Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.01.2001, Az. IX ZB 120/00

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 3756

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[X.] ZB 120/00vom25. Januar 2001in dem [X.]:ja[X.]Z:nein ZPO §§ 85 Abs. 2, 233 Fb, [X.], der von seinem Mandanten miteinem Rechtsmittelauftrag betraut ist, hat regelmäßig in eigener Verantwortungdafür Sorge zu tragen, daß der Rechtsmittelanwalt den Auftrag innerhalb derlaufenden Rechtsmittelfrist bestätigt, und den rechtzeitigen Eingang dieser Be-stätigung zu überwachen.[X.], [X.]uß vom 25. Januar 2001 - [X.]/00 - [X.] Potsdam- 3 -Der IX. Zivilsenat des [X.] hat durch den Vorsitzenden [X.]Dr. [X.] und die [X.] Kirchhof, [X.], Dr. Zugehör und [X.] 25. Januar 2001beschlossen:Die sofortige Beschwerde gegen den [X.]uß des12. Zivilsenats des [X.] vom26. September 2000 wird auf Kosten der [X.].Der [X.] beträgt 84.420,83 DM.Gründe:[X.] den Beklagten nachteilige Urteil des [X.] wurde ihren [X.] am 26. Juli 2000 zugestellt. Am 28. August 2000 (Montag)ging beim [X.] um 15.31 Uhr eine nicht unterschriebene Beru-fungsschrift als Fax ein, der folgendes [X.]reiben des erstinstanzlichen [X.] Rechtsanwalts S. von demselben Tage an den beim Oberlan-desgericht zugelassenen Rechtsanwalt [X.] beigefügt war:- 4 -"In der vorbezeichneten Angelegenheit nehmen wir Bezug auf dasam heutigen Tage geführte Telefonat und überreichen anliegendeBerufungsschrift mit der Bitte, diese auszufertigen und noch heute(Fristablauf) beim [X.] einzureichen.Wir bitten um kurze Bestätigung."Am 29. August 2000 ging beim [X.] eine von Rechtsan-walt [X.] unterzeichnete Berufungsschrift ein mit dem Antrag auf Wiederein-setzung in den vorigen Stand.Diesen Antrag haben die Beklagten mit dem am 12. September 2000eingegangenen [X.]riftsatz wie folgt begründet: Das [X.]reiben des Rechtsan-walts S. vom 28. August 2000 habe Rechtsanwalt [X.] am folgenden Tage mitder Post erhalten. Sie - die Beklagten - hätten Rechtsanwalt S. gebeten, einenBerufungsanwalt zur Durchführung des Berufungsverfahrens zu beauftragen.Dessen Mitarbeiterin [X.]. habe telefonisch die Adresse und Faxnummer derKanzlei des Rechtsanwalts [X.] sowie die Faxnummer des [X.] erfragt. Danach habe Rechtsanwalt S. mit Rechtsanwalt [X.] telefo-nisch gesprochen. Dieser habe sich bereit erklärt, das Berufungsmandat zuübernehmen; dabei habe er darauf hingewiesen, daß er telefonisch keine [X.] aufnehme, sondern ihm das Urteil sowie ein entsprechendes Auftrags-schreiben als Telefax übermittelt werden könne; erst nach Eingang dieserschriftlichen Beauftragung sei er bereit, tätig zu werden. Damit sei [X.] einverstanden gewesen. Da [X.] noch nicht beauftragt gewesen sei,habe er sich bezüglich des Gesprächs keine Notizen gemacht. Nach dem Te-lefonat habe Rechtsanwalt S. seine Mitarbeiterin angewiesen, [X.] die Beru-fungsschrift sowie das Anschreiben mit der Beauftragung und das anzufech-- 5 -tende Urteil als Telefax vorab zu übersenden. Bei der Erledigung dieses [X.] habe die Mitarbeiterin versehentlich nicht die Faxnummer der Kanzlei desRechtsanwalts [X.], sondern diejenige des [X.]s angegeben.Eine solche Verwechslung sei der Mitarbeiterin [X.]., die äußerst sorgfältig underfahren sei, zuvor noch nicht unterlaufen. Als Rechtsanwalt S. die Absendungdes Faxes anhand des fehlerfreien Übersendungsprotokolls kontrolliert habe,sei ihm die Verwechslung der Faxnummern nicht aufgefallen, weil er zum er-stenmal mit [X.] zusammengearbeitet habe. Das [X.] habeweder Rechtsanwalt S. noch Rechtsanwalt [X.] über den Eingang des Tele-fax unterrichtet.Das Berufungsgericht hat die Wiedereinsetzung versagt und die Beru-fung als unzulässig verworfen.II.Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist [X.] 519 b, 547, 577 ZPO), aber [X.] Das Berufungsgericht hat zu Recht ausgeführt, daß nach der - [X.] gemachten - Begründung des zulässigen [X.] voneinem eigenen Verschulden des erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten ander Versäumung der Berufungsfrist auszugehen ist, das sich die Beklagten zu-rechnen lassen müssen (§§ 85 Abs. 2, 233, 516 ZPO).- 6 -Nach ständiger Rechtsprechung des [X.] erschöpft sichdie Sorgfaltspflicht eines erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten, der vonseinem Mandanten mit einem Rechtsmittelauftrag betraut ist, regelmäßig nichtmit dem rechtzeitigen Absenden des [X.]. Vielmehr hat [X.] in eigener Verantwortung auch dafür Sorge zu tragen, daß derRechtsmittelanwalt den Auftrag innerhalb der laufenden Rechtsmittelfrist be-stätigt, und den rechtzeitigen Eingang dieser Bestätigung zu überwachen;bleibt die Mandatsbestätigung des zweitinstanzlichen Rechtsanwalts aus, somuß der erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte rechtzeitig vor Ablauf [X.] Rückfrage halten. Dafür hat der Rechtsanwalt das mit der [X.] betraute Personal entweder allgemein oder im [X.] Einzelfall anzuweisen, den Ablauf der Rechtsmittelfrist als selbständi-ge Frist festzuhalten und damit dafür zu sorgen, daß die Sache ihm noch [X.] vorgelegt wird, wenn sich nicht zuverlässig feststellen läßt, daß derRechtsmittelanwalt sich zur rechtzeitigen Einlegung des Rechtsmittels bereitgefunden hat. Ist dagegen zwischen den Rechtsanwälten im Einzelfall [X.] abgesprochen, daß der zweitinstanzliche Anwalt einen Rechtsmitte-lauftrag annehmen, prüfen und ausführen wird, so kann sich der erstinstanzli-che Anwalt bei ordnungsmäßiger Büroorganisation grundsätzlich darauf ver-lassen, daß der Auftrag den Rechtsmittelanwalt rechtzeitig erreicht. In einemsolchen Fall besteht eine Pflicht des erstinstanzlichen Anwalts zu [X.] allenfalls dann, wenn sich ihm nach den konkreten Umständen [X.] aufdrängen muß, daß mit dem Auftrag etwas nicht in Ordnung sei([X.], [X.]. v. 11. Juli 1988 - [X.], [X.], 3020 f; v. 5. Juni 1997- [X.], NJW 1997, 3245, jeweils m.w.[X.] 7 -Mit Rücksicht darauf hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei ange-nommen, der erstinstanzliche Prozeßbevollmächtigte der Beklagten habe [X.] schuldhaft verletzt. Nach der Begründung des [X.] wurde im Telefongespräch der Rechtsanwälte noch keine ver-bindliche Absprache getroffen, daß Rechtsanwalt [X.] den Rechtsmittelauf-trag annehmen und ausführen werde; vielmehr hat dieser bei diesem Gesprächzum Ausdruck gebracht, daß er sich noch nicht als beauftragt ansehe, sondernerst nach Eingang des [X.] und des anzufechtenden Urteils be-reit sei, tätig zu werden. Dementsprechend hat der erstinstanzliche [X.] in seinem [X.]reiben an Rechtsanwalt [X.] vom 28. August2000, das als Auftragsschreiben zu werten ist, "um kurze Bestätigung" gebe-ten. Danach hätte der erstinstanzliche Rechtsanwalt an diesem Tage, an demdie Berufungsfrist ablief, die Bestätigung des Auftrags durch den zweitinstanz-lichen Rechtsanwalt überwachen und nach deren Ausbleiben rechtzeitig Rück-frage halten müssen; zur Erfüllung seiner entsprechenden Sorgfaltspflicht hätteer sein mit Fristenangelegenheiten betrautes Personal anweisen müssen, ihmdie Sache nach Ausbleiben der Bestätigung nochmals rechtzeitig vorzulegen.Weder aus der Begründung des [X.] noch aus den [X.] eidesstattlichen Versicherungen des erstinstanzlichen Rechtsanwaltsund seiner Angestellten [X.]. ergibt sich, daß der erstinstanzliche Anwalt sol-che Maßnahmen ergriffen hat. Hätte er dies getan, so wäre die [X.] versäumt worden. An dem Verschulden des erstinstanzlichen Rechtsan-walts ändert es nichts, daß die mit dem Posteingang des [X.]sbefaßten Personen das erst nach Ablauf der Kernarbeitszeit eingegangene[X.]reiben des erstinstanzlichen Prozeßbevollmächtigten an den Rechtsmit-telanwalt vom 28. August 2000 nicht sofort weitergeleitet haben.- 8 -2. Das neue Vorbringen der Beklagten im Beschwerdeverfahren, dasdurch eidesstattliche Versicherung des erstinstanzlichen Rechtsanwalts be-kräftigt wird, kann die Wiedereinsetzung nicht rechtfertigen.a) Dieses Vorbringen kann ein Verschulden des erstinstanzlichenRechtsanwalts nicht ausräumen, soweit geltend gemacht wird, die Bitte um Be-stätigung im [X.]reiben vom 28. August 2000 an den [X.] nicht darauf bezogen, daß die Berufung noch an demselben Tage einge-legt worden sei; vielmehr sei eine allgemeine, zwischen den Anwälten ver-schiedener Instanzen übliche Bestätigung der [X.] gemeint ge-wesen. Falls damit zum Ausdruck gebracht werden soll, daß der erstinstanzli-che Rechtsanwalt auf eine rechtzeitige Bestätigung des Rechtsmittelauftragsnoch am Tage des Fristablaufs kein Wert gelegt hat, so hat er schon damit sei-ne Sorgfaltspflicht verletzt und die Versäumung der Berufungsfrist herbeige-führt. Die Beklagten haben ihr vorinstanzliches Vorbringen im Beschwerdever-fahren insoweit bekräftigt, als sie behauptet haben, Rechtsanwalt [X.] sageeine unverzügliche Einlegung der Berufung erst nach Eingang der [X.] schriftlichen Beauftragung zu.b) Nicht berücksichtigt werden darf das neue Vorbringen der Beklagtenim Beschwerdeverfahren, ihr erstinstanzlicher Prozeßbevollmächtigter habe fürdie Erteilung von Berufungsmandaten die allgemeine Anweisung erteilt, [X.] an den Rechtsmittelanwalt vorab als Telefax zu versenden, einenSendebericht auszudrucken und in angemessener Zeit nach Versenden [X.] (etwa ein bis zwei Stunden, jedenfalls rechtzeitig vor [X.]) denbeauftragten Kollegen anzurufen, den Empfang des Telefax bestätigen zu [X.] und nachzufragen, ob alle laufenden Fristen bekannt und erfaßt seien und- 9 -alle erforderlichen Unterlagen vorlägen. Bei Fristablauf an demselben Tageweise der erstinstanzliche Rechtsanwalt - wie im vorliegenden Falle - seineMitarbeiterin an, das Anschreiben sogleich zu verfassen und mit den erforderli-chen Unterlagen zur Unterschrift vorzulegen; nach Kontrolle habe der [X.] der Unterlagen als Telefax und telefonische Nachfrage beim [X.] Kollegen innerhalb von 15 bis 20 Minuten nach Versendung des Tele-fax zu erfolgen. Außerdem bestehe die allgemeine Anweisung, im Falle ir-gendwelcher Probleme sofort und unverzüglich den Rechtsanwalt zu unter-richten. Diese Anweisungen seien stichprobenartig überwacht worden. Frau[X.]. habe im vorliegenden Fall den [X.] unterlassen; dies sei [X.] noch nie vorgekommen.Zwar kann eine Beschwerde grundsätzlich auch auf neue Tatsachengestützt werden (§ 570 ZPO). Soweit sich die Beschwerde jedoch - wie im vor-liegenden Fall - gegen die Versagung einer Wiedereinsetzung richtet, müssenalle Tatsachen, die eine Wiedereinsetzung begründen sollen, innerhalb derzweiwöchigen Antragsfrist vorgebracht worden sein (§§ 234 Abs. 1, 236 Abs. [X.]). Lediglich erkennbar unklare oder ergänzungsbedürftige Angaben, derenAufklärung nach § 139 ZPO geboten gewesen wäre, dürfen nach Ablauf [X.] erläutert und vervollständigt werden. Keinesfalls darf mit der [X.] Vortrag über organisatorische Maßnahmen nachgeschoben werden, aufderen Fehlen die Versagung der Wiedereinsetzung im angefochtenen Be-schluß gestützt worden ist ([X.], [X.]. v. 8. April 1997 - [X.], NJW1997, 2120, 2121; v. 5. Oktober 1999 - [X.], [X.], 365, 366, [X.] m.w.[X.] 10 -Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich bei ihrem [X.] nicht um eine Ergänzung ihres vorinstanzlichen Vorbringens. [X.] ihre Begründung des [X.] eine in sich geschlosseneSachverhaltsdarstellung enthalten, der im Beschwerdeverfahren ein anderer,ebenfalls in sich geschlossener Sachverhalt gegenübergestellt wird. Auf dieseWeise darf die [X.] der §§ 234 Abs. 1, 236 Abs. 2 ZPO nicht um-gangen werden. Dieses Ziel können die Beklagten auch nicht erreichen, indemsie geltend machen, im Ergebnis beruhe der angefochtene [X.]uß auf Grün-den, deren Entscheidungserheblichkeit jedenfalls für sie überraschend gewe-sen sei. Die den Beklagten nachteilige Entscheidung des [X.]sberuht - im Rahmen der vorstehenden Ausführungen - auf einer rechtsfehler-freien Beurteilung der ihm unterbreiteten Begründung des [X.]. Es war Sache der anwaltlich vertretenen Beklagten, nach [X.] Berufungsfrist innerhalb der genannten [X.] andere oder [X.], die eine Wiedereinsetzung begründeten, gemäß § 236 Abs. [X.] vorzubringen.[X.] Kirchhof Fischer Zugehör Ganter

Meta

IX ZB 120/00

25.01.2001

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.01.2001, Az. IX ZB 120/00 (REWIS RS 2001, 3756)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 3756

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