Bundessozialgericht, Beschluss vom 12.02.2020, Az. B 6 KA 25/19 B

6. Senat | REWIS RS 2020, 2457

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

VERSORGUNGSAUFTRAG ZULASSUNG

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Gegenstand

Vertragsärztliche Versorgung - eine Zulassung mit vollem Versorgungsauftrag - Verfassungsmäßigkeit


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 7. Juni 2019 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 180 000 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. [X.]er 1937 geborene Kläger war zunächst bis zur Vollendung seines 68. Lebensjahres im Jahr 2005 als Vertragsarzt zugelassen (zur Frage der Rechtmäßigkeit der Beendigung der Zulassung vgl den Beschluss des [X.] - [X.] [X.] 3/06 B). Seit 2007 ist er in [X.] ([X.]) erneut zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen. Ein Antrag des [X.] auf Genehmigung einer Zweigpraxis an seinem mehr als 200 km vom Hauptsitz der Praxis entfernten Wohnort [X.] ([X.]) hatten der Zulassungsausschuss für Ärzte für das Land [X.] ([X.]) und nachfolgend der Beklagte abgelehnt. Klage, Berufung und [X.]ichtzulassungsbeschwerde (Beschluss des Senats vom 16.5.2018 - [X.] [X.] 69/17 B) des [X.] blieben ohne Erfolg.

2

Im August 2013 beantragte der Kläger die Zulassung mit einem halben Versorgungsauftrag als Hausarzt in [X.] neben seiner fortbestehenden vollen Zulassung als Hausarzt in [X.]. [X.] und Beklagte lehnten den Antrag ab. [X.]as [X.] verurteilte den Beklagten, dem Kläger die beantragte Zulassung mit hälftigem Versorgungsauftrag zu erteilen. Auf die Berufung der Beklagten hob das L[X.] das Urteil des [X.] auf und wies die Klage ab.

3

Mit seiner Beschwerde gegen die [X.]ichtzulassung der Revision in dem Urteil des L[X.] macht der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 [X.]r 1 [X.]G) geltend.

4

II. 1. [X.]ie Beschwerde des [X.] ist nicht begründet. [X.]ie geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache liegt nicht vor.

5

[X.]ie Revisionszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (vgl [X.] Beschluss vom 18.12.1991 - 1 BvR 1411/91 - [X.] 3-1500 § 160a [X.]r 7 S 14; s auch B[X.] Beschluss vom 16.11.1995 - 11 [X.]/95 - [X.] 3-1500 § 160a [X.]r 19 S 34 f; B[X.] Beschluss vom [X.] B - [X.] 3-1500 § 160a [X.]r 30 S 57 f mw[X.]). [X.]ie Klärungsbedürftigkeit fehlt, wenn die aufgeworfene Frage bereits geklärt ist oder wenn sich die Antwort ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften oder aus bereits vorliegender höchstrichterlicher Rechtsprechung klar beantworten lässt (B[X.] Beschluss vom 11.10.2017 - [X.] [X.] 29/17 B - juris Rd[X.]r 4).

6

[X.]er Kläger hält die Frage für klärungsbedürftig,
"wie Fälle zu beurteilen sind, in denen der Kläger - wie vorliegend - mit einem vollen Versorgungsauftrag bereits zugelassen (und freiberuflich tätig) ist und darüber hinaus eine weitere hälftige Zulassung (in freiberuflicher Tätigkeit) begehrt".

7

[X.]ie aufgeworfene Rechtsfrage ist bereits geklärt. [X.]er Senat hat in zahlreichen Entscheidungen (B[X.] Beschluss vom 9.2.2011 - [X.] [X.] 44/10 B - juris; B[X.] Urteil vom 11.2.2015 - [X.] [X.] 11/14 R - [X.] 4-2500 § 95 [X.]r 29 Rd[X.]r 38; B[X.] Urteil vom 16.12.2015 - [X.] [X.] 19/15 R - B[X.]E 120, 197 = [X.] 4-5520 § 20 [X.]r 4 Rd[X.]r 35; B[X.] Urteil vom 16.12.2015 - [X.] [X.] 5/15 R - [X.] 2016, 823 = juris Rd[X.]r 36; B[X.] Urteil vom 28.9.2016 - [X.] [X.] 1/16 R - [X.] 4-2500 § 95 [X.]r 30 Rd[X.]r 27 f, jeweils mw[X.]) dargelegt, dass einem Arzt nicht mehr als eine Zulassung mit vollem Versorgungsauftrag zugeordnet werden kann. Entgegen der Auffassung des L[X.] folgt dies allerdings nicht aus § 20 Abs 1 Ärzte-ZV, der die Frage der Vereinbarkeit mit anderen Tätigkeiten des Arztes zum Gegenstand hat, sondern bereits aus dem Wesen der vertragsärztlichen Zulassung.

8

[X.]ie Zulassung beinhaltet die Zuerkennung einer öffentlich-rechtlichen Berechtigung durch Stellen staatlicher Verwaltung (B[X.] Urteil vom 10.5.2000 - [X.] [X.] 67/98 R - B[X.]E 86, 121, 123 = [X.] 3-5520 § 24 [X.]r 4 S 16; B[X.] Urteil vom 11.2.2015 - [X.] [X.] 11/14 R - [X.] 4-2500 § 95 [X.]r 29 Rd[X.]r 34). Gemäß § 95 Abs 3 Satz 1 Halbsatz 2 [X.]B V bewirkt sie, dass der Vertragsarzt "zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang seines aus der Zulassung folgenden Versorgungsauftrages berechtigt und verpflichtet ist". Sie begründet damit den rechtlichen Status des Vertragsarztes (stRspr, vgl B[X.] Urteil vom 25.11.1998 - [X.] [X.] 4/98 R - B[X.]E 83, 135, 137 = [X.] 3-2500 § 95 [X.]r 18 S 65 = juris Rd[X.]r 20; B[X.] Urteil vom 11.12.2013 - [X.] [X.] 39/12 R - [X.] 4-2500 § 75 [X.]r 14 Rd[X.]r 14; siehe auch B[X.] Urteil vom 21.3.2012 - [X.] [X.] 22/11 R - B[X.]E 110, 269 = [X.] 4-2500 § 95 [X.]r 24, Rd[X.]r 36). [X.]ie Zulassung ist untrennbar mit der Person des Berechtigten verbunden (B[X.] Urteil vom 10.5.2000 - [X.] [X.] 67/98 R - B[X.]E 86, 121, 123 = [X.] 3-5520 § 24 [X.]r 4 S 16) und stellt damit eine höchstpersönliche Rechtsposition des Vertragsarztes dar ([X.] Beschluss vom [X.] - 1 BvR 791/12 - juris Rd[X.]r 10 = [X.]K 20, 270; B[X.] Urteil vom 21.3.2012 - [X.] [X.] 22/11 R - B[X.]E 110, 269 = [X.] 4-2500 § 95 [X.]r 24, Rd[X.]r 21; B[X.] Urteil vom 11.2.2015 - [X.] [X.] 11/14 R - [X.] 4-2500 § 95 [X.]r 29 Rd[X.]r 34).

9

Von Sonderfällen wie zwei hälftigen Zulassungen sowie der [X.]oppelzulassung als Zahnarzt und als Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (siehe hierzu B[X.] Urteil vom 17.11.1999 - [X.] [X.] 15/99 R - B[X.]E 85, 145 = [X.] 3-5525 § 20 [X.]r 1; B[X.] Urteil vom 23.3.2016 - [X.] [X.] 7/15 R - [X.] 4-2500 § 75 [X.]r 16 Rd[X.]r 17; B[X.] Urteil vom 30.11.2016 - [X.] [X.] 17/15 R - Rd[X.]r 27) abgesehen gibt es im Rechtssinne nur "die Zulassung", nicht hingegen eine Mehrzahl derselben (B[X.] Urteil vom 28.9.2016 - [X.] [X.] 1/16 R - [X.] 4-2500 § 95 [X.]r 30 Rd[X.]r 27; B[X.] Urteil vom 28.9.2016 - [X.] [X.] 32/15 R - [X.] 2017, 256 = juris Rd[X.]r 31). Soweit der Senat in seinem Urteil vom 11.2.2015 (B[X.] [X.] 4-2500 § 95 [X.]r 29 Rd[X.]r 34) ausgeführt hat, dass die Begriffe "Zulassung" sowie "Vertragsarztsitz" nicht in dem Sinne zu verstehen seien, dass sie nur einmal einer Person (bzw einer Kooperation) zugeordnet werden können, betrafen diese Ausführungen allein den ([X.], dass ein Vertrags(zahn)arzt nach dem ab dem 1.1.2007 geltenden Recht anstelle einer vollen Zulassung über zwei hälftige Zulassungen verfügt (B[X.] Urteil vom 28.9.2016 - [X.] [X.] 1/16 R - [X.] 4-2500 § 95 [X.]r 30 Rd[X.]r 27; B[X.] Urteil vom 28.9.2016 - [X.] [X.] 32/15 R - [X.] 2017, 256 = juris Rd[X.]r 31). [X.]iese begründen jeweils einen eigenständigen, gesonderten Status, der vom jeweils anderen unabhängig ist.

[X.]ie Zulassung umfasst auch bei einer zugelassenen Tätigkeit in zwei Fachgebieten stets insgesamt nur einen vollen Versorgungsauftrag (B[X.] Urteil vom 11.5.2011 - [X.] [X.] 2/10 R - [X.] 4-2500 § 87 [X.]r 25 = juris Rd[X.]r 23; B[X.] Urteil vom 28.9.2016 - [X.] [X.] 1/16 R - [X.] 4-2500 § 95 [X.]r 30 Rd[X.]r 30; B[X.] Urteil vom 28.9.2016 - [X.] [X.] 32/15 R - [X.] 2017, 256 = juris Rd[X.]r 34; ebenso zur [X.]oppelzulassung von MKG-Chirurgen: B[X.] Urteil vom 23.3.2016 - [X.] [X.] 7/15 R - [X.] 4-2500 § 75 [X.]r 16 Rd[X.]r 17, B[X.] Urteil vom 30.11.2016 - [X.] [X.] 17/15 R - Rd[X.]r 27, jeweils mw[X.]). [X.]ie Zulassung mit vollem Versorgungsauftrag verpflichtet den Arzt nach § 19a Abs 1 Ärzte-ZV, seine vertragsärztliche Tätigkeit vollzeitig auszuüben (B[X.] Urteil vom 13.2.2019 - [X.] [X.] 62/17 R - B[X.]E = [X.] 4-2500 § 73 [X.]r 6). [X.]er Annahme, dass ein Arzt über mehr als einen Versorgungsauftrag verfügen könnte, stehen außer der bereits umfassenden Inpflichtnahme durch einen vollen Versorgungsauftrag insbesondere Gesichtspunkte der Bedarfsplanung und der vertragsärztlichen Honorarverteilung entgegen (vgl B[X.] Beschluss vom 3.12.2010 - [X.] [X.] 39/10 B - juris Rd[X.]r 4; zur Zulassung in zwei Fachgebieten siehe auch B[X.] Beschluss vom 9.2.2011 - [X.] [X.] 44/10 B - juris Rd[X.]r 14). An diesem Grundsatz hat sich auch durch die seit den Änderungen durch das [X.] bestehenden und mit dem TSVG erweiterten Möglichkeiten zur Reduzierung des [X.] nach § 19a Abs 2 Ärzte-ZV nichts geändert (zur Rechtslage nach der Änderung durch das [X.]: B[X.] Beschluss vom 9.2.2011 - [X.] [X.] 44/10 B - juris Rd[X.]r 11). [X.]ie darin liegende Beschränkung der Berufsausübungsfreiheit steht mit Art 12 Abs 1 GG im Einklang (B[X.] Urteil vom 28.9.2016 - [X.] [X.] 1/16 R - [X.] 4-2500 § 95 [X.]r 30 Rd[X.]r 30; B[X.] Urteil vom 28.9.2016 - [X.] [X.] 32/15 R - [X.] 2017, 256 = juris Rd[X.]r 34).

Soweit der Kläger zur Begründung seiner [X.]ichtzulassungsbeschwerde hilfsweise geltend macht, dass er auch bereit wäre, seinen Versorgungsauftrag in [X.] einzuschränken, damit ihm die Zulassung für [X.] erteilt werden kann, so entspricht das nicht dem Begehren, über das das L[X.] entschieden hat. Im Übrigen wäre die vom Kläger formulierte Rechtsfrage in einer solchen Fallkonstellation nicht entscheidungserheblich. [X.]arüber hinaus ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt und damit nicht mehr klärungsbedürftig, dass eine Zulassung mit halbem Versorgungsauftrag der Erteilung einer weiteren Teilzulassung mit halbem Versorgungsauftrag jedenfalls nicht generell entgegensteht (vgl B[X.] Urteil vom 11.2.2015 - [X.] [X.] 11/14 R - [X.] 4-2500 § 95 [X.]r 29).

2. [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 [X.]G iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. [X.]anach trägt der Kläger die Kosten des von ihm erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO).

3. [X.]ie Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Sie entspricht der Festsetzung der Vorinstanz, die von keinem Beteiligten infrage gestellt worden ist.

Meta

B 6 KA 25/19 B

12.02.2020

Bundessozialgericht 6. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KA

vorgehend SG Potsdam, 29. März 2017, Az: S 1 KA 74/15, Urteil

Art 12 Abs 1 GG, § 87b Abs 1 SGB 5, § 95 Abs 3 S 1 Halbs 2 SGB 5, § 99 SGB 5, §§ 99ff SGB 5, § 20 Abs 1 Ärzte-ZV, § 19a Abs 2 Ärzte-ZV vom 22.12.2006, § 19a Abs 2 Ärzte-ZV vom 06.05.2019, TSVG, VÄndG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 12.02.2020, Az. B 6 KA 25/19 B (REWIS RS 2020, 2457)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 2457

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1 BvR 791/12

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