Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.12.2005, Az. I ZR 108/04

I. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 518

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 108/04 Verkündet am: 1. Dezember 2005 [X.] als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der I. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 1. Dezember 2005 durch [X.] Dr. Ullmann und [X.] v. Ungern-Sternberg, [X.], [X.] und Dr. Bergmann für Recht erkannt:
Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des 3. Zivilsenats des [X.] vom 22. Juni 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückver-wiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Klägerin ist Transportversicherer der S.

GmbH in [X.] (im Folgenden: Versicherungsnehmerin). Sie nimmt die [X.], die einen Paketbeförderungsdienst betreibt, aus übergegangenem und abgetretenem Recht wegen des Verlusts von Transportgut auf Schadensersatz in Anspruch. 1 - 3 - Die [X.] führte für die Versicherungsnehmerin, mit der sie in [X.] Geschäftsbeziehung stand, den Transport von Paketsendungen zu fest ver-einbarten Preisen im Wege der Sammelladung durch. Den dabei geschlossenen Verträgen lagen die [X.] der [X.] (Stand Februar 2002) zugrunde. Darin enthalten ist u.a. folgende Bestimmung: 2 2. Serviceumfang Sofern keine besonderen Dienstleistungen vereinbart werden, be-schränkt sich der von U. angebotene Service auf Abholung, Trans- port, Zollabfertigung (sofern zutreffend) und Zustellung der Sendung.
Um die vom Versender gewünschte kurze Beförderungsdauer und das niedrige Beförderungsentgelt zu ermöglichen, werden die [X.] im Rahmen einer Sammelbeförderung transportiert. Der [X.] nimmt mit der Wahl der Beförderungsart in Kauf, dass auf-grund der Massenbeförderung nicht die gleiche Obhut wie bei einer Einzelbeförderung gewährleistet werden kann. Der Versender ist [X.] einverstanden, wenn eine Kontrolle des [X.], insbe-sondere durch Ein- und Ausgangsdokumentation, an den einzelnen [X.] innerhalb des U. -Systems nicht durchgeführt wird. Soweit der Versender eine weitergehende Kontrolle der Beförderung wünscht, wählt er die Beförderung als Wertpaket. Die Versicherungsnehmerin nahm als Versenderin an dem sog. EDI-Verfahren der [X.] teil. Danach druckt die Versenderin mit einer von der [X.] zur Verfügung gestellten Software [X.] aus und versieht die versandfertigen Pakete mit diesen [X.]. [X.] übermittelt sie der [X.] per Datenfernübertragung eine [X.], in der auch die [X.] aufgeführt sind. Die Pakete werden von der Versenderin in ein von der [X.] überlassenes Behältnis (Feeder, Container) geladen, das dann im Beisein des Abholfahrers der [X.] ver-plombt wird. Der Fahrer bestätigt, ohne vorher den Inhalt des Behältnisses überprüft zu haben, auf einem Schreiben den Empfang einer bestimmten [X.] zu einem bestimmten Zeitpunkt; die Liste mit den [X.] - 4 - nummern steht ihm dabei nicht zur Verfügung. Die [X.] hat die Möglichkeit, alle Pakete beim ersten Eingang zu scannen und die [X.] der ein-gegangenen Pakete mit den Nummern auf der per [X.] übermittel-ten [X.] zu vergleichen. 4 Die Versicherungsnehmerin beauftragte die [X.] im Frühjahr 2002 mit dem Transport eines Paketes mit Computerteilen im Gesamtwert von 12.451, 22 •, ohne eine [X.] vorzunehmen. Das Paket erreichte den Empfänger nicht. Den der Versicherungsnehmerin entstandenen Schaden regu-lierte die Klägerin gegen Abtretung der Ersatzansprüche. Die Klägerin hat behauptet, ihre Versicherungsnehmerin habe der [X.]n das Paket übergeben. Die [X.] hafte für dessen Verlust unbe-schränkt. 5 Die [X.] hat bestritten, Gewahrsam an dem Paket erlangt zu haben. Sollte ein Schadensersatzanspruch bestehen, sei die Haftung beschränkt. Das Unterlassen von Schnittstellenkontrollen begründe kein leichtfertiges Verhalten, weil in Nr. 2 ihrer [X.] wirksam ein Verzicht auf eine Transportwegkontrolle vereinbart worden sei. Jedenfalls sei der Kläge-rin ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin wegen Unterlassens der [X.] zuzurechnen. 6 Das [X.] hat die [X.] antragsgemäß verurteilt, an die Kläge-rin 12.451,22 • nebst Zinsen zu zahlen. Die dagegen gerichtete Berufung der [X.] ist erfolglos geblieben. 7 Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückwei-sung die Klägerin beantragt, erstrebt die [X.] die Abweisung der Klage. 8 - 5 - Entscheidungsgründe: 9 I. Das Berufungsgericht hat der Klägerin einen Anspruch auf Schadens-ersatz zuerkannt. Dazu hat es ausgeführt: Die [X.] hafte für den Verlust des Pakets, der während ihrer Obhuts-zeit eingetreten sei, gemäß § 425 Abs. 1, § 435 HGB unbeschränkt. Die [X.], die der ihr obliegenden sekundären Darlegungslast über die Transportwege und die organisatorischen Sicherungsmaßnahmen - insbesondere die notwen-digen Schnittstellenkontrollen - nicht nachgekommen sei, treffe ein qualifiziertes Verschulden. Eine Änderung des [X.] des § 426 HGB könne gemäß § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB nur durch eine Individualvereinbarung erfol-gen. Zum Abschluss einer solchen habe die [X.] nicht hinreichend substan-tiiert vorgetragen. 10 Die Beweiswürdigung des [X.]s zur Höhe des geltend gemachten Schadens begegne keinen durchgreifenden Bedenken. Ein Mitverschulden ihrer Versicherungsnehmerin sei der Klägerin nicht zuzurechnen, weil sich dem Sachvortrag der [X.] nicht entnehmen lasse, dass sie bei richtiger Wert-angabe ihre Sorgfaltspflichten besser erfüllt hätte und es dadurch zu einer Ver-ringerung des [X.] gekommen wäre. 11 II. Die Revision der [X.] hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des an-gefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]. 12 - 6 - Das Berufungsgericht hat zwar zutreffend eine Haftung der [X.] wegen Verlusts des [X.] gemäß § 425 Abs. 1, § 435 HGB, § 398 BGB, § 67 [X.] angenommen. Es hat aber rechtsfehlerhaft ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin unberücksichtigt gelassen. 13 14 1. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen der vertragli-chen Haftung der [X.] gemäß § 425 Abs. 1 HGB bejaht. a) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die [X.] von der Versicherungsnehmerin als Fixkostenspediteurin i.S. des § 459 HGB beauf-tragt worden ist und sich ihre Haftung nach den Bestimmungen über die Haf-tung des Frachtführers gemäß §§ 425 ff. HGB und aufgrund vertraglicher Ein-beziehung nach ihren [X.] beurteilt. Das lässt einen Rechtsfehler nicht erkennen und wird von der Revision auch nicht beanstandet. 15 b) Das Berufungsgericht hat weiter festgestellt, dass die [X.] das streitgegenständliche Paket in Empfang genommen hat. Die dagegen [X.] der Revision bleiben ohne Erfolg. Soweit die Revision geltend macht, das Berufungsgericht habe den in der Klageerwiderung der [X.] unter Zeugenbeweis gestellten Vortrag übergangen, dass Sendungen im Be-reich der [X.] nicht gescannt worden seien, wie sich aus dem internen [X.] der [X.] ergebe, vermag sie damit einen Rechtsfehler des [X.]s nicht aufzuzeigen. Die [X.] hat in der Berufungsinstanz einen Verfahrensfehler des [X.]s insoweit nicht gemäß § 529 Abs. 2 Satz 1, § 520 Abs. 3 ZPO geltend gemacht. Sie hat entgegen der Ansicht der Revision dieses Vorbringen auch in der Berufungsinstanz nicht wiederholt. Die von der Revision angeführte Berufungsbegründung der [X.] vom 15. Ja-nuar 2004 enthält zu der Bedeutung der internen EDV-Codierung keinen [X.] - 7 - Vortrag. Die Beweiswürdigung der Vorinstanzen kann auch im Übrigen aus Rechtsgründen nicht beanstandet werden. Zutreffend hat bereits das [X.] darauf abgestellt, die [X.] habe weder geltend gemacht, die betref-fende 1Z-Paketnummer sei auf der ihr im sog. EDI-Verfahren übermittelten [X.] nicht aufgeführt gewesen, noch habe sie unverzüglich beanstandet, dass das Paket mit der betreffenden 1Z-Nummer nicht in dem dazugehörigen Container gewesen sei. [X.] ist das Berufungsgericht davon [X.], dass danach eine Vermutung für den Empfang des Pakets durch die [X.] besteht (vgl. [X.], Urt. [X.] - I ZR 235/02, [X.] 2005, 403, 404), die diese nicht widerlegt hat. c) Da die [X.] eine Ablieferung des in Empfang genommenen [X.] nicht darlegen kann, ist das Berufungsgericht zu Recht davon ausgegan-gen, dass es im [X.] der [X.] in Verlust geraten ist. 17 2. Die Revision wendet sich weiter ohne Erfolg gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die [X.] hafte für den eingetretenen Schaden gemäß § 435 HGB unbeschränkt. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts führt die [X.] keine Schnittstellenkontrollen durch. Das begründet den Vorwurf des leichtfertigen Verhaltens ([X.]Z 158, 322, 327 ff.; [X.], Urt. v. 17.6.2004 - I ZR 263/01, [X.] 2004, 399, 401; Urt. v. 11.11.2004 - I ZR 120/02, [X.] bis 14; Urt. [X.] - I ZR 276/02, [X.] 2005, 208, 209). Ein Verzicht auf die Durchführung von Schnittstellenkontrollen ist zwischen der [X.]n und der Versicherungsnehmerin nicht vereinbart worden. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, eine solche Vereinbarung sei aufgrund Nr. 2 der [X.] der [X.] zustande gekommen. 18 a) Ob sich die Bestimmung der Nr. 2 der [X.] der [X.] lediglich auf die Dokumentation der [X.] - 8 - trollen bezieht oder sich auch auf die Durchführung der Kontrollen selbst er-streckt, ist fraglich. Denn der Begriff der "Kontrolle des [X.]" in Nr. 2 Abs. 2 Satz 3 wird durch den nachfolgenden Zusatz, durch den "insbesondere" die Ein- und Ausgangsdokumentation angesprochen wird, zumindest näher er-läutert. Wie der [X.] bereits entschieden hat, umfasst ein in den [X.] der [X.] enthaltener Verzicht auf die "Kontrolle des [X.] durch schriftliche Ein- und Ausgangsdokumentation an den einzelnen [X.]" nur den Verzicht auf die Dokumentation (vgl. [X.], Urt. v. 15.11.2001 - I ZR 284/99, [X.] 2002, 306, 308 f.). b) Die Frage, ob Nr. 2 der [X.] der [X.] einen Verzicht auf die Durchführung der Kontrollen selbst enthält, kann jedoch offen bleiben, weil die Klausel, wenn sie diesen Inhalt hätte, ge-mäß § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB unwirksam wäre. Nach dieser Vorschrift kann von der gesetzlichen Haftungsregelung der §§ 425 bis 438 HGB nur durch eine im Einzelnen ausgehandelte Vereinbarung abgewichen werden. 20 [X.]) Auf Nr. 2 der [X.] ist, sofern sie einen Verzicht auf Schnittstellenkontrollen enthält, § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB anzuwenden, weil diese Klausel dann von der gesetzlichen Haftungsregelung der §§ 425 bis 438 HGB abweicht. Der Gesetzgeber hat in den Katalog [X.], die nur unter den qualifizierten Voraussetzungen des § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB einer vertraglichen Vereinbarung zugänglich sind, die haf-tungsrechtlichen Bestimmungen der §§ 425, 426 HGB aufgenommen. Für die Frage, ob die Klausel dem Anwendungsbereich von § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB unterfällt, kommt es daher nur darauf an, ob sie die Haftungsregelung der §§ 425, 426 HGB modifiziert. Unerheblich ist dagegen, ob sie im Sinne der [X.] [X.] als eine Leistungsbeschreibung anzusehen ist, wie die Revision geltend macht. Denn vertragliche Abweichungen von der [X.] - 9 - tungsregelung der §§ 425 bis 438 HGB sollen unabhängig davon, ob sie nach der allgemeinen [X.] Einordnung als der Inhaltskontrolle entzogene Leistungsbeschreibungen oder als kontrollfähige Einschränkungen, Ausgestal-tungen oder Modifikationen des Hauptleistungsversprechens anzusehen wären (vgl. dazu [X.]Z 147, 354, 360; 148, 74, 78; 152, 262, 265; 153, 148, 152; zu § 307 BGB: [X.], Urt. v. 30.11.2004 - XI ZR 200/03, NJW 2005, 1275), grund-sätzlich nur durch eine im Einzelnen ausgehandelte Vereinbarung möglich sein (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf des [X.], BT-Drucks. 13/8445, [X.]). Das Leistungsversprechen der [X.] ist auf die Beförderung von Transportgut gerichtet. Gegenstand der von der [X.] geschuldeten Leis-tung ist der [X.], also die Ablieferung des vollständigen und un-beschädigten Gutes beim Empfänger [X.], Transportrecht, 5. Aufl., § 407 HGB [X.]. 13). Von der Haftung für den Verlust des [X.] ist die [X.] nach der Vorschrift des § 426 HGB nur befreit, wenn der Verlust auf Um-ständen beruht, die sie auch bei größter Sorgfalt nicht vermeiden und deren Folgen sie nicht abwenden konnte. Eine Haftungsbefreiung ist bei einem [X.] gegen wesentliche Sorgfaltspflichten ausgeschlossen. Zu den wesentli-chen Sorgfaltspflichten des Frachtführers oder Spediteurs gehört der Schutz des [X.] vor Verlust. Er hat daher, wenn der Umschlag von Trans-portgut wie im Streitfall besonders verlustanfällig ist, die Beförderung so zu or-ganisieren, dass Ein- und Ausgang der Güter kontrolliert werden, damit Fehlbe-stände frühzeitig festgelegt werden können (vgl. [X.]Z 149, 337, 347 f.; 158, 322, 330; [X.] [X.] 2004, 399, 401). 22 Sofern durch Nr. 2 der [X.] das Er-fordernis von Schnittstellenkontrollen abbedungen worden sein sollte, liefe dies somit auf eine Einschränkung der nach § 426 HGB geforderten wesentlichen 23 - 10 - Sorgfaltsanforderungen hinaus, die gemäß § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB nur durch eine im Einzelnen ausgehandelte Vereinbarung möglich wäre. 24 bb) Wie das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler festgestellt hat, ist Nr. 2 der [X.] der [X.] - entgegen dem [X.] der Revision - nicht gemäß § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB im Einzelnen ausgehandelt worden. Die [X.] hat nicht dargelegt, dass über die Beförde-rungsbedingungen tatsächlich verhandelt worden sei oder zumindest die [X.] Bereitschaft der [X.] als Verwenderin der Bedingungen bestanden hätte, den Inhalt der Klauseln zur Disposition zu stellen. Die Revision macht demgegenüber ohne Erfolg geltend, ein Aushandeln der Klausel habe vorgelegen, weil die [X.] mehrere Beförderungsarten an-geboten habe, unter denen die Versenderin habe wählen können (Standard-sendung, Wertsendung und Expresssendung). Insbesondere enthalte Nr. 2 der [X.] den Hinweis, dass der Versender, so-weit er eine weitergehende Kontrolle der Beförderung wünsche, die Beförde-rung als Wertpaket wählen könne. 25 Zwar trifft es zu, dass es einem Aushandeln nicht entgegensteht, wenn in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, in denen der anderen Vertragspartei al-ternative Leistungen angeboten werden, die [X.] mit verschie-denen Entgelten verbunden sind ([X.]Z 153, 148, 151 f.). Allein aus dem [X.] verschiedener Alternativen ergibt sich allerdings noch nicht das Vorliegen einer Individualvereinbarung. Es kommt vielmehr darauf an, ob in der dem [X.] eingeräumten Möglichkeit, zwischen verschiedenen Alternativen zu wählen, ein Aushandeln i.S. von § 305 Abs. 1 Satz 3 BGB, § 1 Abs. 2 [X.] gesehen werden kann. Das ist nicht der Fall, wenn der Kunde wie im vorliegen-den Fall nur die Wahl zwischen bestimmten, vom Verwender vorgegebenen 26 - 11 - Alternativen hat ([X.], Urt. v. 3.12.1991 - [X.], [X.], 503, 504; Urt. v. 7.2.1996 - IV ZR 16/95, NJW 1996, 1676, 1677). 27 cc) Nr. 2 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der [X.] ist nicht wegen der Besonderheiten des von der [X.] betriebenen Massenge-schäfts als wirksam zu erachten. Die in § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB enthaltene Einschränkung, dass eine In-dividualvereinbarung nur erforderlich ist, wenn die Vereinbarung keinen Vertrag über die Beförderung von Briefen oder briefähnlichen Sendungen betrifft, kann entgegen der Ansicht der Revision nicht auf die von ihr betriebene Massenbe-förderung von Paketen angewendet werden. Wie sich aus der Begründung zum Regierungsentwurf des [X.] ergibt (BT-Drucks. 13/ 8445, [X.]; vgl. ferner [X.], § 449 HGB [X.]. 29/30; [X.]/[X.]/ [X.], HGB, 31. Aufl., § 449 HGB [X.]. 1), bezieht sich die Ausnahme für brief-ähnliche Sendungen in § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB nicht auf den Transport von Paketsendungen und sonstiger Frachtpost, da diese dem Normalfall der Güter-beförderung näher stehen als dem postalischen Massenverkehr, bei dem die Briefsendungen ohne direkten Kundenkontakt über Briefkästen eingeliefert werden (vgl. auch [X.]Z 149, 337, 349 f.). 28 [X.]) Eine Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB ist auch nicht von [X.] wegen geboten. Entgegen dem Vorbringen der Revision verstößt die Ansicht, Nr. 2 der Allgemeinen Beförde-rungsbedingungen der [X.] sei, soweit darin eine Abweichung von dem Haftungsmaßstab der §§ 425 ff. HGB liege, gemäß § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB nicht wirksam vereinbart worden, nicht gegen Art. 12 Abs. 1 GG. Die Revision übersieht, dass § 449 Abs. 2 Satz 1 HGB eine entsprechende Abrede nicht grundsätzlich ausschließt, sondern nur das Erfordernis einer Individualvereinba-29 - 12 - rung begründet. Darin liegt kein nach Art. 12 Abs. 1 GG unzulässiger Eingriff in die Berufsfreiheit der [X.]. 30 3. Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des [X.], die Klägerin müsse sich das Unterlassen der [X.] nicht als mitwirkenden [X.] ihrer Versicherungsnehmerin zurech-nen lassen. a) Gemäß § 425 Abs. 2 HGB hängen die Verpflichtung zum [X.] sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes davon ab, inwieweit bei der Entstehung des Schadens ein Verhalten des Absenders mitgewirkt hat. § 425 Abs. 2 HGB greift den Rechtsgedanken des § 254 BGB auf und fasst alle Fälle mitwirkenden Verhaltens des Ersatzberechtigten in einer Vorschrift zusammen (Begründung zum Regierungsentwurf des [X.], BT-Drucks. 13/8445, [X.]). Ein mitwirkender [X.] des Versenders kann sich daraus ergeben, dass er eine [X.] unterlassen oder von einem Hinweis auf die Gefahr eines ungewöhnlich hohen Schadens abgesehen hat. Die vom [X.] zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des [X.] am 1. Juli 1998 zu § 254 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB ergangenen Entscheidungen sind ohne inhaltliche Änderungen auf § 425 Abs. 2 HGB über-tragbar ([X.], Urt. v. 5.6.2003 - I ZR 234/00, [X.] 2003, 467, 471). 31 b) Zutreffend hat das Berufungsgericht ausgeführt, dass die Annahme, die Versicherungsnehmerin habe durch Unterlassen der [X.] zu dem geltend gemachten Schaden beigetragen, die Feststellung voraussetzt, dass die [X.] bei zutreffender Wertangabe ihre Sorgfaltspflichten besser erfüllt hätte und es hierdurch zu einer Verringerung des [X.] gekom-men wäre. Allerdings kann die Beurteilung des Berufungsgerichts, dem Sach-vortrag der [X.] lasse sich hierzu nichts entnehmen, aus Rechtsgründen 32 - 13 - keinen Bestand haben. Die Revision rügt zu Recht, dass das Berufungsgericht erhebliches Vorbringen der [X.] übergangen hat. Die [X.] hat sowohl in ihrer Berufungsbegründung als auch in ihrer in Bezug genommenen [X.] eingehend dazu vortragen, dass sie Wertpakete mit einem dekla-rierten Wert von über 2.500 • sorgfältiger behandelt und in den verschiedenen Abschnitten der Beförderung besonderen Kontrollmaßnahmen unterwirft. [X.] dazu, ob die [X.] bei einer Angabe des Wertes der Sendung das Paket den von ihr vorgetragenen besonderen Kontrollmaßnahmen für Wertpakete unterworfen hätte, hat das Berufungsgericht nicht getroffen. Ohne diese Feststellungen durfte es ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin aber nicht verneinen. [X.]) Der Einwand des Mitverschuldens wegen Unterlassens der [X.] scheitert nicht bereits dann am Fehlen der Kausalität, wenn auch bei wertdeklarierten Sendungen ein Verlust nicht vollständig ausgeschlossen wer-den kann (vgl. [X.] [X.] 2004, 399, 401; Urt. v. 19.5.2005 - I ZR 238/02, [X.] S. 8). Ein bei der Entstehung des Schadens mitwirkendes [X.] des Versenders kommt vielmehr auch dann in Betracht, wenn bei wert-deklarierten Sendungen Lücken in den Schnittstellen verbleiben und nicht aus-geschlossen werden kann, dass die Sendung gerade in diesem Bereich [X.] gegangen ist und die Angabe des Werts der Ware daher deren Verlust nicht verhindert hätte (vgl. [X.], Urt. [X.], [X.] 2003, 317, 318). Aus diesem Grunde kann ein Mitverschulden der Versicherungsnehmerin nicht, wie die Revisionserwiderung geltend macht, bereits deshalb ausge-schlossen werden, weil die [X.] nach ihrem Vortrag nur weitere Schnittstel-lenkontrollen im "[X.]" und im "Zustellcenter" vorsieht, nicht dagegen in der "[X.]". 33 - 14 - bb) Im vorliegenden Fall ist ungeklärt, in welcher Phase des Transports der Verlust des Pakets eingetreten ist. Das Paket kann daher auch in einem Bereich verloren gegangen sein, in dem die [X.] ihre Sorgfalt bei dem Transport wertdeklarierter Ware nicht oder jedenfalls nicht in leichtfertiger [X.] verletzt hat. Die Haftung wegen qualifizierten Verschuldens gründet auf dem Vorwurf unzureichender Kontrolle der Schnittstellen und der daraus folgenden Vermutung, dass die Ware in dem besonders gefährdeten Bereich verloren ge-gangen ist. Das damit auf einer Vermutung beruhende Haftungsrisiko wird aber eingeschränkt, wenn der Weg der Ware im Falle einer [X.] weiter-gehend kontrolliert wird und sich daher bei einem Verlust genauer nachvollzie-hen lässt als bei einer nicht deklarierten Sendung. Dann erhöhen sich die [X.] der [X.], die Vermutung, dass ihr leichtfertiges Verhalten für den Eintritt des Schadens ursächlich gewesen sei, durch den Nachweis zu [X.], dass die Ware in einem gesicherten Bereich verloren gegangen ist ([X.] [X.] 2003, 317, 318; [X.] [X.] 2004, 399, 401). 34 c) Das Berufungsgericht wird im wiedereröffneten Berufungsverfahren dem Vorbringen der [X.] nachzugehen haben, sie hätte das Paket bei einer Wertangabe weiter reichenden Kontrollen unterworfen. 35 Dabei wird gegebenenfalls zu beachten sein, dass im Rahmen der grund-sätzlich dem Tatrichter obliegenden Haftungsabwägung nach § 425 Abs. 2 HGB (vgl. [X.]Z 149, 337, 355; [X.] [X.] 2004, 399, 402) die Reichweite des bei wertdeklarierten Sendungen gesicherten Bereichs einen für die Bemessung der Haftungsquote relevanten Gesichtspunkt darstellt: Je größer der gesicherte Bereich ist, desto größer ist auch der Anteil des Mitverschuldens des Versenders, der durch das Unterlassen der Wertangabe den Transport der Ware außerhalb des gesicherten Bereichs veranlasst ([X.] [X.] 2003, 317, 318; Urt. v. 19.5.2005 - I ZR 238/02, [X.] S. 10). Ferner ist der Wert 36 - 15 - ist der Wert der transportierten, nicht wertdeklarierten Ware von Bedeutung. Je höher der tatsächliche Wert der nicht wertdeklarierten Sendung ist, desto ge-wichtiger ist der in dem Unterlassen der [X.] liegende [X.]. Denn je höher der Wert der zu transportierenden Sendung ist, desto [X.] ist es, dass die Beförderung des Gutes eine besonders sorgfältige Behandlung durch den Frachtführer erfordert, und desto größer ist das in dem Unterlassen der Wertangabe bestehende Verschulden des Versenders gegen sich selbst. [X.] Danach ist das Berufungsurteil auf die Revision der [X.] aufzu-heben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen. 37 Ullmann v. Ungern-Sternberg [X.]

[X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 04.12.2003 - 86 O 19/03 - [X.], Entscheidung vom 22.06.2004 - 3 U 9/04 -

Meta

I ZR 108/04

01.12.2005

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.12.2005, Az. I ZR 108/04 (REWIS RS 2005, 518)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 518

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