Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.06.2016, Az. II ZR 364/13

2. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 9199

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Gegenstand

Insolvenzverfahren: Behandlung der Kosten eines im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren aufgenommenen Rechtsstreits nach übereinstimmend erklärter Erledigung der Hauptsache bei Kostenentscheidung zu Lasten des Insolvenzverwalters)


Leitsatz

Hat der Insolvenzverwalter nach übereinstimmend erklärter Erledigung der Hauptsache die Kosten eines im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren gemäß § 180 Abs. 2 InsO aufgenommenen Rechtsstreits zu tragen, sind die von ihm zu erstattenden Kosten des Beschwerdeverfahrens einheitlich als Masseverbindlichkeit zu behandeln (Anschluss an BGH, Beschluss vom 28. September 2006, IX ZB 312/04, ZIP 2006, 2132 Rn. 13 f.; Beschluss vom 20. März 2008, IX ZB 68/06, juris Rn. 4; Urteil vom 29. Mai 2008, IX ZR 45/07, ZIP 2008, 1441 Rn. 29; Beschluss vom 2. März 2011, IV ZR 18/10, juris Rn. 5 f.), während der Kostenerstattungsanspruch des Gegners für die Vorinstanzen nur als Insolvenzforderung besteht.

Tenor

Die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.

Hinsichtlich der übrigen Kosten des Rechtsstreits bleibt es bei der Kostenentscheidung im Urteil des 11. Zivilsenats des [X.] vom 20. September 2013.

Gründe

1

Nachdem der Kläger mit Schriftsatz vom 26. Januar 2016 die Hauptsache für erledigt erklärt und der [X.] dem nicht innerhalb der gemäß § 91a Abs. 1 Satz 2 ZPO gesetzten Frist widersprochen hat, war über die Kosten des Rechtsstreits unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 91a ZPO). Danach hat der [X.] die Kosten des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens - als Masseverbindlichkeit - zu tragen. Hinsichtlich der Kosten der Vorinstanzen bleibt es bei der Kostenentscheidung des Berufungsgerichts; die daraus folgenden Erstattungsansprüche des [X.] sind Insolvenzforderungen.

2

1. Der Kläger hat das durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners und ursprünglichen Beschwerdeführers gemäß § 240 ZPO unterbrochene Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 5. Februar 2015 gegen den [X.]n als Insolvenzverwalter wirksam aufgenommen, nachdem dieser die vom Berufungsgericht zugesprochene und zur Insolvenztabelle angemeldete Forderung vorläufig bestritten hatte.

3

Ist in einem Insolvenzverfahren eine Forderung vom Insolvenzverwalter oder von einem Insolvenzgläubiger bestritten worden, so bleibt es gemäß § 179 Abs. 1 [X.] dem Gläubiger überlassen, die Feststellung gegen den [X.] zu betreiben. Ein Bestreiten im Sinne von § 179 Abs. 1 [X.] liegt auch dann vor, wenn der Insolvenzverwalter die Forderung - wie hier - nur vorläufig bestreitet ([X.], Beschluss vom 9. Februar 2006 - [X.], [X.], 576 Rn. 8). War zur [X.] der Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit über die Forderung anhängig, so ist die Feststellung gemäß § 180 Abs. 2 [X.] durch Aufnahme des Rechtsstreits zu betreiben. Zwar obliegt es gemäß § 179 Abs. 2 [X.] dem [X.], den Widerspruch zu verfolgen, wenn für eine Forderung ein vollstreckbarer Schuldtitel oder ein Endurteil vorliegt. Unterlässt er dies - wie im vorliegenden Fall -, ist aber auch der Gläubiger der Forderung zur Aufnahme befugt ([X.], Beschluss vom 31. Oktober 2012 - [X.], [X.]Z 195, 233 Rn. 7 [X.]).

4

Die Aufnahme des Rechtsstreits ist auch möglich, wenn der Rechtsstreit bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits in der Revisionsinstanz anhängig war; dies gilt auch im Fall einer in der Revisionsinstanz anhängigen Nichtzulassungsbeschwerde ([X.], Beschluss vom 31. Oktober 2012 - [X.], [X.]Z 195, 233 Rn. 8; Beschluss vom 6. März 2013 - [X.], [X.], 396 Rn. 8; Urteil vom 21. Mai 2015 - [X.], [X.], 1500 Rn. 14).

5

2. Die Erledigung der Hauptsache kann in der Rechtsmittelinstanz, auch noch während des Verfahrens über eine Nichtzulassungsbeschwerde, erklärt werden. Da durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien der Rechtsstreit insgesamt erledigt ist, ist über alle bisher entstandenen Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Kosten der Vorinstanzen, gemäß § 91a ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands durch Beschluss zu entscheiden. Dabei ist der mutmaßliche Ausgang des Beschwerde- und gegebenenfalls des Revisionsverfahrens zu berücksichtigen ([X.], Beschluss vom 14. Mai 2013 - [X.], [X.], 1691 Rn. 10 [X.]).

6

Der [X.] hat danach die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen, da nach dem Sach- und Streitstand bei Eintritt des erledigenden Ereignisses die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision keinen Erfolg gehabt und der [X.] das mit einer Revision anzustrebende Ziel einer vollständigen Klageabweisung schon deshalb nicht erreicht hätte. Die Beschwerde wäre ohne das erledigende Ereignis zurückzuweisen gewesen, weil keiner der im Gesetz (§ 543 Abs. 2 ZPO) vorgesehenen Gründe vorliegt, nach denen der Senat die Revision zulassen darf. Der Rechtsstreit der Parteien hat weder grundsätzliche Bedeutung, noch erfordert er eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung. Der Senat hat die Verfahrensrügen geprüft und für nicht durchgreifend erachtet.

7

Eine andere, dem [X.]n günstige, Kostenentscheidung ist nicht deshalb gerechtfertigt, weil der [X.] durch das nur vorläufige Bestreiten der Forderung möglicherweise noch keine hinreichende Veranlassung zur Aufnahme des unterbrochenen Rechtsstreits gemäß § 180 Abs. 2 [X.] gegeben hatte und die Forderung nach der Aufnahme des Rechtsstreits zur Insolvenztabelle festgestellt und damit dem Begehren des [X.] entsprochen hat. Der Grundgedanke des § 93 ZPO kann zwar auch im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 91a ZPO herangezogen werden ([X.], Beschluss vom 9. Februar 2006 - [X.], [X.], 576 Rn. 9). Der Insolvenzverwalter kann ein sofortiges Anerkenntnis mit der Kostenfolge nach § 93 ZPO jedoch nicht mehr abgeben, wenn der Schuldner diese Möglichkeit zuvor durch sein (für den Insolvenzverwalter nicht anfechtbares) [X.] Verhalten bereits verloren hatte ([X.], Beschluss vom 28. September 2006 - [X.], [X.], 2132 Rn. 9; vgl. auch [X.], Beschluss vom 17. März 2009 - [X.], juris Rn. 5; [X.], [X.], 19. Aufl., § 179 Rn. 7; a.M. [X.]/[X.], [X.], 14. Aufl., § 180 Rn. 22). So verhält es sich im Streitfall; die (nicht anfechtbare) Prozessführung des Schuldners, der der Klage über mehrere Instanzen entgegengetreten ist, schließt ein sofortiges Anerkenntnis des [X.]n aus.

8

Da die Beschwerde erfolglos geblieben wäre, entsprach es außerdem billigem Ermessen, es für die Kosten der Vorinstanzen bei der in korrekter Anwendung von § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO getroffenen Kostenentscheidung des Berufungsgerichts zu belassen.

9

3. Die danach von dem [X.]n zu tragenden Kosten des Beschwerdeverfahrens stellen sich - worüber in der [X.] zu befinden ist (vgl. [X.], Beschluss vom 28. September 2006 - [X.], [X.], 2132 Rn. 11) - insgesamt als Masseverbindlichkeit dar.

Nach der Rechtsprechung des [X.] besteht im Falle der Fortsetzung eines unterbrochenen Rechtsstreits nach § 180 Abs. 2 [X.] bei Unterliegen des Insolvenzverwalters ein einheitlicher Kostenerstattungsanspruch. Eine Trennung nach [X.]abschnitten erfolgt innerhalb derselben Instanz nicht, so dass der Gläubiger seine Kosten insgesamt als Masseforderung geltend machen kann ([X.], Beschluss vom 28. September 2006 - [X.], [X.], 2132 Rn. 13 f.; Beschluss vom 20. März 2008 - [X.], juris Rn. 4; Urteil vom 29. Mai 2008 - [X.], [X.], 1441 Rn. 29; Beschluss vom 2. März 2011 - [X.], juris Rn. 5 f.; s.a. [X.], Beschluss vom 9. Februar 2006 - [X.], [X.], 576 Rn. 15; a.A. MünchKomm [X.]/[X.], 3. Aufl., § 85 Rn. 20; [X.]/[X.], [X.], 14. Aufl., § 180 Rn. 43 ff. [X.]). Aus § 86 Abs. 2 [X.] ergibt sich kein anderes Ergebnis (vgl. [X.], Beschluss vom 28. September 2006 - [X.], [X.], 2132 Rn. 12).

Demgegenüber bestehen die Kostenerstattungsansprüche des [X.] für die Vorinstanzen nur als Insolvenzforderung. Die durch den Widerspruch des [X.]n gegen die Feststellung zur Insolvenztabelle veranlasste Aufnahme des Verfahrens hatte auf die Kosten der Vorinstanzen keinen Einfluss. Eine instanzübergreifend einheitliche Behandlung des [X.] als Masseverbindlichkeit ist jedenfalls im Streitfall, in dem der Rechtstreit erst während des Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens unterbrochen wurde, nicht geboten. Die Kosten der Vorinstanz werden nicht zu Masseverbindlichkeiten aufgewertet, wenn der Insolvenzverwalter den Prozess erst in der Rechtsmittelinstanz fortführt (HK-[X.]/[X.], 8. Aufl., § 85 Rn. 60).

Bergmann                   Caliebe                      Drescher

                     Born                     Sunder

Meta

II ZR 364/13

28.06.2016

Bundesgerichtshof 2. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Oldenburg (Oldenburg), 20. September 2013, Az: 11 U 21/13

§ 180 Abs 2 S 1 InsO, § 91a Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 28.06.2016, Az. II ZR 364/13 (REWIS RS 2016, 9199)

Papier­fundstellen: WM 2016, 1451 REWIS RS 2016, 9199

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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