Bundesfinanzhof, Beschluss vom 26.04.2010, Az. VII B 194/09

7. Senat | REWIS RS 2010, 7260

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Frage nach dem Verschulden eines Haftungsschuldners nicht grundsätzlich bedeutsam


Leitsatz

1. NV: Der Frage, ob einem gesetzlichen Vertreter i.S. des § 34 Abs. 1 AO (hier: einzelvertretungsberechtigter Vorstand einer AG) der Vorwurf einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Pflichtverletzung zur Begründung eines Haftungsanspruchs nach § 69 AO gemacht werden kann, kommt deshalb keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil die Beurteilung eines Verschuldens des gesetzlichen Vertreters von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängt.

2. NV: Auch die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Person, die nicht gesetzlicher Vertreter i.S. des § 34 Abs. 1 AO ist (hier: alleiniger Aufsichtsratsvorsitzender einer AG), aufgrund ihres Auftretens nach Außen als Verfügungsberechtigter i.S. des § 35 AO angesehen werden kann, ist nicht grundsätzlich bedeutsam weil ihre Beantwortung von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls abhängt.

Tatbestand

1

I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) war im Handelsregister als einziger und damit einzelvertretungsberechtigter Vorstand einer [X.]G eingetragen. Nach den Bestimmungen seines [X.] bedurfte er als Vorstand im Innenverhältnis für sämtliche Zahlungsvorgänge der vorherigen Zustimmung des [X.]ufsichtsrats der [X.]G. Zahlungen waren ausdrücklich mit dem [X.]ufsichtsratsvorsitzenden der [X.]G, [X.] ([X.]) abzustimmen und durften erst nach dessen Freigabe vorgenommen werden. [X.]ufgrund von Liquiditätsproblemen der [X.] veranlasste der Kläger die [X.]uszahlung der [X.] an die Beschäftigten der [X.] und März 2005 erst in der Mitte des jeweiligen Folgemonats. Die hierfür fällig gewordenen Lohn- und Kirchensteuern nebst [X.] wurden zwar angemeldet, jedoch an den Beklagten und Beschwerdegegner (das Finanzamt --F[X.]--) nicht abgeführt. Von [X.] erhielt der Kläger am 9. [X.]pril 2005 eine E-Mail mit folgendem Hinweis: "... pay the salary from the people for march, [X.]" Mit Wirkung zum 19. Mai 2005 legte der Kläger im Innenverhältnis zur [X.]G sein [X.]mt als Vorstand mit sofortiger Wirkung nieder. [X.]m 15. Juni 2005 wurde über das Vermögen der [X.]G das Insolvenzverfahren eröffnet.

2

Da die Steuerforderungen gegenüber der [X.]G nicht realisiert werden konnten, nahm das F[X.] den Kläger für rückständige Lohnsteuern für die Monate Januar bis [X.]pril 2005, für Kirchensteuern für die Monate Februar und März 2005 sowie für [X.] für die Monate Januar bis [X.]pril 2005 als Haftungsschuldner in [X.]nspruch. Der Einspruch führte zu einer geringfügigen Herabsetzung der Haftungssumme. Die Klage hatte nur hinsichtlich der Lohnsteuern und [X.] für den Monat [X.]pril 2005 Erfolg. Das Finanzgericht ([X.]) urteilte, dass der Kläger den [X.] des § 69 i.V.m. § 34 [X.]bs. 1 der [X.]bgabenordnung ([X.]) dadurch erfüllt habe, dass er die Löhne trotz der ihm bekannten finanziellen Schwierigkeiten der [X.]G ungekürzt an die [X.]rbeitnehmer ausbezahlt und es unterlassen habe, bereits im Zeitpunkt der [X.]uszahlung der Nettolöhne eine unwiderrufliche Genehmigung der Bezahlung der darauf entfallenden Steuern sicherzustellen. Es komme deshalb nicht darauf an, ob er vor der Niederlegung seines [X.]mtes betriebsinterne [X.]nweisungen an die Buchhaltung zur [X.]uszahlung der Steuern gegeben habe. [X.]nlass zur weiteren Sachaufklärung in Bezug auf eine solche [X.]nweisung bestehe daher nicht. [X.]ls ordnungsgemäß bestellter Vorstand der [X.]G sei er verpflichtet gewesen, sich über den Umfang seiner Verantwortlichkeit in Kenntnis zu setzen.

3

Die E-Mail des [X.] könne ihn nicht entlasten, denn ihr sei kein ausdrückliches Verbot der Bezahlung der Steuern zu entnehmen. [X.]uch könne sich der Kläger nicht darauf berufen, dass seine Zahlungsanweisungen durch den [X.] von der Zustimmung des [X.]ufsichtsratsvorsitzenden abhängig gewesen seien. Die Weisungsabhängigkeit habe ausschließlich im Innenverhältnis bestanden und habe seine Rechtsbefugnisse im [X.]ußenverhältnis nicht beschränken können. Die Situation sei nicht mit der Bestellung eines sog. starken Insolvenzverwalters oder eines Insolvenzverwalters mit Zustimmungsvorbehalt zu vergleichen, bei der zumindest eine Verfügungsbegrenzung nach außen bestehe. Durch die schuldhafte Pflichtverletzung sei dem Fiskus ein Vermögensschaden entstanden. [X.]nhaltspunkte für eine Überschreitung oder einen Fehlgebrauch des dem F[X.] zustehenden Ermessens seien nicht erkennbar. [X.]nhaltspunkte dafür, dass [X.] nach außen als Verfügungsberechtigter der [X.]G i.S. von § 35 [X.] und damit als potentieller Haftungsschuldner nach § 69 [X.] aufgetreten sei, seien nicht ersichtlich.

4

Mit seiner Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 [X.]bs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--), zur Fortbildung des Rechts (§ 115 [X.]bs. 2 Nr. 2 [X.]O) und wegen eines [X.] (§ 115 [X.]bs. 2 Nr. 3 [X.]O). Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Frage, ob der einzige und alleinvertretungsberechtigte, im Handelsregister eingetragene Vorstand einer [X.]G grob fahrlässig bzw. pflichtwidrig i.S. des § 69 [X.] handele, oder ob zu seinen Gunsten eine schuldbefreiende notstandsähnliche Zwangslage bestehe, wenn er nach seinem [X.] im Innenverhältnis für jeden Zahlungsvorgang die vorherige Zustimmung des [X.]ufsichtsrats der [X.]G, deren Vorsitz durch einen Vertreter der [X.]lleinaktionärin ausgeübt werde, einzuholen habe und die durch den [X.]ufsichtsrat freigegebenen Gelder aus der zu diesem Zeitpunkt einzigen Kreditlinie der [X.], für die der [X.]ufsichtsratsvorsitzende persönlich hafte, auf dessen [X.]nweisung hin zunächst ausschließlich zur [X.]uszahlung der Nettolöhne an die [X.]rbeitnehmer der [X.]G verwende und die unwiderrufliche [X.]nweisung des Vorstands zur [X.]uszahlung der fällig gewordenen Lohnsteuer und Kirchensteuer sowie [X.] durch den [X.]ufsichtsratsvorsitzenden trotz Zusage der späteren Zahlung widerrufen und die Zahlung der Steuerbeträge verhindert werde. Der Streitfall sei mit dem vom [X.] ([X.]) mit Urteil vom 5. Juni 2007 [X.] ([X.]/NV 2007, 2225) entschiedenen Fall vergleichbar, bei dem der vorläufige Insolvenzverwalter eine rechtzeitige Zahlung der Steuern verhindert habe.

5

Die E-Mail des [X.] sei entgegen der Rechtsauffassung des [X.] als Genehmigung der [X.]uszahlung der abzuführenden Steuerbeträge zu verstehen. [X.]nfang Mai habe er, der Kläger, auf der Grundlage dieser Ermächtigung die unwiderrufliche [X.]nweisung zur Entrichtung der Steuern gegeben, die jedoch von [X.] verhindert worden sei. [X.]ufgrund der allgemeinen Haftungsregelungen der §§ 92 [X.]bs. 2 und 93 des [X.]ktiengesetzes habe er sich in einem nicht aufzulösenden Spannungsverhältnis befunden. Insgesamt könne sein Verhalten nicht als grob fahrlässig angesehen werden. Die Nichtentrichtung der Steuern habe ausschließlich [X.] zu vertreten. Eine Haftung scheide im Streitfall auch deshalb aus, weil der Zurechnungszusammenhang im Sinne der zivilrechtlichen [X.]däquanztheorie zwischen der nicht fristgerechten Steuerentrichtung und dem Steuerausfall beim Fiskus fehle. [X.]uch diesbezüglich liege eine Klärungsbedürftigkeit vor.

6

Darüber hinaus werfe der Streitfall die Frage auf, ob der alleinige [X.]ufsichtsratsvorsitzende einer [X.]G, der sich für die einzige Kreditlinie der [X.] persönlich verbürgt habe, sämtliche Zahlungsvorgänge der [X.] an seine Zustimmungspflicht gebunden habe und für die Konten der [X.] zeichnungs- und verfügungsbefugt sei, [X.] des § 35 [X.] sei und die Pflichten eines gesetzlichen Vertreters (§ 34 [X.]bs. 1 [X.]) habe, soweit er sie tatsächlich und rechtlich erfüllen könne. [X.]us dem klaren Inhalt der [X.]kten ergebe sich, dass [X.] die Kreditlinie der [X.]G bestellt und daher sämtliche Zahlungsvorgänge an seine Zustimmung gebunden sowie die Zeichnungs- und Verfügungsbefugnis über die Konten der [X.]G gehabt habe. [X.]ufgrund der Möglichkeit über Mittel der [X.]G zu verfügen, komme dieser als Haftungsschuldner nach § 69 i.V.m. § 35 [X.] in Betracht. Hierfür genüge das [X.]uftreten gegenüber [X.]ern und den Organen der [X.]. Dies habe das F[X.] verkannt und folglich das [X.]uswahlermessen nicht ausgeübt. Dieser Rechtsfehler sei von solchem Gewicht, dass zur Korrektur des angefochtenen Urteils eine Zulassung der Revision nach § 115 [X.]bs. 2 Nr. 2 [X.]O erfolgen müsse.

7

Schließlich habe das [X.] den Gehörsanspruch aus [X.]rt. 103 [X.]bs. 1 des Grundgesetzes (GG) dadurch verletzt, dass es einen Beweisantrag übergangen habe. [X.]m Ende der mündlichen Verhandlung sei der nicht protokollierte Beweisantrag auf Vernehmung der [X.]ssistentin des [X.] gestellt worden. Diese hätte bezeugen können, dass es während der [X.]mtszeit des [X.] keine Eingriffe des [X.] in die [X.], insbesondere nicht in den Zahlungsverkehr gegeben habe. Die Beweiserhebung hätte sinngemäß ergeben, dass es für den Kläger nicht vorhersehbar gewesen sei, dass [X.] die [X.]nfang Mai 2009 erteilte Zahlungsanweisung nicht zur [X.]usführung kommen lassen würde. Von [X.]mts wegen hätte das [X.] auch [X.], [X.] als Leiterin des Rechnungswesens der [X.]G sowie [X.] als Zeugen vernehmen müssen.

8

Das F[X.] ist der Beschwerde entgegengetreten, die es für unzulässig hält.

Entscheidungsgründe

9

II. [X.] ist unbegründet. Den aufgeworfenen Fragen kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Der behauptete Verfahrensmangel liegt nicht vor.

1. Eine Zulassung der Revision nach § 115 [X.]bs. 2 Nr. 1 [X.]O kommt nur dann in Betracht, wenn die vom Beschwerdeführer aufgeworfene Frage klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. Oktober 2003 [X.]/03, [X.], 232, und vom 2. Dezember 2002 [X.]/02, [X.] 2003, 527, m.w.N.). Die vom Kläger formulierte Frage hinsichtlich des Verschuldens des einzigen und alleinvertretungsberechtigten Vorstands einer [X.]G bei Nichtabführung von [X.] ist auf die zahlreichen Besonderheiten des vorliegenden Streitfalls zugeschnitten. Es ist nicht anzunehmen, dass sich genau diese Frage in einer Vielzahl von Fällen stellen wird, so dass ihre Klärung im Interesse der [X.]llgemeinheit liegt. Vielmehr hängt die Klärung der Frage, ob einem gesetzlichen Vertreter i.S. des § 34 [X.]bs. 1 [X.] der Vorwurf einer grob fahrlässigen oder vorsätzlichen Pflichtverletzung gemacht werden kann, von den konkreten Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab, so dass sich allgemeingültige [X.]ussagen hierzu nicht treffen lassen.

Im Übrigen könnte sich die vom Kläger aufgeworfene Frage in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Denn das [X.] hat nicht ausdrücklich festgestellt, dass der Kläger eine unwiderrufliche [X.]nweisung zur [X.]uszahlung der fälligen Steuern und der [X.] erteilt hat. Vielmehr hat es ausgeführt, dass es auf die Frage, ob der Kläger eine solche betriebsinterne Weisung an die Buchhaltung der [X.]G gegeben hat, nicht ankomme. [X.]uch fehlen hinreichende Feststellungen über eine Vereitelung der [X.]bgabenentrichtung durch einen Widerruf des [X.]ufsichtsratsvorsitzenden. In der Urteilsbegründung hat das [X.] lediglich den Vortrag des [X.] in Bezug auf die im Streit stehende Intervention des [X.] wiedergegeben, ohne den behaupteten Widerruf ausdrücklich festzustellen. Schließlich hat das [X.] die schuldhafte Pflichtverletzung des [X.] nicht allein in dem Umstand gesehen, dass dieser die Mittel ausschließlich zur [X.]uszahlung der [X.] verwendet hat. Entgegen der Fragestellung hat das [X.] die haftungsbegründende Pflichtverletzung bereits darin gesehen, dass sich der Kläger in seiner Eigenschaft als ordnungsgemäß bestellter Vorstand einer [X.]G über den Umfang seiner Verantwortlichkeit keine ausreichende Kenntnis verschafft hat. Unter all diesen Gesichtspunkten wäre die vom Kläger aufgeworfene Frage in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig.

2. Dem übrigen Vorbringen in Bezug auf die [X.] lässt sich keine grundsätzlich bedeutsame Frage entnehmen. Im [X.] seiner Darlegungen stellt der Kläger seine eigene Rechtsansicht der rechtlichen Beurteilung des Falles durch das [X.] gegenüber und kommt zu dem Schluss, dass das [X.] zu Unrecht das Senatsurteil in [X.] 2007, 2225 nicht auf den Streitfall übertragen habe und dass ihn kein Verschulden treffe. Sofern die Beschwerde die Frage geklärt wissen will, "ob die zivilrechtlichen Überlegungen für das Steuerrecht [X.]nwendung finden", genügen die diesbezüglichen [X.]usführungen auch nicht ansatzweise den Darlegungserfordernissen des § 116 [X.]bs. 3 Satz 3 [X.]O.

3. [X.]uch der Frage, ob der alleinige [X.]ufsichtsratsvorsitzende einer [X.]G, der sich für die einzige freie Kreditlinie der Gesellschaft persönlich verbürgt, sämtliche Zahlungsvorgänge der Gesellschaft von seiner Zustimmung abhängig gemacht hat und für die Konten der [X.] ist, [X.] des § 35 [X.] ist, kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Person, die nicht gesetzlicher Vertreter ist, dennoch als Verfügungsberechtigter nach § 69 [X.] als Haftungsschuldner in [X.]nspruch genommen werden kann, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls beantworten. Dabei reicht es nach der Rechtsprechung des [X.] nicht aus, dass eine Befugnis besteht, über fremdes Vermögen zu verfügen. Vielmehr ist ein [X.]uftreten nach [X.] erforderlich, das für andere erkennen lässt, dass der Verfügungsberechtigte von der ihm eingeräumten Verfügungsbefugnis auch Gebrauch gemacht hat ([X.]-Urteil vom 29. Oktober 1985 [X.]/82, [X.] 1986, 192). Bleibt der Verfügungsberechtigte im Hintergrund und bedient er sich zur [X.]usübung seiner Verfügungsbefugnis der Unterstützung von weisungsabhängigen Personen, wird er nach § 35 [X.] nur dann verpflichtet, wenn die Weisungsabhängigkeit auch nach außen erkennbar wird und er die Gesellschaft faktisch leitet ([X.]-Urteil vom 24. [X.]pril 1991 [X.]/89, [X.] 1992, 76, m.w.N., und [X.] in [X.], [X.], § 35 Rz 19). Die Würdigung, ob ein solch qualifiziertes [X.]uftreten nach [X.] vorliegt, ist anhand sämtlicher Umstände des jeweiligen Einzelfalls vorzunehmen, so dass die vom Kläger aufgeworfene Frage einer allgemeingültigen Klärung nicht zugänglich ist.

Der Streitfall bietet auch deshalb keinen [X.]nlass, die von der Beschwerde formulierte Frage zu beantworten, weil das [X.] ein [X.]uftreten des [X.] nach [X.] nicht festgestellt hat. Es hat ausgeführt, dass [X.]nhaltspunkte dafür, dass [X.] nach [X.] als Verfügungsberechtigter der [X.]G i.S. des § 35 [X.] aufgetreten ist, nicht ersichtlich sind. Diese Würdigung der besonderen Umstände des Streitfalls ist möglich; sie verstößt nicht gegen Erfahrungssätze oder Denkgesetze. Selbst der Kläger trägt vor, dass seine vom [X.] nicht vernommene [X.]ssistentin hätte bestätigen können, dass es während der [X.]mtszeit des [X.] als Vorstand der [X.]G keine Eingriffe des [X.] in die [X.] des [X.] gegeben habe, er an der Erfüllung seiner Pflichten folglich nicht gehindert worden sei. [X.]uch dieser Vortrag belegt, dass aus der Sicht des [X.] keine [X.]nhaltspunkte dafür bestanden, dass [X.] als faktischer Geschäftsführer der [X.]G nach außen aufgetreten ist oder tatsächlich den Kläger aus seiner Position verdrängt hat.

4. Schließlich liegen die behaupteten Verfahrensmängel der Verletzung des Gehörsanspruchs aus [X.]rt. 103 [X.]bs. 1 GG und der Sachaufklärungspflicht (§ 76 [X.]O) nicht vor.

Wird geltend gemacht, das [X.] hätte den Sachverhalt auch ohne entsprechenden [X.]ntrag des [X.] von [X.]mts wegen umfassender aufklären müssen, ist u.a. darzulegen, welche entscheidungserheblichen Tatsachen sich bei der weiteren Sachaufklärung voraussichtlich ergeben hätten und inwiefern bei der Beweiserhebung durch Zeugeneinvernahme eine weitere [X.]ufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiellen Rechtsstandpunkts des [X.] zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (ständige Rechtsprechung des [X.], vgl. Senatsbeschluss vom 28. [X.]ugust 2003 [X.], [X.], 493, zu [X.], m.w.N.). Schließlich gehört zur ordnungsgemäßen Darlegung des Verfahrensfehlers mangelhafter Sachaufklärung nach ständiger Rechtsprechung auch der Vortrag, dass die nicht zureichende [X.]ufklärung des Sachverhalts und die Nichterhebung weiterer (angebotener) Beweise in der mündlichen Verhandlung gerügt wurden oder weshalb diese Rüge nicht möglich war (vgl. [X.] Urteil vom 20. [X.]pril 1989 IV R 299/83, [X.]E 157, 106, [X.] 1989, 727, und Senatsbeschluss vom 16. Dezember 2003 [X.]/03, [X.], 529). Da der im finanzgerichtlichen Verfahren geltende Untersuchungsgrundsatz eine Verfahrensvorschrift ist, auf deren Einhaltung ein Beteiligter ausdrücklich oder durch Unterlassen einer Rüge verzichten kann (§ 155 [X.]O i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung) hat die Unterlassung der rechtzeitigen Rüge den endgültigen [X.] --z.[X.] auch zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde-- zur Folge.

Das Übergehen eines Beweisantrags oder einer unvollständigen Zeugeneinvernahme kann deshalb im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde nicht mehr mit der Verfahrensrüge angegriffen werden, wenn der in der maßgeblichen Verhandlung selbst anwesende oder fachkundig vertretene Beteiligte, dem die Nichtbefolgung eines Beweisantrags oder die mangelhafte Sachaufklärung erkennbar war, den [X.] nicht gerügt und damit auf die Wahrnehmung seiner Rechte verzichtet hat (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Dezember 1999 [X.]/99, [X.] 2000, 597).

[X.]usweislich des Protokolls über die mündliche Verhandlung hat der Kläger keine Beweisanträge gestellt. Den [X.]ntrag auf Protokollberichtigung, mit dem der Kläger eine Ergänzung des Protokolls um den Zusatz begehrte, dass er beantragt habe, seine [X.]ssistentin als Zeugin zu vernehmen, hat das [X.] mit unanfechtbarem Beschluss vom 30. November 2009  15 K 3609/06 abgelehnt. Sofern die Beschwerde gleichwohl an der [X.]ufklärungsrüge festhält und darüber hinaus meint, dem [X.] hätte sich das Erfordernis einer weiteren Sachaufklärung von [X.]mts wegen aufdrängen müssen, rechtfertigt dieses Vorbringen die Revisionszulassung nicht. Nach den [X.]usführungen des [X.] hätte mit der Vernehmung der Zeugin Beweis darüber geführt werden sollen, dass der Kläger [X.]nfang Mai 2009 eine unwiderrufliche [X.]nweisung zur Entrichtung der fälligen Steuerbeträge gegeben habe. Jedoch hat das [X.] in der Urteilsbegründung ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es auf die Frage, ob der Kläger vor Niederlegung seines [X.]mtes als Vorstand der [X.]G eine solche betriebsinterne Weisung gegeben habe, nicht ankomme. [X.]us der maßgeblichen Sicht des [X.] war somit das Beweisthema nicht entscheidungserheblich.

Soweit der Kläger behauptet, dem [X.] hätte sich zur Ermittlung von Schuldausschließungs- bzw. Rechtfertigungsgründen und zur Prüfung der Frage, ob [X.] als [X.] des § 35 [X.] aufgetreten sei, von [X.]mts wegen auch die Vernehmung weiterer Zeugen aufdrängen müssen, genügt dieses Vorbringen nicht den Darlegungserfordernissen. Wie bereits ausgeführt, hat das [X.] keine [X.]nhaltspunkte dafür gesehen, dass [X.] nach außen als Verfügungsberechtigter aufgetreten ist. Was die benannten Zeugen im Einzelnen ausgesagt hätten und warum ihre [X.]ussage aus der maßgeblichen Sicht des [X.] entscheidungserheblich hätte sein können, versäumt die Beschwerde näher auszuführen.

5. Eine Zulassung der Revision kommt auch nach § 115 [X.]bs. 2 Nr. 2 [X.]O nicht in Betracht. Die Einheitlichkeit der Rechtsprechung ist i.S. des § 115 [X.]bs. 2 Nr. 2 [X.]O nur dann betroffen, wenn dem [X.] bei der [X.]uslegung und [X.]nwendung des Rechts Fehler unterlaufen sind, die von so erheblichem Gewicht sind, dass sie, würden sie von einem Rechtsmittelgericht nicht korrigiert, geeignet wären, das Vertrauen in die Rechtsprechung zu beschädigen, etwa weil Verfahrensgrundrechte verletzt worden sind oder das aus [X.]rt. 3 [X.]bs. 1 GG und [X.]rt. 19 [X.]bs. 4 GG abzuleitende Recht eines Beteiligten auf eine willkürfreie gerichtliche Entscheidung durch das Urteil des [X.] nicht befriedigt wird (Senatsbeschluss vom 14. Februar 2002 [X.]/01, [X.] 2002, 798, m.w.N.). Solche erheblichen Fehler des [X.] sind für den Senat nicht ersichtlich.

Meta

VII B 194/09

26.04.2010

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

vorgehend FG München, 23. Juli 2009, Az: 15 K 3609/06, Urteil

§ 115 Abs 2 Nr 1 FGO, § 34 Abs 1 AO, § 35 AO, § 69 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 26.04.2010, Az. VII B 194/09 (REWIS RS 2010, 7260)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7260

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

VII B 88/11 (Bundesfinanzhof)

Verwendung der in einem amtlichen Vernehmungsprotokoll getroffenen Feststellungen


VII B 102/10 (Bundesfinanzhof)

(Zu den Voraussetzungen des § 35 AO - Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage - Darlegung der Divergenz)


VII B 67/12 (Bundesfinanzhof)

Generalbevollmächtigter kann als Verfügungsberechtigter Haftungsschuldner sein


V R 13/09 (Bundesfinanzhof)

(Haftung des Lieferers in einem Umsatzsteuerkarussell gemäß § 71 AO - Verfügungsberechtigter i.S. des § …


VII B 126/12 (Bundesfinanzhof)

Mitwirkung des Schuldners bei der Ermittlung der Haftungsquote


Referenzen
Wird zitiert von

1 StR 586/12

1 StR 586/12

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.