Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 05.04.2012, Az. 2 BvR 2126/11

2. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2012, 7436

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art 103 Abs 1 GG) durch Unterlassen einer gem § 495a S 2 ZPO gebotenen mündlichen Verhandlung


Tenor

1. Das Urteil des [X.] vom 18. August 2011 - 715 [X.]/11 - verletzt das Grundrecht des Beschwerdeführers aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes und wird aufgehoben. Das Verfahren wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

2. Der Beschluss des [X.] vom 8. September 2011 - 715 [X.]/11 - ist damit gegenstandslos.

3. ...

Gründe

1

Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen Entscheidungen, die im amtsgerichtlichen Verfahren nach billigem Ermessen (§ 495a ZPO) ohne Durchführung einer - vom Beschwerdeführer zuvor beantragten - mündlichen Verhandlung ergangen sind.

2

1. Der Beschwerdeführer erwarb am 6. Juni 2009 bei der "[X.] Vertriebsgesellschaft mbH, [X.]" ein "[X.]G". Da das Gerät zu diesem Zeitpunkt nur in Verbindung mit einem Vertrag über Telekommunikationsdienste der "[X.] GmbH" verkauft wurde, schloss der Beschwerdeführer gleichzeitig einen Nutzungsvertrag mit der "[X.] GmbH" zum Tarif "[X.]" mit einer vereinbarten Laufzeit von 24 Monaten.

3

2. Mit Telefax vom 1. Juni 2011 erklärte der Beschwerdeführer, "den zum 06.06.2011 auslaufenden Vertrag" zu kündigen. Mit Schreiben vom 8. Juni 2011 teilte die "[X.] GmbH" dem Beschwerdeführer jedoch mit, dass eine Kündigung erst zum 6. Juni 2012 möglich sei. Da der Beschwerdeführer die dreimonatige Kündigungsfrist vor Ablauf der "Mindestlaufzeit" (6. Juni 2011) nicht eingehalten habe, habe sich der Vertrag inzwischen um weitere zwölf Monate verlängert.

4

3. Am 13. Juni 2011 erhob der Beschwerdeführer Klage beim Amtsgericht [X.]-Wandsbek gegen die "[X.] Vertriebsgesellschaft mbH" mit dem Antrag festzustellen, dass die Laufzeit seines "[X.] Handy-Vertrages" vom 6. Juni 2009 mit Ablauf des 6. Juni 2011 beendet sei und nicht bis zum 6. Juni 2012 fortbestehe. Dies ergebe sich aus der ausdrücklich vereinbarten Vertragslaufzeit von 24 Monaten. Etwa entgegenstehende allgemeine Geschäftsbedingungen seien nicht erkennbar, wären angesichts der individualvertraglich vereinbarten Befristung auf 24 Monate aber jedenfalls nicht wirksam einbezogen worden. Bei Vertragsschluss am 6. Juni 2009 habe der "Beauftragte der Beklagten" die Vertragslaufzeit von 24 Monaten auf ausdrücklichen Wunsch des Beschwerdeführers in den Vertrag aufgenommen, da dieser die monatliche Belastung mit einem Benutzungsentgelt von 24,95 Euro nur so lange wie nach den [X.] unbedingt erforderlich habe akzeptieren wollen.

5

4. Mit Verfügung vom 24. Juni 2011 ordnete das Amtsgericht [X.]-Wandsbek die Durchführung des vereinfachten Verfahrens nach § 495a ZPO an und teilte den Parteien zugleich mit, ein Termin zur mündlichen Verhandlung werde nur dann anberaumt, wenn eine der Prozessparteien dies ausdrücklich unter Hinweis auf § 495a ZPO beantrage oder das Gericht dies für erforderlich halte.

6

5. Die Beklagte rügte mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 8. Juli 2011 die fehlende örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts [X.]-Wandsbek, da die Beklagte ihren allgemeinen Gerichtsstand am Konzernsitz in Bonn habe.

7

Mit Schreiben vom 13. Juli 2011 beantragte der Beschwerdeführer unter Hinweis auf § 495a Satz 2 ZPO die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung. Zur Sache replizierte er, die Zuständigkeit des Gerichts sei gegeben, da der streitgegenständliche Kaufvertrag nicht mit der "[X.] GmbH" als Konzernmutter, sondern mit der rechtlich selbstständigen "[X.] Vertriebsgesellschaft mbH" abgeschlossen worden sei, die ihren Geschäftssitz im Gerichtsbezirk des Amtsgerichts [X.]-Wandsbek habe. Selbst wenn aber für die vorliegende Klage die "[X.] GmbH" in Anspruch zu nehmen sei, bliebe es bei der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts unter dem Gesichtspunkt des besonderen Gerichtsstands der Niederlassung nach § 21 ZPO.

8

Mit Schriftsatz vom 22. Juli 2011 hielt der Prozessbevollmächtigte der beklagten "[X.] Vertriebsgesellschaft mbH" seine Rüge der örtlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts [X.]-Wandsbek aufrecht. Die Beklagte unterhalte im Zuständigkeitsbereich des angerufenen Amtsgerichts [X.]-Wandsbek weder ihren Hauptsitz noch Niederlassungen im Sinne des § 21 ZPO. Darüber hinaus sei die Beklagte nicht passivlegitimiert: Der streitgegenständliche Mobilfunkvertrag sei mit der "[X.] GmbH", inzwischen aufgegangen in der "[X.] GmbH", abgeschlossen worden. In dem Vertragsformular über Telekommunikationsdienstleistungen sei stets von der "[X.] GmbH" als Vertragspartnerin die Rede. Die Klage sei auch im Übrigen unbegründet. Bei den im Vertrag genannten 24 Monaten handle es sich um eine "[X.]". Gemäß Ziffer 11 der vom Beschwerdeführer akzeptierten "Allgemeinen Geschäftsbedingungen Mobilfunk-Dienst (Privatkunden)" gelte für Vertragsverhältnisse mit einer vereinbarten Mindestlaufzeit von 24 Monaten für beide Vertragspartner eine Kündigungsfrist von zwölf Monaten, soweit schriftlich mit einer Frist von drei Monaten frühestens zum Ablauf der [X.] gekündigt werde. Eine individualvertragliche Abrede dahingehend, dass das Vertragsverhältnis fix nach 24 Monaten ende, werde bestritten.

9

6. Durch Urteil vom 18. August 2011 wies das Amtsgericht [X.]-Wandsbek die Klage ohne mündliche Verhandlung ab. Die Klage sei mangels Feststellungsinteresses unzulässig und zudem unbegründet. Ein Rechtsschutzinteresse für das Feststellungsbegehren bestehe nur gegenüber dem Vertragspartner hinsichtlich des [X.]. Dies sei aber nicht die Beklagte, sondern vielmehr die vormalige "[X.] GmbH", inzwischen "[X.] GmbH". Mit der Beklagten habe der Beschwerdeführer lediglich den Handy-Kaufvertrag abgeschlossen. Ob die Beklagte eine selbstständige Niederlassung im Bezirk des Gerichts habe, sei deshalb nicht entscheidungserheblich.

Das Urteil vom 18. August 2011 wurde dem Prozessbevollmächtigten der Beklagten am 26. August 2011, dem Beschwerdeführer am 29. August 2011 zugestellt.

Vor Zustellung des Urteils machten die Parteien jeweils noch schriftsätzlich Ausführungen zur Sache (Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 22. August 2011; Schriftsatz des Beschwerdeführers vom 28. August 2011).

7. Mit Schreiben vom 29. August 2011 erhob der Beschwerdeführer Anhörungsrüge nach § 321a ZPO und rügte die unterlassene Durchführung der von ihm beantragten mündlichen Verhandlung. In der mündlichen Verhandlung wäre er entsprechenden Hinweisen des Gerichts gefolgt und hätte die Klage auf die "[X.] GmbH" als Zweitbeklagte erstreckt und hilfsweise die Verweisung des Rechtsstreits an das [X.] beantragt.

8. Mit Beschluss vom 8. September 2011wies das Amtsgericht [X.]-Wandsbek die Anhörungsrüge zurück. Der Beschwerdeführer mache zwar zutreffend geltend, dass auf seinen Antrag hin nach § 495a Satz 2 ZPO mündlich hätte verhandelt werden müssen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör sei jedoch nicht in entscheidungserheblicher Weise verletzt worden, da das Vorbringen nichts dafür hergebe, dass das Gericht in einer mündlichen Verhandlung zu einer anderen Entscheidung hätte gelangen können. Dem für den Fall einer mündlichen Verhandlung in Aussicht gestellten Hilfsantrag auf Verweisung an das [X.] wäre nicht stattzugeben gewesen. Die Zuständigkeit des Amtsgerichts [X.]-Wandsbek ergebe sich aus § 21 ZPO, da es sich bei dem [X.], in dem der Beschwerdeführer das [X.] erworben habe, um eine selbstständige Niederlassung handele. Abschließend führte das Gericht aus: "Auch eine Klageerweiterung hätte die Erfolgsaussicht der vorliegenden Klage nicht verbessert. Eine etwaige örtliche Unzuständigkeit des Gerichts hinsichtlich der eventuellen weiteren Beklagtenpartei hätte sich nicht auf die Beklagte erstreckt."

Mit der Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 3 Abs. 1 [X.] und Art. 103 Abs. 1 [X.]. Das Amtsgericht habe entgegen der zwingenden Vorschrift des § 495a Satz 2 ZPO keine mündliche Verhandlung durchgeführt und damit seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs verletzt. Auf die im Urteil des Amtsgerichts vom 18. August 2011 dargelegten Bedenken gegen die Zulässigkeit und Begründetheit der Feststellungsklage hätte das Gericht im Rahmen der mündlichen Verhandlung nach § 139 ZPO im Rahmen der materiellen Prozessleitung hinweisen und dem Beschwerdeführer damit Gelegenheit geben müssen, die Klage zu erweitern sowie - hilfsweise - einen Verweisungsantrag nach § 281 ZPO zu stellen. Eine Abweisung der Klage als unzulässig und unbegründet hätte insoweit vermieden werden können. Ferner hätte im Rahmen einer mündlichen Verhandlung eine Beweisaufnahme über das Zustandekommen des streitgegenständlichen Vertrags und über das Vorliegen einer Individualabrede stattfinden können.

Die Behörde für Justiz und Gleichstellung der Freien und Hansestadt [X.] sowie die "[X.] Vertriebsgesellschaft mbH" hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Dem [X.] hat die Verfahrensakte des Amtsgerichts vorgelegen.

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b [X.]), und gibt ihr statt. Zu dieser Entscheidung ist sie berufen, weil die maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen durch das [X.] bereits entschieden sind und die Verfassungsbeschwerde zulässig und offensichtlich begründet ist (§ 93b Satz 1 i.V.m. § 93c Abs. 1 Satz 1 [X.]).

1. Die angegriffenen Entscheidungen verstoßen gegen Art. 103 Abs. 1 [X.].

a) aa) Der in Art. 103 Abs. 1 [X.] verbürgte Anspruch auf rechtliches Gehör steht in einem funktionalen Zusammenhang mit der Rechtsschutzgarantie und der [X.] des Staates (vgl. [X.] 81, 123 <129>). Der "Mehrwert" der Verbürgung besteht darin, einen angemessenen Ablauf des Verfahrens zu sichern ([X.] 119, 292 <296>). Der Einzelne soll nicht bloßes Objekt des Verfahrens sein, sondern er soll vor einer Entscheidung, die seine Rechte betrifft, zu Wort kommen, um Einfluss auf das Verfahren und sein Ergebnis nehmen zu können (vgl. [X.] 84, 188 <190>; 86, 133 <144 ff.>). Die Garantie rechtlichen Gehörs verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (vgl. [X.] 96, 205 <216>; [X.]K 10, 41 <45>, stRspr). Eng damit zusammen hängt das ebenfalls aus Art. 103 Abs. 1 [X.] folgende Verbot von "Überraschungsentscheidungen". Von einer solchen ist auszugehen, wenn sich eine Entscheidung ohne vorherigen richterlichen Hinweis auf einen Gesichtspunkt stützt, mit dem auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte (vgl. [X.] 84, 188 <190>; 86, 133 <144 f.>; 98, 218 <263>).

bb) Die einfachrechtlichen Gewährleistungendes rechtlichen Gehörs in den [X.] können über das spezifisch verfassungsrechtlich gewährleistete Ausmaß an rechtlichem Gehör hinausreichen. Insoweit stellt eine Verletzung einfachrechtlicher Bestimmungen nicht zugleich einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 [X.] dar, es sei denn, das Gericht hätte bei der Auslegung oder Anwendung der einfachrechtlichen Vorschriften die Bedeutung und Tragweite des Grundrechts auf rechtliches Gehör verkannt. Danach bedarf es bei der Verletzung solcher Vorschriften im Einzelfall der Prüfung, ob dadurch zugleich das unabdingbare Maß verfassungsrechtlich verbürgten rechtlichen Gehörs verkürzt worden ist ([X.] 60, 305 <310>; vgl. auch [X.] 54, 94 <97, 99>; 74, 228 <233 f.>).

cc) Aus Art. 103 Abs. 1 [X.] folgt nicht unmittelbar ein verfassungskräftiger Anspruch auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung (vgl. [X.] 5, 9 <11>). Es ist vielmehr Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, in welcher Weise das rechtliche Gehör gewährt werden soll (vgl. [X.] 9, 89 <95 f.>; 67, 208 <211>; 74, 1 <5>; 89, 381 <391>; [X.]K 4, 83 <86>; zur Diskussion der Anforderungen, die im Hinblick auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung aus Art. 6 [X.] folgen, vgl. [X.], [X.], 3. Aufl. 2011, Art. 6 Rn. 169 ff. m.w.N.).

Für den Fall, dass eine mündliche Verhandlung stattfindet, begründet aber der Anspruch auf rechtliches Gehör das Recht der Partei auf Äußerung in dieser Verhandlung ([X.] 42, 364 <370>). Jedenfalls für den Fall, dass eine mündliche Verhandlung von Gesetzes wegen stattzufinden hat, einem Verfahrensbeteiligten aber die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit zur Äußerung in dieser Verhandlung dadurch versagt wird, dass das Gericht überraschend ohne mündliche Verhandlung entscheidet, kann nichts anderes gelten (vgl. [X.], Urteil vom 5. November 1991 - [X.]/90 -, juris; so auch [X.], in: Dreier, [X.], [X.], 2. Aufl. 2008, Art. 103 Rn. 52). Eine derartige Anwendung der Verfahrensbestimmung, die die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vorschreibt, verkennt die Bedeutung oder Tragweite des Anspruchs auf rechtliches Gehör schon deshalb, weil in einem solchen Fall die Verfahrensbeteiligten darauf vertrauen durften, ihr von Art. 103 Abs. 1 [X.] geschütztes Äußerungsrecht noch in der mündlichen Verhandlung wahrnehmen zu können. Dieses prozessuale Vertrauen wird in grober Weise enttäuscht (vgl. zu diesem Gesichtspunkt [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 29. März 2007 - 2 BvR 547/07 -, juris), wenn das Gericht Verfahrensbeteiligten die gesetzlich vorgesehene Möglichkeit der Äußerung in einer mündlichen Verhandlung unversehens dadurch abschneidet, dass es seine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung trifft.

b) Gemessen an diesen Maßstäben verletzen die angegriffenen Entscheidungen den in Art. 103 Abs. 1 [X.] verbürgten Anspruch auf rechtliches Gehör.

Stellt ein Verfahrensbeteiligter in einem Verfahren, in dem der Streitwert 600 Euro nicht übersteigt und das Gericht daher sein Verfahren gemäß § 495a Satz 1 ZPO nach billigem Ermessen bestimmen kann, einen Antrag auf mündliche Verhandlung, muss diese durchgeführt werden (§ 495a Satz 2 ZPO). Einen solchen Antrag hatte der Beschwerdeführer hier gestellt. Das Gericht hat darauf nicht reagiert, sondern ohne weiteres entschieden, ohne die gesetzlich vorgesehene mündliche Verhandlung durchzuführen. Mit dieser Verfahrensweise hat es das rechtlich geschützte Vertrauen des Beschwerdeführers, Tatsachen und Rechtsauffassungen noch im Rahmen einer mündlichen Verhandlung unterbreiten zu können, in überraschender Weise enttäuscht und die Bedeutung und Tragweite des Grundrechts auf rechtliches Gehör verkannt.

2. Die angegriffenen Entscheidungen beruhen auch auf dem Gehörsverstoß. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Amtsgericht anders entschieden hätte, wenn es dem Antrag des Beschwerdeführers auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung Folge geleistet hätte. Dass der Beschwerdeführer seine Klage erweitert und - gegebenenfalls nach einer beantragten Verweisung des Rechtsstreits - obsiegt hätte, erscheint zumindest denkbar.

3. Ob - etwa unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Hinweispflichten (vgl. [X.] 42, 64 <72 ff.>; 84, 188 <189 f.>) - Art. 103 Abs. 1 [X.] noch in weiteren Hinsichten verletzt ist und neben der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör auch ein Verstoß gegen das Recht auf ein faires Verfahren oder gegen das allgemeine Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 [X.]) vorliegt, bedarf keiner Entscheidung.

4. Gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 [X.] ist das angegriffene Urteil vom 18. August 2011 aufzuheben und das Verfahren zurückzuverweisen. Der ebenfalls angegriffene Beschluss des Amtsgerichts [X.]-Wandsbek vom 8. September 2011 ist damit gegenstandslos.

5. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 [X.].

Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 2126/11

05.04.2012

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 3. Kammer

Stattgebender Kammerbeschluss

Sachgebiet: BvR

vorgehend AG Hamburg-Wandsbek, 8. September 2011, Az: 715 C 85/11, Beschluss

Art 103 Abs 1 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 139 ZPO, § 321a ZPO, § 495a S 2 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 05.04.2012, Az. 2 BvR 2126/11 (REWIS RS 2012, 7436)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 7436

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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