Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.02.2022, Az. 4 AZR 250/21

4. Senat | REWIS RS 2022, 1074

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Gegenstand

Unzulässiges Teilurteil - Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht - Eingruppierung einer Retail Operative - Berücksichtigung von Tätigkeitsjahren bei anderen Arbeitgebern bei der tariflichen Einstufung im Einzelhandel Nordrhein-Westfalen


Tenor

I. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 18. März 2021 - 18 [X.] 1097/20 - aufgehoben, soweit es auf die Berufung der Beklagten das Teilurteil des [X.] vom 23. Juli 2020 - 1 Ca 1071/20 - hinsichtlich des Antrags zu 1. und des Feststellungsantrags für den Zeitraum vom 1. Juli 2020 bis zum 31. August 2020 abgeändert und die Klage abgewiesen hat.

II. Im Umfang der Aufhebung wird die [X.]che zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingliederung der Klägerin in die [X.] des Gehaltstarifvertrags für den Einzelhandel in [X.].

2

Die [X.]eklagte, ein Unternehmen des Einzelhandels, vertreibt vor allem Mode- und Kosmetikartikel. Sie schloss am 16. Dezember 2015 mit der [X.] - [X.] ([X.]) einen Anerkennungs- und Übergangstarifvertrag ([X.]), nach dessen § 2 Nr. 1 bei der [X.]eklagten ab dem 1. Mai 2018 die regionalen Tarifverträge für den Einzelhandel, geschlossen zwischen [X.] und den Arbeitgeberverbänden des Einzelhandels, dynamisch in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung finden. § 11 [X.] lautet auszugsweise wie folgt:

        

§ 11 

        

Gehalts- und Lohnregelung

        

(1)     

…       

        

(2)     

Ab dem 01.05.2017 gelten die regionalen Entgelttarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung dynamisch.

        

(3)     

…       

                          
        

(4)     

[X.]is 30.04.2017 gelten als

                 

- Tätigkeitsjahre die bei [X.] zurückgelegten Jahre einer [X.]eschäftigung in der entsprechenden Gehaltsgruppe

                 

- [X.]erufsjahre die in einem kaufmännischen [X.]eruf bzw. im Einzelhandel zurückgelegten [X.]eschäftigungszeiten. [X.] sind die nach Abschluss einer fachbezogenen gewerblichen Ausbildung zurückgelegten [X.]eschäftigungszeiten, soweit diese dem Tätigkeitsbereich des [X.]eschäftigten bei [X.] entsprechen. Im Falle einer abgeschlossenen kaufmännischen oder fachbezogenen gewerblichen [X.]erufsausbildung wird die Ausbildungszeit bis zu einer Dauer von maximal zwei Jahren bei der Ermittlung der [X.]erufsjahre berücksichtigt.“

3

Die Klägerin - seit Mai 2019 Mitglied von [X.] -, die weder eine kaufmännische noch eine anderweitige Ausbildung absolviert hat, war seit dem Jahr 2001 insgesamt mehr als 12 Jahre bei verschiedenen Unternehmen des Einzelhandels tätig. [X.]ei der [X.]eklagten war sie in der [X.] vom 13. Oktober 2017 bis zum 31. August 2020 als „Retail Operative“ in der Filiale [X.] überwiegend im Verkauf und an der Kasse beschäftigt. Nach § 3.1 des Arbeitsvertrags vom 19./28. Juli 2017 finden „sofern der Arbeitgeber im Heimatstore des Arbeitnehmers an Tarifverträge gebunden ist, … diese Tarifverträge - auch aus Gründen der Gleichstellung mit den unmittelbar tarifgebundenen Arbeitnehmern - in ihrer jeweils geltenden Fassung auf das Arbeitsverhältnis Anwendung“. Die [X.]eklagte vergütete die Klägerin zunächst nach [X.]eschäftigungsgruppe A (im [X.]) des zwischen dem [X.] und [X.] geschlossenen Gehaltstarifvertrags für den Einzelhandel in [X.] ([X.]). Zuletzt erhielt die Klägerin eine Vergütung nach [X.]eschäftigungsgruppe A (im dritten Jahr der Tätigkeit) [X.].

4

Nach erfolgloser Geltendmachung mit Schreiben vom 31. Juli 2019 hat die Klägerin mit ihrer Klage einen Anspruch auf Vergütung nach [X.]eschäftigungsgruppe [X.] Gehaltsgruppe I (nach dem 6. [X.]erufsjahr) [X.] verfolgt. Sie hat die Auffassung vertreten, aufgrund ihrer langjährigen Tätigkeit in verschiedenen Unternehmen des Einzelhandels sei sie nach [X.]eschäftigungsgruppe [X.] [X.] zu vergüten. Die Tarifvertragsparteien hätten in § 3 A Abs. 2 Satz 1 [X.] eine dreijährige Tätigkeit im Einzelhandel mit einer abgeschlossenen kaufmännischen [X.]erufsausbildung gleichgesetzt. Dabei seien alle Jahre einer Tätigkeit im Einzelhandel zu berücksichtigen. Nach dem Tarifvertrag solle auch durch Ausübung einer Tätigkeit gewonnene [X.]erufserfahrung honoriert werden.

5

Die Klägerin hat ursprünglich beantragt,

        

1.    

die [X.]eklagte zu verurteilen, an die Klägerin 11.716,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem [X.]asiszinssatz aus jeweils 863,00 Euro seit dem 28. Februar 2019, dem 31. März 2019, dem 30. April 2019, dem 31. Mai 2019 und dem 30. Juni 2019, sowie aus jeweils 889,00 Euro seit dem 31. Juli 2019, dem 31. August 2019 und dem 30. September 2019, sowie aus jeweils 789,00 Euro seit dem 31. Oktober 2019, dem 30. November 2019, dem 31. Dezember 2019, dem 31. Januar 2020, dem 29. Februar 2020 und dem 31. März 2020 zu zahlen,

        

2.    

festzustellen, dass die [X.]eklagte verpflichtet ist, die Klägerin in dem [X.]raum vom 1. Februar 2019 bis zum 31. August 2020 in die Gehaltsgruppe I, ab dem 6. [X.]erufsjahr des Gehaltstarifvertrags für den Einzelhandel [X.] einzugruppieren,

        

3.    

die [X.]eklagte zu verurteilen, an die Klägerin weitere 1.907,11 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem [X.]asiszinssatz aus 602,23 Euro seit dem 1. Mai 2020, aus weiteren 636,31 Euro seit dem 1. Juni 2020 und aus weiteren 668,57 Euro seit dem 1. Juli 2020 zu zahlen.

6

Die [X.]eklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen und zur [X.]egründung ausgeführt, als Tätigkeitsjahre iSd. [X.] seien nur [X.]eschäftigungszeiten beim aktuellen Arbeitgeber zu berücksichtigen. Eine Gleichsetzung von Tätigkeiten bei anderen Arbeitgebern mit einer abgeschlossenen [X.]erufsausbildung sei zwar in früheren Fassungen des [X.] enthalten gewesen, aber bereits mit Inkrafttreten des [X.] vom 29. Juni 2011 entfallen. Es sollten nunmehr der [X.]eginn und der Abschluss einer Ausbildung besonders honoriert werden.

7

Das Arbeitsgericht hat dem [X.] zu 1. und dem Feststellungsantrag durch Teilurteil stattgegeben. Der Antrag zu 3. ist nach wie vor beim Arbeitsgericht anhängig. Das [X.] hat auf die [X.]erufung der [X.]eklagten das Teilurteil abgeändert, den Antrag zu 2. für den [X.]raum vom 1. Februar 2019 bis zum 30. Juni 2020 als unzulässig und im Übrigen die Anträge zu 1. und zu 2. als unbegründet abgewiesen. Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Anträge zu 1. und zu 2. insoweit weiter, als das [X.]erufungsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen hat.

Entscheidungsgründe

8

Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet. Das Teilurteil des [X.]s war unzulässig. Dies führt zur Aufhebung des [X.]erufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] (§ 563 Abs. 1 ZPO).

9

[X.] Das [X.] ist rechtsfehlerhaft davon ausgegangen, die Voraussetzungen für den Erlass eines [X.] nach § 301 ZPO durch das [X.] hätten vorgelegen.

1. Der Erlass eines unzulässigen [X.] stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar. Das Revisionsgericht ist daher auch ohne eine entsprechende Verfahrensrüge gemäß § 557 Abs. 3 Satz 2 ZPO von Amts wegen gehalten, die Zulässigkeit eines [X.] zu prüfen ([X.] 20. Juni 2018 - 7 [X.] - Rn. 19; 17. April 2013 - 4 [X.] - Rn. 15).

2. Ist von mehreren in einer Klage geltend gemachten Ansprüchen nur der eine zur Endentscheidung reif, so hat das Gericht diese durch Endurteil (Teilurteil) zu erlassen (§ 301 Abs. 1 ZPO). [X.] besteht nur, wenn das Teilurteil unabhängig vom Schlussurteil erlassen werden kann und die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge abweichender [X.]eurteilung durch das Rechtsmittelgericht - ausgeschlossen ist ([X.] 27. Mai 2020 - 5 [X.] - Rn. 19, [X.]E 170, 327; [X.] 20. Mai 2021 - [X.] - Rn. 17, [X.]Z 230, 120). Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist gegeben, wenn in einem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann ([X.] 17. April 2013 - 4 [X.] - Rn. 12; [X.] 20. Mai 2021 - [X.] - aaO; 24. Januar 2019 - [X.]/16 - Rn. 10). Dies ist ua. der Fall, wenn bei einer Mehrheit selbständiger prozessualer Ansprüche zwischen diesen eine materiell-rechtliche Verzahnung besteht ([X.] 27. Mai 2020 - 5 [X.] - aaO; 17. April 2013 - 4 [X.] - aaO; [X.] 1. März 2016 - VI ZR 437/14 - Rn. 30, [X.]Z 209, 157). Ein Teilurteil darf nur ergehen, wenn der weitere Verlauf des Prozesses die zu treffende Entscheidung unter keinen Umständen mehr berühren kann ([X.] 20. Juni 2018 - 7 [X.] - Rn. 18).

Die notwendige Widerspruchsfreiheit bezieht sich allerdings weder auf den Tenor des [X.] - dieser bindet das Gericht nach § 318 ZPO ohnehin - noch auf die [X.]eantwortung abstrakter Rechtsfragen im Teilurteil, die für den weiteren Teil des Rechtsstreits von [X.]edeutung sind oder sein können ([X.] 19. November 2014 - 4 [X.] - Rn. 12; 17. April 2013 - 4 [X.] - Rn. 13 mwN).

3. Nach diesen Grundsätzen hat das [X.] ein unzulässiges Teilurteil erlassen, indem es über Zahlungsansprüche für die Monate Februar 2019 bis März 2020 und den Feststellungsantrag, nicht aber über diejenigen für die Monate April bis Juni 2020 entschieden hat. Insoweit bestand die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen.

a) Die Klägerin hat sich für den geltend gemachten Anspruch einer Vergütung nach [X.] [X.] Gehaltsgruppe I (ab dem 6. [X.]erufsjahr) [X.] hinsichtlich aller [X.]räume auf ihre unveränderte Tätigkeit gestützt. In Anbetracht der gleichen tariflichen Voraussetzungen kann daher eine Eingliederung in die begehrte Gehaltsgruppe nur einheitlich für den gesamten streitgegenständlichen [X.]raum angenommen werden. Der gleichbleibende [X.] führt zu einer materiell-rechtlichen Verzahnung sämtlicher [X.]egehren. [X.]ei der zutreffenden Eingliederung handelt es sich auch nicht um eine abstrakte Rechtsfrage, sondern um die konkrete [X.]eurteilung des von der Klägerin zur Entscheidung gestellten [X.]. Für die Zulässigkeit des [X.] ist es ohne [X.]edeutung, dass es sich hinsichtlich der unterschiedlichen Monate um verschiedene Streitgegenstände handelt. Soweit der Senat in seiner Entscheidung vom 19. November 2014 (- 4 [X.] - Rn. 13) davon ausgegangen ist, die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen bestehe nicht, wenn sich ein Zahlungs- und ein Feststellungsantrag auf verschiedene [X.]räume beziehen würden, wird hieran aus den dargestellten Gründen nicht festgehalten.

b) Die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist nicht aufgrund der über § 318 ZPO eintretenden [X.]indungswirkung ausgeschlossen.

aa) Nach § 318 ZPO ist das Gericht an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden. Die [X.]indungswirkung erstreckt sich auf den [X.], nicht jedoch auf die gerichtlich festgestellten Tatsachen und deren rechtliche [X.]ewertung ([X.] 23. März 2005 - 4 [X.] - zu II 2 der Gründe, [X.]E 114, 194; [X.] 25. Juni 2020 - I [X.] - Rn. 22). Sie besteht vom Erlass der Entscheidung bis zu deren Aufhebung ([X.] 19. Februar 2015 - [X.]/14 - Rn. 3; 14. Dezember 1988 - [X.] - zu IV der Gründe, [X.]Z 106, 219).

[X.]) [X.] hinsichtlich des [X.] zu 1. hat nur hinsichtlich des [X.]estands und der Höhe des Anspruchs für die jeweiligen Monate [X.]indungswirkung entfaltet, nicht aber in [X.]ezug auf die [X.]egründung, die zutreffende Eingliederung sei gegeben. Mit dem Tenor ist zwar in [X.]ezug auf den Feststellungsantrag, der die begehrte Gehaltsgruppe des [X.] enthielt, insoweit zunächst eine [X.]indungswirkung eingetreten. Das [X.] hat aber - zutreffend (vgl. [X.] 25. März 2021 - 6 [X.] - Rn. 17; 13. Mai 2020 - 4 [X.] - Rn. 46 mwN, [X.]E 170, 214) - den Feststellungsantrag für den [X.]raum bis Juni 2020 als unzulässig angesehen und damit die [X.]indungswirkung aufgehoben. Aufgrund dieser möglichen abweichenden rechtlichen [X.]eurteilung durch das Rechtsmittelgericht bestand von Anfang an die Gefahr sich widersprechender Entscheidungen.

c) Das Teilurteil ist auch nicht deshalb zulässig, weil das [X.] das Verfahren hinsichtlich des Antrags zu 3. nicht weiter betrieben hat. Eine solche Vorgehensweise ist - ebenso wie eine förmliche Aussetzung oder die Anordnung des Ruhens des Verfahrens - nicht geeignet, die [X.]eschränkungen für den Erlass eines [X.] außer [X.] zu setzen ([X.] 20. Juni 2017 - [X.] - Rn. 19; ausführlich 11. Mai 2011 - [X.]/10 - Rn. 16 ff., [X.]Z 189, 356).

4. Diesen Verfahrensmangel hat das [X.] nicht erkannt. Es hat sich nicht ausdrücklich mit der Zulässigkeit des arbeitsgerichtlichen [X.] befasst, dieses jedoch, indem es über die [X.] in der Sache, nicht aber über den beim [X.] verbliebenen Antrag entschieden hat, inzident als zulässig angesehen.

I[X.] Der Verfahrensfehler führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] (§ 563 Abs. 1 ZPO).

1. Eine abschließende Entscheidung ist dem Senat nicht möglich.

a) Der Senat kann den noch nicht beschiedenen Teil des Rechtsstreits nicht an sich ziehen und anstelle des [X.]erufungsgerichts darüber entscheiden. Nach § 557 Abs. 1 ZPO ist die Nachprüfung des [X.]erufungsurteils durch die Revisionsanträge begrenzt ([X.] 23. März 2005 - 4 [X.] - zu II 5 der Gründe, [X.]E 114, 194; [X.] 13. Oktober 2000 - V ZR 356/99 - zu III der Gründe). Während für das [X.]erufungsverfahren mit der Regelung in § 538 ZPO eine Ausnahme vom Grundsatz der [X.]indung an die [X.] (§ 528 Satz 1 ZPO) besteht, existiert eine solche [X.]estimmung nicht für das Revisionsverfahren (zum Verhältnis von § 528 ZPO zu § 538 ZPO vgl. [X.] 19. November 1959 - [X.]/59 - zu 4 d der Gründe).

b) Ob im Hinblick auf den arbeitsrechtlichen [X.]eschleunigungsgrundsatz (§ 9 Abs. 1 ArbGG) unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen zuzulassen sind (so [X.] 24. November 2004 - 10 [X.] - zu [X.] 4 c der Gründe, [X.]E 113, 21; zuletzt offen gelassen in [X.] 16. Juli 2019 - 1 [X.] 537/17 - Rn. 15; 20. Juni 2018 - 7 [X.] - Rn. 21; 18. März 2014 - 3 [X.] 874/11 - Rn. 14), kann dahinstehen. Jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem bereits das [X.] ein unzulässiges Teilurteil erlassen und das [X.] über den in erster Instanz verbliebenen Teil nicht entschieden hat, kann das Revisionsgericht den Rechtsstreit nicht an sich ziehen. Anderenfalls würde über den Anspruch keine Entscheidung in den Tatsacheninstanzen ergehen. Den Parteien würde nicht nur in einer Tatsacheninstanz, sondern insgesamt die Möglichkeit zu weiterem Vorbringen genommen. Eine derartige Einschränkung der prozessualen Möglichkeiten kann nicht mit dem [X.]eschleunigungsgebot gerechtfertigt werden.

2. Die Sache ist, obwohl das unzulässige Teilurteil durch das [X.] erlassen worden ist, nicht an dieses, sondern an das [X.] zurückzuverweisen. Das [X.] kann den Rechtsstreit zwar an das [X.] zurückverweisen, wenn schon das [X.] die Sache an das [X.] hätte zurückverweisen müssen ([X.] 23. März 2021 - 3 [X.] 224/20 - Rn. 33; 14. Oktober 2020 - 5 [X.] 712/19 - Rn. 19, [X.]E 172, 372; jew. für den Fall einer fehlenden Urteilsverkündung durch das [X.]). Im Streitfall hätte das [X.] den noch beim [X.] anhängigen Teil des Rechtsstreits aber an sich ziehen und hierüber ebenfalls entscheiden müssen.

a) Nach einem unzulässigen Teilurteil darf das [X.]erufungsgericht die Sache an das Gericht des ersten Rechtszuges zurückverweisen oder den noch in erster Instanz befindlichen Teil an sich ziehen. Das ist nach § 538 Abs. 2 Satz 3 ZPO auch ohne Antrag und ohne Einverständnis der Parteien möglich ([X.] 13. Oktober 2008 - II [X.] - Rn. 7; vgl. weiterhin [X.] 20. Februar 2014 - 2 [X.] 864/12 - Rn. 23). Die Entscheidung zwischen der Zurückverweisung nach § 538 Abs. 2 ZPO und der eigenen Sachentscheidung durch das [X.]erufungsgericht gemäß § 538 Abs. 1 ZPO steht im pflichtgemäßen Ermessen des [X.]erufungsgerichts. Dabei hat es zu erwägen, dass eine Zurückverweisung der Sache in aller Regel zu einer Verteuerung und Verzögerung des Rechtsstreits sowie zu weiteren Nachteilen führen und dies den schützenswerten Interessen der Parteien entgegenstehen kann ([X.] 5. Juli 2011 - II [X.]/09 - Rn. 7; 10. März 2005 - [X.]/03 - zu II 2 der Gründe). Eine Zurückverweisung darf daher nur erfolgen, wenn die weitere Verhandlung der Sache vor dem Gericht des ersten Rechtszuges erforderlich ist (zu den Voraussetzungen etwa [X.] 1. Februar 2010 - II [X.] - Rn. 16). Daran fehlt es, wenn der Rechtsstreit ohne weitere Verhandlung zur Endentscheidung reif ist ([X.] 28. Februar 2005 - II [X.]/03 - zu [X.] der Gründe; vgl. auch [X.] 18. Januar 2007 - 8 [X.] 250/06 - Rn. 17).

b) Danach hätte das [X.] im Hinblick auf die Prozesswirtschaftlichkeit den in erster Instanz verbliebenen Teil des Rechtsstreits an sich ziehen und die Klage insgesamt abweisen müssen. Es ist zutreffend von der Zulässigkeit, aber [X.] der Klage für die [X.]räume Februar 2019 bis März 2020 (Antrag zu 1.) und ab Juli 2020 (Antrag zu 2.) ausgegangen. Da sich die Tätigkeit der Klägerin in den dazwischenliegenden Monaten nicht geändert hat, waren keine weiteren Feststellungen für die Abweisung des Antrags zu 3. erforderlich.

aa) Die Klage ist, soweit noch streitgegenständlich, zulässig.

(1) Die Klägerin verfolgt ihr [X.]egehren nicht im Wege einer unzulässigen, weil gegen das [X.]estimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO verstoßenden, alternativen Klagehäufung (zu dieser [X.] 28. April 2021 - 4 [X.] 230/20 - Rn. 18 mwN). Für den [X.]raum von Februar 2019 bis April 2019 beruft sie sich für die Anwendung des [X.] und die darin enthaltene Verweisung auf den [X.] allein auf die arbeitsvertragliche [X.]ezugnahmeregelung. Für die [X.] ab Mai 2019 ist die Klage auch auf die beiderseitige Tarifgebundenheit der Parteien (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 TVG) und damit auf zwei verschiedene Streitgegenstände (vgl. [X.] 28. April 2021 - 4 [X.] 230/20 - Rn. 19; 25. Januar 2017 - 4 [X.] 517/15 - Rn. 74, [X.]E 158, 54) gestützt. Die Klägerin war daher nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO gehalten, für diesen [X.]raum eine Rangfolge zu bestimmen, in der das Gericht die Prüfung der einzelnen Streitgegenstände vorzunehmen hat (vgl. hierzu [X.] 19. November 2019 - 3 [X.] 281/18 - Rn. 45, [X.]E 168, 345; ausführlich 2. August 2018 - 6 [X.] 437/17 - Rn. 18, [X.]E 163, 205). Das [X.] ist davon ausgegangen, die Klägerin stütze ihr [X.]egehren vorrangig auf die beiderseitige Tarifgebundenheit und lediglich hilfsweise auf die Anwendbarkeit der tariflichen [X.]estimmungen aufgrund arbeitsvertraglicher [X.]ezugnahme. Dem ist die Klägerin nicht entgegengetreten.

(2) Für den noch anhängigen Feststellungsantrag (Juli und August 2020) besteht das erforderliche Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO. Es handelt sich nach dem zutreffenden Verständnis des [X.]s um einen Eingruppierungsfeststellungsantrag, der auch gegenüber der [X.]eklagten als einem privatwirtschaftlichen Unternehmen zulässig ist (vgl. [X.] 11. Juli 2018 - 4 [X.] 488/17 - Rn. 13; 27. September 2017 - 4 [X.] 76/15 - Rn. 13). Er ist nach gebotener Auslegung hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Im Antrag fehlt zwar die genaue [X.]ezeichnung des Tarifvertrags, aus dem sich die begehrte Vergütungsverpflichtung der [X.]eklagten ergeben soll (zu diesem Erfordernis [X.] 25. Januar 2017 - 4 [X.] 517/15 - Rn. 18, [X.]E 158, 54). Aus der Klagebegründung ergibt sich aber, dass es sich - vermittelt über den [X.] - um den jeweils geltenden, zwischen dem [X.] und [X.] abgeschlossenen Gehaltstarifvertrag handelt.

[X.]) Die Klage ist unbegründet. Die [X.]eklagte war nicht verpflichtet, der Klägerin eine Vergütung nach [X.] [X.] Gehaltsgruppe I (nach dem 6. [X.]erufsjahr) [X.] zu zahlen.

(1) Auf das Arbeitsverhältnis fanden über § 2 Abs. 1, § 11 Abs. 2 [X.] der Manteltarifvertrag für den Einzelhandel in [X.] vom 10. Dezember 2013 ([X.]) sowie zunächst der [X.] vom 29. August 2017 und ab dem 1. Mai 2019 der [X.] vom 1. Juli 2019 Anwendung. Die beiden Gehaltstarifverträge sind - mit Ausnahme der Höhe der Vergütung und soweit vorliegend von [X.]elang - inhaltsgleich.

(2) Die für die Eingruppierung zuletzt maßgebenden [X.]estimmungen des [X.] und [X.] lauten:

        

Manteltarifvertrag …

        

§ 10   

        

Gehalts- und Lohnregelung

        

(1) Die Festsetzung der Gehälter und Löhne erfolgt in einer besonderen tariflichen Regelung. Der Arbeitnehmer wird in die seiner überwiegend ausgeübten Tätigkeit entsprechende Gehalts- oder Lohngruppe eingeordnet.

        

…       

        

(9) [X.]en der Unterbrechung von Arbeitsverhältnissen bis zu einem Ausmaß von 4 Monaten im Jahr sind bei der [X.]erechnung der [X.]erufsjahre nicht abzuziehen.

        

(10) [X.]en von Arbeitslosigkeit, für die entsprechend den gesetzlichen Vorschriften Arbeitslosenunterstützung gezahlt worden ist, sind als geleistete Arbeitszeit auf die [X.]erufsjahre anzurechnen, längstens jedoch bis zur Dauer eines Jahres.

        

(11) Arbeitnehmerinnen, die aus Anlass einer Niederkunft ihre Tätigkeit bis zu einem Jahr unterbrochen und in dieser [X.] keine andere bezahlte Tätigkeit aufgenommen haben, wird die Ausfallzeit als [X.]erufs- bzw. Tätigkeitsjahr angerechnet.

        

…“    

        

Gehaltstarifvertrag …

        

§ 2     

        

Gehaltsregelung

        

(1) Die Angestellten sind nach der von ihnen tatsächlich verrichteten Tätigkeit in eine der nachstehenden [X.]eschäftigungsgruppen einzugliedern. Die unter den [X.] aufgeführten [X.]eispiele gelten als Richtbeispiele.

        

(2) Die [X.] I - IV der [X.]eschäftigungsgruppen [X.] des § 3 umfassen die kaufmännischen Tätigkeiten, für die in der Regel eine abgeschlossene kaufmännische [X.]erufsausbildung (zwei- bzw. dreijährige Ausbildungszeit mit Abschlussprüfung) erforderlich ist.

        

(3) Der abgeschlossenen kaufmännischen [X.]erufsausbildung (zweijährige Ausbildungszeit mit Abschlussprüfung ‚Verkäufer/in‘) werden gleichgesetzt:

        

a)    

        

eine abgeschlossene zweijährige Ausbildung als [X.]üro- oder [X.] mit einem weiteren Jahr kaufmännischer Tätigkeit;

        

b)    

        

eine andersartige abgeschlossene dreijährige [X.]erufsausbildung.

        

Ist eine Gleichsetzung erfolgt, so werden die in diesem [X.]eruf zurückgelegten [X.]erufs- bzw. Tätigkeitsjahre angerechnet, wenn die [X.]eschäftigung entsprechend dem erlernten [X.]eruf erfolgt.

        

(4) Die festgelegten Gehaltssätze sind Mindestgehälter. Die Vergütung erfolgt in der Gehaltsgruppe I nach [X.]erufsjahren und in den [X.] II - IV nach Tätigkeitsjahren.

        

…       

        

§ 3     

        

[X.]eschäftigungsgruppen

        

A. Angestellte  o h n e  abgeschlossene kaufmännische Ausbildung

        

(1) Angestellte ohne abgeschlossene kaufmännische Ausbildung oder Angestellte, die die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 a) oder b) nicht erfüllen, erhalten

                 

bis 30.06.2019

ab 01.07.2019

ab 01.05.2020

        

im 1. Jahr der Tätigkeit

1.622,00 [X.]

1.671,00 [X.]

1.701,00 [X.]

        

im 2. Jahr der Tätigkeit

1.716,00 [X.]

1.767,00 [X.]

1.799,00 [X.]

        

im 3. Jahr der Tätigkeit

1.813,00 [X.]

1.867,00 [X.]

1.901,00 [X.]

        

(2) Mit [X.]eginn des 4. Tätigkeitsjahres erfolgt eine Einstufung in das 3. [X.]erufsjahr der Gehaltsgruppe I nach Abschnitt [X.]. Die Dauer einer abgebrochenen oder nicht durch bestandene Prüfung abgeschlossenen Ausbildungszeit wird bei der [X.]erechnung der Tätigkeitsjahre berücksichtigt. Die dieser [X.]ezahlung entsprechenden [X.]erufsjahre gelten als zurückgelegt.

        

…       

        

[X.]. Angestellte  m i t  abgeschlossener kaufmännischer Ausbildung

        

(1) Angestellte, die eine zweijährige Ausbildung mit Abschlussprüfung nach dem staatlich anerkannten [X.]erufsbild ‚Verkäufer/Verkäuferin‘ nachweisen, erhalten, sofern sie erstmalig in die Gehaltsgruppe I eingruppiert werden, das Entgelt des 2. [X.] der Gehaltsgruppe [X.]

        

(2) [X.]ei Angestellten, die eine dreijährige Ausbildung mit Abschlussprüfung nach dem staatlich anerkannten [X.]erufsbild ‚Einzelhandelskaufmann/-kauffrau‘ oder ‚Kaufmann/Kauffrau im Einzelhandel‘ nachweisen, gelten, sofern sie erstmalig in die [X.] eingruppiert werden, das 1. und 2. [X.]erufsjahr als zurückgelegt. Sie erhalten nach der Abschlussprüfung das Entgelt des 3. [X.] der Gehaltsgruppe [X.] Diese Vorschrift gilt entsprechend für Angestellte, die eine dreijährige Ausbildung nach einem anderen kaufmännischen [X.]erufsbild aus dem [X.]ereich Einzelhandel nachweisen.

        

…       

        

Gehaltsgruppe I

        

Angestellte mit einfacher kaufmännischer Tätigkeit

        

[X.]eispiele:

Verkäufer

                 

Kassierer mit einfacher Tätigkeit

                 

Stenotypisten für einfache Tätigkeit

                 

…       

                          
                 

bis 30.06.2019

ab 01.07.2019

ab 01.05.2020

        

1. [X.]erufsjahr

1.764,00 [X.]

1.817,00 [X.]

1.850,00 [X.]

        

2. [X.]erufsjahr

1.815,00 [X.]

1.869,00 [X.]

1.903,00 [X.]

        

3. [X.]erufsjahr

2.025,00 [X.]

2.086,00 [X.]

2.124,00 [X.]

        

4. [X.]erufsjahr

2.074,00 [X.]

2.136,00 [X.]

2.174,00 [X.]

        

5. [X.]erufsjahr

2.275,00 [X.]

2.343,00 [X.]

2.385,00 [X.]

        

ab dem 6. [X.]erufsjahr

2.579,00 [X.]

2.656,00 [X.]

2.704,00 [X.]“

(3) Zugunsten der Klägerin kann davon ausgegangen werden, dass sie im Streitzeitraum nach § 10 Abs. 1 Satz 2 [X.], § 2 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 [X.] überwiegend einfache kaufmännische Tätigkeiten iSd. [X.] [X.] Gehaltsgruppe I [X.] des § 3 [X.] ausgeübt hat.

(4) Eine Einstufung in [X.] [X.] Gehaltsgruppe I [X.] nach § 3 A Abs. 2 [X.] könnte, da die Klägerin nicht über eine Ausbildung iSd. § 3 [X.] 1 oder Abs. 2, § 2 Abs. 2 oder Abs. 3 [X.] verfügt, erst nach drei [X.]en bei der [X.]eklagten erfolgen. Sie war jedoch lediglich vom 13. Oktober 2017 bis zum 31. August 2020 und damit kürzer als drei Jahre bei ihr beschäftigt. Ihre Tätigkeitszeiten bei anderen Arbeitgebern sind keine iSd. § 3 A Abs. 2 [X.]. Dies ergibt die Auslegung des [X.] (zu den Auslegungsgrundsätzen [X.] 13. Oktober 2021 - 4 [X.] 365/20 - Rn. 21 mwN).

(a) Dem Wortlaut des [X.] lässt sich nicht entnehmen, ob unter dem in § 3 A Abs. 2 [X.] verwendeten [X.]egriff „[X.]e“ lediglich solche zu verstehen sind, die beim aktuellen Arbeitgeber verbracht wurden.

(aa) Die tariflichen Regelungen enthalten keine Definition des [X.]egriffs „[X.]“. Als Tätigkeit wird allgemein die Gesamtheit derjenigen Verrichtungen, mit denen jemand in Ausübung seines [X.]erufs zu tun hat, das Tätigsein, das Sichbeschäftigen mit etwas verstanden ([X.] 18. November 2020 - 5 [X.] 57/20 - Rn. 21). Damit wird aber noch keine Aussage darüber getroffen, ob die Tätigkeit nur beim derzeitigen Arbeitgeber erbracht werden kann.

([X.]) Die Verwendung des [X.]egriffs „Tätigkeit“ statt „[X.]etriebszugehörigkeit“ lässt nicht den Schluss zu, diese sei unabhängig von der [X.]etriebszugehörigkeit zu berücksichtigen (so aber [X.] 12. Februar 2013 - 2 [X.] - zu II [X.] 2 a cc (2) (a) der Gründe). Für die Eingliederung wird auf die „Tätigkeit“ beim jeweiligen Arbeitgeber abgestellt (§ 2 Abs. 1 [X.], § 10 [X.]), die sich während der Dauer der [X.]etriebszugehörigkeit ändern kann. Es handelt sich daher um in unterschiedlichen Zusammenhängen verwendete [X.]egriffe, deren [X.]edeutung eigenständig zu ermitteln ist.

(b) Systematische Erwägungen sprechen dafür, als [X.]e nur [X.]eschäftigungsjahre beim derzeitigen Arbeitgeber anzusehen.

(aa) Nach § 2 Abs. 3 [X.] über die Gleichsetzung anderer Ausbildungen mit der abgeschlossenen kaufmännischen Ausbildung sind nur „kaufmännische Tätigkeiten“ (§ 2 Abs. 3 [X.]uchst. a [X.]) zu berücksichtigen. Darüber hinaus erfolgt eine Anrechnung von „[X.]erufs- bzw. [X.]en“ nur bei „[X.]eschäftigung entsprechend dem erlernten [X.]eruf“ (§ 2 Abs. 3 Satz 2 [X.]). Soll für diese Einschränkungen auf bestimmte Tätigkeiten ein Anwendungsbereich für eine Einstufung in [X.] [X.] [X.] [X.] verbleiben, steht dies einem Verständnis entgegen, nach § 3 A Abs. 2 [X.] seien auch jegliche Tätigkeiten bei vorherigen Arbeitgebern zu berücksichtigen.

([X.]) Den tariflichen [X.]estimmungen kann zudem keine ausdrückliche Regelung entnommen werden, welche „Tätigkeiten“ bei anderen Arbeitgebern für eine Stufenzuordnung [X.]erücksichtigung finden können. Es wird weder eine kaufmännische Tätigkeit noch eine solche „in der Gehaltsgruppe“ gefordert. Eine Definition ist allerdings auch entbehrlich, wenn nur die konkrete, eingruppierungsrelevante Tätigkeit beim derzeitigen Arbeitgeber (§ 2 Abs. 1 [X.], § 10 [X.]) maßgebend sein soll. Die abweichende Auffassung der Klägerin würde zu erheblichen Problemen bei der praktischen Durchführung des Tarifvertrags und der [X.]estimmung von anrechenbaren Tätigkeiten führen (vgl. [X.] 28. Mai 2013 - 3 [X.] - zu II [X.] 4 d der Gründe). Jedenfalls soweit Tätigkeiten außerhalb des fachlichen Geltungsbereichs des [X.] in Rede stehen, wäre zu erwarten gewesen, dass die Tarifvertragsparteien erkennbar zum Ausdruck bringen, dass auch diese für die Einstufung [X.]erücksichtigung finden sollen (vgl. [X.] 3. Dezember 1986 - 4 [X.] 19/86 -; ähnlich [X.] 28. Mai 2013 - 3 [X.] - zu II [X.] 4 der Gründe).

(cc) Dieses Verständnis wird durch § 10 [X.] bestätigt. Nach dessen Abs. 9 und Abs. 10 sind bestimmte [X.]räume der Unterbrechung von Arbeitsverhältnissen und [X.]en der Arbeitslosigkeit als [X.]erufsjahre, nicht aber als [X.]e anrechenbar. Die Unterbrechung der Tätigkeit - nicht eines Arbeitsverhältnisses - aus Anlass der Niederkunft ist demgegenüber für [X.]erufs- bzw. [X.]e zu berücksichtigen (§ 10 Abs. 11 [X.]). Diese Regelungen sprechen ebenfalls dafür, dass [X.]erufsjahre außerhalb des derzeitigen Arbeitsverhältnisses erbracht werden können, nicht aber [X.]e.

([X.]) Die Klägerin kann sich für ihr Verständnis des Tarifbegriffs nicht auf § 11 Abs. 4 [X.] stützen. Der [X.] ist zeitlich erst nach der streitgegenständlichen Regelung und zudem von anderen Tarifvertragsparteien abgeschlossen worden. Für eine nur ausnahmsweise mögliche tarifvertragsübergreifende Auslegung liegen die erforderlichen Voraussetzungen nicht vor (dazu [X.] 1. Juli 2009 - 4 [X.] - Rn. 44, [X.]E 131, 197). Im Übrigen fehlt es an Anhaltspunkten, die Tarifvertragsparteien des [X.] hätten bewusst eine vom [X.] abweichende Regelung treffen wollen. Davon ist das [X.] zutreffend ausgegangen.

(ee) [X.]ei der Auslegung des [X.]egriffs „[X.]e“ können allerdings die durch das [X.] zitierten gesetzlichen Regelungen (§ 1 Abs. 1 KSchG, § 622 [X.]G[X.], § 8 Abs. 1 Tz[X.]fG) nicht herangezogen werden. Diese lassen ebenso wenig wie die durch die Klägerin zitierten tarifvertraglichen Vorschriften (z[X.] § 3 Gehalts- und Lohntarifvertrag Niedersachsen, § 3 Gehalts- und Lohntarifvertrag [X.]remen, § 2 Gehaltstarifvertrag für den [X.] Einzelhandel) einen Rückschluss auf das Verständnis der streitgegenständlichen Tarifbestimmungen zu, weil sie andere Fallgestaltungen betreffen oder abweichende Formulierungen enthalten.

(c) Gegen eine Anrechnung jeglicher Tätigkeitszeiten bei früheren Arbeitgebern sprechen auch Sinn und Zweck der Eingliederungsregelungen des [X.]. Es sollen erkennbar der Abschluss einer Ausbildung oder zumindest Ausbildungszeiten durch höhere Vergütungen gefördert werden. Angestellte ohne abgeschlossene Ausbildung erhalten (zunächst) eine geringere Vergütung, wobei sich jede - also auch eine fachfremde - Ausbildung positiv auf die Vergütung auswirkt (§ 2 Abs. 3 [X.]uchst. b [X.]). Dieses Ziel würde nicht erreicht, wenn bereits bei [X.]eginn des Arbeitsverhältnisses alle Vorbeschäftigungszeiten bei anderen Arbeitgebern zu berücksichtigen wären.

(d) Schließlich bestätigt die Entstehungsgeschichte der Eingliederungsbestimmungen des [X.] das Auslegungsergebnis, im Rahmen des § 3 A Abs. 2 [X.] nur Tätigkeiten zu berücksichtigen, die beim derzeitigen Arbeitgeber erbracht worden sind.

(aa) §§ 2 und 3 [X.] idF vom 11. Juni 2009 ([X.] 2009) lauteten auszugsweise wie folgt:

        

Gehaltstarifvertrag

        

§ 2     

        

Gehaltsregelung

        

…       

        

2) Die [X.] I - IV der [X.]eschäftigungsgruppen [X.] des § 3 umfassen die kaufmännischen Tätigkeiten, für die in der Regel eine abgeschlossene kaufmännische [X.]erufsausbildung (zwei- bzw. dreijährige Ausbildungszeit mit Abschlussprüfung) erforderlich ist.

        

(3) Der abgeschlossenen kaufmännischen [X.]erufsausbildung (zweijährige Ausbildungszeit mit Abschlussprüfung ‚Verkäufer/in‘) werden gleichgesetzt:

        

a) eine abgeschlossene zweijährige Ausbildung als [X.]üro- oder [X.] mit einem weiteren Jahr kaufmännischer Tätigkeit;

        

b) eine kaufmännische [X.]erufstätigkeit überwiegend im Verkauf von drei Jahren, im übrigen von vier Jahren;

        

c) eine andersartige abgeschlossene dreijährige [X.]erufsausbildung.

        

Ist eine Gleichsetzung erfolgt, so werden die in diesem [X.]eruf zurückgelegten [X.]erufs- bzw. Tätigkeitsjahre angerechnet, wenn die [X.]eschäftigung entsprechend dem erlernten [X.]eruf erfolgt.

        

…       

        

§ 3     

        

[X.]eschäftigungsgruppen

        

A. Angestellte  o h n e  abgeschlossene kaufmännische Ausbildung

        

(1) Angestellte ohne abgeschlossene kaufmännische Ausbildung oder Angestellte, die die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 a), b) oder c) nicht erfüllen, erhalten

        

im    

1.    

und     

2.    

Jahr der Tätigkeit

85 %   

        

im    

                 

3.    

Jahr der Tätigkeit

90 %   

        

im    

                 

4.    

Jahr der Tätigkeit

95 %   

                 

des [X.] der Gehaltsgruppe I, und zwar

                 

des 1. [X.] bei Aufnahme der Tätigkeit vor vollendetem 18. Lebensjahr,

                 

des 2. [X.] bei Aufnahme der Tätigkeit nach vollendetem 18. Lebensjahr,

                 

des 4. [X.] bei Aufnahme der Tätigkeit nach vollendetem 25. Lebensjahr.

        

(2) Mit [X.]eginn des 4. Tätigkeitsjahres der in § 2 Abs. 3a) und 3c) genannten Arbeitnehmer bzw. mit [X.]eginn des 4. oder 5. Tätigkeitsjahres der in § 2 Abs. 3b) genannten Arbeitnehmer erfolgt die Einstufung in dasjenige [X.]erufsjahr der Gehaltsgruppe I, das dem [X.]erufsjahr folgt, von welchem bei Aufnahme der Tätigkeit die bisherigen Abschläge errechnet wurden. Die Dauer einer abgebrochenen oder nicht durch bestandene Prüfung abgeschlossenen Ausbildungszeit wird bei der [X.]erechnung der Tätigkeitsjahre berücksichtigt. Die dieser [X.]ezahlung entsprechenden [X.]erufsjahre gelten als zurückgelegt.

        

…“    

([X.]) Nach § 2 Abs. 3 [X.]uchst. b [X.] 2009 war „eine kaufmännische [X.]erufstätigkeit überwiegend im Verkauf von drei Jahren, im übrigen von vier Jahren“ einer abgeschlossenen kaufmännischen [X.]erufsausbildung gleichgesetzt. Angestellte mit einer solchen Erfahrung konnten damit - unter Anrechnung der in diesem [X.]eruf zurückgelegten [X.]e - direkt in die [X.] [X.] [X.] 2009 eingestuft werden. Demgegenüber konnten Angestellte ohne abgeschlossene Ausbildung oder Angestellte, die die Voraussetzungen des § 2 Abs. 3 [X.]uchst. a, b oder c [X.] 2009 nicht erfüllten, die [X.] nach [X.] [X.] überhaupt nicht erreichen. Dies war nach § 3 Abs. 2 [X.] 2009 allein den in § 2 Abs. 3 [X.]uchst. a, b und c [X.] 2009 genannten Arbeitnehmern vorbehalten.

Mit Streichung des § 2 Abs. 3 [X.]uchst. b [X.] 2009 durch den [X.] idF vom 29. Juni 2011 ist gleichzeitig in § 3 Abs. 2 [X.] durch die bis heute unveränderte Regelung allen Angestellten ohne Ausbildung die Möglichkeit eröffnet worden, zumindest eine Vergütung nach [X.] [X.] Gehaltsgruppe I [X.] zu erreichen. Hinsichtlich dieser Angestellten fehlt aber seither eine Regelung zur Anrechnung von Vorbeschäftigungszeiten „in diesem [X.]eruf“. Das lässt nur den Schluss zu, dass eine solche nicht erfolgen soll. In der Folge sind als [X.]e nur die beim derzeitigen Arbeitgeber zu berücksichtigen.

        

    Treber    

        

    M. Rennpferdt    

        

    Klug    

        

        

        

    Peter Thieß    

        

    Mayr    

                 

Meta

4 AZR 250/21

23.02.2022

Bundesarbeitsgericht 4. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Bielefeld, 23. Juli 2020, Az: 1 Ca 1071/20, Teilurteil

§ 301 ZPO, § 318 ZPO, § 538 ZPO, § 557 ZPO, § 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.02.2022, Az. 4 AZR 250/21 (REWIS RS 2022, 1074)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 1074

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