Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.03.2014, Az. VI ZR 10/13

6. Zivilsenat | REWIS RS 2014, 7012

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Gegenstand

Schadensersatzanspruch der Bundesrepublik Deutschland bei Beschädigung von Schutzplanke und Lärmschutzwand einer Bundesautobahn durch Verkehrsunfall: Anspruch auf Erstattung von Umsatzsteuer auf Schadensbeseitigungskosten; Einwand der Schadenminderungspflicht durch Erteilung von Instandsetzungsaufträgen im Namen des vorsteuerabzugsberechtigten Schädigers


Leitsatz

1. Die in § 19 Abs. 3 Satz 2 der Zweiten Allgemeinen Verwaltungsvorschrift für die Auftragsverwaltung der Bundesfernstraßen (2. AVVFStr) vom 11. Februar 1956 (Beilage zum Bundesanzeiger Nr. 38 vom 23. Februar 1956) enthaltene Anweisung, von ersatzpflichtigen Dritten keine Umsatzsteuer zu erheben, wenn Leistungen zur Beseitigung von Schäden, für die Dritte ersatzpflichtig sind, von einem Unternehmer ausgeführt werden, entfaltet nur im Rahmen der Grundsätze über die Selbstbindung der Verwaltung Außenwirkung. Fehlt es an einer entsprechenden tatsächlichen Verwaltungspraxis, kann der ersatzpflichtige Dritte aus der genannten Vorschrift keine Rechte herleiten.

2. Auch die Bundesrepublik Deutschland kann als Geschädigte die ihr im Rahmen der Schadensbeseitigung tatsächlich angefallene Umsatzsteuer vom Schädiger ersetzt verlangen (§ 249 Abs. 2 Satz 2 BGB). Dass ihr ein Teil des Umsatzsteueraufkommens zufließt, ändert daran nichts.

3. Der selbst nicht vorsteuerabzugsberechtigte Geschädigte ist unter dem Gesichtspunkt seiner Obliegenheit zur Schadensminderung (§ 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB) auch dann nicht gehalten, Aufträge zur Instandsetzung der beschädigten Sache im Namen des vorsteuerabzugsberechtigten Schädigers zu erteilen, wenn dieser ihm die Abtretung sämtlicher Gewährleistungsansprüche anbietet.

Tenor

Die Revisionen der Beklagten gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des [X.] vom 22. November 2012 werden zurückgewiesen.

Die im Revisionsverfahren angefallenen Gerichtskosten tragen die Beklagten als Gesamtschuldner zu drei Vierteln, die Beklagte zu 1 zu einem weiteren Viertel. Die im Revisionsverfahren angefallenen außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagten zu 43/50 als Gesamtschuldner, die Beklagte zu 1 zu weiteren 7/50. Die im Revisionsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten der Beklagten tragen diese jeweils selbst.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Landesbetrieb Straßenbau [X.] verlangt im Namen der Klägerin von den [X.] restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall.

2

Im Juli 2010 beschädigte ein bei der [X.] zu 1 haftpflichtversicherter Lkw der [X.] zu 2 in [X.] die Schutzplanke und die dahinter befindliche Lärmschutzwand der im Eigentum der Klägerin stehenden [X.] Die vom Landesbetrieb Straßenbau mit den Instandsetzungsarbeiten beauftragten Drittfirmen stellten insgesamt 81.285,78 € zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 15.444,30 € in Rechnung. Die Haftung der [X.] steht in Höhe des [X.] nunmehr außer Streit.

3

Nach mehreren Zahlungen der [X.] zu 1 hat die Klägerin erstinstanzlich zuletzt noch die gesamtschuldnerische Verurteilung der [X.] zur Zahlung des Umsatzsteuerbetrags und weiterer 5.841,08 €, jeweils zuzüglich Zinsen, begehrt. Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die dagegen gerichteten Berufungen der [X.] zurückgewiesen. Mit ihren vom Berufungsgericht zugelassenen Revisionen erstreben beide Beklagte zuletzt noch die Klageabweisung in Höhe des Umsatzsteuerbetrags nebst Zinsen.

Entscheidungsgründe

I.

4

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch folge aus § 7 Abs. 1 StVG, § 823 Abs. 1 BGB, § 115 [X.]. Die [X.] hätten der Klägerin auch den streitgegenständlichen [X.] zu erstatten.

5

Der Direktanspruch gegen die Beklagte zu 1 folge aus § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]. Die Klägerin sei "Dritte" im Sinne dieser Vorschrift, da sie durch den Versicherungsfall einen dem Versicherungsschutz der Haftpflichtversicherung unterfallenden Anspruch erworben habe. Die von den [X.] geforderte, auf die Schutzbedürftigkeit des Geschädigten abstellende teleologische Reduktion der Vorschrift laufe auf eine vom Gesetzgeber nicht beabsichtigte Einzelfallprüfung hinaus und komme deshalb nicht in Betracht.

6

An der Geltendmachung der Umsatzsteuer sei die Klägerin nicht durch § 19 Abs. 3 Satz 2 2. [X.] ([X.] für die Auftragsverwaltung der [X.] vom 11. Februar 1956, Beilage zum [X.] vom 23. Februar 1956) gehindert. Der [X.] fehle die Außenwirkung. Eine ständige Übung, entsprechend der genannten Regelung von der Geltendmachung der Umsatzsteuer abzusehen, gebe es nicht. Damit komme eine Außenwirkung auch unter dem Gesichtspunkt einer über Art. 3 [X.] vermittelten Selbstbindung der Verwaltung nicht in Betracht.

7

Zuletzt habe die Klägerin auch nicht gegen die ihr gemäß § 254 Abs. 2 BGB obliegende Schadensminderungspflicht verstoßen, indem sie das Angebot der [X.], die Instandsetzungsarbeiten im Namen der [X.] zu 2 in Auftrag zu geben, abgelehnt und die entsprechenden Verträge in eigenem Namen geschlossen habe. Zwar hätte die Umsatzsteuer faktisch von keiner [X.] bezahlt werden müssen, wenn die Aufträge statt im Namen der Klägerin im Namen der vorsteuerabzugsberechtigten [X.] zu 2 erteilt worden wären. Zur Annahme dieses Angebots sei die Klägerin nach [X.] und Glauben aber nicht verpflichtet gewesen.

II.

8

Das angefochtene Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.

9

1. Mit Recht hat das Berufungsgericht die Klage für zulässig erachtet.

a) Die Klägerin ist als Eigentümerin der beschädigten Einrichtungen Inhaberin des streitgegenständlichen Schadensersatzanspruchs und als solche prozessführungsbefugt. Dass die Verwaltung des fraglichen Autobahnabschnitts gemäß Art. 90 Abs. 2 [X.] im Wege der [X.]esauftragsverwaltung durch das [X.] erfolgt, steht dem nicht entgegen. Denn die den Ländern durch Art. 90 Abs. 2 [X.] zugewiesenen Verwaltungsbefugnisse werden durch die Übernahme der Prozessvertretung durch das betroffene Land hinreichend gewahrt (vgl. [X.], Urteil vom 18. Juli 2002 - [X.], NVwZ 2002, 1535, 1537).

b) Entgegen den von den Revisionen geäußerten Bedenken wird die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit wirksam durch den Landesbetrieb Straßenbau vertreten. Die Vertretungsmacht des [X.] ergibt sich ohne weiteres aus § 7 Abs. 1 1. [X.]. Das [X.] wiederum wird nach Nr. 7 des [X.] der Ministerpräsidentin und verschiedener Ministerien über die Vertretung des [X.] durch seine Dienststellen vom 1. Juli 2011 ([X.]. [X.]. [X.]) in der Fassung des [X.] vom 22. November 2012 ([X.]. [X.]. [X.]) im Zuständigkeitsbereich des Landesbetriebs Straßenbau durch diesen gerichtlich vertreten. Die Geltendmachung des streitgegenständlichen Anspruchs fällt in den Zuständigkeitsbereich des Landesbetriebs als Straßenbaubehörde (§ 1 Abs. 2 der Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten nach dem [X.] und [X.] vom 26. Januar 2010, [X.]. [X.]. [X.]). Eine Beschränkung der aus § 7 Abs. 1 1. [X.] folgenden Vertretungsmacht der Länder kann § 19 Abs. 3 Satz 2 2. [X.] entgegen der Auffassung der Revisionen inhaltlich nicht entnommen werden.

2. Die Klage ist auch begründet.

a) § 19 Abs. 3 Satz 2 2. [X.] steht einem Anspruch auf Erstattung des von der Klägerin gezahlten [X.]s nicht entgegen ([X.], Urteil vom 29. Januar 2014 - 7 U 792/13, juris Rn. 25). Diese Bestimmung sieht zwar vor, einem ersatzpflichtigen Dritten keine Umsatzsteuer in Rechnung zu stellen, wenn Leistungen zur Beseitigung von Schäden durch Fremdunternehmer ausgeführt werden. Hierauf können sich die [X.] aber nicht berufen.

Da es sich bei [X.]en nicht um Rechtsnormen handelt, können sie über die ihnen innewohnende interne Bindung hinaus Außenwirkung gegenüber dem Bürger grundsätzlich nur über die so genannte Selbstbindung der Verwaltung entfalten (BVerwGE 100, 335, 339 f.; 104, 220, 222 f.; 126, 33 Rn. 52; 143, 50 Rn. 31 f.). Die für eine solche Selbstbindung erforderliche tatsächliche Verwaltungspraxis liegt nach den bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts hier gerade nicht vor. Auch der Hinweis der Revisionen auf die Außenwirkung so genannter normkonkretisierender [X.]en geht fehl. Das [X.] erkennt zwar im Umwelt- und Technikrecht einigen [X.]en unter bestimmten Voraussetzungen ausnahmsweise eine auch für die Gerichte verbindliche normkonkretisierende Wirkung zu (BVerwGE 107, 338, 340 ff.; 110, 216, 218; 114, 342, 344). Die in Rede stehenden Vorschriften sind jedoch unter anderem dadurch gekennzeichnet, dass sie unbestimmte Rechtsbegriffe des Gesetzes durch generelle Standards konkretisieren, die entsprechend der Art ihres Zustandekommens ein hohes Maß an wissenschaftlich-technischem Sachverstand verkörpern (BVerwGE 110, 216, 219 mwN). Das ist bei § 19 Abs. 3 Satz 2 2. [X.] nicht der Fall.

b) Weiter ist das Berufungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der streitgegenständliche [X.] zum nach § 249 Abs. 2 BGB ersatzfähigen Schaden gehört (aa) und dass die Klägerin mit der Weigerung, die Instandsetzungsarbeiten im Namen der [X.] zu 2 in Auftrag zu geben, nicht gegen ihre Schadensminderungspflicht verstoßen hat ([X.]).

aa) Gemäß § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB umfasst der zur Herstellung erforderliche Geldbetrag im Falle der Beschädigung einer Sache die - wie hier - tatsächlich angefallene Umsatzsteuer. Dies gilt auch, wenn Geschädigte die [X.] ist (Senatsurteil vom 14. September 2004 - [X.], [X.], 1468 f.; aA Borchardt/[X.], [X.], 75). Denn auch sie ist dem von ihr beauftragten Unternehmer gegenüber zur Zahlung der Umsatzsteuer verpflichtet. Darin liegt der entsprechende Schaden. Dass dem [X.] jedenfalls ein Teil des [X.] wieder zufließt, ist unerheblich, sind die Voraussetzungen für das Eingreifen der Grundsätze der Vorteilsausgleichung insoweit doch nicht erfüllt. Es fehlt am erforderlichen inneren Zusammenhang zwischen Vor- und Nachteil. Denn der im Bereich der Straßenbaulast eingetretenen Vermögensminderung steht ein Vorteil in einem ganz anderen Bereich gegenüber, nämlich in dem Bereich des Steueraufkommens, das der [X.] nach dem Willen des Gesetzgebers unabhängig davon zusteht, auf welchen Vorgang das umsatzsteuerpflichtige Geschäft zurückzuführen ist (Senat aaO). Der von den Revisionen angeführte haushaltsrechtliche Grundsatz der Gesamtdeckung (§ 8 [X.]) vermag an dieser schadensrechtlichen Wertung nichts zu ändern.

Nicht ersatzfähig ist die angefallene Umsatzsteuer freilich, soweit sie der Geschädigte als Vorsteuer abziehen kann. Hier greifen die Grundsätze des Vorteilsausgleichs. Den in der [X.] liegenden Vorteil muss sich der Geschädigte auf seinen Schaden anrechnen lassen (Senatsurteil vom 6. Juni 1972 - [X.], [X.], 973, 974). Vorliegend können die [X.] daraus aber nichts für sie Günstiges herleiten. Denn entgegen der von ihnen erstmals in der Revisionsinstanz vertretenen Auffassung ist die Klägerin nicht berechtigt, den streitgegenständlichen [X.] als Vorsteuer abzuziehen.

(1) Ein Recht zum Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG steht Unternehmern zu. Juristische Personen des öffentlichen Rechts sind nach § 2 Absätze 3 und 1 UStG nur im Rahmen ihrer Betriebe gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 [X.]) als Unternehmer anzusehen. Betriebe, die überwiegend der Ausübung öffentlicher Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe), gehören nach § 4 Abs. 5 [X.] hierzu nicht. Diese Vorschriften sind freilich unter Berücksichtigung von Art. 13 Abs. 1 Unterabsätze 1 und 2 der Richtlinie 2006/112/[X.] vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ([X.]. [X.] 2006, L 347/1) richtlinienkonform auszulegen. Nach einer solchen richtlinienkonformen Auslegung sind juristische Personen des öffentlichen Rechts Unternehmer, wenn sie eine wirtschaftliche und damit eine nachhaltige Tätigkeit zur Erbringung entgeltlicher Leistungen ausüben, die sich innerhalb ihrer Gesamtbetätigung heraushebt. Handeln sie dabei auf privatrechtlicher Grundlage durch Vertrag, kommt es auf weitere Voraussetzungen nicht an. Erfolgt ihre Tätigkeit auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, sind sie demgegenüber nur Unternehmer, wenn eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde (vgl. [X.], 274 Rn. 20 f.; 235, 554 Rn. 13 f.; 236, 235 Rn. 13 ff.).

(2) Nach diesen Grundsätzen ist die Klägerin, soweit sie schweren Nutzfahrzeugen die Benutzung von [X.] nur gegen Entrichtung einer Maut gestattet, nicht als Unternehmerin anzusehen; der Klägerin steht das von den Revisionen angenommene Vorsteuerabzugsrecht damit nicht zu (vgl. [X.]/Farle, [X.], 1415, 1418 ff.; [X.], [X.], 193, 194; von [X.], [X.], 229, 232; [X.] in Sölch/Ringleb, UStG, § 2 Rn. 255 "Straßenbenutzungsgebühren" [Stand: September 2012]; [X.] in [X.]/[X.] und [X.]. in Schwarz/[X.]/[X.]., [X.]. UStG, § 2 Rn. 430 "[X.]en" [Stand: November 2011]; [X.] in [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 1 [X.] Rn. 53; [X.], BStBl. I 2005, 414 Nr. 18 ff.; [X.] in Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 1418 [Stand: Juli 2011]; [X.], [X.] 2003, 8187, 1905 ff.). Denn jedenfalls erfolgt die in Rede stehende Tätigkeit auf öffentlich-rechtlicher Grundlage (a) und kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Behandlung der Klägerin als Nichtunternehmerin zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führt (b).

(a) Ein Handeln auf öffentlich-rechtlicher Grundlage ist anzunehmen, wenn die juristische Person die Tätigkeit nicht unter den gleichen rechtlichen Bedingungen wie private Wirtschaftsteilnehmer, sondern im Rahmen einer eigens für sie geltenden Sonderregelung ausübt ([X.], 416 Rn. 36; [X.], [X.], 368 Rn. 23; [X.], [X.], 518 Rn. 50 - [X.] und [X.]; [X.], 527 Rn. 35 - [X.]; [X.] 2001, 108 Rn. 17 - [X.]; [X.] 2008, 816 Rn. 21 - [X.]). Maßgeblich sind die im nationalen Recht vorgesehenen Ausübungsmodalitäten, wobei das Gebrauchmachen von hoheitlichen Befugnissen für eine öffentlich-rechtliche Grundlage spricht ([X.], 416 Rn. 36; [X.], [X.] 2001, 108 Rn. 21 f. - [X.]).

Nach diesen Grundsätzen handelt die Klägerin, wenn sie schweren Nutzfahrzeugen die Benutzung von [X.] nur gegen Maut gestattet, auf öffentlich-rechtlicher Grundlage: Die Erhebung der Maut erfolgt aufgrund von § 1 Abs. 1 des [X.]mautgesetzes ([X.]) bzw. des zuvor geltenden Autobahnmautgesetzes für schwere Nutzfahrzeuge (ABMG), mithin im Rahmen einer eigens für sie geltenden Sonderregelung, nach der die Maut eine öffentlich-rechtliche Gebühr darstellt ([X.], Urteil vom 10. Oktober 2013 - [X.], [X.], 2142 Rn. 11; BVerwGE 137, 325 Rn. 12), die an das [X.]esamt für Güterverkehr zu entrichten ist (§ 4 Abs. 1 Satz 1 [X.] bzw. ABMG). Schließlich stehen der Klägerin über das [X.]esamt für Güterverkehr bei der Überwachung der Einhaltung der maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften (§ 7 Abs. 1 Satz 1 [X.] bzw. ABMG) hoheitliche Befugnisse zu (§ 7 Absätze 4 und 7 [X.] bzw. ABMG).

(b) Ob eine Behandlung der juristischen Person des öffentlichen Rechts als Nichtunternehmerin zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen würde, ist mit Bezug auf die fragliche Tätigkeit als solche zu beurteilen. Unerheblich ist, ob die juristische Person gerade auf [X.] des lokalen Marktes, auf dem sie die Tätigkeit ausübt, Wettbewerb ausgesetzt ist ([X.], [X.] 2008, 816 Rn. 24 ff. - [X.]). Weiter ist nicht nur auf den gegenwärtigen, sondern auch auf einen potenziellen Wettbewerb abzustellen, sofern die Möglichkeit für einen privaten Wirtschaftsteilnehmer, in den relevanten Markt einzutreten, real und nicht rein hypothetisch ist ([X.] aaO Rn. 60 ff.). Schließlich ist es für die Annahme größerer Wettbewerbsverzerrungen nicht erforderlich, dass "erhebliche" oder "außergewöhnliche" Wettbewerbsverzerrungen vorliegen. Es reicht vielmehr aus, dass die gegenwärtigen oder potenziellen Wettbewerbsverzerrungen "mehr als unbedeutend" sind ([X.] aaO Rn. 72 ff.; vgl. [X.]E 235, 554 Rn. 22; 236, 235 Rn. 19). Auch unter Berücksichtigung dieser Maßgaben kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Behandlung der Klägerin als Nichtunternehmerin zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führt:

(aa) Ohne Erfolg machen die Revisionen geltend, die Klägerin stehe, soweit sie die Benutzung von [X.] nur gegen Maut gestatte, bereits gegenwärtig in unmittelbarem Wettbewerb zu privaten Unternehmern. Dies ergibt sich weder aus den Feststellungen des Berufungsgerichts, noch zeigen die Revisionen in den Tatsacheninstanzen übergangenen Vortrag auf, der eine solche Annahme stützen würde.

([X.]) Eine nicht nur unerhebliche Wettbewerbsverzerrung kann auch nicht deshalb angenommen werden, weil Privaten im Rahmen des sogenannten "[X.]s" nach §§ 1 ff. des Fernstraßenbauprivatfinanzierungsgesetzes ([X.]) im Zusammenhang mit der Übertragung des Baus, der Unterhaltung, des Betriebs und der Finanzierung von [X.] das Recht verliehen werden kann, eine - nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer unterliegende ([X.], [X.], 193, 195; [X.], BStBl. I 2005, 414 Nr. 2) - [X.] zu erheben. Denn der Anwendungsbereich einer solchen [X.]enerhebung durch private Betreiber öffentlicher Straßen ist nach § 3 Abs. 1 [X.] beschränkt auf die Brücken, Tunnel, Gebirgspässe und [X.]esstraßen mit getrennten Fahrbahnen für den Richtungsverkehr, die in der [X.] vom 20. Juni 2005 ([X.]) festgelegt sind. Danach kann das "[X.]" derzeit bundesweit lediglich bei zwei Tunneln zur Anwendung kommen. Dass zwischen den Betreibern dieser beiden Tunnel einerseits und der Klägerin als Betreiberin mautpflichtiger [X.] andererseits ein Wettbewerbsverhältnis bestünde, das darüber hinaus durch die Behandlung der Klägerin als Nichtunternehmerin nicht nur unerheblich verzerrt würde, kann jedenfalls auf der Grundlage der im Revisionsverfahren relevanten Tatsachen nicht angenommen werden.

(cc) Über das "[X.]" hinaus ist eine reale Möglichkeit, dass Private in [X.] überhaupt Leistungen der in Rede stehenden Art erbringen, also die Benutzung von Straßen gegen Maut gestatten, nicht ersichtlich. Dies gilt insbesondere auch für das sogenannte "A-Modell", in dessen Rahmen Private auf vertraglicher Grundlage den Ausbau von [X.] sowie den Betrieb der ausgebauten Abschnitte unter anderem gegen eine Beteiligung an den auf die betreffenden Abschnitte entfallenden Mauteinnahmen nach dem [X.] bzw. ABMG übernehmen. Denn hier tritt der Private nicht als Wettbewerber der Klägerin, sondern als ihr Verwaltungshelfer in Erscheinung (vgl. hierzu Burgi, DVBl. 2007, 649, 653; [X.], BStBl. I 2005, 414 Nr. 10).

(3) Dass die Klägerin als Betreiberin der [X.]esautobahnen nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist, kann der Senat entgegen der Anregung der Revisionen entscheiden, ohne die Sache gemäß Art. 267 A[X.]V dem [X.] vorlegen zu müssen. Die Voraussetzungen, unter denen anzunehmen ist, dass eine Einrichtung des öffentlichen Rechts im Rahmen der öffentlichen Gewalt handelt (Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2006/112/[X.], zuvor Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 der [X.]/[X.]), sind in der Rechtsprechung des Gerichtshofs ebenso geklärt ([X.], 518 Rn. 50 - [X.] und [X.]; [X.], 527 Rn. 35 - [X.]; [X.] 2001, 108 Rn. 17 - [X.]; [X.] 2008, 816 Rn. 21 - [X.]; [X.]eils mwN) wie die Voraussetzungen, unter denen von größeren Wettbewerbsverzerrungen (Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2006/112/[X.], zuvor Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 2 der [X.]/[X.]) auszugehen ist ([X.], [X.] 2008, 816 Rn. 24 ff. - [X.]). Die Subsumtion des konkreten Falles unter diese Voraussetzungen ist Sache des nationalen Gerichts (vgl. [X.], [X.] 2001, 108 Rn. 23; [X.] 2008, 816 Rn. 22).

[X.]) Entgegen der Auffassung der Revisionen hat die Klägerin auch nicht gegen ihre Obliegenheit zur Schadensminderung aus § 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB verstoßen, indem sie die Instandsetzungsaufträge im eigenen Namen und nicht - wie von den [X.] vorgeschlagen - als Vertreterin der [X.] zu 2 erteilt hat. Selbst wenn durch das von den [X.] vorgeschlagene Vorgehen eine Umsatzsteuerbelastung letztlich hätte vermieden werden können, weil die Beklagte zu 2 den Betrag nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG als Vorsteuer hätte abziehen können, war die Klägerin schadensrechtlich hierzu nicht verpflichtet.

Nach § 254 Abs. 2 Satz 1 Fall 2 BGB ist der Geschädigte gehalten, diejenigen Maßnahmen zur Schadensminderung zu ergreifen, die ein ordentlicher und verständiger Mensch an seiner Stelle ergreifen würde (vgl. nur Senatsurteil vom 11. Februar 2014 - [X.]/13, juris Rn. 11). Entscheidender Abgrenzungsmaßstab ist der Grundsatz von [X.] und Glauben. In anderen Vorschriften zum Ausdruck kommende Grundentscheidungen des Gesetzgebers dürfen dabei nicht unterlaufen werden (vgl. Senatsurteile vom 30. November 1999 - [X.], [X.]Z 143, 189, 194 f.; vom 20. Oktober 2009 - [X.], [X.]Z 183, 21 Rn. 13). Die von den [X.] angenommene Obliegenheit eines selbst nicht vorsteuerabzugsberechtigten Geschädigten, Aufträge zur Instandsetzung der beschädigten Sache nicht im eigenen, sondern im Namen des vorsteuerabzugsberechtigten Schädigers zu erteilen, wi[X.]präche der in § 249 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Grundentscheidung (vgl. [X.], NJW 2005, 950, 952 f.; an[X.] offenbar [X.], SVR 2005, 24; [X.], 347, 353; [X.], 610, 612).

Die in § 249 Abs. 2 BGB geregelte Ersetzungsbefugnis soll den Geschädigten davon befreien, die Schadensbeseitigung dem Schädiger anvertrauen zu müssen (Senatsurteil vom 29. Oktober 1974 - [X.], [X.]Z 63, 182, 184), und ihm die Möglichkeit eröffnen, sie in [X.] durchzuführen (Senatsurteil vom 20. Oktober 2009 - [X.], [X.]Z 183, 21 Rn. 13). Dazu gehört das Recht des Geschädigten, mit dem von ihm ausgewählten Werkunternehmer hinsichtlich der Reparatur ausschließlich selbst und ohne Zwischenschaltung des Schädigers in vertragliche Beziehungen treten zu dürfen. Nur dann ist aus Sicht des Geschädigten hinreichend gewährleistet, dass der Werkunternehmer die Ausführung des [X.] ausschließlich an seinen Interessen orientiert und nicht auch gegebenenfalls gegenläufige Interessen des Schädigers, der ungeachtet etwaiger Abtretungen insbesondere von Gewährleistungsansprüchen sein Vertragspartner wäre, in den Blick nimmt.

Fehl geht die Erwägung der Revisionen in diesem Zusammenhang, der Landesbetrieb Straßenbau habe nach pflichtgemäßem Ermessen darüber entscheiden müssen, ob die Schadensbeseitigung entsprechend dem Vorschlag der [X.] im Namen der [X.] zu 2 in Auftrag gegeben wird. § 249 Abs. 2 BGB dient nicht den Interessen des Schädigers. Die privatrechtliche Ersetzungsbefugnis nach § 249 Abs. 2 BGB kann deshalb grundsätzlich ohne Angabe von Gründen ausgeübt werden ([X.]/[X.], 6. Aufl., § 249 Rn. 358). Anlass, dies im Falle der Schädigung einer juristischen Person des öffentlichen Rechts an[X.] zu sehen, besteht nicht.

c) Die Klägerin kann ihre aus dem streitgegenständlichen Unfall resultierenden Schadensersatzansprüche gemäß § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] auch direkt gegen die Beklagte zu 1 als dem Haftpflichtversicherer der [X.] zu 2 geltend machen. Ihre diesbezüglichen Einwendungen hat die Beklagte zu 1 fallen gelassen.

d) Zuletzt begehren die Revisionen ohne Erfolg, die Verurteilung der [X.] in Höhe des [X.]s dahingehend zu beschränken, dass sie nur zur Zahlung Zug um Zug gegen Aushändigung einer den Anforderungen des § 14 Abs. 3 UStG genügenden Rechnung über die von der Klägerin an die Drittfirmen gezahlten Beträge verpflichtet sind. Denn jedenfalls ist eine Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Gegenanspruch auf Aushändigung einer Rechnung nicht ersichtlich. Insbesondere greift § 14 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG nicht; denn die Klägerin ist weder Unternehmerin (siehe oben unter 2 a), noch hat sie mit der von ihr in Auftrag gegebenen Reparatur ihres eigenen Eigentums eine umsatzsteuerpflichtige Leistung an die Beklagte zu 2 ausgeführt.

[X.]                        [X.]

           von [X.]                           Offenloch

Meta

VI ZR 10/13

18.03.2014

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Hamm, 22. November 2012, Az: I-6 U 90/12, Urteil

§ 249 Abs 2 S 2 BGB, § 254 Abs 2 S 1 Alt 2 BGB, § 19 Abs 3 S 2 2. AVVFStr

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.03.2014, Az. VI ZR 10/13 (REWIS RS 2014, 7012)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7012

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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