Zweifel an der Person des Berufungsklägers mit reintheoretisch möglichen Fehlern begründet und außerdem den Inhalt des erstin-stanzlichen Urteils nicht zutreffend erfaßt. Bei verständiger Würdigung des ge-samten Vorgangs der Rechtsmitteleinlegung sind Zweifel an der Person des[X.] als Rechtsmittelführer ausgeschlossen. Berechtigte Zweifel könnenweder damit begründet werden, daß der Berufungskläger als Beklagter undnicht seiner Parteienstellung entsprechend als Kläger bezeichnet worden ist,noch damit, daß "namens der [X.]fi Berufung eingelegt worden [X.] -aa) Die Rechtsbeschwerde weist mit Recht darauf hin, daß die Prozeß-bevollmächtigten der [X.], die in der Berufungsschrift zutreffend bezeich-net sind, bereits in erster Instanz die [X.] vertreten haben, wohingegendie Prozeßbevollmächtigten des [X.], die für die Berufungsschrift verant-wortlich zeichnen, in erster Instanz nicht aufgetreten sind. Eine fehlerhafte Be-zeichnung der Prozeßbevollmächtigten, wie sie das Berufungsgericht in Erwä-gung zieht, ist zwar theoretisch denkbar. [X.] theoretische Möglichkeiten sindaber nicht geeignet, Zweifel an der korrekten Bezeichnung des [X.] zu begründen (vgl. Senatsurteil vom 15. Dezember 1998 - VI ZR 316/97 -aaO). Auch der Geschäftsstellenbeamte des [X.] hat eine solchetheoretische Möglichkeit einer fehlerhaften Bezeichnung nicht in Betracht gezo-gen. Er hat vielmehr, der Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 6. Juni 2003entsprechend, den Antrag des Berufungsklägers auf Verlängerung der [X.]sbegründungsfrist am 13. Juni 2003 an die Rechtsanwälte der [X.]als die Prozeßvertreter der [X.]) Das Berufungsgericht hat weiterhin irrigerweise dem erstinstanzli-chen Urteil entnommen, daß beide Parteien als Berufungskläger in Frage kä-men, weil sie beide beschwert worden seien. Aus dem Urteil ergibt sich aber fürden fachkundigen Leser, dessen Sicht hier maßgeblich ist, in eindeutiger [X.], daß die [X.] die Haftung in Höhe von 50% dem Grunde nach aner-kannt haben und in dieser Höhe die Verurteilung erfolgt ist. Obwohl die [X.] im Tenor des landgerichtlichen Urteils zur Zahlung an den Kläger ver-urteilt worden sind und sie dadurch formell beschwert sind, können ernsthafteZweifel daran, wer als Rechtsmittelkläger in Betracht kommt, daraus nicht her-geleitet werden. Nur der Kläger, der von einer vollen Haftung der [X.]ausgeht, ist in erster Instanz, soweit Streit zwischen den Parteien bestand, [X.], so daß bei vernünftiger Betrachtung ein Rechtsmittel nur für ihn [X.] zu ziehen [X.] -cc) Die Auslegung der am 5. Mai 2003 fristgerecht eingegangenen Be-rufungsschrift muß nach alledem zu dem Ergebnis führen, daß der Kläger [X.] anzusehen ist, so daß das Berufungsgericht die Berufung nichtals unzulässig verwerfen durfte. Auf den weiteren von der [X.] Gesichtspunkt, daß sich auch aus der Reihenfolge der Nennungder Parteienrollen im [X.] ergebe, wer Berufungskläger [X.] sei, kommt es deshalb nicht mehr [X.] [X.] war unter Aufhebung des Beschlusses vom 18. [X.] an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.Müller[X.]DiederichsenPaugeZoll

Meta

VI ZB 68/03

20.01.2004

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.01.2004, Az. VI ZB 68/03 (REWIS RS 2004, 4971)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 4971

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