Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.01.2020, Az. 10 AZR 323/18

10. Senat | REWIS RS 2020, 337

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Gegenstand

Rückforderung von Beiträgen zu den Sozialkassen der Bauwirtschaft - unwirksame AVE VTV 2014 - Verfassungsmäßigkeit des SokaSiG


Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 6. April 2018 - 10 [X.] 1273/17 - wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Rückzahlung von Beiträgen zu den [X.], die die Klägerin im Kalenderjahr 2014 leistete.

2

Der Beklagte zu 1. ist die Urlaubs- und [X.] der Bauwirtschaft ([X.]), eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien in der Rechtsform eines Vereins mit eigener Rechtspersönlichkeit kraft staatlicher Verleihung. Er ist tarifvertraglich zum Einzug der Beiträge zu den [X.] verpflichtet. Bei der Beklagten zu 2. handelt es sich um die in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft organisierte Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes ([X.]). Sie gewährt zusätzliche Leistungen zu den gesetzlichen Renten. Seit dem 1. Januar 2010 zieht der Beklagte zu 1. neben seinen eigenen Beiträgen auch die Beiträge für die tarifliche Zusatzrente ein. Diese führt er an die Beklagte zu 2. ab.

3

Die Klägerin mit Sitz im [X.] ist nicht Mitglied eines der die [X.] schließenden Verbände. Sie unterhielt im Streitzeitraum einen Gewerbebetrieb, in dem arbeitszeitlich überwiegend Bautätigkeiten iSd. [X.] ausgeführt wurden. Im Kalenderjahr 2014 entrichtete sie auf der Grundlage des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrags über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 3. Mai 2013 idF vom 3. Dezember 2013 ([X.] 2013 II) an den Beklagten zu 1. Sozialkassenbeiträge.

4

Der Senat hat festgestellt, dass die Allgemeinverbindlicherklärung des [X.] 2013 II unwirksam ist ([X.] 21. September 2016 - 10 [X.] - [X.]E 156, 289).

5

Die Klägerin hat behauptet, dass sie im Beitragsjahr 2014 insgesamt Beiträge iHv. 108.448,60 [X.] gezahlt und Erstattungen iHv. 66.252,74 [X.] erhalten habe. In Höhe der Differenz, so hat sie gemeint, seien die insoweit gesamtschuldnerisch haftenden Beklagten ungerechtfertigt bereichert. Sie habe die Beiträge ohne rechtlichen Grund geleistet, weil sie nicht an den [X.] 2013 II gebunden gewesen sei. Das [X.] der Sozialkassenverfahren im Baugewerbe vom 16. Mai 2017 ([X.]) verstoße gegen das Verbot rückwirkender Gesetze und sei weder mit der Koalitionsfreiheit noch mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar. Zudem stelle es ein unzulässiges Einzelfallgesetz dar, das den Grundsatz der Gewaltenteilung verletze.

6

Zuletzt hat die Klägerin beantragt,

        

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 42.195,86 [X.] nebst Zinsen in Höhe von neun Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 13. Dezember 2016 zu zahlen.

7

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen. Sie haben gemeint, die Beklagte zu 2. sei nicht passivlegitimiert. Rückforderungsansprüche bestünden auch gegenüber dem Beklagten zu 1. nicht. Die Klägerin habe die Beiträge mit Rechtsgrund geleistet, weil die [X.] in der jeweiligen Fassung nach § 7 [X.] kraft Gesetzes anzuwenden seien.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung zurückgewiesen. Mit der vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin den Rückzahlungsanspruch weiter.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision der Klägerin ist zulässig, jedoch unbegründet. Der Klägerin stehen keine Ansprüche gegen die Beklagten auf Rückzahlung der geleisteten [X.] zu.

I. Die Revision ist zulässig.

1. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buch[X.]a ZPO). Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des [X.]s so aufzeigen, dass Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennbar sind. Der Revisionskläger muss sich mit den tragenden Gründen der angefochtenen Entscheidung auseinandersetzen. Es genügt nicht, das bisherige Vorbringen zu wiederholen ([X.]Rspr., vgl. etwa [X.] 27. November 2019 - 10 [X.] - Rn. 11; 3. Juli 2019 - 4 [X.] - Rn. 13 [X.]).

2. Nach diesen Grundsätzen ist die Revision - noch - zulässig. Zwar wiederholt die Klägerin in der Revisionsbegründung ganz überwiegend wörtlich den Vortrag aus der Berufungsbegründung. Sie hält jedoch ausdrücklich an ihrem - vom [X.] nicht abgehandelten - Vorbringen fest, das [X.] verstoße gegen das Verbot des Einzelfallgesetzes nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG. Zudem vertieft sie ihre rechtliche Argumentation, indem sie auf das Zweite Sozialkassenverfahrensicherungsgesetz ([X.]) verweist. Auf diese Weise werden Gegenstand und Ziel ihres Revisionsangriffs hinreichend erkennbar.

II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Das [X.] hat die Berufung zu Recht zurückgewiesen und die Klage als unbegründet angesehen. Das [X.] hat - ohne zwischen den beiden Beklagten zu unterscheiden - im Ergebnis zutreffend erkannt, dass die Klägerin keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Rückzahlung der Differenz zwischen den für das [X.] gezahlten Beiträgen und den Erstattungsleistungen hat.

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 2. keinen Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung.

a) Ein Anspruch ergibt sich nicht aufgrund einer sog. Leistungskondiktion. Die Voraussetzungen der insoweit allein in Betracht kommenden sog. condictio indebiti nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB sind nicht erfüllt (zu der Abgrenzung der Leistungskondiktionen [X.] 24. September 2019 - 10 [X.] - Rn. 18 f.).

aa) Danach ist, wer durch die Leistung eines anderen etwas ohne rechtlichen Grund erlangt hat, ihm zur Herausgabe verpflichtet. Unter einer Leistung im Sinn dieser Vorschrift ist die bewusste und zweckgerichtete Vermehrung fremden Vermögens zu verstehen. Für die Beurteilung, wer [X.] und wer Empfänger einer Leistung ist, kommt es in erster Linie auf die der Zuwendung gegebene Zweckbestimmung an. Maßgeblich ist grundsätzlich der Zweck, den die Beteiligten im Zeitpunkt der Zuwendung mit ihr nach dem zum Ausdruck gekommenen Willen verfolgt haben ([X.] 27. November 2019 - 10 [X.] - Rn. 19; [X.] 31. Januar 2018 - [X.]/17 - Rn. 17).

bb) Die [X.] sind von den Arbeitgebern an den Beklagten zu 1. als der von den Tarifvertragsparteien bestimmten Einzugsstelle abzuführen (§ 3 Abs. 3 Satz 1, § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2013 II). Der Beklagte zu 1. war und ist nach den Bestimmungen der [X.] ausdrücklich ermächtigt, auch [X.] einzuziehen, soweit sie nicht ihm selbst, sondern anderen Sozialkassen zustehen. Die Arbeitgeber können und konnten im Klagezeitraum nach der tariflichen Regelung des Beitragseinzugsverfahrens auf die Beitragsforderungen aller systemangehöriger Sozialkassen befreiend nur an den Beklagten zu 1. leisten. Dieser hatte und hat die ausschließliche Empfangszuständigkeit für die [X.]. Er tritt gegenüber den Arbeitgebern wie ein Vollrechtsinhaber auf, wenn er die ihm tariflich eingeräumten Befugnisse wahrnimmt ([X.] 27. November 2019 - 10 [X.] - Rn. 20; 23. April 2008 - 10 [X.] - Rn. 19).

cc) Der Annahme einer alleinigen Empfangszuständigkeit des Beklagten zu 1. im Außenverhältnis zu den Arbeitgebern als Beitragsschuldnern steht nicht entgegen, dass der Beklagte zu 1. die [X.] eingezogenen, nach den tariflichen Regelungen anderen Sozialkassen zustehenden Beiträge an diese anderen Sozialkassen nach § 667 BGB herauszugeben hat. Das Innenverhältnis zwischen dem Beklagten zu 1. als Einzugsstelle und den hinter ihm stehenden anderen Sozialkassen spielt bei der Rückabwicklung des [X.] zwischen dem Beklagten zu 1. und einem Arbeitgeber, der ohne rechtlichen Grund Beiträge an den Beklagten zu 1. abgeführt hat, keine entscheidende Rolle ([X.] 27. November 2019 - 10 [X.] - Rn. 21; 23. April 2008 - 10 [X.] - Rn. 20).

[X.]) Von einer ausschließlichen Empfangszuständigkeit des Beklagten zu 1. für die vom Arbeitgeber abzuführenden [X.] ging auch die Klägerin aus. Sie wollte erkennbar ihre tarifliche Verpflichtung zur Beitragsleistung vollständig erfüllen und führte die Beiträge deshalb bewusst und zweckgerichtet an den Beklagten zu 1. ab, ohne zwischen den einzelnen Beitragsanteilen zu differenzieren.

b) Auf eine andere bereicherungsrechtliche Anspruchsgrundlage kann sich die Klägerin gegenüber der Beklagten zu 2. nicht stützen. Die Klägerin kann wegen des Vorrangs der Leistungskondiktion bei der Rückabwicklung des [X.] ausschließlich den Beklagten zu 1. als Empfänger einer vermeintlich grundlosen Beitragsleistung in Anspruch nehmen ([X.] 27. November 2019 - 10 [X.] - Rn. 23 ff.; [X.] 31. Januar 2018 - [X.]/17 - Rn. 16 [X.]).

2. Ein Zahlungsanspruch gegen den Beklagten zu 1. aus ungerechtfertigter Bereicherung scheidet ebenfalls aus. Die Klägerin leistete die Beiträge nicht ohne Rechtsgrund iSv. § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB. Dem Beklagten zu 1. standen die Beiträge für das Kalenderjahr 2014 nach § 7 Abs. 3 iVm. der Anlage 28 [X.] zu. Die Anlage 28 [X.] enthält den vollständigen Text des [X.] 2013 II (vgl. den Anlageband zum [X.]. I Nr. 29 vom 24. Mai 2017 S. 283 bis 295). Die in § 7 Abs. 3 [X.] angeordnete Geltungserstreckung des [X.] 2013 II auf nicht [X.] ist aus Sicht des Senats verfassungsgemäß. Die Beitragspflicht der Klägerin an den Beklagten zu 1. folgt aus § 1 Abs. 1 und Abs. 2, Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 iVm. § 15 Abs. 2 Satz 1, § 16 Satz 1, § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2013 II. Die Klägerin hat auch keinen Rückzahlungsanspruch gegen den Beklagten zu 1. aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB wegen - vermeintlich - im [X.] überzahlter Beiträge.

a) Der im [X.] gelegene Betrieb der Klägerin unterfällt dem räumlichen Geltungsbereich des [X.] (§ 1 Abs. 1 [X.] 2013 II). Die bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer werden vom persönlichen Geltungsbereich des [X.] erfasst (§ 1 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 [X.] 2013 II).

b) Der Betrieb der Klägerin fällt in den betrieblichen Geltungsbereich des [X.] 2013 II. Das [X.] ist davon ausgegangen, dass sie im Streitzeitraum einen Gewerbebetrieb unterhielt, in dem arbeitszeitlich überwiegend Bautätigkeiten iSd. [X.] ausgeführt wurden. Dies greift die Revision nicht an.

c) Die Klägerin war ungeachtet ihrer fehlenden [X.] nach § 7 Abs. 3 iVm. der Anlage 28 [X.] an den [X.] 2013 II gebunden. Gegen die Geltungserstreckung auf die Klägerin durch § 7 Abs. 3 iVm. der Anlage 28 [X.] bestehen aus Sicht des Senats keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken ([X.] 18. Dezember 2018 - 10 [X.] - Rn. 71 ff.; 27. November 2019 - 10 [X.] - Rn. 28 ff.; 27. November 2019 - 10 [X.] - Rn. 28 ff.; 30. Oktober 2019 - 10 [X.] - Rn. 49 ff.; 30. Oktober 2019 - 10 [X.] - Rn. 15 ff.; 24. September 2019 - 10 [X.] - Rn. 17 ff.; 24. September 2019 - 10 [X.] - Rn. 20 ff.; 28. August 2019 - 10 [X.] - Rn. 84 ff.; 28. August 2019 - 10 [X.] - Rn. 23 ff.; 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 39 ff.; 3. Juli 2019 - 10 [X.] - Rn. 81 ff.; 8. Mai 2019 - 10 [X.] - Rn. 29 ff.; 27. März 2019 - 10 [X.] - Rn. 47 ff.; 27. März 2019 - 10 [X.] - Rn. 32 ff.; 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 42 ff., [X.]E 164, 201).

aa) § 7 [X.] ist aus Sicht des Senats entgegen der Auffassung der Klägerin formell verfassungsgemäß. Die Gesetzgebungskompetenz des [X.] ergibt sich aus Art. 70 Abs. 2, Art. 72 Abs. 1, Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG. Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber den Tarifvertragsparteien in § 5 [X.] die Möglichkeit eingeräumt hat, die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen zu beantragen, ergibt sich keine wie auch immer geartete „Selbstbindung“ des Gesetzgebers. Insbesondere war er nicht wegen § 5 [X.] daran gehindert, das [X.] zu erlassen ([X.] 27. November 2019 - 10 [X.] - Rn. 29 ff. [X.]).

bb) § 7 [X.] verstößt nicht gegen Art. 9 Abs. 3 GG ([X.] 27. November 2019 - 10 [X.] - Rn. 34 ff.; 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 45 ff., [X.]E 164, 201).

(1) Nach Auffassung des Senats verletzt das [X.] nicht die negative Koalitionsfreiheit. Soweit die gesetzliche Geltungserstreckung der [X.] einen mittelbaren Druck erzeugen sollte, um der größeren Einflussmöglichkeit willen Mitglied einer der tarifvertragsschließenden Parteien zu werden, ist dieser Druck jedenfalls nicht so erheblich, dass die negative Koalitionsfreiheit verletzt würde ([X.] 27. November 2019 - 10 [X.] - Rn. 35; 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 52, [X.]E 164, 201).

(2) Ein Eingriff in die Koalitionsfreiheit kann entgegen der Auffassung der Revision nicht darin gesehen werden, dass der Gesetzgeber „erstmals derart in gesetzlich privatautonom geregelte Regelungsbereiche der Tarifvertragsparteien vordringt“ und es wegen des unterschiedlichen Grads der [X.] „einen erheblichen Unterschied macht, ob der Gesetzgeber eine Regelung trifft oder die Tarifvertragsparteien“. Die Tarifvertragsparteien hatten für alle von § 7 [X.] in Bezug genommenen [X.] einen Antrag auf Allgemeinverbindlicherklärung gestellt. Beim Erlass einer Allgemeinverbindlicherklärung unterliegt der Normgeber der [X.] ([X.] 27. November 2019 - 10 [X.] - Rn. 36; 30. Oktober 2019 - 10 [X.] - Rn. 23).

(3) Ein etwaiger Eingriff in die Tarifautonomie durch die gesetzliche Geltungserstreckung ist jedenfalls im Interesse der Sicherung der Funktionsfähigkeit des [X.] gerechtfertigt. Das [X.] dient einem legitimen Zweck, weil es den Fortbestand der Sozialkassenverfahren in der Bauwirtschaft sichern und Bedingungen für einen fairen Wettbewerb schaffen soll. Indem § 7 [X.] nicht nur Rückforderungsansprüche ausschließt, sondern auch den zukünftigen Beitragseinzug sicherstellt, kann dieser Zweck erreicht werden. Eine auf Rückforderungsansprüche beschränkte Regelung wäre zwar milder gewesen, aber nicht gleich wirksam. Die mit § 7 [X.] verbundenen Belastungen für nicht tarifgebundene Arbeitgeber hält der Senat angesichts der mit der Norm verfolgten Ziele für zumutbar ([X.] 27. November 2019 - 10 [X.] - Rn. 37; 30. Oktober 2019 - 10 [X.] - Rn. 24 [X.]).

cc) § 7 [X.] „annulliert“ nicht unter Verstoß gegen Art. 20 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 3 GG entgegenstehende höchstrichterliche Rechtsprechung. Mit der gesetzlichen Erstreckungsanordnung sollte - letztlich mit Rücksicht auf die Forderungen der Rechtsstaatlichkeit und der Rechtssicherheit - statt anfechtbaren Rechts [X.] Recht gesetzt werden. Der Gesetzgeber hat dabei weder die Rechtsprechung des Senats „kassiert“, noch hat er „neues“ Recht geschaffen oder in die allein dem [X.]verfassungsgericht zukommende Kompetenz zur Aufhebung von Akten der Judikative eingegriffen ([X.] 27. November 2019 - 10 [X.] - Rn. 38; 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 92 f., [X.]E 164, 201).

[X.]) § 7 [X.] verletzt nicht das durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 20 Abs. 3 GG geschützte Vertrauen tariffreier Arbeitgeber, von rückwirkenden Gesetzen nicht in unzulässiger Weise belastet zu werden ([X.] 18. Dezember 2018 - 10 [X.] - Rn. 78 ff.). Es kommt allein darauf an, ob die betroffene Personengruppe bei objektiver Betrachtung auf den Fortbestand der bisherigen Regelung vertrauen konnte. Das ist nicht der Fall ([X.] 30. Oktober 2019 - 10 [X.] - Rn. 26 ff.; 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 68 ff., [X.]E 164, 201).

(1) Mit Blick auf den von § 7 Abs. 3 [X.] erfassten Zeitraum konnte sich bei der Klägerin aufgrund der Entscheidung des Senats vom 21. September 2016 (- 10 [X.] - [X.]E 156, 289) kein hinreichend gefestigtes und damit schutzwürdiges Vertrauen darauf bilden, nicht zu [X.]n herangezogen zu werden. Vielmehr musste sie nach der rechtlichen Situation in dem Zeitpunkt, auf den der Eintritt der Rechtsfolge von § 7 Abs. 3 [X.] zurückbezogen wird, damit rechnen, dass die tariflichen Rechtsnormen durch Gesetz rückwirkend wieder auf nicht originär tarifgebundene Arbeitgeber erstreckt werden würden. Der Gesetzgeber brauchte auf zwischenzeitlich dennoch getätigte gegenläufige Vermögensdispositionen keine Rücksicht zu nehmen ([X.] 30. Oktober 2019 - 10 [X.] - Rn. 27; vgl. 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 82 ff., [X.]E 164, 201). Der in diesem Zusammenhang von der Revision angebrachte Hinweis auf § 48 Abs. 2 Satz 2 VwVfG verfängt schon deshalb nicht, weil die Norm nur das Vertrauen in die Wirksamkeit, nicht aber in die Unwirksamkeit eines Verwaltungsakts schützt ([X.] 27. November 2019 - 10 [X.] - Rn. 40).

(2) Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass sie aufgrund der Entscheidungen des Senats vom 21. September 2016 auf den Fortbestand des tariflosen Zustands vertraut habe. Der Bildung von Vertrauen auf den Bestand dieser Rechtslage steht entgegen, dass die gesetzliche Wiederherstellung der [X.] auf tariffreie Arbeitgeber bereits vor der Veröffentlichung der Entscheidungsformel im [X.]anzeiger absehbar war ([X.] 27. November 2019 - 10 [X.] - Rn. 42; 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 82 ff. [X.], [X.]E 164, 201).

ee) Das [X.] verstößt nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG ([X.] 27. November 2019 - 10 [X.] - Rn. 43 ff.; 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 63 ff., [X.]E 164, 201).

(1) § 7 [X.] führt entgegen der Auffassung der Klägerin nicht zu einer Ungleichbehandlung, sondern zu einer Gleichbehandlung aller Baubetriebe, die unter den räumlichen und fachlichen Geltungsbereich der dort genannten [X.] fallen, unabhängig von einer bestehenden Verbandsmitgliedschaft. Die tarifgebundenen Betriebe müssen dieselben Beiträge leisten wie die Nichtmitglieder. Sie genießen ihnen gegenüber auch keine sonstigen Privilegien ([X.] 27. November 2019 - 10 [X.] - Rn. 44; 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 65, [X.]E 164, 201).

(2) Ob die entgegen der Auffassung der Revision nicht vom Gesetzgeber, sondern von den Tarifvertragsparteien vorgenommene Differenzierung zwischen den [X.] und Ost mit Art. 3 Abs. 1 GG vereinbar ist, kann dahinstehen. Eine sich als materiell unwirksam erweisende tarifliche Regelung wird durch § 7 [X.] nicht „geheilt“. Nach § 11 [X.] gelten die tarifvertraglichen Rechtsnormen, auf die in § 7 [X.] verwiesen wird, lediglich unabhängig davon, ob die Tarifverträge wirksam abgeschlossen wurden. Damit gelten die jeweils statisch in Bezug genommenen [X.] nur in verfassungskonformem Zustand. Ihre Normen unterliegen ebenso wie für allgemeinverbindlich erklärte [X.] der Bindung an die Grundrechte nach Art. 1 Abs. 3 GG ([X.] 27. November 2019 - 10 [X.] - Rn. 45; 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 67, [X.]E 164, 201).

ff) Bei dem [X.] handelt es sich nicht um ein nach Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG unzulässiges Einzelfallgesetz. Die Bestimmung greift nicht aus einer Vielzahl gleichgelagerter Fälle einen einzelnen Fall oder eine bestimmte Gruppe heraus ([X.] 27. November 2019 - 10 [X.] - Rn. 47; 20. November 2018 - 10 [X.] - Rn. 105 ff., [X.]E 164, 201).

d) Die Klägerin hat aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB auch keinen Rückzahlungsanspruch gegen den Beklagten zu 1. wegen einer - vermeintlich - zu ihren Gunsten bestehenden Differenz zwischen den für das [X.] gezahlten Beiträgen und den Erstattungsleistungen des Beklagten zu 1. Zwar streiten die Parteien über die Höhe der von der Klägerin gezahlten und der vom Beklagten zu 1. erstatteten Beträge. Die Darlegungs- und Beweislast für einen Bereicherungsanspruch aufgrund einer Überzahlung trifft den Gläubiger ([X.] 13. Oktober 2016 - [X.]/15 - Rn. 39 [X.]). Die Klägerin hat bereits nicht schlüssig vorgetragen, dass sie nach den maßgeblichen Regelungen des [X.] 2013 II für das [X.] überhöhte Beiträge geleistet oder zu geringe Erstattungsleistungen erhalten habe.

III. [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Brune    

        

    Pulz    

        

    Pessinger    

        

        

        

    Bu[X.]e    

        

    Frese    

                 

Meta

10 AZR 323/18

22.01.2020

Bundesarbeitsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Wiesbaden, 9. August 2017, Az: 11 Ca 104/17, Urteil

§ 812 Abs 1 S 1 Alt 1 BGB, § 7 Abs 3 SokaSiG, Anl 28 SokaSiG, § 1 Abs 1 VTV-Bau, § 1 Abs 2 VTV-Bau, § 1 Abs 3 S 1 Nr 1 VTV-Bau, § 1 Abs 3 S 1 Nr 2 VTV-Bau, § 15 Abs 2 S 1 VTV-Bau, § 16 S 1 VTV-Bau, § 18 Abs 1 S 1 VTV-Bau, § 5 TVG, Art 9 Abs 3 GG, Art 20 Abs 2 S 2 GG, Art 20 Abs 3 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 3 Abs 1 GG, Art 19 Abs 1 S 1 GG, Art 1 Abs 3 GG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.01.2020, Az. 10 AZR 323/18 (REWIS RS 2020, 337)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 337

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