Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.01.2022, Az. I R 15/21

1. Senat | REWIS RS 2022, 2772

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Gegenstand

(Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG bei gewinnmindernder Ausbuchung einer unbesichert im Konzern begebenen Darlehensforderung)


Leitsatz

1. Die Abgrenzung zwischen betrieblich veranlassten Darlehen und durch das Gesellschaftsverhältnis veranlassten Einlagen ist anhand der Gesamtheit der objektiven Verhältnisse vorzunehmen. Einzelnen Kriterien des Fremdvergleichs ist dabei nicht die Qualität unverzichtbarer Tatbestandsvoraussetzungen beizumessen (Bestätigung des Senatsurteils vom 29.10.1997 - I R 24/97, BFHE 184, 482, BStBl II 1998, 573, unter II.2.).

2. Die fehlende Darlehensbesicherung gehört zu den "Bedingungen" i.S. des § 1 Abs. 1 AStG, die im Rahmen einer Gesamtbetrachtung zur Fremdunüblichkeit der Geschäftsbeziehung führen kann; Gleiches gilt für Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk (hier: Art. 9 DBA-Belgien 1967) - Bestätigung der Senatsrechtsprechung.

3. Ob ein unbesichertes Konzerndarlehen im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls fremdvergleichskonform ist, hängt davon ab, ob auch ein fremder Dritter --ggf. unter Berücksichtigung möglicher Risikokompensationen-- das Darlehen unter gleichen Bedingungen ausgereicht hätte (Bestätigung der Senatsrechtsprechung).

4. Wäre ein unbesichertes Konzerndarlehen nur mit einem höheren als dem tatsächlich vereinbarten Zinssatz fremdüblich, hat eine Einkünftekorrektur vorrangig in Höhe dieser Differenz zu erfolgen (Bestätigung der Senatsrechtsprechung).

5. Im Rahmen von Feststellungen zum Fremdvergleich ist die Ausreichung unbesicherter Darlehen durch fremde Dritte an die Konzernobergesellschaft nicht geeignet, die Würdigung des einer (Tochter-)Gesellschaft eingeräumten Darlehens am Maßstab einer fremdüblichen Kreditgewährung zu ersetzen (Bestätigung der Senatsrechtsprechung).

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 10.11.2015 - 6 K 2095/13 K aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit einer Einkünftekorrektur nach § 1 des Gesetzes über die Besteuerung bei [X.] ([X.]) i.d.[X.] von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (Steuervergünstigungsabbaugesetz --StVergAbG--) vom 16.05.2003 ([X.], 660, [X.], 321) --[X.]-- im Hinblick auf die Teilwertabschreibung eines unbesicherten Darlehens (Schuld aus einem Verrechnungskonto).

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH mit Sitz im Inland, ist Alleingesellschafterin und zugleich Organträgerin der [X.] mit ebenfalls inländischem Sitz. Letztere war zu 99,98 % an der [X.], einer Kapitalgesellschaft mit Sitz in [X.], beteiligt. Die restlichen Anteile an der [X.] hielt die Klägerin selbst.

3

Die [X.] führte für die [X.] ein Verrechnungskonto ([X.]), das ab dem 01.01.2004 mit 6 % p.a. verzinst wurde. Eine Besicherung wurde nicht vereinbart. Im Streitjahr (2005) belief sich die Verzinsung eines der Klägerin von einer Bank gewährten [X.] auf 3,14 %.

4

Am 30.09.2005 schlossen die [X.] und die [X.] einen Vertrag über einen Forderungsverzicht gegen [X.] (... €). Der Betrag entsprach dem nach Ansicht der [X.] wertlosen Teil der gegen die [X.] gerichteten Forderungen aus dem Verrechnungskonto. Er wurde zwar in der Bilanz der [X.] gewinnmindernd ausgebucht, der [X.] und Revisionskläger (Finanzamt --[X.]--) hat jedoch die Gewinnminderung mit Rücksicht auf die fehlende Forderungsbesicherung nach § 1 Abs. 1 [X.] durch eine außerbilanzielle Hinzurechnung neutralisiert.

5

Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg. In seinem Urteil vom 10.11.2015 - 6 K 2095/13 K (Entscheidungen der Finanzgerichte 2017, 553) folgte das Finanzgericht (FG) Düsseldorf der Rechtsprechung des erkennenden Senats in seinen Urteilen vom 17.12.2014 - I R 23/13 ([X.], 170, [X.], 261) und vom 24.06.2015 - I R 29/14 ([X.], 386, [X.], 258), wonach unter Geltung des Art. 9 des Abkommens zwischen der [X.] und dem Königreich [X.] zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und zur Regelung verschiedener anderer Fragen auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen einschließlich der Gewerbesteuer und der Grundsteuern vom 11.04.1967 ([X.] 1969, 18, BStBl I 1969, 39) --DBA-[X.] 1967-- eine Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 [X.] nur dann möglich sei, wenn der zwischen den verbundenen Unternehmen vereinbarte Preis seiner Höhe (seiner Angemessenheit) nach dem Fremdvergleichsmaßstab nicht standhalte. Soweit das [X.] vorgetragen habe, die zwischen der [X.] und der [X.] vereinbarte Zinshöhe sei fremdunüblich, habe es keine entsprechenden Nachweise vorgelegt. Außerdem habe es die Hinzurechnung nicht in Höhe der Differenz zwischen vereinbartem und fremdüblichem Zins, sondern in Höhe des gesamten Abschreibungsumfangs vorgenommen, was zeige, dass es die Hinzurechnung gerade nicht auf die Fremdunüblichkeit des vereinbarten Zinses gestützt habe. Angesichts des Zinsaufschlags in Höhe von 2,86 % auf den [X.] sei man von einer Fremdunüblichkeit der vereinbarten Zinshöhe nicht überzeugt.

6

Der Senat hat aufgrund mündlicher Verhandlung am 27.02.2019 die Revision des [X.] als begründet angesehen, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 27.02.2019 - I R 73/16, [X.], 525, [X.], 394). Mit Beschluss vom 04.03.2021 - 2 BvR 1161/19 ([X.] --HFR-- 2021, 504) hat das [X.] ([X.]) der Verfassungsbeschwerde gegen das Urteil stattgegeben, das Senatsurteil aufgehoben und die Sache an den [X.] ([X.]) zurückverwiesen. Der Rechtsstreit hat das neue [X.]. I R 15/21 erhalten.

7

Das [X.] rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

9

Das [X.] ([X.]) ist dem Verfahren beigetreten (§ 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Es unterstützt, ohne einen eigenen Antrag zu stellen, das Revisionsbegehren des [X.].

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des [X.] ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O). Die bisherigen Feststellungen des [X.] zur Anwendbarkeit der Regelung des § 1 [X.] auf den Streitfall im Hinblick auf die Teilwertabschreibung des unbesicherten Darlehens (Schuld aus einem Verrechnungskonto) reichen für eine abschließende Entscheidung durch den [X.] nicht aus.

1. Die Vorinstanz ist zunächst zutreffend davon ausgegangen, dass aufgrund der im Streitjahr bestehenden körperschaftsteuerrechtlichen Organschaft zwischen der [X.] (als Organgesellschaft) und der Klägerin (als Organträgerin) das Einkommen der [X.] gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 17 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung der Klägerin zuzurechnen ist. Entsprechend sind die Einwendungen gegen die Höhe des zugerechneten Einkommens von der Klägerin als Organträgerin im Rechtsbehelfsverfahren gegen den an sie gerichteten Körperschaftsteuerbescheid geltend zu machen.

2. Die tatrichterlichen Feststellungen der Vorinstanz reichen nicht aus, um beurteilen zu können, ob die Gewinnminderung, die auf der Teilwertabschreibung des unbesicherten Darlehens beruht, gemäß § 1 Abs. 1 [X.] außerbilanziell zu korrigieren ist.

a) Werden Einkünfte eines Steuerpflichtigen aus Geschäftsbeziehungen mit einer ihm nahestehenden Person dadurch gemindert, dass er im Rahmen solcher Geschäftsbeziehungen zum Ausland Bedingungen vereinbart, die von denen abweichen, die voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen vereinbart hätten, sind seine Einkünfte unbeschadet anderer Vorschriften gemäß § 1 Abs. 1 [X.] so anzusetzen, wie sie unter den zwischen unabhängigen [X.] vereinbarten Bedingungen angefallen wären. Geschäftsbeziehung in diesem Sinne ist gemäß § 1 Abs. 4 [X.] jede den Einkünften zugrundeliegende schuldrechtliche Beziehung, die keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung ist und entweder beim Steuerpflichtigen oder bei der nahestehenden Person Teil einer Tätigkeit ist, auf die die §§ 13, 15, 18 oder 21 des Einkommensteuergesetzes anzuwenden sind oder im Fall eines ausländischen Nahestehenden anzuwenden wären, wenn die Tätigkeit im Inland vorgenommen würde.

b) Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 [X.] könnten im Hinblick auf die Teilwertabschreibung im Inland erfüllt sein.

aa) Bei dem [X.] zwischen der [X.] und der [X.] handelt es sich um eine Geschäftsbeziehung i.S. von § 1 Abs. 4 [X.]. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht streitig und bedarf keiner weitergehenden Ausführungen.

bb) Die Besicherung bzw. [X.] der Ansprüche gehört zu den "Bedingungen" i.S. des § 1 Abs. 1 [X.] (noch offen gelassen im [X.]surteil in [X.], 170, [X.], 261, Rz 15). Der Begriff der Bedingung ist zwar gesetzlich nicht definiert; im gewöhnlichen Geschäftsverkehr sind hierzu jedoch --neben Vereinbarungen über die Laufzeit, Art und Weise der Rückzahlung sowie die Höhe und den Zahlungszeitpunkt der [X.] üblicherweise auch Vereinbarungen über die zu stellenden Sicherheiten zu rechnen (vgl. Nr. 13 AGB-Banken). Auch dies ist zwischen den Beteiligten nicht mehr streitig und bedarf keiner weiteren Ausführungen.

cc) Der Gesetzeswortlaut des § 1 Abs. 1 [X.] knüpft daran an, dass "Einkünfte eines Steuerpflichtigen ... gemindert" werden. Der streitgegenständliche Fall einer Teilwertabschreibung im Inland wird nach der Rechtsprechung des [X.]s, an der festzuhalten ist, vom Begriff der Einkünfteminderung erfasst ([X.]surteil vom 09.06.2021 - I R 32/17, [X.], 475). Zur näheren Begründung wird auf das genannte Urteil verwiesen.

dd) [X.] 1 [X.] kann auch durch ("dadurch") die fehlende Besicherung eingetreten sein. Der [X.] hat bereits mehrfach entschieden, dass maßgeblich im Sinne des Veranlassungsprinzips das die gewinnmindernde Forderungsausbuchung "auslösende Moment" ist (vgl. hierzu die Nachweise im [X.]surteil in [X.], 475). Bei der hierfür gebotenen wertenden Betrachtung ist im Streitfall vorrangig auf den [X.] abzustellen. Erst der [X.] hat die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass es bei der [X.] zu einer Einkünfteminderung kommen konnte (vgl. allgemein zuletzt [X.]surteil in [X.], 475).

ee) Die Einkünftekorrektur gemäß § 1 Abs. 1 [X.] wird im Streitfall nicht durch Art. 9 DBA-Belgien 1967 ausgeschlossen. Der [X.] hat seine bisherige Rechtsprechung zur sog. Sperrwirkung der dem Art. 9 Abs. 1 des Musterabkommens der [X.] ([X.] --[X.]--) nachgebildeten abkommensrechtlichen Vorschriften (vgl. [X.]surteile in [X.], 386, [X.], 258, und in [X.], 170, [X.], 261) mittlerweile aufgegeben. Zur näheren Begründung wird auf das [X.]surteil in [X.], 475 verwiesen.

ff) Die [X.] der Rückzahlungsforderung aus den Darlehen kann im Streitfall von den Bedingungen abweichen, die voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen vereinbart hätten (sog. Fremdvergleich). Das [X.] hat hierzu allerdings keine ausreichenden Feststellungen getroffen.

(1) Die Prüfung anhand dessen, was fremde Dritte vereinbart hätten, ist bei miteinander verbundenen Gesellschaften nicht bereits aufgrund des sog. [X.] im Konzern entbehrlich. Der [X.] hat bereits mehrfach entschieden, dass der "Konzernrückhalt" lediglich den rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmen der [X.] beschreibt und die Üblichkeit zum Ausdruck bringt, innerhalb eines Konzerns [X.] nicht wie unter Fremden abzusichern. Eine fremdübliche (werthaltige) Besicherung des Rückzahlungsanspruchs im Sinne einer aktiven Einstandsverpflichtung kann darin nicht gesehen werden. Hieran hat der [X.] zuletzt nach nochmaliger Überprüfung festgehalten ([X.]surteil in [X.], 475). Zur näheren Begründung wird wiederum auf diese Entscheidung verwiesen.

(2) Die [X.] im Streitfall weicht vom [X.] ab, wenn ein fremder Gläubiger --ggf. unter Berücksichtigung möglicher Risikokompensationen-- das Darlehen nicht unter gleichen Bedingungen ausgereicht hätte. Dies festzustellen ist Aufgabe des [X.].

Für diese Feststellung ist auf das Verhalten eines fremden [X.] abzustellen (vgl. [X.]surteile vom 27.02.2019 - I R 81/17, [X.], 297, [X.] 2020, 443; vom 27.02.2019 - I R 51/17, [X.], 292, [X.] 2020, 440; vom 19.06.2019 - I R 5/17, [X.], 183; vom 19.06.2019 - I R 54/17, Internationales Steuerrecht --IStR-- 2020, 230; vom [X.], [X.], 757; vom [X.], [X.], 755; vom [X.] - I R 72/17, [X.], 1049; vom 19.02.2020 - I R 19/17, [X.], 243, [X.] 2021, 223), wobei es sich hierbei nicht um "klassische Banken" handeln muss (vgl. [X.]surteile vom 18.05.2021 - I R 62/17, [X.], 457, und in [X.], 475). Entscheidend ist, dass ein Markt für die vereinbarten Darlehen ermittelt werden kann, der dann den Maßstab für den vorzunehmenden Fremdvergleich bildet. Zur Ermittlung dieses Marktes sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen (s. hierzu [X.]surteile in [X.], 457, und in [X.], 475), wobei das Fehlen einer einzelnen "Bedingung" (hier: fehlende Besicherung) nicht unmittelbar dazu führt, dass eine hierdurch veranlasste [X.] dem [X.] des § 1 [X.] unterfällt (ebenso BMF-Schreiben vom 14.07.2021 - Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise, Grundsätze für die Korrektur von Einkünften gemäß § 1 [X.] [BStBl I 2021, 1098], Rz 1.22). Ob ein unbesichertes Darlehen im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung aller Umstände des Einzelfalls fremdvergleichskonform ist, hängt damit davon ab, ob auch ein fremder Dritter --ggf. unter Berücksichtigung möglicher Risikokompensationen-- das Darlehen unter gleichen Bedingungen ausgereicht hätte (in diesem Sinne bereits [X.]surteile in [X.], 230; in [X.], 457, und in [X.], 475).

(3) Zu der Frage, ob die vereinbarten Darlehensbedingungen in ihrer Gesamtheit dem entsprechen, was fremde, nicht mit den nachgeordneten Gesellschaften verbundene Darlehensgeber (ex ante) vereinbart hätten, hat das [X.] keine Feststellungen getroffen. Es hat sich --aus seiner Sicht konsequent-- mit der Fremdvergleichsproblematik nicht näher befasst, weil es der bisherigen [X.]srechtsprechung zu Art. 9 Abs. 1 [X.] (Urteile in [X.], 170, [X.], 261, und in [X.], 386, [X.], 258) gefolgt ist, an der der [X.] aber nicht festhält (s. oben [X.] ee).

3. Das angefochtene Urteil beruht auf einer anderen rechtlichen Beurteilung. Es ist daher aufzuheben und die Sache an das [X.] zurückzuverweisen. Das [X.] wird in einem ersten Schritt festzustellen haben, ob es sich bei dem streitgegenständlichen Verrechnungskonto um ein betrieblich veranlasstes und damit steuerrechtlich anzuerkennendes Darlehen der [X.] handelte oder ob dieses Konto durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Einlagen in das Vermögen der [X.] ausweist (nachfolgend zu a). Sollte sich ergeben, dass es sich bei dem Verrechnungskonto um steuerrechtlich anzuerkennende Darlehen handelt, wird das [X.] die erforderlichen Feststellungen zum Fremdvergleich der unbesicherten Darlehen nachzuholen haben (nachfolgend zu b).

a) Bei der Beurteilung von [X.] zwischen verbundenen Unternehmen bedarf es zunächst der Abgrenzung, ob das zugeführte Kapital dauerhaft in das Vermögen der empfangenden Gesellschaft übergehen sollte und eine Rückzahlung nicht beabsichtigt war (BFH-Urteil vom 06.11.2003 - IV R 10/01, [X.], 438, [X.] 2004, 416) oder ob die Parteien --im Sinne einer ernstlichen Abrede-- von der Überlassung von Kapital auf [X.] ausgegangen sind und davon ausgehen konnten, dass der Darlehensvertrag durchgeführt, insbesondere also das Darlehen zurückgezahlt wird (dazu [X.]surteil in [X.], 170, [X.], 261, Rz 26).

Hierbei ist nach der zu Verträgen zwischen Angehörigen ergangenen Rechtsprechung die Abgrenzung zwischen privater und betrieblicher Veranlassung im [X.] an die [X.] vom 07.11.1995 - 2 BvR 802/90 ([X.] 1996, 34, unter [X.]) und vom 15.08.1996 - 2 BvR 3027/95 ([X.]/[X.]schrift für Wirtschafts- und Bankrecht 1996, 2174) anhand der Gesamtheit der objektiven Verhältnisse mit der Maßgabe vorzunehmen, dass nicht jede Abweichung einzelner Sachverhaltsmerkmale vom [X.] im Sinne eines absolut wirkenden Tatbestandsmerkmals die steuerrechtliche Anerkennung des Vertragsverhältnisses ausschließt. Vielmehr sind die einzelnen Kriterien des Fremdvergleichs im Rahmen der gebotenen Gesamtbetrachtung zu würdigen (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 10.10.2018 - X R 44-45/17, [X.], 11, [X.] 2019, 203, m.w.N.). Nichts anderes kann für Vertragsverhältnisse zwischen Gesellschaften und ihren Gesellschaftern und damit für die Frage gelten, ob eine Kapitalüberlassung der eigenen betrieblichen Sphäre oder derjenigen des [X.] (hier: Beteiligung der [X.] an der [X.]) zuzuordnen ist.

Eine derartige Gesamtbetrachtung hat das [X.] nicht vorgenommen. Sie kann in der Revisionsinstanz auch nicht nachgeholt werden. Das [X.] wird zu berücksichtigen haben, dass zwar in der den Streitfall kennzeichnenden [X.] des Schuldsaldos aus dem Verrechnungskonto einerseits ein möglicherweise nicht fremdüblicher Umstand zu sehen sein kann, da ein mit der [X.] nicht verbundener Kreditgeber auf einer (fremdüblichen) Sicherheit bestanden hätte. Abweichendes kann auch dem Topos des [X.] nicht entnommen werden, da er --ohne Hinzutreten einer rechtlichen Verpflichtung, für die Rückzahlung des Darlehens einzustehen-- lediglich den rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmen der [X.] und die Üblichkeit zum Ausdruck bringt, innerhalb eines Konzerns [X.] nicht wie unter Fremden abzusichern (z.B. [X.], Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht 2018/2019, 947, 963 ff.). Soweit den Urteilen des [X.]s in [X.], 386, [X.], 258 sowie vom [X.] - I R 24/97 ([X.], 482, [X.] 1998, 573, unter [X.]) Abweichendes zu entnehmen ist, wird hieran nicht festgehalten. Dies schließt es andererseits aber nicht aus, auch ertragsteuerrechtlich von einer ernstlichen, d.h. betrieblich veranlassten [X.] auszugehen ([X.]surteil in [X.], 482, [X.] 1998, 573, zu II.2.). Im Rahmen der gebotenen Gesamtabwägung wird das [X.] hierbei vor allem die sonstigen Umstände des Vertragsschlusses (z.B. berechtigte Ertragserwartungen des Kreditnehmers, Einfluss des Kreditgebers auf dessen Geschäftstätigkeit, grundsätzliche Bereitschaft, die kreditnehmende Gesellschaft im Geschäftsverkehr nach außen zu stützen) indiziell mit Rücksicht darauf zu würdigen haben, ob --ungeachtet eines möglicherweise nicht fremdüblichen Verzichts auf die Einräumung einer werthaltigen Sicherung der [X.] die Parteien von einer Kapitalüberlassung auf [X.] und damit insbesondere von der Rückzahlung des [X.] ausgegangen sind und bei objektiver Würdigung ausgehen konnten.

b) Sollte die Prüfung ergeben, dass es sich bei dem Verrechnungskonto in der Sache um steuerrechtlich anzuerkennende Darlehen handelt, wird das [X.] mit Blick auf eine Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 [X.] zu untersuchen haben, ob die fehlende Besicherung der Darlehensrückzahlungsforderung dem entspricht, was fremde, nicht mit der nachgeordneten Gesellschaft verbundene Darlehensgeber (ex ante) vereinbart hätten. Es wird dabei zu ermitteln haben, ob ein Markt für die --ohne [X.] vereinbarten Darlehen existiert, der dann den Maßstab für den vorzunehmenden Fremdvergleich abbildet. Zur Ermittlung dieses Marktes wird es alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen haben. Insbesondere wird zu prüfen sein, ob ein fremder Dritter angesichts der konkreten Ertragssituation der [X.] als darlehensnehmenden Gesellschaft bereit gewesen wäre, eine entsprechende Vereinbarung mit dieser einzugehen. Der Fremdvergleich hat sich an der konkreten darlehensnehmenden [X.] insbesondere deren Ertragssituation-- zu orientieren. Die Ausreichung von Darlehen durch fremde Dritte an die Konzernobergesellschaft vermag eine Würdigung des einer ([X.] eingeräumten Darlehens am Maßstab der fremdüblichen Kreditgewährung nicht zu ersetzen (vgl. hierzu zuletzt [X.]surteil in [X.], 475).

Sollte die Prüfung ergeben, dass ein entsprechender Markt für die --ohne [X.] vereinbarten Darlehen vorhanden ist und ein fremder Dritter dieses Marktes bereit gewesen wäre, beispielsweise gegen Vereinbarung eines Zinszuschlags das durch die [X.] erhöhte Ausfallrisiko zu kompensieren, wird das [X.] zu prüfen haben, ob die im Streitfall konkret vereinbarte Verzinsung eine solche Kompensation beinhalten kann und damit fremdüblich ist. Das [X.] wird in diesem Zusammenhang insbesondere zu beachten haben, dass der von einer Bank der Klägerin (als Konzernobergesellschaft) gewährte Betriebsmittelkredit von 3,14 % nicht ohne weiteres herangezogen werden kann, um die Fremdüblichkeit einer möglichen Kompensation der fehlenden Besicherung des von der [X.] der [X.] gewährten Darlehens darzulegen (s. insoweit auch BVerfG-Beschluss in [X.] 2021, 504, Rz 49).

Sollte die Prüfung ergeben, dass im Streitfall insgesamt fremdübliche "Bedingungen" vereinbart worden sind, ist für den [X.] der Norm des § 1 [X.] kein Raum. Ergibt die Prüfung, dass die vereinbarten Bedingungen nicht fremdüblich waren, weil keine ausreichende Risikokompensation vereinbart wurde, ist eine Korrektur der Teilwertabschreibung nach § 1 [X.] allerdings ebenfalls ausgeschlossen. Denn wenn ein entsprechender Markt vorhanden ist, hat die Einkünftekorrektur vorrangig veranlagungszeitraumbezogen in Höhe der Differenz zwischen den tatsächlich erzielten und den fremdüblichen Zinseinnahmen zu erfolgen; dies gilt auch für den Fall, dass die Einkommensermittlung früherer Veranlagungszeiträume bereits bestandskräftig erfolgt sein sollte (vgl. hierzu [X.]surteil in [X.], 475). Mithin kommt eine Korrektur der Teilwertabschreibung nach § 1 [X.] in Betracht, wenn unter den besonderen Umständen des Einzelfalls kein entsprechender Markt für unbesicherte Darlehen ermittelt werden kann.

4. Der [X.] sieht angesichts der tatsächlichen Ungewissheit, ob § 1 [X.] im Streitfall in diesem Zusammenhang überhaupt zur Anwendung kommen kann, von einer Prüfung ab, ob das Unionsrecht einer Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 [X.] entgegensteht. Entsprechend sieht er nach derzeitigem Verfahrensstand auch von einer möglichen Vorlage an den [X.] nach Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] ([X.]) ab (vgl. hierzu BVerfG-Beschluss in [X.] 2021, 504).

5. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

I R 15/21

13.01.2022

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend BVerfG, 4. März 2021, Az: 2 BvR 1161/19, Beschluss

§ 1 Abs 1 AStG vom 16.05.2003, § 1 Abs 4 AStG vom 16.05.2003, Art 267 AEUV, Art 9 DBA BEL 1967, Art 9 Abs 1 OECDMustAbk, Art 9 Abs 1 OECD-MA

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 13.01.2022, Az. I R 15/21 (REWIS RS 2022, 2772)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 2772


Verfahrensgang

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Az. I R 73/16

Bundesfinanzhof, I R 73/16, 27.02.2019.


Az. 2 BvR 1161/19

Bundesverfassungsgericht, 2 BvR 1161/19, 04.03.2021.


Az. I R 15/21

Bundesfinanzhof, I R 15/21, 13.01.2022.


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