Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.11.2020, Az. 5 AZR 57/20

5. Senat | REWIS RS 2020, 516

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Gegenstand

Vergütung - Berücksichtigung von Zeiten einer Langzeiterkrankung bei den Tarifsätzen (Bundesentgelttarifvertrag der chemischen Industrie)


Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 12. Dezember 2019 - 5 [X.]/19 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Vergütung.

2

Die Klägerin ist seit 1. Oktober 2011 bei der [X.] als Payroll Analyst auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrags beschäftigt, der [X.]. bestimmt:

        

§ 1   

-       

Aufgabenbereich

        

…       

                 
        

(3)     

Auf das Arbeitsverhältnis finden zurzeit die Tarifverträge der [X.].

        

…       

        
        

§ 2     

-       

Arbeitszeit / Vergütung

        

…       

                 
        

(2)     

Als Vergütung für seine Tätigkeit erhält der Mitarbeiter ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von

                 

…       

                 

Das Bruttomonatsentgelt setzt sich wie folgt zusammen:

                 

[X.] der [X.] [X.]11/A …

                 

…       

        

…       

        
        

§ 9     

-       

Schlussbestimmung

        

…       

                 
        

(4)     

Die Ansprüche beider Seiten aus dem Arbeitsverhältnis müssen innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Geltendmachung ausgeschlossen. ...“

3

Der zwischen dem [X.] und der [X.], Chemie, [X.]nergie abgeschlossene Bundesentgelttarifvertrag für die chemische Industrie vom 18. Juli 1987 idF vom 30. September 2004 (iF [X.]) regelt [X.].:

        

§ 8   

        

Aufbau der [X.]ntgeltsätze

        

1.    

…       

        

2.    

Für die [X.]n [X.] 5 bis [X.] 12 gilt folgender [X.]ntgeltaufbau:

                 

a)    

…       

                 

b)    

[X.]n [X.] 6 bis [X.] 12:

                 

Anfangssatz

                 

Tarifsatz nach zwei Tätigkeitsjahren in dieser Gruppe

                 

Tarifsatz nach vier Tätigkeitsjahren in dieser Gruppe

                 

Tarifsatz nach sechs Tätigkeitsjahren in dieser Gruppe

        

3.    

Die Relationen zwischen dem Anfangs- und [X.]ndsatz betragen:

                 

…       

                 

[X.] 9     

[X.] 10   

[X.] 11   

[X.] 12   

        

Anfangssatz

…       

…       

78 %   

…       

        

nach 2 Tätigkeitsjahren

…       

…       

85 %   

…       

        

nach 4 Tätigkeitsjahren

…       

…       

91 %   

…       

        

nach 6 Tätigkeitsjahren

…       

…       

100 % 

…       

        

4.    

Die Relationen zwischen den Tarifsätzen in den einzelnen Bezirken sind Bestandteil dieses Vertrages.

        

…       

        
        

§ 9     

        

[X.]ntgeltregelung bei Höhergruppierung

        

Liegt bei einer Höhergruppierung in die Gruppen [X.] 5 bis [X.] 8 das bisherige [X.] über dem [X.] der neuen Gruppe, so erhält der höhergruppierte Arbeitnehmer so lange mindestens den bisherigen Tarifsatz in der durch die Tarifentwicklung jeweils erreichten Höhe, bis ihm infolge [X.]ablaufs in der neuen [X.] ein höherer Anspruch zusteht. Bei einer solchen Höhergruppierung werden die zurückgelegten Tätigkeitsjahre in den Gruppen [X.] 6 und [X.] 7 bis zu drei Jahren als Tätigkeitsjahre in der neuen [X.] angerechnet.

        

Bei einer Höhergruppierung in die [X.]n [X.] 9 bis [X.] 13 erhält der höhergruppierte Arbeitnehmer so lange den Tarifsatz der höheren [X.], der am nächsten über seinem bisherigen Tarifsatz liegt, bis ihm aufgrund seiner Tätigkeitsjahre in der neuen [X.] ein höherer Tarifsatz zusteht. Die für diese [X.]ntgeltstufe geforderte zeitliche Zugehörigkeit gilt zur Hälfte als erfüllt.“

4

Bis einschließlich des Jahres 2016 hat die Beklagte in ihrem Unternehmen bei [X.]rmittlung der [X.]ntgeltstufen des § 8 [X.] auch [X.]en der Arbeitsunfähigkeit ohne [X.]ntgeltfortzahlung berücksichtigt.

5

Die Klägerin war vom 11. Oktober 2016 bis zum 3. Juli 2017 arbeitsunfähig erkrankt. Nach Ablauf des sechswöchigen [X.]ntgeltfortzahlungszeitraums hat sie vom 23. November 2016 bis zum 3. Juli 2017 von der [X.] keine [X.]ntgeltfortzahlung mehr erhalten. Die Beklagte hat der Klägerin bis einschließlich April 2018 ein [X.] gemäß [X.] [X.] 11 nach vier Tätigkeitsjahren gezahlt. Seit 1. Mai 2018 zahlt die Beklagte an die Klägerin ein [X.] gemäß dieser [X.] nach sechs Tätigkeitsjahren.

6

Mit Schreiben vom 23. April 2018 hat die Klägerin von der [X.] - erfolglos - die Zahlung der [X.] von monatlich 435,00 [X.]uro brutto zwischen dem gezahlten [X.] der [X.] [X.] 11 nach vier Tätigkeitsjahren iHv. 4.398,00 [X.]uro brutto monatlich und dem [X.] der [X.] [X.] 11 nach sechs Tätigkeitsjahren iHv. 4.833,00 [X.]uro brutto monatlich, insgesamt 3.045,00 [X.]uro brutto für den [X.]raum von Oktober 2017 bis April 2018 verlangt. Mit der der [X.] am 1. Juni 2018 zugestellten Klage hat die Klägerin entsprechende Vergütungszahlung nebst Prozesszinsen gefordert.

7

Am 22. August 2018 hat die Beklagte Korrekturabrechnungen für die Monate Oktober 2017 bis April 2018 erteilt, mit welchen die strittigen monatlichen Differenzbeträge abgerechnet wurden. Mit der Vergütung für August 2018 hat die Beklagte an die Klägerin neben dem [X.] eine „Nachverrechnung aus [X.].“ iHv. insgesamt 2.218,09 [X.]uro netto gezahlt. Die Klägerin hat daraufhin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Beklagte hat der [X.]rledigungserklärung widersprochen und mitgeteilt, bei der Nachzahlung habe es sich um eine unbewusste Überzahlung gehandelt. Mit Korrekturabrechnungen für die Monate September, Oktober und November 2018 hat die Beklagte jeweils 615,49 [X.]uro netto, insgesamt 1.846,47 [X.]uro netto als „Abschlag Nachverrechnung aus [X.].“ von den Vergütungszahlungen an die Klägerin einbehalten. Die Parteien haben daraufhin den Prozess fortgeführt.

8

Vor dem Arbeitsgericht hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 3.045,00 [X.]uro brutto nebst Zinsen nach bestimmter Staffelung zu zahlen. Das Arbeitsgericht hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben, wogegen die Beklagte Berufung eingelegt hat. In der Berufungsverhandlung hat die Klägerin ihre Klage teilweise zurückgenommen und lediglich noch die Zahlung der in den Monaten September, Oktober und November 2018 einbehaltenen Nettobeträge iHv. insgesamt 1.846,47 [X.]uro gefordert.

9

Soweit für die Revision relevant hat die Klägerin gemeint, eine Aufrechnung mit Vergütungszahlungen für die Monate September bis November 2018 sei unzulässig. Sie habe Anspruch auf Vergütungszahlung nach § 8 [X.] auf Basis der [X.] [X.] 11 nach sechs Tätigkeitsjahren ab Oktober 2017. [X.] ohne [X.]ntgeltfortzahlung sei zu berücksichtigen. Der Anspruch folge zudem daraus, dass die Beklagte mit der Korrekturabrechnung vom 22. August 2018 ein Schuldanerkenntnis abgegeben habe. Jedenfalls sei die [X.] aufgrund betrieblicher Übung sowie aus arbeitsrechtlichem Gleichbehandlungsgrundsatz geschuldet.

Die Klägerin hat zuletzt sinngemäß beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.846,47 [X.]uro netto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 615,49 [X.]uro seit dem 1. Oktober, dem 1. November und dem 1. Dezember 2018 zu zahlen.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, der Tarifsprung setze eine tatsächliche berufliche Tätigkeit voraus, die während der [X.] einer Arbeitsunfähigkeit ohne [X.]ntgeltfortzahlung nicht vorliege.

Das [X.] hat auf die Berufung der [X.] das erstinstanzliche Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag auf Zahlung der [X.] von 1.846,47 [X.]uro netto nebst Zinsen für die Monate September bis November 2018 weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist begründet und führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und [X.]ntscheidung an das [X.] (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die begehrte Differenzvergütung. Soweit die [X.] nach [X.] der Klägerin die strittigen monatlichen Differenzbeträge irrtümlich ausgezahlt hat, stehen ihr aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB Rückforderungsansprüche zu. Die hierauf gestützte Aufrechnung gegen Ansprüche der Klägerin auf laufende Arbeitsvergütung hat das [X.] jedoch ohne Begründung als wirksam erachtet. [X.]s hat hierbei verkannt, dass gemäß § 394 BGB die Aufrechnung nicht stattfindet und deshalb nicht zum [X.]rlöschen der Forderung führt (§ 389 BGB), soweit eine Forderung der Pfändung nicht unterworfen ist. Der [X.] hat dabei im Prozess schlüssig darzulegen, dass er die [X.] beachtet hat. Dem ist die [X.] nicht nachgekommen. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und Zurückverweisung der Sache an das [X.] (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Wegen fehlender tatsächlicher Feststellungen zum [X.] nach § 394 BGB kann der [X.] nicht selbst endentscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).

I. Die Revision ist begründet.

1. Über die Zulässigkeit der Klageänderung in der Berufungsinstanz hat der [X.] keine [X.]ntscheidung zu treffen. Das [X.] hat über den Antrag, mit dem die Klägerin ihre Klage geändert hat und Vergütung statt für die [X.] von Oktober 2017 bis April 2018 für die Monate September bis November 2018 fordert, in der Sache entschieden. Daher ist in entsprechender Anwendung von § 268 ZPO in der Revision nicht mehr zu prüfen, ob eine Klageänderung nach § 533 ZPO iVm. § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG vorliegt und ob diese ggf. zulässig ist (vgl. [X.] 21. Juli 2020 - 3 [X.] - Rn. 30 mwN).

2. Die Klage ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. [X.]s handelt sich um eine abschließende Gesamtklage (vgl. [X.] 24. Juni 2020 - 5 [X.] - Rn. 20). Die Klage ist auch mit Blick darauf, dass es sich um eine alternative Klagehäufung handelt, hinreichend bestimmt (zu den Anforderungen [X.] 18. Februar 2020 - 3 [X.] - Rn. 21 mwN). Auf den Hinweis des Berufungsgerichts hat die Klägerin die zu prüfende Reihenfolge der Ansprüche festgelegt.

3. Ob die Klage begründet ist, kann der [X.] auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffen Feststellungen nicht entscheiden.

a) Das [X.] hat zunächst zutreffend erkannt, dass die [X.] gegen die Klägerin einen Anspruch auf Rückzahlung nachentrichteter Arbeitsvergütung aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB hat. Sie hat aufgrund Rückrechnung für die Monate Oktober 2017 bis April 2018 Vergütung iHv. insgesamt 1.846,47 [X.]uro netto ohne Rechtsgrund an die Klägerin ausgezahlt.

aa) [X.]in Rechtsgrund für die Zahlung folgt nicht aus § 1 Abs. 3 Arbeitsvertrag iVm. § 8 Ziff. 2 Buch[X.]b Alt. 4, Ziff. 3 [X.]. Die Klägerin hat daraus keinen Anspruch auf Differenzvergütung in Höhe des [X.] zwischen der [X.] [X.] 11 nach vier [X.]en in dieser Gruppe und der [X.] [X.] 11 nach sechs [X.]en in dieser Gruppe für die [X.] vor dem 1. Mai 2018. Bis zu diesem [X.]punkt hatte die Klägerin noch keine sechs [X.]e in der [X.] [X.] 11 zurückgelegt. Dies ergibt die Auslegung des nach den Feststellungen des [X.]s einzelvertraglich in Bezug genommenen [X.] (zu den nach [X.]Rspr. anzuwendenden allgemeinen Auslegungsgrundsätzen vgl. [X.] 26. Oktober 2016 - 5 [X.] - Rn. 25 mwN).

(1) Für in die [X.] [X.] 11 eingruppierte Arbeitnehmer - wie die Klägerin - ist die Vergütung nach § 8 Ziff. 2 Buch[X.]b [X.] von der [X.]inordnung in einen Anfangssatz oder einen Tarifsatz nach zwei, vier oder sechs [X.]en in dieser [X.] abhängig. Dabei bestimmt § 8 Ziff. 3 [X.] in Prozentwerten die Relationen zwischen dem Anfangs- und [X.]ndsatz der jeweiligen [X.]. Der [X.]raum der Arbeitsunfähigkeit der Klägerin ohne [X.]ntgeltfortzahlung vom 23. November 2016 bis zum 3. Juli 2017 ist nicht auf die [X.]e iSd. § 8 Ziff. 2 und Ziff. 3 [X.], beginnend ab dem 1. Oktober 2011, anzurechnen. Daher hat die Klägerin den Stufenaufstieg zur [X.] [X.] 11 nach sechs [X.]en erst ab dem 1. Mai 2018 absolviert.

(a) Der Wortlaut von § 8 Ziff. 2 [X.] benennt als Voraussetzung für den Stufenaufstieg „[X.]e in dieser Gruppe“. Unter dem Begriff der Tätigkeit versteht man im Allgemeinen die Gesamtheit derjenigen Verrichtungen, mit denen jemand in Ausübung seines Berufs zu tun hat, das Tätigsein, das Sichbeschäftigen mit etwas ([X.] [X.] [X.] 3. Aufl. Stichwort: „Tätigkeit“). Die Kombination mit dem Merkmal einer bestimmten Anzahl von Jahren verdeutlicht, dass nicht ein bloßer [X.]ablauf maßgebend sein soll, vielmehr die [X.] mit einer der [X.] entsprechenden tatsächlichen Beschäftigung zu verbringen ist. Insoweit ist die streitgegenständliche Regelung von Tarifregelungen, insbesondere im öffentlichen Dienst, die für bestimmte Ansprüche auf „geleistete Dienstjahre“ abstellen, abzugrenzen. [X.]ine solche Begrifflichkeit sagt nach der Rechtsprechung des [X.]s noch nichts darüber aus, ob und in welchem Umfang während dieses [X.]raums tatsächlich Arbeitsleistungen erbracht wurden. Denn das Wort „Dienstjahr“ kennzeichnet einen [X.]raum, der abläuft oder von einer Person zurückgelegt wird. [X.]r wird jedoch nicht „geleistet“ (vgl. [X.] 8. März 1978 - 5 [X.] - zu 1 der Gründe). In Abgrenzung hierzu verdeutlicht der Begriff [X.] ein aktives Verbringen des maßgeblichen [X.]raums mit den entsprechenden Arbeitsaufgaben (ebenso für die Begrifflichkeit „abgeleistete Beschäftigungsjahre“ in einem Tarifvertrag [X.] 21. Mai 2008 - 5 [X.] - Rn. 18, [X.][X.] 126, 375).

(b) Die Systematik des [X.] spricht ebenfalls für das [X.]rgebnis der Wortlautauslegung. Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 [X.] erhält der Arbeitnehmer bei einer Höhergruppierung in die [X.]n [X.] 9 bis [X.] 13 so lange den Tarifsatz der höheren [X.], der am nächsten über seinem bisherigen Tarifsatz liegt, bis ihm aufgrund seiner [X.]e in der neuen [X.] ein höherer Tarifsatz zusteht. Damit ist die Sicherung eines Besitzstandes in Bezug auf die Vergütungshöhe bezweckt. Darüber hinaus regelt § 9 Abs. 2 Satz 2 [X.], dass die für diese [X.]ntgeltstufe geforderte zeitliche Zugehörigkeit zur Hälfte als erfüllt gilt. Hier stellt der Tarifvertrag - in Abgrenzung zu § 8 Ziff. 2 [X.] - bei der Höhergruppierung in die genannten [X.]n nicht auf eine tatsächliche Ausübung entsprechender Tätigkeiten ab. Anderenfalls wäre bei jeder Höhergruppierung zunächst der Anfangssatz der höheren [X.] maßgeblich und erst nach [X.]rfüllung von mindestens zwei [X.]en würde sich die Relation zwischen Anfangs- und [X.]ndsatz nach den in § 8 Ziff. 3 [X.] niedergelegten Prozentwerten entwickeln. Dagegen erhält der Arbeitnehmer nach § 9 Abs. 2 [X.] den Tarifsprung bereits nach der Hälfte der nach § 8 Ziff. 3 [X.] maßgeblichen [X.]e unabhängig von deren tatsächlicher Ableistung in der höheren [X.]. Der Tarifvertrag fingiert an dieser Stelle die erforderliche zeitliche Zugehörigkeit, ohne eine tatsächliche Tätigkeit in dieser Gruppe zu verlangen. Damit haben die Tarifvertragsparteien ausdrücklich einen Ausnahmefall bei Höhergruppierung in bestimmte [X.]n zu den im Übrigen nach § 8 Ziff. 2 [X.] benötigten [X.]en in der Gruppe geregelt. Angesichts des Fehlens einer solchen Ausnahme in Bezug auf das [X.]rfordernis der „[X.]e in dieser Gruppe“ in § 8 Ziff. 2 [X.] finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Tarifvertragsparteien auch dort Fehlzeiten ohne Vergütungsanspruch in die Berechnung einbeziehen wollten.

Davon ausgehend hat der [X.] des [X.] bereits zu einer Vorgängerregelung des § 8 Ziff. 2 [X.] erkannt, dass eine solche Tarifnorm eine tatsächliche berufliche Tätigkeit, nicht lediglich den Ablauf bestimmter [X.]en seit Berufs- oder [X.] verlangt (vgl. zu einem aufgrund von Ableistung des Grundwehrdienstes ruhenden Arbeitsverhältnis [X.] 28. Juni 1994 - 3 [X.] - zu I 1 c der Gründe, [X.][X.] 77, 154; zustimmend [X.] 15. Februar 2005 - 16 Sa 1695/04 - zu II der Gründe). [X.]rforderlich sei, dass der Arbeitnehmer in den betreffenden [X.]räumen tatsächlich tätig war, und zwar in der durch die Merkmale der betreffenden [X.] näher bestimmten qualifizierten Art und Weise (vgl. [X.] 28. Juni 1994 - 3 [X.] - zu I 2 b der Gründe, aaO; ebenso für eine im wesentlichen wortgleiche Tarifregelung [X.] 10. September 1980 - 4 [X.] 719/78 -; 1. Juni 1988 - 4 [X.] 30/88 -).

(c) Bestätigt wird dieses [X.]rgebnis durch Sinn und Zweck der tariflichen Regelung. Der Tarifsprung nach [X.]en innerhalb einer Vergütungsgruppe soll regelmäßig eine durch Ausübung der Tätigkeit gewonnene [X.]rfahrung honorieren (vgl. [X.] 29. Januar 2020 - 4 [X.] - Rn. 33). Die Tarifvertragsparteien sind davon ausgegangen, dass die Beschäftigten durch die Ausübung der ihnen übertragenen Tätigkeit laufend Kenntnisse und [X.]rfahrungen sammeln, die die Arbeitsqualität und Arbeitsquantität verbessern (vgl. für die Tarifverträge des öffentlichen Dienstes [X.] 6. September 2018 - 6 [X.] 836/16 - Rn. 21, [X.][X.] 163, 257). Diesen zulässigen Zweck (vgl. [X.] 27. Januar 2011 - 6 [X.] 578/09 - Rn. 34) haben die Tarifvertragsparteien vorliegend zwar nicht ausdrücklich im Tarifvertrag festgehalten. [X.]r ergibt sich aber hinreichend deutlich aus der Bezeichnung „[X.]“ (vgl. zum Begriff „Berufsjahr“ [X.] 29. Januar 2020 - 4 [X.] - Rn. 33). [X.]in solcher durch den [X.] honorierter [X.]rfahrungszuwachs fehlt, wenn das Arbeitsverhältnis ruht, beispielsweise während des Grundwehrdienstes, einer Wehrübung (§ 1 Abs. 1 ArbPlSchG) oder der [X.]lternzeit. Dem ist die [X.] einer Arbeitsunfähigkeit ohne [X.]ntgeltfortzahlungspflicht nach § 3 [X.]FZG (vgl. zur Leistungsstörung [X.] 25. September 2013 - 10 [X.] 850/12 - Rn. 14 mwN) gleichzusetzen. In allen diesen Konstellationen fehlt es an einer tatsächlichen Tätigkeit, mit der Kenntnisse und [X.]rfahrungen in der [X.] gesammelt werden, die die Arbeitsqualität und -quantität verbessern. Der Zweck der Regelung des § 8 Ziff. 2 [X.] kann in diesen Fällen nicht erreicht werden.

(d) [X.]ntgegen der Revision widerspricht dieser Annahme nicht die Tatsache, dass in einem Arbeitsverhältnis [X.]en auftreten können, in denen keine Arbeitsleistung erbracht wird, die aber dennoch zu vergüten sind, wie etwa im Fall bezahlten [X.]rholungsurlaubs iSd. § 1 [X.], [X.] außerhalb der Schutzfristen iSv. § 18 MuSchG sowie der [X.]ntgeltfortzahlung bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit nach § 3 [X.]FZG. Diesen Vorschriften liegt die gesetzgeberische Wertung zugrunde, dass die darin geregelten Leistungsstörungen grundsätzlich keinen [X.]influss auf die Gegenleistungspflicht des Arbeitgebers haben sollen. Aufgrund des gesetzlichen Schutzes der Vergütungspflicht in solchen in der Regel vergleichsweise kurzen [X.]räumen werden diese jedenfalls nicht ohne klare tarifliche Regelung (vgl. zum Gebot der Normenklarheit [X.] 26. Juni 2019 - 5 [X.] 452/18 - Rn. 22, [X.][X.] 167, 158; 12. März 2019 - 1 [X.] 307/17 - Rn. 38) aus der Anrechnungszeit für den Tarifsprung ausgenommen. Daher kann es nicht entscheidend darauf ankommen, dass [X.]ntgeltfortzahlungszeiten, insbesondere im Fall häufiger Kurzerkrankungen, ebenfalls dazu führen können, dass im [X.]inzelfall nicht unbeachtliche [X.]räume ohne Arbeitsleistung bei der Berechnung des [X.] einzubeziehen sind, obwohl mangels tatsächlicher Tätigkeit kein [X.]rfahrungszuwachs stattfinden kann. Insoweit ist die von der Klägerin gerügte Ungleichbehandlung von Fehlzeiten nicht mit der bloßen Dauer der Unterbrechung der Tätigkeit zu rechtfertigen, sondern mit den unterschiedlichen gesetzlichen Vorgaben in Bezug auf die Vergütungspflicht während dieser [X.]en.

(2) [X.]ntgegen der Auffassung der Revision verlangt der Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG keine andere Auslegung des § 8 Ziff. 2 [X.] (hierzu allgemein [X.] 24. Juni 2020 - 6 [X.] 15/19 - Rn. 26; [X.] 7. Mai 2013 - 2 BvR 909/06 ua. - Rn. 76, [X.][X.] 133, 377). Die von den Tarifvertragsparteien vorgenommene Differenzierung zwischen Arbeitnehmern mit [X.]ntgeltfortzahlungsanspruch bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit und Arbeitnehmern ohne einen solchen Anspruch führt nicht dazu, dass der [X.] infolge des ihm zukommenden Schutzauftrags verpflichtet wäre, der Regelung des § 8 Ziff. 2 [X.] in dieser Auslegung die Durchsetzung zu verweigern (vgl. hierzu [X.] 19. Dezember 2019 - 6 [X.] 563/18 - Rn. 19 ff.). Die im Tarifvertrag vorgenommene Differenzierung ist Ausdruck der durch Art. 9 Abs. 3 GG garantierten Tarifautonomie und des damit einhergehenden weiten Gestaltungsspielraums der Tarifvertragsparteien. Der allgemeine Gleichheitssatz enthält kein verfassungsrechtliches Gebot, ähnliche Sachverhalte in verschiedenen Ordnungsbereichen mit anderen systematischen Zusammenhängen gleich zu regeln (vgl. [X.] 24. Juni 2020 - 6 [X.] 15/19 - Rn. 28).

[X.]) [X.]in Rechtsgrund iSv. § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB für die Zahlung folgt nicht aus einem Anspruch auf Differenzvergütung aus Schuldanerkenntnis.

(1) Der Vortrag der Klägerin trägt nicht die Annahme eines selbständig verpflichtenden (abstrakten) [X.] iSv. § 781 BGB. Das abstrakte Schuldanerkenntnis setzt voraus, dass der Anerkennende eine selbständige, von den zugrundeliegenden Rechtsbeziehungen losgelöste Verpflichtung übernimmt (vgl. [X.] 21. April 2016 - 8 [X.] 474/14 - Rn. 25). Die von der Klägerin vorgetragene Äußerung der [X.]n in Form der korrigierten Lohnabrechnungen für die Monate Oktober 2017 bis April 2018 bezieht sich auf die Zahlung restlicher Vergütung. Sie enthält keinen vom Grundverhältnis losgelösten neuen Schuldgrund.

(2) Die von der [X.]n am 22. August 2018 erteilten Lohnabrechnungen, die für die [X.] von Oktober 2017 bis April 2018 Rückrechnungen beinhalten, stellen auch kein deklaratorisches (kausales) Schuldanerkenntnis dar.

(a) [X.]in deklaratorisches Schuldanerkenntnis ist ein vertragliches kausales Anerkenntnis, mit dem eine bestehende Schuld lediglich bestätigt wird. [X.]in solches Schuldanerkenntnis setzt voraus, dass die Vertragsparteien das Schuldverhältnis ganz oder teilweise dem Streit oder der Ungewissheit der Parteien entziehen und es endgültig festlegen wollen (vgl. [X.] 27. Februar 2014 - 6 [X.] 931/12 - Rn. 40). Ob dies für eine Lohnabrechnung zutrifft, ist durch Auslegung zu ermitteln. Grundsätzlich kommt einer Lohnabrechnung nicht die Bedeutung eines deklaratorischen [X.] zu (vgl. bereits [X.] 10. März 1987 - 8 [X.] 610/84 - zu I 4 b [X.] der Gründe, [X.][X.] 54, 242, wenn auch mit unzutreffendem Leitsatz Ziff. 1). [X.]ine in einer schriftlichen Lohnabrechnung des Arbeitgebers vorbehaltlos ausgewiesene Lohnforderung ist zwar zunächst [X.] gestellt und muss nicht noch einmal zur Wahrung einer Ausschlussfrist schriftlich geltend gemacht werden (vgl. [X.] 28. Juli 2010 - 5 [X.] 521/09 - Rn. 18, [X.][X.] 135, 197). Die Lohnabrechnung hat aber nicht den Zweck, streitig gewordene Ansprüche endgültig festzulegen. Die [X.]rteilung einer Lohnabrechnung hindert den Arbeitgeber regelmäßig nicht daran, die Lohnabrechnung später zu widerrufen, Gegenansprüche zu erheben oder aus anderen Gründen die Zahlung zu verweigern. Nur wenn besondere Anhaltspunkte vorliegen, kann davon ausgegangen werden, der Arbeitgeber wolle mit der Abrechnung auf alle [X.]inwendungen verzichten (vgl. [X.] 27. Februar 2014 - 6 [X.] 931/12 - Rn. 41 mwN).

(b) Die am 22. August 2018 erteilten Lohnabrechnungen weisen keine besonderen Anhaltspunkte auf, die einen Verzicht der [X.]n auf [X.]inwendungen erkennen lassen. Die [X.] hat die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche zunächst außergerichtlich und sodann im arbeitsgerichtlichen Verfahren ausdrücklich abgelehnt. Dieser Vortrag hat sich im Prozessverlauf zu keiner [X.] geändert.

cc) [X.]in Rechtsgrund für die Zahlung folgt nicht aus betrieblicher Übung (zu den Voraussetzungen vgl. [X.] 18. März 2020 - 5 [X.] 36/19 - Rn. 52 mwN). Dem Vorbringen der Klägerin kann nicht entnommen werden, dass die [X.] bis einschließlich des Jahres 2016 nicht nur die tarifvertragliche Regelung des § 8 Ziff. 2 [X.] vollziehen, sondern eine eigenständige arbeitsvertragliche Pflicht zur Gewährung eines [X.] auch für Fehlzeiten ohne [X.]ntgeltfortzahlung begründen wollte. Nachdem die [X.] für sich erkannt hatte, dass eine solche tarifliche Verpflichtung nicht besteht, hat sie ab dem [X.] von der bis dahin § 8 Ziff. 2 [X.] folgenden Berechnung Abstand genommen.

dd) Schließlich ergibt sich auch aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz kein Rechtsgrund für die erhaltene Zahlung. Dieser ist ein Gebot der Verteilungsgerechtigkeit, das verlangt, Gleiches gleich und Ungleiches entsprechend seiner [X.]igenart ungleich zu behandeln. Wegen seines Schutzcharakters gegenüber der Gestaltungsmacht des Arbeitgebers greift dieser Grundsatz nur dort ein, wo der Arbeitgeber durch gestaltendes Verhalten ein eigenes Regelwerk bzw. eine eigene Ordnung schafft, nicht hingegen bei bloßem - auch vermeintlichem - [X.] ([X.]Rspr., vgl. nur [X.] 14. März 2019 - 6 [X.] 171/18 - Rn. 45 mwN, [X.][X.] 166, 120). [X.]in solch gestaltendes Verhalten hat die Klägerin durch die Behauptung, bei anderen Arbeitnehmern seien Fehlzeiten ohne [X.]ntgeltfortzahlung bei Berechnung des [X.] berücksichtigt worden, nicht substantiiert dargelegt. Die [X.] hat zu zwei von der Klägerin genannten Mitarbeitern vorgetragen und dargelegt, dass es sich nicht um Konstellationen handele, in denen vergütungslose Fehlzeiten angerechnet worden seien. Dem ist die Klägerin nach den in der Revision nicht mit begründeten [X.] angegriffenen Feststellungen des [X.]s nicht substantiiert entgegengetreten. Aus dem einen verbliebenen Fall eines weiteren Arbeitnehmers, der von der Klägerin benannt wurde, lässt sich kein durch die [X.] geschaffenes, eigenes Regelwerk herleiten.

b) Der Bereicherungsanspruch der [X.]n ist nicht nach § 814 Alt. 1 BGB ausgeschlossen.

aa) Gemäß § 814 Alt. 1 BGB kann das zum Zweck der [X.]rfüllung einer Verbindlichkeit Geleistete nicht zurückgefordert werden, wenn der Leistende gewusst hat, dass er zur Leistung nicht verpflichtet war. [X.]rforderlich ist die positive Kenntnis der Rechtslage im [X.]punkt der Leistung. Nicht ausreichend ist die Kenntnis der Tatsachen, aus denen sich das Fehlen einer rechtlichen Verpflichtung ergibt. Der Leistende muss wissen, dass er nach der Rechtslage nichts schuldet ([X.]Rspr., vgl. [X.] 17. Oktober 2002 - III ZR 58/02 - zu 3 der Gründe). [X.]r hat aus den ihm bekannten Tatsachen eine im [X.]rgebnis zutreffende rechtliche Schlussfolgerung zu ziehen, wobei allerdings eine entsprechende „Parallelwertung in der [X.]“ genügt (vgl. [X.] 26. Juni 2019 - 5 [X.] 178/18 - Rn. 35 mwN, [X.][X.] 167, 144). Die Regelung enthält eine rechtshindernde [X.]inwendung (vgl. [X.]/[X.] 8. Aufl. § 814 BGB Rn. 1), die von Amts wegen zu beachten ist (vgl. [X.]/[X.] 80. Aufl. BGB § 814 Rn. 1). Die der Leistungskondiktion entgegenstehende Kenntnis des Leistenden ist vom [X.]mpfänger zu beweisen (vgl. [X.]/[X.] 8. Aufl. § 814 BGB Rn. 23). Bestehen Zweifel daran, dass die Voraussetzung der positiven Kenntnis vorliegt, gehen diese zu dessen Lasten (vgl. [X.] 17. Oktober 2002 - III ZR 58/02 - zu 3 der Gründe).

[X.]) Die Klägerin hat nicht ausreichend dargelegt, dass die [X.] in Kenntnis der Nichtschuld geleistet hat. Ihr Vortrag, sie sei aufgrund der Zahlung davon ausgegangen, dass die [X.] an ihrer Auffassung nicht mehr festhalte, zeigt keine konkreten Anhaltspunkte in Bezug auf eine positive Kenntnis der [X.]n auf. Insoweit genügt auch die Kenntnis eines Vertreters der [X.]n, etwa der die Lohnzahlung ausführenden Mitarbeiter, nicht. § 814 Alt. 1 BGB stellt auf die Kenntnis des Leistenden ab. [X.]ine Zurechnung des Wissens der ausführenden Beschäftigten analog § 166 Abs. 1 BGB findet nicht statt (vgl. [X.] 13. Oktober 2010 - 5 [X.] 648/09 - Rn. 16, [X.][X.] 136, 54; aA [X.]/[X.] 8. Aufl. § 814 BGB Rn. 21).

c) Der [X.] kann nicht entscheiden, ob die Forderungen der Klägerin auf laufendes Arbeitsentgelt für die Monate September bis November 2018 dadurch zum [X.]rlöschen gebracht wurden, dass die [X.] mit den auf den 21. November 2018 datierten Lohnabrechnungen jedenfalls konkludent die Aufrechnung mit Ansprüchen auf Rückzahlung der zu Unrecht entrichteten Arbeitsvergütung gegen diese Vergütungsforderungen erklärt hat (§ 387, 388 BGB). Das [X.] hat zur [X.]inhaltung der Pfändungsfreigrenzen (§ 394 BGB) keinerlei Feststellungen getroffen, die [X.] hat hierzu auch in den Vorinstanzen keinen schriftsätzlichen Vortrag gehalten.

aa) Bei dem streitgegenständlichen Differenzvergütungsanspruch handelt es sich gemäß § 850 Abs. 2 ZPO um Arbeitseinkommen iSd. § 850 Abs. 1 ZPO. Rechnet der Arbeitgeber gegen Arbeitseinkommen auf, obliegt es ihm vorzutragen, dass die Aufrechnung unter Beachtung der [X.] erfolgt (vgl. [X.] 23. Februar 2016 - 9 [X.] 226/15 - Rn. 23 mwN). § 394 Satz 1 BGB schließt die Aufrechnung gegen eine Forderung aus, soweit diese der Pfändung nicht unterworfen ist. Bei Arbeitseinkommen bestimmt sich der pfändbare Teil gemäß § 850 Abs. 1 ZPO nach Maßgabe der §§ 850a bis 850i ZPO. Zur Sicherung des [X.]xistenzminimums des Arbeitnehmers und seiner unterhaltsberechtigten Familienangehörigen regelt § 850c Abs. 1 ZPO einen unpfändbaren Grundbetrag. Dieser ist entsprechend den Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers gestaffelt und nach oben begrenzt. Für den Teil des Arbeitseinkommens, der diesen Grundbetrag übersteigt, gelten die weiteren Pfändungsbeschränkungen des § 850c Abs. 2 ZPO (vgl. [X.] 23. Februar 2016 - 9 [X.] 226/15 - Rn. 22). In Bezug auf Mehrarbeitsstundenvergütung sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld sind § 850a Nr. 1, Nr. 2 und Nr. 4 ZPO zu beachten. Die gesetzlichen Pfändungsbeschränkungen sind im Prozess auch ohne eine Rüge des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Denn die Befugnis des Arbeitgebers, gegen den [X.]ntgeltanspruch des Arbeitnehmers aufzurechnen, ist integraler Teil des sich aus § 389 BGB ergebenden [X.]rfüllungseinwands, den der insoweit darlegungs- und beweisbelastete Arbeitgeber dem Zahlungsanspruch des Arbeitnehmers entgegenhalten kann (vgl. [X.] 22. September 2015 - 9 [X.] 143/14 - Rn. 11). Im [X.], für das der [X.] gilt, ist es nicht Sache der Gerichte für Arbeitssachen, die pfändbaren Teile des Arbeitseinkommens zu ermitteln. Genügt der Arbeitgeber seiner diesbezüglichen Obliegenheit nicht, ist der [X.]rfüllungseinwand unbeachtlich (vgl. [X.] 22. September 2015 - 9 [X.] 143/14 - Rn. 13 mwN).

[X.]) Die [X.] hat in der Revision nach einem rechtlichen Hinweis des [X.]s zum fehlenden Vortrag zur [X.]inhaltung der gesetzlichen Pfändungsbeschränkungen eine begründete [X.] zum unterbliebenen rechtlichen Hinweis nach § 139 Abs. 2 ZPO durch das Berufungsgericht erhoben. Den damit verbundenen neuen Sachvortrag kann der [X.] entgegen der Auffassung der [X.]n nicht selbst würdigen, weil nach § 559 Abs. 1 ZPO der Beurteilung des [X.] nur dasjenige Parteivorbringen unterliegt, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. [X.]iner der anerkannten Ausnahmefälle (dazu [X.] 20. November 2019 - 5 [X.] 39/19 - Rn. 38; [X.] 2. März 2017 - I ZR 273/14 - Rn. 43 f.) liegt hier nicht vor. Deshalb hat das [X.] bei neuer Verhandlung und [X.]ntscheidung den Vortrag der [X.]n zur Beachtung der Pfändungsfreigrenzen zu prüfen und hierbei ergänzenden Vortrag der Klägerin zu beachten.

4. Kommt das [X.] zu dem [X.]rgebnis, dass die Aufrechnung zulässig ist, wird es seiner [X.]ntscheidung zugrunde zu legen haben, dass die [X.] die Ausschlussfrist des § 9 Abs. 4 Arbeitsvertrag gewahrt hat.

a) Bei den Regelungen des Arbeitsvertrags handelt es sich um [X.] iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 BGB. Deren Auslegung unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Überprüfung durch den [X.] (vgl. [X.] 28. August 2019 - 5 [X.] 425/18 - Rn. 35 mwN, [X.][X.] 167, 349; vgl. zu den Auslegungsgrundsätzen [X.] 19. Dezember 2018 - 10 [X.] 130/18 - Rn. 19 mwN).

b) Nach § 9 Abs. 4 Arbeitsvertrag sind Ansprüche beider Seiten aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen. Auch wenn die Ausschlussfristenregelung aufgrund ihrer Verortung in den „Schlussbestimmungen“ als überraschende Klausel nach § 305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsinhalt geworden ist (vgl. [X.] 31. August 2005 - 5 [X.] 545/04 - zu I 5 b [X.] (2) der Gründe, [X.][X.] 115, 372), kann sich die [X.] nicht darauf berufen, die von ihr verwendeten [X.] seien unwirksam ([X.]Rspr., vgl. [X.] 18. September 2018 - 9 [X.] 162/18 - Rn. 60 mwN, [X.][X.] 163, 282). Jedoch hat die [X.] den Rückzahlungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB mit den Lohnabrechnungen für die Monate September bis November 2018 rechtzeitig schriftlich geltend gemacht.

II. Im fortgesetzten Berufungsverfahren wird das [X.] auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.

        

    Linck    

        

    Berger    

        

    Volk    

        

        

        

    Bormann    

        

    Dohna-Jaeger    

                 

Meta

5 AZR 57/20

18.11.2020

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Neumünster, 21. Mai 2019, Az: 1 Ca 470 d/18, Urteil

§ 1 TVG, Art 3 Abs 1 GG, Art 9 Abs 3 GG, § 387 BGB, § 388 BGB, § 394 S 1 BGB, § 850 Abs 1 ZPO, § 850 Abs 2 ZPO, § 850c Abs 1 ZPO, § 850c Abs 2 ZPO, § 850a ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18.11.2020, Az. 5 AZR 57/20 (REWIS RS 2020, 516)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 516

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14 Sa 630/22

14 Sa 631/22

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4 AZR 250/21

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