Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.07.2020, Az. 10 AZR 573/18

10. Senat | REWIS RS 2020, 455

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Gegenstand

Gemeinsame Einrichtungen - tarifliche Regelungsmacht - Bäckerhandwerk


Leitsatz

Die tarifliche Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien ist im Hinblick auf die Errichtung und Ausgestaltung von gemeinsamen Einrichtungen iSv. § 4 Abs. 2 TVG durch Art. 9 Abs. 3 GG begrenzt. Sie ist nicht auf die Regelungsmaterien des § 1 Abs. 1 TVG beschränkt.

Tenor

1. Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 1. Oktober 2018 - 5 [X.]/18 - wird zurückgewiesen.

2. Der Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über Beiträge zu dem Förderungswerk des [X.].

2

Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des [X.] in der Rechtsform eines eingetragenen Vereins, der nicht auf einen wirtschaftlichen Zweck gerichtet ist. § 3 des zwischen dem Zentralverband des Deutschen [X.] e. V. und der [X.] [X.] geschlossenen Tarifvertrags über die Errichtung eines Förderungswerkes für die Beschäftigten des Deutschen [X.] vom 18. Dezember 2002 ([X.]) lautet:

        

„§ 3 Zweck des Förderungswerkes

        

Zweck des ‚Förderungswerkes‘ ist es, ohne Begründung eines Rechtsanspruches aus den ihm nach § 4 zufließenden Mitteln der Bildung, insbesondere der Aus- und Weiterbildung dienende Maßnahmen zu bestreiten und insbesondere Beihilfen an Einrichtungen zur beruflichen und staatsbürgerlichen Bildung zu leisten.

        

…“    

3

Nach § 4 [X.] und § 2 des [X.] zum Tarifvertrag über die Errichtung eines Förderungswerkes für die Beschäftigten des Deutschen [X.] vom 18. Dezember 2002 ([X.]) sind die Arbeitgeber verpflichtet, in jedem Kalenderjahr 1,1 Promille der Lohnsumme des Vorjahres an das Förderungswerk zu zahlen.

4

Der [X.] und der [X.] sind am 28. März 2003 vom [X.] für allgemeinverbindlich erklärt worden.

5

Der Beklagte betreibt in [X.] eine handwerkliche Bäckerei, in der er Arbeitnehmer beschäftigt. Er entrichtete den am 30. Juni 2015 für das [X.] fälligen Mitgliedsbeitrag in rechnerisch unstreitiger Höhe von 45,65 Euro nicht.

6

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der geltend gemachte Anspruch ergebe sich aus § 4 [X.] und § 2 [X.]. Diese Tarifverträge seien aufgrund von §§ 28, 29 iVm. den Anlagen 75 und 76 [X.] anwendbar. Das [X.] sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger unterstütze die Bildungseinrichtungen des [X.] - den gemeinnützigen Verein Bildung und Beruf e. V. und die ebenfalls gemeinnützige [X.] - sowie die von den [X.] getragenen Bildungsangebote und Bildungseinrichtungen. Diese böten mithilfe der zugewiesenen Mittel weit über die Vorbereitung zur Meisterprüfung hinausgehende Aus- und Weiterbildungsangebote an. Der Kläger sichere damit die finanziellen Grundlagen der Aus- und Weiterbildung im Bäckerhandwerk. Ohne den Kläger wären zahlreiche Aus- und Fortbildungsangebote, wie beispielsweise die überbetriebliche Lehrlingsunterweisung, die Teil der Berufsausbildung sei, bis hin zu den Meisterkursen, nicht aufrechtzuerhalten.

7

Der Kläger hat beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, an ihn 45,65 Euro nebst Zinsen hieraus iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. Juli 2015 zu zahlen.

8

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, das [X.] sei verfassungswidrig. Es entfalte insbesondere eine unzulässige echte Rückwirkung und verstoße im Übrigen gegen die [X.] sowie den allgemeinen Gleichheitssatz. Die Allgemeinverbindlicherklärung richte sich nach dem [X.] in der bis zum 15. August 2014 geltenden Fassung. Der Gesetzgeber könne nicht durch Gesetz anordnen, dass in bestimmten Fällen die Voraussetzungen für eine Allgemeinverbindlichkeit gegeben seien. Eine rückwirkende Heilung der Allgemeinverbindlicherklärung verstoße auch gegen den Grundsatz der Gewaltenteilung. Die Allgemeinverbindlichkeit „gehe“ im Übrigen „ins Leere“, weil sie keinen wirksamen Tarifvertrag in Bezug nehme. Mit Beihilfen des [X.] werde staatsbürgerliche Bildung gefördert. Das liege außerhalb der Befugnisse der Tarifvertragsparteien und verletze den Beklagten in seiner Weltanschauungsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG. Verstoßen werde auch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, weil Innungsmitglieder niedrigere Seminarkosten entrichten müssten als andere Arbeitgeber. Schließlich stelle sich die Frage, ob in Bundesländern wie [X.], in denen der Kläger keine Ausbildungsförderung erbringe, eine Beitragspflicht angeordnet werden dürfe.

9

Die Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte weiter das Ziel, dass die Klage abgewiesen wird.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Beklagten ist unbegründet. Das [X.] hat die Berufung zu Recht zurückgewiesen.

I. Die Klage ist begründet. Der Kläger hat Anspruch gegen den Beklagten auf den geltend gemachten Beitrag für das [X.] iHv. 45,65 Euro aus §§ 28 und 29 iVm. den Anlagen 75 und 76 [X.] Die Anlagen 75 und 76 enthalten den vollständigen Text des [X.] und des [X.]. Die Höhe der Beitragspflicht von 1,1 Promille der Lohnsumme des Vorjahres ergibt sich aus § 4 [X.] und § 2 [X.].

1. Der im [X.] gelegene Betrieb des Beklagten unterfällt dem räumlichen Geltungsbereich des [X.] und des [X.] (§ 1 Buchst. a [X.], § 1 Buchst. a [X.]).

2. Die bei dem Beklagten beschäftigten Arbeitnehmer werden vom persönlichen Geltungsbereich des [X.] und des [X.] erfasst (§ 1 Buchst. c [X.], § 1 Buchst. c [X.]).

3. Der betriebliche Geltungsbereich ist nach § 1 Buchst. b [X.] und § 1 Buchst. b [X.] eröffnet. Nach den identischen Regelungen beider Tarifverträge gelten diese für Betriebe des [X.], die überwiegend Brot, Brötchen, sonstiges Kleingebäck und Feine Backwaren aus Blätter-, [X.], [X.] und Hefeteig herstellen und/oder vertreiben, ferner für solche Betriebe, die in Verbindung mit den vorgenannt bezeichneten überwiegenden Tätigkeiten auch Torten und Desserts herstellen und/oder vertreiben. Das [X.] ist davon ausgegangen, dass der Beklagte 2015 einen Betrieb des [X.] in diesem Sinn unterhielt. Das greift die Revision nicht an.

4. Der Beklagte war im streitigen Zeitraum nach §§ 28 und 29 iVm. den Anlagen 75 und 76 [X.] an den [X.] und den [X.] gebunden. Gegen die Geltungserstreckung auf den Beklagten bestehen aus Sicht des [X.]s keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken ([X.] 17. Juni 2020 -  10 [X.]  - Rn. 53 ff.; 27. März 2019 - 10 [X.] - Rn. 31 ff., [X.]E 166, 233; vgl. für das [X.] [X.] 22. Januar 2020 - 10 AZR 323/18 - Rn. 24 ff.; 22. Januar 2020 - 10 [X.] - Rn. 45 ff.; 18. Dezember 2019 - 10 [X.] - Rn. 71 ff.; 27. November 2019 - 10 [X.] - Rn. 28 ff.; 27. November 2019 - 10 [X.] - Rn. 28 ff.; 27. November 2019 - 10 [X.] - Rn. 46 ff.; 30. Oktober 2019 - 10 [X.] - Rn. 49 ff.; 30. Oktober 2019 - 10 [X.] - Rn. 15 ff.; 30. Oktober 2019 - 10 [X.] - Rn. 55; 24. September 2019 - 10 [X.] - Rn. 20 ff.; 28. August 2019 - 10 [X.] - Rn. 84 ff., [X.]E 167, 361; 28. August 2019 - 10 [X.] - Rn. 23 ff.; 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 39 ff.; 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 81 ff., [X.]E 167, 196; 8. Mai 2019 - 10 [X.] - Rn. 29 ff.; 27. März 2019 - 10 [X.] - Rn. 47 ff.; 27. März 2019 - 10 [X.] - Rn. 32 ff.; 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 42 ff., [X.]E 164, 201). Die Angriffe der Revision führen nicht zu einer anderen Beurteilung.

a) §§ 28 und 29 [X.] sind mit Art. 9 Abs. 3 GG vereinbar.

aa) Ein Verstoß des [X.] gegen Art. 9 Abs. 3 GG kann nicht damit begründet werden, dass es den frei gebildeten Koalitionen und nicht dem Gesetzgeber zustehe, die Arbeitsbedingungen in eigener Verantwortung zu gestalten.

(1) Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ist das Grundrecht aus Art. 9 Abs. 3 GG in erster Linie ein Freiheitsrecht auf spezifisch koalitionsgemäße Betätigung ([X.] 12. Juni 2018 -  2 [X.] 1738/12  ua. - Rn. 115, [X.]E 148, 296). Die vorbehaltlos gewährleistete Koalitionsfreiheit verwehrt dem Gesetzgeber jedoch nicht jede Regelung im Schutzbereich dieses Grundrechts. Art. 9 Abs. 3 GG verschafft den Tarifvertragsparteien in dem für tarifvertragliche Regelungen offenstehenden Bereich kein [X.] ([X.] 3. April 2001 -  1 [X.]  - zu B 3 der Gründe, [X.]E 103, 293). Gesetzliche Regelungen, die eine Beeinträchtigung von Art. 9 Abs. 3 GG bewirken, können zugunsten der Grundrechte Dritter sowie sonstiger mit Verfassungsrang ausgestatteter Rechte und Gemeinwohlbelange gerechtfertigt werden. Sollen sie die Funktionsfähigkeit des [X.] herstellen und sichern, verfolgen sie einen legitimen Zweck. Der Gesetzgeber hat eine entsprechende Ausgestaltungsbefugnis. Er hat die Rechtsinstitute und [X.] zu setzen, die dem Handeln der Koalitionen und insbesondere der Tarifautonomie Geltung verschaffen ([X.] 11. Juli 2017 -  1 [X.] 1571/15  ua. - Rn. 143 ff., [X.]E 146, 71).

(2) Ein etwaiger Eingriff in die Tarifautonomie ist jedenfalls gerechtfertigt. Die Regelungen der §§ 28 und 29 [X.] dienen der Funktionsfähigkeit der Tarifautonomie und verfolgen damit einen legitimen Zweck. Sie sichern den Fortbestand des [X.] im Bäckerhandwerk und des von den Tarifvertragsparteien des [X.] geschaffenen Förderungswerks, indem sie die Anwendung des [X.] und des [X.] auf [X.] ausdehnen (vgl. [X.]. 18/12827 S. 1 f. und S. 5 f.). Das Gesetz ist geeignet, weil es jedenfalls förderlich ist, diese Ziele zu erreichen. Es ist auch erforderlich. Die vom Gesetzgeber angestellten Erwägungen sind von seinem Einschätzungsspielraum gedeckt. Schließlich sind die mit §§ 28 und 29 [X.] verbundenen Belastungen zumutbar. Die bezweckte Sicherung des Sozialkassenverfahrens stellt einen gewichtigen Belang im Rahmen der durchzuführenden Abwägung dar. Demgegenüber wird die Tarifautonomie der vom [X.] erfassten Arbeitgeber und Verbände allenfalls geringfügig beeinträchtigt (vgl. [X.] 22. Januar 2020 -  10 [X.]  - Rn. 48 ff.; 28. August 2019 -  10 [X.]  - Rn. 26).

bb) Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass er aufgrund der [X.] mit einer Beitragspflicht belastet werde, ohne Mitwirkungsrechte zu haben. Nach Auffassung des [X.]s verletzt das [X.] nicht die negative Koalitionsfreiheit des Beklagten aus Art. 9 Abs. 3 GG. Soweit die gesetzliche Geltungserstreckung des [X.] sowie des [X.] einen mittelbaren Druck erzeugen sollte, um der größeren Einflussmöglichkeit willen Mitglied einer der tarifvertragsschließenden Parteien zu werden, ist dieser Druck jedenfalls nicht so erheblich, dass die negative Koalitionsfreiheit verletzt würde ( [X.] 17. Juni 2020 - 10 [X.] - Rn. 57; 27. März 2019 - 10 [X.] - Rn.  41, [X.]E 166, 233; 20. November 2018 -  10 [X.]  - Rn. 52, [X.]E 164, 201). Auch aufgrund der geringen Beitragshöhe im Bäckerhandwerk von 1,1 Promille der Lohnsumme, die allenfalls einen kaum spürbaren Beitrittsdruck erzeugen könnte, liegt eine Verletzung der negativen Koalitionsfreiheit fern.

b) Die gesetzliche [X.] nach §§ 28 und 29 [X.] verletzt den Beklagten nicht in seiner Vereinigungsfreiheit aus Art. 9 Abs. 1 GG. Der Beklagte sieht eine Verletzung seiner Vereinigungsfreiheit darin, dass er vom klagenden Verein aufgrund des [X.] zwangsweise zu Beiträgen herangezogen werde, ohne eine Mitgliedschaft im Verein und damit Mitwirkungsrechte begründen zu können. Neben der Vereinigungsfreiheit in Art. 9 Abs. 1 GG ist die Koalitionsfreiheit ausdrücklich in Art. 9 Abs. 3 GG garantiert ([X.] 13. Juli 2018 -  1 [X.] 1474/12  ua. - Rn. 4, [X.]E 149, 160). Von der allgemeinen Vereinigungsfreiheit des Art. 9 Abs. 1 GG unterscheidet sich die Koalitionsfreiheit aus Art. 9 Abs. 3 GG durch die Einbeziehung eines bestimmten Vereinigungszwecks in den grundrechtlichen Schutz ([X.] 26. Juni 1991 -  1 [X.] 779/85  - zu [X.], [X.]E 84, 212). Die Tarifvertragsparteien übertragen gemeinsamen Einrichtungen iSv. § 4 Abs. 2 [X.] Aufgaben, die im Rahmen ihrer von Art. 9 Abs. 3 GG umgrenzten tariflichen Regelungsmacht liegen (vgl. [X.] 15. Juli 1980 - 1 [X.] 24/74 ua. - zu [X.] der Gründe, [X.]E 55, 7; [X.] 22. Oktober 2003 - 10 [X.] - zu II 1 der Gründe, [X.]E 108, 155; [X.]/[X.] 8. Aufl. [X.] § 1 Rn. 780). Aufgrund der koalitionsspezifischen Zwecke, die mit gemeinsamen Einrichtungen verfolgt werden, ist der grundrechtliche Prüfungsmaßstab nicht Art. 9 Abs. 1 GG, sondern Art. 9 Abs. 3 GG zu entnehmen.

c) §§ 28 und 29 [X.] verstoßen nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG.

aa) Der allgemeine Gleichheitssatz ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten anders behandelt wird als eine andere, obwohl zwischen den Gruppen keine Unterschiede von solchem Gewicht bestehen, dass sie eine Ungleichbehandlung rechtfertigen können. Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab (vgl. [X.] 26. März 2019 - 1 [X.] 673/17 - Rn. 64, [X.]E 151, 101; 7. Mai 2013 -  2 [X.] 909/06  ua. - Rn. 76, [X.]E 133, 377; [X.] 27. März 2019 - 10 [X.] - Rn. 45, [X.]E 166, 233).

bb) §§ 28 und 29 [X.] führen nicht zu einer Ungleichbehandlung, sondern zu einer Gleichbehandlung aller Betriebe des [X.], die unter den räumlichen und fachlichen Geltungsbereich des [X.] und des [X.] fallen, unabhängig von einer etwa bestehenden Verbandsmitgliedschaft. Die tarifgebundenen Betriebe müssen dieselben Beiträge leisten wie die Nichtmitglieder. Sie genießen ihnen gegenüber auch keine sonstigen Privilegien. Die Gruppen der Mitglieder und der Nichtmitglieder sind vergleichbar (vgl. [X.] 27. März 2019 - 10 [X.] - Rn. 46, [X.]E 166, 233; 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 65, [X.]E 164, 201).

cc) Der Gesetzgeber hat die normative Erstreckung nicht auf das Bäckerhandwerk beschränkt, sondern in §§ 1 bis 38 [X.] diejenigen Branchen einbezogen, in denen Sozialkassenverfahren bestehen, die auf für allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträgen beruhen ([X.]. 18/12827 S. 1 f.). Damit beziehen sich die Regelungen des [X.] auf die Branchen, deren Sozialkassenverfahren aufgrund der Entscheidungen des [X.]s vom 21. September 2016 und 25. Januar 2017 nach § 98 ArbGG zu den Voraussetzungen von wirksamen Allgemeinverbindlicherklärungen gefährdet sein könnten ([X.] 21. September 2016 -  10 ABR 33/15  - [X.]E 156, 213; 21. September 2016 -  10 [X.]  - [X.]E 156, 289; 25. Januar 2017 - 10 [X.] -; 25. Januar 2017 - 10 [X.] -; nachgehend [X.] 10. Januar 2020 -  1 [X.] 4/17  -). Diese Abgrenzung ist nach dem Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden ([X.] 27. März 2019 - 10 [X.] - Rn. 47, [X.]E 166, 233).

d) Der Beklagte kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, mit der gesetzlichen Geltungserstreckung des [X.] werde das Prinzip der Gewaltenteilung verletzt, weil eine höchstrichterliche Rechtsprechung umgangen werde. Das [X.] „annulliert“ nicht unter Verstoß gegen Art. 20 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG entgegenstehende höchstrichterliche Rechtsprechung. Mit der gesetzlichen Erstreckungsanordnung sollte - letztlich mit Rücksicht auf die Forderungen der Rechtsstaatlichkeit und der Rechtssicherheit - statt anfechtbaren Rechts [X.] Recht gesetzt werden. Der Gesetzgeber hat dabei weder die Rechtsprechung des [X.]s „kassiert“, noch hat er „neues“ Recht geschaffen oder in die allein dem [X.] zukommende Kompetenz zur Aufhebung von Akten der Judikative eingegriffen. Vielmehr hat er lediglich eine möglicherweise unwirksame Erstreckung der Normwirkung der [X.] um eine wirksame - gesetzliche - Erstreckungsanordnung ergänzt, um auf diese Weise den möglichen Folgen der Beschlüsse des [X.]s vom 21. September 2016 auch für andere Branchen vorzubeugen (vgl. für das [X.] [X.] 30. Oktober 2019 - 10 [X.] - Rn. 25; 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 92 f., [X.]E 164, 201).

e) §§ 28 und 29 [X.] verletzen entgegen der Auffassung des Beklagten nicht das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 3 GG geschützte Vertrauen tariffreier Arbeitgeber, von rückwirkenden Gesetzen nicht in unzulässiger Weise belastet zu werden.

aa) Das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes. Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte ([X.] 10. April 2018 -  1 [X.] 1236/11  - Rn. 133, [X.]E 148, 217). Normen mit echter Rückwirkung („Rückbewirkung von Rechtsfolgen“) sind danach grundsätzlich verfassungsrechtlich unzulässig, sofern eine Durchbrechung dieses Verbots nicht ausnahmsweise durch zwingende Belange des Gemeinwohls oder ein nicht - oder nicht mehr - vorhandenes schutzbedürftiges Vertrauen des Einzelnen gestattet wird ([X.] 16. Dezember 2015 -  2 [X.] 1958/13  - Rn. 43, [X.]E 141, 56; [X.] 27. März 2019 - 10 [X.] - Rn. 49, [X.]E 166, 233).

bb) Die in §§ 28 und 29 [X.] angeordnete echte Rückwirkung begegnet keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Bei den nicht originär tarifgebundenen Arbeitgebern konnte sich kein schutzwürdiges Vertrauen darauf bilden, von Beitragszahlungen verschont zu bleiben.

(1) Bis zum 20. September 2016 bestand keine Grundlage für ein Vertrauen auf die Unwirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärung des [X.] und des [X.]. Das gilt für den unmittelbar von den Entscheidungen des [X.]s vom 21. September 2016 (- 10 ABR 33/15 - [X.]E 156, 213; - 10 [X.] - [X.]E 156, 289) betroffenen Bereich der Bauwirtschaft ([X.] 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 77 ff., [X.]E 164, 201). Ebenso wenig konnte sich bis zu diesem Zeitpunkt in anderen Branchen wie dem Bäckerhandwerk ein Vertrauen darauf bilden, die Allgemeinverbindlicherklärung des [X.] und des [X.] sei unwirksam (vgl. [X.] 27. März 2019 - 10 [X.] - Rn. 55, [X.]E 166, 233).

(2) Die nicht verbandszugehörigen Arbeitgeber des [X.] konnten auch nach den Entscheidungen des [X.]s vom 21. September 2016 (- 10 ABR 33/15 - [X.]E 156, 213; - 10 [X.] - [X.]E 156, 289) nicht darauf vertrauen, nicht mehr zu Beiträgen zum Förderungswerk herangezogen zu werden. Aufgrund der Entscheidungen des [X.]s vom 21. September 2016 stand nicht fest, dass auch die Allgemeinverbindlicherklärung des [X.] und des [X.] in einem Verfahren nach § 98 ArbGG für unwirksam erklärt werden würde (vgl. [X.] 27. März 2019 - 10 [X.] - Rn. 56 ff., [X.]E 166, 233).

5. Der [X.] und der [X.] verstoßen nicht gegen verfassungsrechtliche Vorgaben. Das gilt auch, wenn die Regelungen des [X.] und des [X.] unmittelbar am Maßstab der Grundrechte zu prüfen sein sollten.

a) Die Tarifvertragsparteien sind bei der tariflichen Normsetzung nicht unmittelbar grundrechtsgebunden ([X.] 19. Dezember 2019 - 6 [X.] - Rn. 19; 27. Juni 2018 - 10 [X.] - Rn. 33, [X.]E 163, 144). Bei allgemeinverbindlichen Tarifverträgen ist die Allgemeinverbindlicherklärung unmittelbar am Maßstab der Grundrechte zu prüfen, weil sie einen staatlichen Rechtsakt darstellt. Umstritten ist die Frage, ob auch der für allgemeinverbindlich erklärte Tarifvertrag unmittelbar an Grundrechten zu prüfen ist. Diese Frage hat der [X.] zuletzt offengelassen ([X.] 28. August 2019 - 10 [X.] - Rn. 43 ff. [X.], [X.]E 167, 361).

b) Es kann auch hier dahinstehen, ob Tarifverträge, deren Anwendung auf nicht unmittelbar tarifgebundene Arbeitgeber durch das [X.] angeordnet wird, unmittelbar am Maßstab der Grundrechte zu beurteilen sind. Der [X.] sowie der [X.] verstoßen auch dann nicht gegen die Verfassung, wenn sie unmittelbar am Maßstab der Grundrechte zu prüfen sind.

aa) Der Beklagte kann sich insbesondere nicht mit Erfolg darauf berufen, § 3 [X.] verletze ihn in seiner Weltanschauungsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG, weil auch staatsbürgerliche Bildung gefördert werde.

(1) Die beiden ersten Absätze des Art. 4 GG enthalten ein umfassend zu verstehendes einheitliches Grundrecht ([X.] 14. Januar 2020 - 2 [X.] 1333/17 - Rn. 78 [X.], [X.]E 153, 1; 27. Januar 2015 - 1 [X.] 471/10 ua. - Rn. 85, [X.]E 138, 296). Unter Religion oder Weltanschauung ist eine mit der Person des Menschen verbundene Gewissheit über bestimmte Aussagen zum Weltganzen sowie zur Herkunft und zum Ziel des menschlichen Lebens zu verstehen (BVerwG 27. März 1992 -  7 [X.] 21.90  - zu 2 a aa der Gründe, BVerwGE 90, 112). Ein religiöses Bekenntnis einerseits und eine Weltanschauung andererseits setzen gleichermaßen ein alle Lebensbereiche umfassendes, geschlossenes Weltbild voraus. Religions- und Weltanschauungsfreiheit werden von Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG in gleicher Weise geschützt und brauchen daher nicht abgegrenzt zu werden (vgl. BVerwG 27. März 1992 - 7 [X.] 21.90 - aaO; 19. Februar 1992 -  6 [X.] 3.91  - BVerwGE 90, 1). Sie können unter dem Begriff der Glaubensfreiheit zusammengefasst werden (vgl. [X.] 27. Januar 2015 - 1 [X.] 471/10 ua. - Rn. 86, aaO). Das Grundrecht auf Glaubensfreiheit gewährleistet sowohl die innere Freiheit, zu glauben oder nicht zu glauben, als auch die äußere Freiheit, den Glauben zu manifestieren, zu bekennen und zu verbreiten, für seinen Glauben zu werben und andere von ihrem Glauben abzuwerben ([X.] 14. Januar 2020 - 2 [X.] 1333/17 - aaO [X.]).

(2) Ausgehend hiervon ist nicht ersichtlich, dass der Schutzbereich der Weltanschauungsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG betroffen ist. Aus dem Begriff der staatsbürgerlichen Bildung ergibt sich nicht, dass eine bestimmte Weltanschauung vermittelt werden soll. Es ist nicht erkennbar, dass staatsbürgerliche Bildung iSv. § 3 [X.] darauf ausgerichtet ist, ein alle Lebensbereiche umfassendes, geschlossenes Weltbild zu vermitteln. Aus den Feststellungen des [X.]s, die nicht mit Verfahrensrügen angegriffen sind, ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die geförderten Bildungsinhalte nicht in weltanschaulicher Hinsicht neutral sind.

bb) Der [X.] und der [X.] verletzen nicht den allgemeinen Gleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG. Dabei kommt es nicht darauf an, ob hinsichtlich einzelner vom Kläger geförderter Bildungsveranstaltungen bei der Höhe der Kursgebühren danach differenziert wird, ob der jeweilige Arbeitgeber Mitglied des [X.] ist. Eine solche Differenzierung wäre jedenfalls nicht im [X.] oder im [X.] angelegt. Der [X.] und der [X.] differenzieren nicht zwischen Arbeitgebern mit und ohne Mitgliedschaft in einem Landesinnungsverband. Das gilt insbesondere für die Bedingungen, zu denen Arbeitnehmer bestimmter Arbeitgeber des [X.] an einzelnen Bildungsveranstaltungen teilnehmen können.

6. Die Tarifvertragsparteien verfügen über die erforderliche tarifliche Regelungsmacht, um das Förderungswerk als gemeinsame Einrichtung iSv. § 4 Abs. 2 [X.] zu errichten und den Arbeitgebern des [X.] Beitragspflichten zu seiner Finanzierung aufzuerlegen.

a) Die Prüfung, ob die Tarifvertragsparteien über die tarifliche Regelungsmacht verfügen, um das Förderungswerk durch Tarifvertrag zu begründen, kann nicht deswegen unterbleiben, weil der [X.] und der [X.] kraft des gesetzlichen [X.]s der §§ 28 und 29 iVm. den Anlagen 75 und 76 [X.] maßgeblich sind.

aa) Nach § 41 Abs. 1 [X.] gelten die tarifvertraglichen Rechtsnormen der §§ 1 bis 38 [X.] unabhängig davon, ob die Tarifverträge wirksam abgeschlossen wurden. Für die entsprechende Regelung in § 11 [X.] ist daraus im Schrifttum teilweise abgeleitet worden, dass es nicht darauf ankomme, ob der für anwendbar erklärte Tarifvertrag wirksam sei (Klein AuR 2017, 48, 51; [X.] 2017, 1333, 1336).

bb) Dieser Auffassung stimmt der [X.] nicht zu. Für das [X.] hat er bereits entschieden, dass eine sich als materiell unwirksam erweisende tarifliche Regelung nicht durch § 7 [X.] „geheilt“ wird. Nach § 11 [X.] gelten die tarifvertraglichen Rechtsnormen, auf die in § 7 [X.] verwiesen wird, lediglich unabhängig davon, ob die Tarifverträge wirksam abgeschlossen wurden ([X.] 22. Januar 2020 - 10 [X.] - Rn. 36; 27. November 2019 - 10 [X.] - Rn. 45; 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 67, [X.]E 164, 201).

cc) Die durch das [X.] und das [X.] unabhängig von der originären Tarifbindung für anwendbar erklärten Tarifverträge sind auf ihre materielle Wirksamkeit zu prüfen.

(1) Dafür spricht bereits der Wortlaut von § 11 [X.] und § 41 Abs. 1 [X.], nach dem die tarifvertraglichen Rechtsnormen unabhängig davon gelten sollen, ob sie wirksam „abgeschlossen“ sind. Dem Umstand, dass § 11 [X.] und § 41 Abs. 1 [X.] gerade auf den wirksamen Abschluss der Tarifverträge abstellen, lässt sich entnehmen, dass materielle Mängel, die nicht den Abschluss, sondern den Inhalt der Tarifverträge betreffen, nicht geheilt werden sollen.

(2) Das [X.] und das [X.] haben zum Ziel, die bisher durch Allgemeinverbindlicherklärung gewährleistete Geltungserstreckung durch eine gesetzliche Verweisung zu ersetzen oder zu ergänzen ([X.]. 18/10631 S. 3). Damit wird der [X.] der Erstreckung geändert. Für den Fall, dass die Erstreckung der Normwirkung durch Allgemeinverbindlicherklärung unwirksam ist, wird sie um eine wirksame - gesetzliche - Erstreckungsanordnung ergänzt, um auf diese Weise den Folgen der Beschlüsse des [X.]s vom 21. September 2016 vorzubeugen (- 10 ABR 33/15 - [X.]E 156, 213; - 10 [X.] - [X.]E 156, 289; vgl. für das [X.] [X.] 30. Oktober 2019 -  10 [X.]  - Rn. 25; 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 92 f., [X.]E 164, 201). Anhaltspunkte dafür, dass auch inhaltliche Mängel der in Bezug genommenen Tarifverträge geheilt werden sollten, sind nicht ersichtlich.

(3) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Sinn und Zweck von § 11 [X.] und § 41 Abs. 1 [X.] Ausweislich der Gesetzesmaterialien zu § 11 [X.] flankiert diese Regelung den Zweck des [X.], die Sozialkassenverfahren im Baugewerbe zu sichern ([X.]. 18/10631 S. 652 f.). Dieses Ziel würde zwar in weiterem Umfang erreicht, wenn inhaltliche Mängel der Tarifverträge geheilt würden. Die nach dem Wortlaut von § 11 [X.] und § 41 Abs. 1 [X.] vorgegebene Heilung ausschließlich von Mängeln beim Abschluss des Tarifvertrags dient jedoch auch dem Ziel, die Sozialkassenverfahren zu sichern.

b) Die tarifliche Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien ist im Hinblick auf die Errichtung und Ausgestaltung von gemeinsamen Einrichtungen iSv. § 4 Abs. 2 [X.] durch Art. 9 Abs. 3 GG begrenzt.

aa) Gemeinsame Einrichtungen sind nach allgemeiner Ansicht von den Tarifvertragsparteien geschaffene und von ihnen abhängige Organisationen, deren Zweck und Organisationsstruktur durch Tarifvertrag festgelegt wird ([X.] 15. Juli 1980 -  1 [X.] 24/74  ua. - zu [X.] der Gründe, [X.]E 55, 7; [X.] 31. Januar 2018 -  10 [X.]  (A) - Rn. 64). Gemeinsame Einrichtungen können nur Zwecke verfolgen, die in den Rahmen der tariflichen Regelungsmacht fallen ([X.] 31. Januar 2018 - 10 [X.] (A) - Rn. 66; [X.]/[X.] 8. Aufl. [X.] § 1 Rn. 780; [X.]/[X.] 4. Aufl. [X.] § 4 Rn. 390; [X.]/[X.]/[X.] 5. Aufl. [X.] § 4 Rn. 297 ). Es besteht Einigkeit, dass der durch Art. 9 Abs. 3 GG gezogene Rahmen der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen nicht überschritten werden darf ([X.] 31. Januar 2018 - 10 [X.] (A) - Rn. 66; [X.]/[X.] aaO; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] Tarifvertragsrecht 2. Aufl. § 4 Rn. 86 ; vgl. zum Begriff der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen Höpfner RdA 2020, 129, 131 ff. ). Welche genauen Grenzen für die mit gemeinsamen Einrichtungen verfolgten Zwecke gelten, ist jedoch umstritten.

(1) Im Schrifttum wird teilweise vertreten, die Rechtsetzungskompetenz der Tarifvertragsparteien sei auch in Bezug auf gemeinsame Einrichtungen auf die [X.] des § 1 Abs. 1 [X.] begrenzt. Dazu gehörten der Inhalt, der Abschluss und die Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betriebliche und betriebsverfassungsrechtliche Fragen. § 4 Abs. 2 [X.] erweitere die tarifliche Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien nicht ([X.]/[X.] 20. Aufl. [X.] § 4 Rn. 23; [X.]/[X.] 4. Aufl. [X.] § 4 Rn. 390; [X.] ZFA 1995, 639, 652 f.).

(2) Andere Stimmen im Schrifttum sprechen sich gegen eine thematische Begrenzung auf den Kanon der in § 1 Abs. 1 [X.] genannten [X.] aus. Die zulässigen Zwecke, die mit gemeinsamen Einrichtungen verfolgt werden dürften, würden allein dadurch begrenzt, dass sie sich im Rahmen der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen iSv. Art. 9 Abs. 3 GG halten müssten ([X.]/[X.] 8. Aufl. [X.] § 1 Rn. 780; [X.]/[X.]/[X.] 5. Aufl. [X.] § 4 Rn. 297; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] Tarifvertragsrecht 2. Aufl. § 4 Rn. 86; [X.]/Deinert RdA 2015, 129, 136 ff.; [X.] Rechtsfragen der gemeinsamen Einrichtungen S. 34  ff.).

(3) Anknüpfend an die bisherige Rechtsprechung des [X.] ist der [X.] der Auffassung, dass die tarifliche Regelungsmacht bei der Errichtung und Ausgestaltung gemeinsamer Einrichtungen iSv. § 4 Abs. 2 [X.] nicht auf die [X.] des § 1 Abs. 1 [X.] beschränkt ist. Die tarifvertragliche Regelungsmacht wird durch den in Art. 9 Abs. 3 GG genannten Begriff der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen umgrenzt.

(a) Grundlage der normativen tariflichen Regelungskompetenz für die Bildung einer gemeinsamen Einrichtung der Tarifvertragsparteien ist § 4 Abs. 2 [X.]. Der Wortlaut des § 4 Abs. 2 [X.], insbesondere die Verwendung der Abkürzung „usw.“ bei den Klammerbeispielen zeigt, dass die Bestimmung entwicklungsoffen ist. Das Recht der gemeinsamen Einrichtungen soll nach dem Willen des Gesetzgebers, der keine detaillierte Regelung geschaffen hat, ersichtlich der Gestaltungsfreiheit der Tarifpartner, dem Einfallsreichtum der Planer, der wirtschaftlichen und steuerlichen Ökonomie und den immer wieder auftretenden Ordnungs- und Regelungsbedürfnissen des Arbeitslebens Raum geben (vgl. [X.] 22. Oktober 2003 -  10 [X.]  - zu II 1 der Gründe, [X.]E 108, 155).

(b) Regelungen zu Inhalt, Abschluss und Beendigung von Arbeitsverhältnissen sowie betrieblichen und betriebsverfassungsrechtlichen Fragen iSv. § 1 Abs. 1 [X.] reichen im Übrigen allein nicht aus, um gemeinsame Einrichtungen iSv. § 4 Abs. 2 [X.] auszugestalten. Sie sind nicht geeignet, den Kreis der Tarifunterworfenen um gemeinsame Einrichtungen zu erweitern und den Inhalt von deren Satzungen sowie das Verhältnis der Einrichtung zu den tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern iSv. § 4 Abs. 2 [X.] zu bestimmen (vgl. [X.] 3. Februar 1965 -  4 [X.]  - zu II der Gründe, [X.]E 17, 59; [X.]/Deinert RdA 2015, 129, 136 f.). So können Tarifverträge nach § 5 Abs. 1a [X.] unter erleichterten Bedingungen für allgemeinverbindlich erklärt werden, wenn sie die Einziehung von Beiträgen durch eine gemeinsame Einrichtung regeln. [X.], die eine Beitragspflicht begründen, gehören jedoch nicht zu den Rechtsnormen iSv. § 1 Abs. 1 [X.].

bb) Die Errichtung und Ausgestaltung des klagenden Förderungswerks für die Beschäftigten des Deutschen [X.] e. V. durch den [X.] und den [X.] hält sich in diesem durch Art. 9 Abs. 3 GG begrenzten Rahmen der den Tarifvertragsparteien zukommenden tariflichen Regelungsmacht.

(1) Das gilt zunächst für den mit dem Förderungswerk nach § 3 [X.] verfolgten Zweck. Nach § 3 [X.] ist es der Zweck des Klägers, ohne Begründung eines Rechtsanspruchs aus den ihm nach § 4 [X.] zufließenden Mitteln der Bildung, insbesondere der Aus- und Weiterbildung dienende Maßnahmen zu bestreiten und insbesondere Beihilfen an Einrichtungen zur beruflichen und staatsbürgerlichen Bildung zu leisten. Dabei kommt es auf den tarifvertraglich festgelegten Zweck an und nicht auf die Frage, welche genauen Förderungsbeihilfen der Kläger in welchen Bundesländern erbringt.

(a) Es ist allgemein anerkannt, dass die Förderung der Ausbildung, um die Durchführung einer qualifizierten, den besonderen Anforderungen des [X.] gerecht werdenden Berufsbildung zu sichern, in den Rahmen der tariflichen Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien fällt. Die Förderung der Ausbildung gehört zu den Zwecken, die mit gemeinsamen Einrichtungen iSv. § 4 Abs. 2 [X.] verfolgt werden dürfen ([X.] 31. Januar 2018 - 10 [X.] (A) - Rn. 66; [X.]/[X.] 20. Aufl. [X.] § 4 Rn. 23 ). Das hat der Gesetzgeber in § 5 Abs. 1a Satz 1 Nr. 3 [X.] bestätigt. Die berufliche Weiterbildung von Arbeitnehmern stellt ebenfalls einen geeigneten Gegenstand für gemeinsame Einrichtungen dar ([X.]/[X.] aaO; [X.]/[X.] 4. Aufl. [X.] § 1 Rn. 1127; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] Tarifvertragsrecht 2. Aufl. § 4 Rn. 87). Der Art der Qualifizierung von Arbeitnehmern, die von gemeinsamen Einrichtungen gefördert werden darf, sind dabei keine engen Grenzen gesetzt. Auch der Bereich der politischen Bildung kann erfasst sein (vgl. [X.]/[X.] 4. Aufl. [X.] § 1 Rn. 2342, 2345, 2354).

(b) Das Förderungswerk dient dem zulässigen Zweck, die Aus- und Weiterbildung im Bäckerhandwerk zu fördern. Etwas anderes ergibt sich nicht aus dem Umstand, dass § 3 [X.] nach seinem Wortlaut auch dahin gehend verstanden werden könnte, das Förderungswerk solle dem Zweck dienen, allgemein die Bildung im Bäckerhandwerk zu fördern. Durch die sprachliche Hervorhebung der Aus- und Weiterbildung wird hinreichend deutlich, dass Bildung gefördert werden soll, die der beruflichen Qualifizierung dient. Dem steht nicht entgegen, dass die tarifvertragliche Regelung Beihilfen an Einrichtungen nicht nur zur beruflichen, sondern auch zur staatsbürgerlichen Bildung vorsieht. Allein dieser Umstand lässt nicht darauf schließen, dass es zu den Aufgaben des Förderungswerks gehört, staatsbürgerliche Bildung losgelöst von der beruflichen Aus- und Weiterbildung zu fördern. Der Tarifvertrag ist dahin auszulegen, dass staatsbürgerliche Bildung mit den vom Förderungswerk unterstützten Bildungsangeboten lediglich vermittelt werden soll, soweit sie der Aus- und Weiterbildung im Bäckerhandwerk dient. Dies entspricht auch dem Verständnis der den [X.] und den [X.] abschließenden Verbände, wie es in den Anhörungen im Gesetzgebungsprozess des [X.] zum Ausdruck gekommen ist. Sowohl in der Stellungnahme des Zentralverbands des Deutschen [X.] e. V. als auch in derjenigen der [X.] [X.] wird betont, dass das Förderungswerk den Zweck hat, die Aus- und Weiterbildung im Bäckerhandwerk zu fördern ([X.]. 18(11)1097 S. 4 f. und S. 14). Von einer Förderung gerade der Aus- und Weiterbildung und nicht einer davon losgelösten allgemeinen staatsbürgerlichen Bildung ist im Übrigen auch der Gesetzgeber des [X.] ausgegangen. Er hat § 28 [X.], der den gesetzlichen [X.] für den [X.] enthält, mit „Aus- und Weiterbildung im Bäckerhandwerk“ überschrieben. § 29 [X.], der sich auf den [X.] bezieht, trägt die amtliche Überschrift „Einzug der Beiträge für die Aus- und Weiterbildung im Bäckerhandwerk“.

(2) Die Art der Förderung der Aus- und Weiterbildung durch Beihilfen an Bildungseinrichtungen unterfällt ebenfalls der den Tarifvertragsparteien zukommenden tariflichen Regelungsmacht. Es handelt sich um eine bisher wenig verbreitete indirekte Form der Förderung. Arbeitnehmer werden durch die gemeinsame Einrichtung nicht unmittelbar mit Geldleistungen unterstützt. Auch die Arbeitgeber, die letztlich zum Vorteil aller Arbeitgeber der Branche Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen oder berufliche Weiterbildung ermöglichen, erhalten keine unmittelbaren Zuwendungen. Darin unterscheidet sich das hier praktizierte System beispielsweise vom Sozialkassenverfahren der Bauwirtschaft. Schließlich unterbreitet die gemeinsame Einrichtung auch nicht vorrangig selbst Aus- und Weiterbildungsangebote. Vielmehr wird die Aus- und Weiterbildung mittelbar durch Beihilfen an Bildungseinrichtungen gefördert. Diese Ausgestaltung der Förderung hält sich jedoch ebenfalls im Rahmen der entwicklungsoffenen Möglichkeiten, die § 4 Abs. 2 [X.] für gemeinsame Einrichtungen bietet. Die Art der Finanzierung ist geeignet, die Aus- und Weiterbildung mittelbar zu fördern, weil die mit Beihilfen unterstützten Einrichtungen in die Lage versetzt werden, Aus- und Weiterbildungsangebote kostengünstiger anzubieten. Sie ermöglicht zudem eine Förderung der beruflichen Qualifizierung mit begrenzten finanziellen Mitteln.

7. Soweit sich der Beklagte gegen die Beitragspflicht mit der Begründung wendet, die Allgemeinverbindlicherklärung des [X.] und des [X.] sei unwirksam, zeigen diese Angriffe keinen Rechtsfehler des Berufungsurteils auf. Die Geltungserstreckung der Tarifverträge auf den Beklagten gründet sich unabhängig von der Wirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärung auf §§ 28 und 29 iVm. den Anlagen 75 und 76 [X.] Darauf stellt auch das [X.] tragend ab. Auf die vom Beklagten mit der Revision erneut angegriffene Wirksamkeit der Allgemeinverbindlicherklärung kommt es nicht an.

II. [X.] folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Gallner    

        

    Pessinger    

        

    Pulz    

        

        

        

    Schurkus    

        

    Scheck    

                 

Meta

10 AZR 573/18

15.07.2020

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Siegburg, 27. Oktober 2017, Az: 2 Ca 356/16, Urteil

§ 4 Abs 2 TVG, Art 9 Abs 3 GG, § 1 Abs 1 TVG, Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 4 Abs 1 GG, Art 4 Abs 2 GG, Art 9 Abs 1 GG, Art 20 Abs 2 S 2 GG, § 5 Abs 1a TVG, § 7 SokaSiG, § 11 SokaSiG, § 28 SokaSiG 2, § 29 SokaSiG 2, § 41 Abs 1 SokaSiG 2, Anl 75 SokaSiG 2, Anl 76 SokaSiG 2

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15.07.2020, Az. 10 AZR 573/18 (REWIS RS 2020, 455)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 455

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