Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.04.2018, Az. 5 AZR 85/17

5. Senat | REWIS RS 2018, 10079

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Gegenstand

Anspruch eines AT-Beschäftigten auf Vergütung, die den Mindestabstand zur höchsten tarifvertraglichen Vergütung wahrt


Tenor

1. Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] vom 16. November 2016 - 5 [X.]/16 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Höhe der Vergütung.

2

Der Kläger ist seit dem [X.] bei der [X.] bzw. deren Rechtsvorgängerin beschäftigt. [X.] ging der [X.]etrieb der [X.], dem der Kläger angehörte, im Wege eines [X.]etriebsübergangs auf die [X.] ([X.]) über. Mit weiteren [X.]etriebsübergängen des Jahres 1998 ging der [X.]etrieb zunächst auf die [X.] GmbH & Co. OHG und sodann auf die [X.] ([X.]) über. Schließlich ging der [X.]etrieb im Jahr 2004 im Wege eines weiteren [X.]etriebsübergangs auf die [X.]eklagte über.

3

[X.]m [X.] vom 30. August 1985 wird auf die beigefügten „[X.]“ verwiesen, wonach „der Tarifvertrag zur Anwendung“ kommt. Der Kläger wurde mit Schreiben der [X.] vom 4. August 1993 zum 1. Oktober 1993 zum „Mitarbeiter des [X.]“ ernannt. Darin heißt es [X.].:

        

„Mit Wirkung zum 01.10.1993 ernennen wir Sie zum Mitarbeiter des Führungskreises der [X.], [X.].

        

…       

        

An die Stelle der bisher für Sie gültigen tarifvertraglichen Regelungen tritt dieser Arbeitsvertrag mit den beiliegenden unternehmenseinheitlichen Allgemeinen Vertragsbestandteilen für den Führungskreis der [X.] ...“

4

Zum Zeitpunkt der Ernennung galt die [X.]etriebsvereinbarung „Entlohnungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte“ vom 15. November 1991, die [X.]. bestimmt:

        

„Zwischen [X.]etriebsleitung und [X.]etriebsrat wurden die Entlohnungsgrundsätze für außertarifliche Angestellte … festgelegt. Die Regelungen treten am 01.01.1992 in [X.]. Sie entsprechen im Wesentlichen den [X.], die schon bisher … am Standort angewandt wurden.

        

…       

        

[X.]m außertariflichen [X.]ereich werden die beiden [X.] und [X.] gebildet, die als „Mittlerer Führungskreis“ bezeichnet werden.

        

…“    

5

Zum 1. Oktober 1996 wurde der „Führungskreis“ in „[X.]“ umbenannt. Hierzu erhielt der Kläger ein [X.]nformationsschreiben vom 26. August 1996, das [X.]. beinhaltet:

        

„[X.]hr [X.]eschäftigungsverhältnis als Mitarbeiter des ÜT-Kreises

        

…       

        

[X.]m ÜT-Kreis ergeben sich die für Sie maßgeblichen Änderungen im Wesentlichen aus der [X.]etriebsvereinbarung zum AT-[X.]ereich der [X.], ...

        

Der bisherige Führungskreis wird mit Wirkung zum 01.10.1996 in ÜT-Kreis umbenannt.

        

…       

        

Gemäß der modifizierten [X.]etriebsvereinbarung zum AT-[X.]ereich werden … alle Mitarbeiter der [X.] der [X.] 5 zugeordnet.

        

…“    

6

Am 19. Dezember 2000 schloss die [X.] mit dem bei ihr bestehenden [X.]etriebsrat eine „[X.]etriebsvereinbarung zur Entwicklung, Förderung und Anerkennung ([X.])“ (iF [X.]V [X.]), die [X.]. beinhaltet:

        

„Die Einhaltung der [X.] [X.] wird in [X.]ezug auf das Einstiegsgehalt in die [X.] 5 für alle Mitarbeiter zugesichert.“

7

Der Kläger ist seit 1. November 2005 Mitglied der [X.] [X.]. Die [X.]eklagte ist sog. [X.] im [X.] in [X.]ayern.

8

Der Manteltarifvertrag für die Arbeitnehmer der [X.] Metall- und Elektroindustrie vom 23. Juni 2008 ([X.]) regelt [X.].:

        

§ 1 Geltungsbereich

        

Der Tarifvertrag gilt:

        

…       

        

3. Persönlich:

        

([X.]) Für alle Arbeitnehmer sowie für die Auszubildenden.

        

([X.][X.]) Nicht als Arbeitnehmer i. S. dieses Vertrages gelten:

        

…       

        

d) sonstige Arbeitnehmer, denen auf außertariflicher Grundlage ein garantiertes monatliches Entgelt zugesagt worden ist, das den Tarifsatz der [X.] 12 (Stufe [X.]) um 30,5 v. H. übersteigt, oder denen auf außertariflicher Grundlage ein garantiertes Jahreseinkommen zugesagt worden ist, das den zwölffachen Tarifsatz der [X.] 12 (Stufe [X.]) um 35 v. H. übersteigt.

        

…       

        

Anmerkung zu § 1 Ziff. 3 Abs. ([X.][X.]) d

        

…       

        

Der Tarifsatz der [X.] 12 (Stufe [X.]) bezieht sich auf die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit gem. § 2 Ziff. 1 Abs. ([X.]). [X.]ei einer abweichenden individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit wird das nach der Formel gem. § 15 Ziff. 1 Abs. ([X.][X.]) berechnete Monatsgrundentgelt zugrunde gelegt.

                 
        

§ 2 Regelmäßige Arbeitszeit

        

1.    

        

([X.]) Die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit ohne Pausen beträgt 35 Stunden.

        

…       

        

§ 15 Tarifliches Monatsgrundentgelt und tarifliches Stundenentgelt

        

1.    

        

([X.]) … 

        

([X.][X.]) [X.]ei einer von der tariflichen wöchentlichen Arbeitszeit abweichenden individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ([X.]RWAZ) errechnen sich die tariflichen Monatsgrundentgelte nach folgender Formel:

        

Monatsgrundentgelt gem. Entgelttabelle x [X.]RWAZ in Stunden

        

35 Stunden

        

…“    

9

Die Vergütung im [X.]etrieb der [X.] lehnt sich an den [X.] der [X.] Metall- und Elektroindustrie an. Die [X.]etriebsvereinbarung vom 28. Mai 2009 ([X.]V ERA) enthält folgende Regelung:

        

§ 1 Persönlicher Geltungsbereich

        

Diese [X.]etriebsvereinbarung gilt für alle Arbeitnehmer* der [X.] an den Standorten M und N, mit Ausnahme derer, die einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf übertarifliche [X.]ezahlung haben bzw. nach [X.] 4 od. 5 vergütet werden ...“

[X.]n den Jahren seit der Ernennung bis einschließlich 2009 erhielt der Kläger eine Vergütung, die über dem [X.] nach § 1 Ziff. 3 Abs. 2 [X.]uchst. [X.] lag. [X.]n den Jahren 2010 bis 2013 zahlte die [X.]eklagte an den Kläger eine als Sonderzahlung bezeichnete [X.]szahlung. Für das [X.] leistete die [X.]eklagte keine solche Zahlung.

Die [X.]eklagte schloss in den Jahren 2010 bis 2013 mit dem Gesamtbetriebsrat [X.] über die Zahlung des [X.]s für das jeweilige Jahr.

Der Kläger fordert die Aufstockung seines Jahreseinkommens 2014 in Höhe des Abstands zum höchsten Tarifgehalt der [X.] 12 [X.] ERA-TV. Die vertragliche Zuordnung zum „Führungskreis“ beinhalte eine solche zum außertariflichen Mitarbeiterkreis. Dies beinhalte den Status als außertariflicher Angestellter, womit ihm zugleich eine Vergütung unter Einhaltung des Mindestabstandsgebots zugesagt worden sei. Eine ausdrückliche Zusicherung auf Einhaltung des [X.]s ergebe sich auch aus der [X.]V [X.].

Der Kläger hat beantragt,

        

die [X.]eklagte zu verurteilen, an den Kläger 4.304,30 Euro brutto nebst Verzugszinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen [X.]asiszinssatz seit dem 1. Jan[X.]r 2015 zu zahlen.

Die [X.]eklagte hat Klageabweisung beantragt. Weitere Vergütungsansprüche bestünden nicht. Die Zahlungen in den Jahren 2010 bis 2013 beruhten auf [X.]. Für das [X.] sei eine solche nicht geschlossen worden. Etwaige Ansprüche seien jedenfalls erfüllt.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die [X.]erufung des [X.] zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen [X.] weiter.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision ist begründet. Ob das [X.] die Berufung des [X.] gegen das die Klage abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückweisen durfte, kann vom Senat nicht entschieden werden. Das [X.] durfte nicht offenlassen, ob die Begriffe „übertariflich“ und „außertariflich“ im Unternehmen der [X.] synonym verwendet werden. Daher ist das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 ZPO).

I. Die Revision ist zulässig. Nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO gehört zum notwendigen Inhalt der Revisionsbegründung die Angabe der Revisionsgründe. Bei einer Sachrüge muss der vermeintliche Rechtsfehler des [X.]s so aufgezeigt werden, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Dazu muss die Revisionsbegründung eine konkrete Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils enthalten ([X.] 24. Januar 2017 - 1 [X.] - Rn. 10). Dem genügt die Revisionsbegründung, indem sie die für das Berufungsurteil kausale Auslegung der vertraglichen Vereinbarung rügt.

II. Die Revision ist begründet. Das [X.] hat den Sachverhalt unvollständig gewürdigt. Weiterhin fehlt es an Feststellungen zu [X.], die den Inhalt des Arbeitsverhältnisses des [X.] bilden und für die Auslegung des Arbeitsvertrags erforderlich sind. Daher ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). An einer eigenen Endentscheidung ist der Senat gehindert (§ 563 Abs. 3 ZPO).

1. Ein tarifvertraglicher Anspruch auf Wahrung des [X.] aufgrund unmittelbarer und zwingender Geltung von [X.] nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG besteht nicht. Nach den bindenden Feststellungen des [X.]s (§ 559 Abs. 2 ZPO) fehlt es an einer beiderseitigen Tarifbindung. Der Kläger ist zwar Mitglied der tarifschließenden [X.], die Beklagte hingegen lediglich sog. [X.] im Arbeitgeberverband.

2. Ob der Kläger einen arbeitsvertraglichen Anspruch iSv. § 1 Ziff. 3 Abs. 2 Buchst. [X.] auf eine Vergütung hat, die den [X.] wahrt, vermag der Senat mangels tatsächlicher Feststellungen nicht zu entscheiden. Das [X.] durfte nicht offenlassen, ob die Verwendung des Begriffs „ÜT“, dh. „übertariflich“, im Unternehmen der [X.] gleichbedeutend ist mit „außertariflich“. Daher ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).

a) Aufgrund der Bezugnahme im [X.] vom 30. August 1985 auf tarifvertragliche Regelungen könnte es naheliegen, dass dem Kläger durch die Ernennung zum Mitarbeiter des „[X.]“ und die spätere Umbenennung in „[X.]“ der Status eines außertariflichen Angestellten zugesagt wurde. Doch hat das [X.] keine Feststellungen zu den einzelnen [X.] getroffen. Nach dem Informationsschreiben zur Umbenennung des [X.] vom 26. August 1996 ergeben sich die für den Kläger maßgeblichen Änderungen im Wesentlichen aus der „Betriebsvereinbarung zum [X.] der [X.]“. Deren Inhalt hätte das [X.] feststellen und bei seiner Auslegung berücksichtigen müssen.

b) Bei synonymer Verwendung der Begriffe „übertariflich“ und „außertariflich“ wäre mit der vertraglich vereinbarten Aufnahme des [X.] in den „[X.]“ die Zusage verbunden, eine Vergütung zu zahlen, die den [X.] wahrt. Dies folgt aus den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen unter Berücksichtigung von § 1 Ziff. 3 Abs. 2 Buchst. [X.].

aa) Nach allgemeinem Begriffsverständnis zeichnen sich außertarifliche Mitarbeiter dadurch aus, dass sie kraft ihrer Tätigkeitsmerkmale oder ihrer Vergütungshöhe nicht mehr unter den persönlichen Geltungsbereich des einschlägigen Tarifvertrags fallen (vgl. [X.] 28. Mai 1974 - 1 [X.] - zu II 3 der Gründe; [X.] ArbR-HdB/[X.] 17. Aufl. § 13 Rn. 13; [X.]/Preis 18. Aufl. § 611a BGB Rn. 119). Unerheblich ist, ob eine beiderseitige Tarifbindung besteht. Es genügt, dass das Arbeitsverhältnis an sich vom Geltungsbereich des Tarifvertrags erfasst wird.

[X.]) Entgegen der Auffassung der [X.] beruhen auch die Entscheidungen des Senats zur konstitutiven „Ernennung“ zum außertariflichen Angestellten (vgl. [X.] 3. September 2014 - 5 [X.] 1020/12 - und - 5 [X.] 240/13 -) nicht lediglich auf der Tatsache einer beiderseitigen Tarifbindung, sondern auf der Auslegung der vertraglichen Vereinbarungen. [X.] Mitarbeiter sind damit regelmäßig Arbeitnehmer, deren Vergütung gerade nicht durch Tarifvertrag geregelt wird, weil ihre Tätigkeit höher zu bewerten ist als die Tätigkeit in der obersten Tarifgruppe ([X.]/[X.] 18. Aufl. § 87 [X.] Rn. 106), sie beziehen also eine über die höchste tarifliche Vergütungsgruppe hinausgehende Vergütung ([X.] 7. Aufl. § 611 Rn. 238). Sinn und Zweck eines [X.] besteht gerade darin, das Arbeitsverhältnis auf eine vom Tarifvertrag losgelöste Grundlage zu stellen (vgl. [X.] 21. Juni 2000 - 4 [X.] 793/98 - zu II 1 b [X.] (2) der Gründe, [X.]E 95, 133). Ausgehend von diesem Begriffsverständnis sind außertarifliche Angestellte solche, die nicht mehr unter den persönlichen Geltungsbereich des einschlägigen Tarifvertrags fallen (vgl. [X.] in Kittner/Zwanziger/[X.]/[X.] Arbeitsrecht 9. Aufl. § 119 Rn. 1).

c) Der [X.] ist nach den Feststellungen des [X.]s (§ 559 Abs. 2 ZPO) räumlich und fachlich einschlägig. Er schließt aus seinem persönlichen Geltungsbereich Arbeitnehmer aus, denen auf außertariflicher Grundlage eine Vergütung zugesagt wurde, die den Höchstsatz der höchsten [X.] um den Prozentsatz von 30,5 (hinsichtlich des [X.]) bzw. von 35 (hinsichtlich des Jahreseinkommens) übersteigt. Das Arbeitsverhältnis des [X.] auf außertariflicher Grundlage entspricht den Anforderungen, die der [X.] an den [X.] stellt. Die zwischen den Parteien getroffene Vereinbarung eines außertariflichen Vertragsverhältnisses kann nur so gedeutet werden, dass die Gehaltsbezüge den im [X.] ausgewiesenen Mindestabstand aufweisen müssen.

d) Entgegen der Auffassung der [X.] widerspricht dieses Auslegungsergebnis nicht der Entscheidung des [X.] vom 18. Juli 2013 (- [X.]/11 - [[X.] ua.] Rn. 28 f.). Es geht im Streitfall allein um eine arbeitsvertragliche Vergütungsregelung und nicht um Regelungen eines individualvertraglich in Bezug genommenen Kollektivvertrags.

e) Kommt das [X.] zu dem Schluss, die Begriffe „übertariflich“ und „außertariflich“ seien synonym gebraucht, wird es Feststellungen zur Höhe des Anspruchs zu treffen haben. Das [X.] hat nicht festgestellt, ob dem Kläger ein garantiertes monatliches Entgelt oder ein garantiertes Jahreseinkommen iSd. § 1 Ziff. 3 Abs. 2 Buchst. [X.] zugesagt worden ist. Ohne entsprechende Feststellungen kann über eine mögliche Erfüllung des Zahlungsanspruchs (§ 362 Abs. 1 BGB) nicht entschieden werden. Bei Berechnung der Klageforderung ist nach der Anmerkung zu § 1 Ziff. 3 Abs. 2 Buchst. [X.] das Tabellenentgelt der [X.] 12 (Stufe B) von einer 35-Stundenwoche in die mit dem Kläger vereinbarte 40-Stundenwoche umzurechnen.

aa) Die Anmerkung zu § 1 Ziff. 3 Abs. 2 Buchst. [X.] gehört zum Tariftext und hat Regelungscharakter (vgl. hierzu [X.] 22. September 2010 - 4 [X.] 33/09 - Rn. 17 mwN). Der Normsetzungswille der Tarifvertragsparteien dokumentiert sich darin, dass sich der Ausschluss aus dem persönlichen Geltungsbereich bei Vergütungszahlung mit Wahrung eines Mindesttarifabstands hinsichtlich der Berechnung einerseits auf die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit beziehen soll, andererseits aber abweichend davon auch eine individuelle wöchentliche Arbeitszeit zugrunde gelegt werden kann. Für eine solche Regelung gibt es in § 1 Ziff. 3 Abs. 2 Buchst. [X.] ansonsten keinen Anhaltspunkt. Die erforderliche Schriftform nach § 1 Abs. 2 TVG iVm. §§ 126, 126a BGB ist ebenfalls gewahrt (vgl. [X.] 22. September 2010 - 4 [X.] 33/09 - Rn. 20).

[X.]) Nach der Anmerkung zu § 1 Ziff. 3 Abs. 2 Buchst. [X.] bezieht sich der Tarifsatz der [X.] 12 (Stufe B) auf die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit gemäß § 2 Ziff. 1 Abs. 1 [X.]. Bei einer hiervon abweichenden individuellen regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit ist ein nach § 15 Ziff. 1 Abs. 2 [X.] zu berechnendes Monatsgrundentgelt zugrunde zu legen. Hierzu ist nach § 15 Ziff. 1 Abs. 2 [X.] das Monatsgrundentgelt gemäß [X.] mit der individuellen regelmäßigen Wochenarbeitszeit in Stunden ([X.]) zu multiplizieren und durch (die tarifliche wöchentliche Arbeitszeit von) 35 Stunden zu dividieren. Das tarifliche [X.] nach § 1 Ziff. 3 Abs. 2 Buchst. [X.] ist gewahrt, wenn das zugesagte und garantierte monatliche Entgelt den Tarifsatz der [X.] 12 (Stufe B) um 30,5 % bzw. das zugesagte und garantierte Jahreseinkommen den zwölffachen Tarifsatz der [X.] 12 (Stufe B) um 35 % übersteigt (vgl. [X.] 3. September 2014 - 5 [X.] 240/13 - Rn. 26).

cc) Die von der [X.] angeführte Rechtsprechung des [X.] steht dem Auslegungsergebnis nicht entgegen. Mangelt es an einer anderweitigen Bestimmung des Tarifvertrags, soll eine monatliche Vergütung für die Abstandsberechnung auch dann maßgebend sein, wenn die Arbeitszeit des außertariflichen Mitarbeiters die tarifliche Arbeitszeit überschreitet (vgl. [X.] 26. November 2003 - 4 [X.] - [X.]E 109, 12). Doch ist nur bei Fehlen einer besonderen Regelung oder im Zweifel die tarifliche Arbeitszeit zugrunde zu legen, auch wenn die Arbeitszeit des betreffenden Arbeitnehmers diese überschreitet (vgl. [X.] 7. Aufl. § 611 Rn. 238; [X.] ArbR-HdB/[X.] 17. Aufl. § 13 Rn. 13). Der [X.] enthält jedoch mit der Anmerkung zu § 1 Ziff. 3 Abs. 2 Buchst. d eine Bestimmung für den Fall einer von der tariflichen abweichenden individuellen Arbeitszeit und der daraus resultierenden Entgeltberechnung.

3. Ergibt die Prüfung durch das [X.], dass die Begriffe „übertariflich“ und „außertariflich“ nicht synonym gebraucht werden, hat der Kläger für das [X.] keinen Anspruch auf eine Zahlung, die den [X.] wahrt.

a) In diesem Fall ist zwischen „übertariflichen“ und „außertariflichen“ [X.] zu unterscheiden. Während eine „außertarifliche“ Regelung Gegenstände betrifft, die die einschlägigen tariflichen Bestimmungen überhaupt nicht vorsehen, knüpft eine „übertarifliche“ Regelung an den tariflichen Gegenstand an, geht aber über die tariflich normierten Mindestbedingungen hinaus ([X.] 7. Februar 2007 - 5 [X.] 41/06 - Rn. 26; 16. April 1980 - 4 [X.] 261/78 - [X.]E 33, 83). Die Wahrung eines Mindestabstands in Bezug auf eine Tarifleistung ist damit jedoch nicht verbunden.

b) Ein Zahlungsanspruch folgt nicht aus der [X.]. Zwar findet sich dort die Zusicherung der Wahrung eines [X.], doch wirkt diese nicht normativ iSv. § 77 Abs. 4 Satz 1 [X.]. Es handelt sich insoweit um eine schuldrechtliche Regelungsabrede in einer Betriebsvereinbarung und damit um eine Zusicherung gegenüber dem Betriebsrat. Anders als eine Betriebsvereinbarung, die nach § 77 Abs. 4 Satz 1 [X.] unmittelbar und zwingend normative Wirkungen gegenüber den im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmern erzeugt, begründet eine Regelungsabrede nur Rechte und Pflichten der Betriebsparteien untereinander (vgl. [X.] 8. September 2010 - 7 [X.] - Rn. 19 mwN, [X.]E 135, 264). Die [X.] soll jedenfalls in Bezug auf die Zusicherung der Einhaltung der [X.]klausel keine normativen Wirkungen für die bei der [X.] beschäftigten Arbeitnehmer erzeugen. Sie bedarf vielmehr der Umsetzung in einzelvertragliche Vereinbarungen. Daher begründet die Bestimmung keinen individuellen Anspruch des [X.] auf Wahrung des [X.].

c) Entgegen der Auffassung des [X.] folgt ein Zahlungsanspruch nicht aus betrieblicher Übung.

aa) Eine betriebliche Übung ist ein gleichförmiges und wiederholtes Verhalten des Arbeitgebers gegenüber seinen Arbeitnehmern, das geeignet ist, vertragliche Ansprüche auf eine Leistung oder sonstige Vergünstigung zu begründen, wenn die Arbeitnehmer aus dem Verhalten des Arbeitgebers schließen dürfen, ihnen werde die Leistung oder Vergünstigung auch künftig gewährt ([X.] 18. Juli 2017 - 9 [X.] 850/16 - Rn. 21). Eine betriebliche Übung entsteht nicht, wenn der Arbeitgeber zu den zu ihrer Begründung angeführten Verhaltensweisen durch andere Rechtsgrundlagen verpflichtet war (st. Rspr., vgl. nur [X.] 21. Februar 2017 - 3 [X.] 455/15 - Rn. 82, [X.]E 158, 165).

[X.]) Gemessen daran lag eine betriebliche Übung nicht vor. In Bezug auf die Zahlungen der [X.] an den Kläger für die Jahre 2007 bis 2009 liegen keine Anhaltspunkte für das erforderliche kollektive Element einer betrieblichen Übung vor. Denn eine solche entsteht nicht, wenn der Arbeitgeber nur an einen Arbeitnehmer Leistungen erbracht hat ([X.] 13. Mai 2015 - 10 [X.] 266/14 - Rn. 11; 18. Juli 2017 - 9 [X.] 850/16 - Rn. 22). In den Jahren 2010 bis 2013 erbrachte die Beklagte nach den bindenden Feststellungen des [X.]s (§ 559 Abs. 2 ZPO) Sonderzahlungen zur Wahrung des [X.] aufgrund von mit dem Gesamtbetriebsrat abgeschlossenen [X.]. Daher beruhte die Zahlungspflicht in diesen Jahren auf einer anderen Rechtsgrundlage, womit eine betriebliche Übung nicht entstehen konnte.

4. Das [X.] wird durch sachdienliche Hinweise den Sachverhalt aufzuklären und bei seiner Entscheidung auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.

        

    [X.]    

        

    [X.]    

        

    Volk    

        

        

        

    E. Bürger    

        

    J. [X.]    

                 

Meta

5 AZR 85/17

25.04.2018

Bundesarbeitsgericht 5. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG München, 2. Februar 2016, Az: 17 Ca 3108/15, Urteil

§ 1 TVG, § 4 Abs 1 TVG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 25.04.2018, Az. 5 AZR 85/17 (REWIS RS 2018, 10079)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 10079

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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