Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.05.2012, Az. XI R 16/10

11. Senat | REWIS RS 2012, 6427

STEUERRECHT INTERNET BUNDESFINANZHOF (BFH) UMSATZSTEUER FINANZGERICHT BERLIN-BRANDENBURG

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Gegenstand

Zu den umsatzsteuerrechtlichen Leistungsbeziehungen im Internet bei Weiterleitung eines Nutzers auf eine andere Internetseite - Anforderungen an die Revisionsbegründung - Zurverfügungstellung von pornografischem Bildmaterial über das Internet als "Veranstaltung einer unterhaltenden Leistung"


Leitsatz

Ein Unternehmer, der über seine Internetseite den Nutzern die Möglichkeit verschafft, kostenpflichtige erotische oder pornografische Bilder und Videos zu beziehen, ist auch dann umsatzsteuerrechtlich Leistender, wenn der Nutzer hierzu auf Internetseiten anderer Unternehmer weitergeleitet wird, ohne dass dies in eindeutiger Weise kenntlich gemacht wird .

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG mit Sitz in [X.], betrieb in den Streitjahren 2002 und 2003 die [X.]eite "[X.] .de". Sie verschaffte Nutzern des [X.] die Möglichkeit, kostenpflichtige Bilder und [X.] mit erotischen oder pornografischen Inhalten anzusehen.

2

Hierzu hatte ihr die [X.] [X.] ([X.]) mit Sitz in [X.], [X.], eine gebührenpflichtige Sonderrufnummer und eine Einwahlplattform zur Verfügung gestellt, über die Nutzer der [X.]eite "[X.] .de" mit Hilfe eines sog. Webdialers über ihre Telefonrechnungen Gebühren für die bezogenen kostenpflichtigen [X.]angebote entrichteten. Die [X.] kehrte die über verschiedene Telefongesellschaften eingezogenen Entgelte der Nutzer nach Abzug einer Provision an die Klägerin aus. Sie erteilte der Klägerin monatlich nach dem Herkunftsland der Nutzer, den abgerechneten Minuten und dem jeweiligen Minutentarif unterteilte Abrechnungen ohne [X.]. Nach den unstreitigen Angaben der Klägerin im finanzgerichtlichen Verfahren waren die kostenpflichtigen Bilder und [X.] auf der [X.]eite der [X.] GmbH (GmbH) mit Sitz in [X.] enthalten; die Nutzer, die die [X.]eite "[X.] .de" aufgerufen hätten, seien von dort auf die [X.]eite der [X.] und von dieser auf die [X.]eite der GmbH weitergeleitet worden.

3

In ihren Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre 2002 und 2003 behandelte die Klägerin die vorbezeichneten Umsätze als nicht steuerbar.

4

Nach einer [X.] vertrat die Prüferin hingegen die Auffassung, dass die Umsätze aus kostenpflichtigen [X.]eiten, bei denen die Abrechnungen über im Ausland ansässige Firmen erfolgt seien, steuerbar seien. Dementsprechend setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) die Umsatzsteuer für die Streitjahre fest. Dabei unterwarf das [X.] auch die bis zum 1. Juli 2003 ausgeführten Umsätze der Umsatzsteuer, bei denen die Leistungsempfänger in einem Drittland ansässig waren.

5

Das Finanzgericht ([X.]) wies die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage gegen die [X.] für 2002 und 2003 in der Fassung vom 27. März 2007 als unbegründet ab. Die Zurverfügungstellung pornografischen Bildmaterials über das [X.] stelle die Veranstaltung einer unterhaltenden Leistung i.S. des § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) a.F. dar. Diese Leistung habe die Klägerin an ihrem Ansässigkeitsort in [X.] in der Weise ausgeführt, dass sie durch Koordinierung weiterer Dienstleister das Bildmaterial den Nutzern zugänglich gemacht habe.

6

Abweichendes gelte nicht für die nach dem 30. Juni 2003 ausgeführten Umsätze der Klägerin. Zwar handele es sich dabei um auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen i.S. des am 1. Juli 2003 in [X.] getretenen § 3a Abs. 4 Nr. 14 UStG a.F. Die Vorschrift sei aber nicht anwendbar. Es könne nach der Art der von der Klägerin erbrachten Leistungen ausgeschlossen werden, dass die Leistungsempfänger die Leistungen als Unternehmer für ihr Unternehmen bezogen hätten, wie § 3a Abs. 3 Satz 1 UStG für eine Verlagerung des [X.] voraussetze. Es bleibe daher auch für die im Gemeinschaftsgebiet ansässigen Leistungsempfänger [X.] wie für Leistungen, die die Klägerin vor dem 1. Juli 2003 gegenüber im [X.] ansässigen Leistungsempfängern erbracht habe-- dabei, dass die Leistungen am Sitz der Klägerin in [X.] ausgeführt worden seien.

7

Eine Leistungskommission i.S. des § 3 Abs. 11 UStG, bei der die Klägerin Bilddarbietungen der [X.] an Endverbraucher verkauft hätte, sei nicht gegeben. Denn nicht die [X.], sondern die Klägerin habe die sonstigen Leistungen gegenüber den [X.]nutzern erbracht. Hierbei könne es dahingestellt bleiben, ob die Klägerin --wie sie vortrage-- in den Streitjahren 2002 und 2003 kein Impressum auf ihrer [X.]eite ausgewiesen habe. Es reiche aus, dass die Klägerin über die [X.] als Inhaberin der [X.]eite bestimmbar gewesen sei. Die Verfügungsmacht über die zur Verfügung gestellten Bildinhalte habe allein bei der Klägerin gelegen, die bestimmt habe, welche Bildinhalte und zu welchen Konditionen den Nutzern zugänglich gemacht worden seien. Sie allein habe in Vertragsbeziehungen zu den Produzenten bzw. Rechteinhabern an den Bildern gestanden. Die Leistungen der [X.] hätten sich auf Abwicklungs- und Abrechnungsleistungen beschränkt. Da der Zahlungsfluss nicht entscheidend sei, könne dahinstehen, wer auf den Telefonrechnungen der Nutzer im Zusammenhang mit den Entgelten für die von ihnen bezogenen kostenpflichtigen [X.]inhalte ausgewiesen worden sei.

8

Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 2033 veröffentlicht.

9

Mit der vom [X.] zugelassenen Revision rügt die Klägerin, die Vorentscheidung würdige die Leistungsbeziehungen im [X.] nicht zutreffend. Das [X.] verkenne, dass bei der Leistung bloßer [X.]inhalte durch Zurverfügungstellung von Daten die Bestimmung des Leistenden anhand der [X.]eite vorzunehmen sei, über die die jeweiligen Daten bezogen worden seien. Mit einer [X.]eite, die einladend auf eine andere verweise bzw. auf eine andere [X.]eite weiterleite, würden gegenüber dem Nutzer keine Leistungen erbracht.

Ihre [X.]eite "[X.] .de" hätte --wie die [X.]eite der [X.]-- kein Impressum gehabt und keine sonstigen Angaben zum Anbieter enthalten. Zwar könne sich der Nutzer auch bei fehlendem Impressum über die [X.] über den Betreiber einer [X.]eite informieren. Es erscheine jedoch wirklichkeitsfremd anzunehmen, dass ein Nutzer, der seine Zustimmung zu einem [X.] gebe, tatsächlich bei der [X.] nachforsche, wer der Betreiber der [X.]eite sei und mit wem er gerade einen Vertrag abschließe. Hätte der Nutzer den Betreiber der [X.]eite ermittelt, auf der er zum Vertragsabschluss aufgefordert worden sei, wäre er auf die [X.] gestoßen. Er wäre dann davon ausgegangen, mit dieser und nicht etwa mit dem Betreiber einer anderen [X.]eite einen Vertrag zu schließen, nur weil jener den Nutzer auf diese Seite weitergeleitet habe.

In Fällen, in denen wie hier der Leistende nicht oder jedenfalls nicht mit angemessenem Aufwand identifizierbar sei und es dem Leistungsempfänger erkennbar gleichgültig sei, mit wem er das Rechtsgeschäft abschließe, sei es realitätsnäher, auf die tatsächliche Leistungsbeziehung abzustellen. Die Bildinhalte selbst seien von dritter Seite, der GmbH, erbracht worden. Sie --die [X.] habe diese zwar kontrahiert, die Nutzer hätten die Inhalte jedoch über die [X.]eite bzw. durch die Verweisung über die [X.]eite der [X.] abgerufen. Auch die Gegenleistung sei ausschließlich über die [X.] erfolgt, die die erforderlichen Verträge mit den Telefongesellschaften abgeschlossen habe.

§ 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG a.F. sei entgegen der Ansicht des [X.] nicht anwendbar. Nur wenn eine Leistung --anders als hier-- vom Unternehmer "tatsächlich erbracht" worden sei, sei die Vorschrift hinsichtlich der Bestimmung des [X.] anzuwenden; sie befasse sich hingegen weder mit dem Leistungsinhalt noch mit der Bestimmung des leistenden Unternehmers.

Einen ausdrücklichen Revisionsantrag hat die Klägerin nicht gestellt.

Das [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Aus der Revisionsbegründung gehe nicht hervor, inwieweit die Vorentscheidung auf der Verletzung von Bundesrecht beruhen solle. In Bezug auf die vom [X.] getroffenen Feststellungen, dass die Klägerin den Nutzern die Möglichkeit verschafft habe, Bilder und [X.] anzusehen, habe die Klägerin zulässige und begründete Revisionsgründe nicht vorgebracht.

Entscheidungsgründe

II. Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie war daher nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zurückzuweisen.

1. Die Revision ist zulässig. Eine ordnungsgemäße Revisionsbegründung muss nach § 120 Abs. 3 Nr. 1 und 2 [X.]O innerhalb der [X.] Streitfall auf Antrag der Klägerin bis zum 13. September 2010 verlängerten-- Begründungsfrist (§ 120 Abs. 2 [X.]O) die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten und dessen Aufhebung beantragt wird (Revisionsanträge), und die Angabe der Revisionsgründe enthalten (vgl. dazu z.B. Beschluss des [X.] --[X.]-- vom 7. April 2010 I R 34/06, [X.], 1466).

a) Die Klägerin hat zwar keinen ausdrücklichen Revisionsantrag gestellt. Ein förmlicher Revisionsantrag ist jedoch entbehrlich, wenn sich --wie hier-- aus dem [X.] eindeutig ergibt, inwieweit sich die Klägerin durch das angefochtene Urteil beschwert fühlt (vgl. [X.]-Urteile vom 30. Januar 2008 [X.], [X.], 403, [X.], 520; vom 27. August 2008 III R 50/06, [X.], 553; vom 6. April 2011 IX R 49/10, [X.], 13, jeweils m.w.[X.]).

b) Die Angabe der Revisionsgründe erfordert nach § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a [X.]O eine bestimmte Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt. Notwendig ist hiernach, dass die erhobene Rüge eindeutig erkennen lassen muss, welche Norm der Revisionskläger für verletzt hält. Ferner muss der Revisionskläger die Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art darlegen, die nach seiner Auffassung das erstinstanzliche Urteil rechtsfehlerhaft erscheinen lassen (vgl. [X.] vom 30. April 2002 VII R 109/00, [X.] 2002, 1185; vom 31. Oktober 2002 VII R 4/02, [X.] 2003, 328; vom 23. März 2006 VI R 13/03, [X.] 2006, 1321; vom 22. März 2010 VI R 10/10, [X.], 1295).

Die Revisionsschrift genügt --entgegen der Ansicht des [X.]-- diesen Anforderungen. Die Klägerin rügt eine fehlerhafte Beurteilung der Leistungsbeziehungen im [X.] durch das [X.], hält § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG a.F. nicht für anwendbar und legt die Gründe dar, weshalb aus ihrer Sicht die Vorentscheidung fehlerhaft sein soll.

2. Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin die streitbefangenen Umsätze als eigene Leistung erbracht hat.

a) Der Umsatzsteuer unterliegen nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 (Satz 1) UStG die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Für die Besteuerung eines Unternehmers (§ 2 Abs. 1 UStG) als Steuerschuldner (§ 13a Abs. 1 Nr. 1 UStG, früher § 13 Abs. 2 Nr. 1 UStG a.F.) ist demnach maßgebend, ob und welche Lieferungen oder sonstige Leistungen von ihm erbracht werden (vgl. [X.]-Urteil vom 16. März 2000 V R 44/99, [X.], 97, [X.], 361, unter II.1.).

b) Nach ständiger Rechtsprechung sind entgeltliche Leistungen steuerbar und unterliegen gemäß Art. 2 Nr. 1 der [X.]/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern dem Anwendungsbereich der Steuer, wenn zwischen einer Leistung und einem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht und sich dieser Zusammenhang aus einem Rechtsverhältnis zwischen [X.] und Leistungsempfänger ergibt, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die Vergütung den Gegenwert für die Leistung bildet (vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 5. Dezember 2007 V R 60/05, [X.], 455, [X.], 486, m.w.[X.] zur Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.]; vom 27. Januar 2011 V R 6/09, [X.] 2011, 1733, unter [X.], m.w.[X.]; vom 27. Januar 2011 V R 7/09, [X.] 2011, 1030, unter [X.], m.w.[X.]).

Nach diesem Rechtsverhältnis bestimmt sich auch die Person des Leistenden und die des Leistungsempfängers (vgl. [X.]-Urteile vom 23. September 2009 XI R 14/08, [X.], 218, [X.], 243, unter [X.]; in [X.] 2011, 1733, unter [X.], m.w.[X.]; in [X.] 2011, 1030, m.w.[X.]). Die Beteiligten eines Leistungsaustauschs ergeben sich mithin aus den schuldrechtlichen Vertragsbeziehungen (vgl. [X.]-Urteile in [X.], 97, [X.], 361, unter [X.]; vom 3. November 2011 V R 16/09, [X.]E 235, 547, [X.], 378, unter [X.]).

c) Im Rahmen der Bestimmung der Leistungen und Leistungsbeziehungen ist zu beachten, dass derjenige, der im eigenen Laden Waren verkauft, umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich als Eigenhändler und nicht als Vermittler anzusehen ist (sog. Ladenrechtsprechung, vgl. z.B. [X.]-Urteile vom 9. April 1970 V R 80/66, [X.]E 98, 564, [X.] 1970, 506; vom 14. Mai 1970 V R 77-78/66, [X.]E 99, 82, [X.] 1970, 511; vom 16. Dezember 1987 [X.], [X.] 1988, 331, unter 1.b; in [X.], 97, [X.], 361, unter [X.], jeweils m.w.[X.]). Denn der Kunde, der in einem Laden Waren kauft, will grundsätzlich nur mit dem Ladeninhaber in Geschäftsbeziehungen treten. Ihm sind im Regelfall etwaige Vereinbarungen zwischen dem Ladeninhaber und einem [X.], wonach es sich lediglich um eine Vermittlungstätigkeit handeln soll, nicht bekannt. Sie werden ihn im Allgemeinen auch nicht interessieren. Vermittler kann der Ladeninhaber nur sein, wenn zwischen demjenigen, von dem er die Ware bezieht, und dem Käufer unmittelbare Rechtsbeziehungen zustande kommen. Auf das Innenverhältnis des [X.] zu seinem Vertragspartner, der Waren oder Leistungen zur Verfügung stellt, kommt es für die Frage, ob [X.] oder [X.] vorliegen, nicht entscheidend an. Wesentlich ist das Außenverhältnis, d.h. das Auftreten des [X.] dem Kunden gegenüber. Nur wenn der Ladeninhaber in eindeutiger Weise vor oder bei dem Geschäftsabschluss zu erkennen gibt, dass er für einen anderen tätig wird, also in fremdem Namen und für fremde Rechnung handelt, und der Kunde, der dies erkannt hat, sich ausdrücklich oder stillschweigend damit einverstanden erklärt, kann die [X.] des [X.] umsatzsteuerrechtlich anerkannt werden (vgl. [X.]-Urteile in [X.]E 98, 564, [X.] 1970, 506; in [X.], 97, [X.], 361, unter [X.], m.w.[X.]).

d) Diese Grundsätze gelten --wovon das [X.] mit Recht ausgegangen ist-- auch für die Erbringung von sonstigen Leistungen (vgl. [X.]/Robisch, UStG, 11. Aufl., § 1 Rz 98), soweit sie im [X.] angeboten werden.

Denn der Betreiber einer [X.]seite, der dort kostenpflichtige Leistungen anbietet, ist --worauf die Vorentscheidung zu Recht hinweist-- vergleichbar mit einem Unternehmer, der im eigenen Laden Waren verkauft. So wie dieser umsatzsteuerrechtlich grundsätzlich als Eigenhändler anzusehen ist, ist der Betreiber einer [X.]seite als derjenige zu behandeln, der die dort angebotenen kostenpflichtigen Leistungen erbracht hat. Der Kunde, der in einem Laden Waren kauft, will --wie [X.] grundsätzlich nur mit dem Ladeninhaber in Geschäftsbeziehungen treten. Entsprechendes gilt für den Nutzer, der über das [X.] eine kostenpflichtige Leistung abruft und über seine Telefonrechnung bezahlt; auch ihm sind etwaige Vereinbarungen zwischen dem Betreiber der von ihm aufgerufenen, die Leistungen anbietenden [X.]seite und einem [X.] --wie im Streitfall der [X.] weder bekannt noch für ihn von Interesse.

Auch bei über das [X.] bezogenen kostenpflichtigen Leistungen ist das Außenverhältnis wesentlich, d.h. das Auftreten des Betreibers einer [X.]seite dem Nutzer gegenüber. Nur wenn der Betreiber einer [X.]seite in eindeutiger Weise vor oder bei dem Geschäftsabschluss zu erkennen gibt, dass er für einen anderen tätig wird, also in fremdem Namen und für fremde Rechnung handelt, und der Kunde, der dies erkannt hat, sich ausdrücklich oder stillschweigend damit einverstanden erklärt, kann dessen [X.] umsatzsteuerrechtlich anerkannt werden.

e) Hiernach hat das [X.] im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die Klägerin als Betreiberin der [X.] "... .de" die von den Nutzern abgerufenen kostenpflichtigen Bilder und Videos erotischer und pornografischer Art als Leistende erbracht hat.

[X.] nicht zu beanstanden sind die auf tatsächlichem Gebiet liegenden und den [X.] gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O bindenden Feststellungen des [X.], dass der Klägerin nur solche Seitenaufrufe vergütet wurden, bei denen die [X.]nutzer über die von der Klägerin betriebenen Website "... .de" zu den kostenpflichtigen Bildangeboten gelangten und dass dieser Website nicht zu entnehmen war, dass die Nutzer dabei auf eine andere Website weitergeleitet wurden. Die Würdigung des [X.], aus der Sicht der Nutzer habe die "Einstiegsseite ... .de" im Vordergrund gestanden, so dass die Klägerin als Erbringerin der Leistung erschienen sei, hält revisionsrechtlicher Prüfung stand. Sie ist möglich und verstößt weder gegen Denkgesetze noch Erfahrungssätze.

f) Die Einwendungen der Klägerin greifen nicht durch.

aa) Soweit die Klägerin vorbringt, mit einer [X.]seite, die --wie ihre-- "einladend" auf eine andere verweise bzw. auf eine andere weiterleite, würden gegenüber dem Nutzer keine Leistungen erbracht, hat das [X.] indes keine Feststellung dahingehend getroffen, dass die Klägerin mit ihrer [X.]seite "einladend" auf eine andere verweisen oder weiterleiten würde. Der [X.] ist grundsätzlich an den vom [X.] festgestellten Sachverhalt gebunden (§ 118 Abs. 2 [X.]O).

bb) Etwas anderes ergibt sich entgegen dem [X.] auch nicht daraus, dass die [X.]seite der Klägerin --was die Vorentscheidung dahinstehen ließ-- weder ein Impressum noch sonstige Angaben zum Anbieter enthalten hätte. Es reicht aus, dass --wie das [X.] zutreffend entschied-- die Klägerin als Betreiberin der [X.]seite "... .de" bestimmbar gewesen sei.

cc) Selbst wenn --wie die Klägerin meint-- der Nutzer auf die [X.] gestoßen wäre, wenn er den Betreiber der [X.]seite, auf der er zum Vertragsabschluss aufgefordert worden sei, ermittelt hätte, wäre die Klägerin als Leistungserbringerin zu behandeln. Denn dem Nutzer sind etwaige Vereinbarungen zwischen dem Betreiber der von ihm zum Abruf der gesuchten Inhalte zunächst aufgerufenen [X.]seite und einem [X.] weder bekannt noch für ihn von Interesse (dazu vorstehend unter II.2.d). Die behauptete Möglichkeit, die [X.] zu identifizieren, besagt noch nicht, dass die [X.] als Leistende aufgetreten ist.

dd) Aus gleichem Grund ist --wie die Vorentscheidung zutreffend erkannt hat-- der Zahlungsfluss für die Bestimmung des Leistenden nicht entscheidend. Es kommt daher weder darauf an, wer auf den Telefonrechnungen der Nutzer im Zusammenhang mit den bezogenen kostenpflichtigen Inhalten ausgewiesen worden war, noch darauf, dass --wie die Klägerin vorbringt-- die [X.] die erforderlichen Verträge mit den Telefongesellschaften abgeschlossen hatte.

3. Dem [X.] ist auch darin zu folgen, dass sich der Ort der von der Klägerin erbrachten sonstigen Leistungen im Inland befand.

a) Für die bis zum 30. Juni 2003 ausgeführten Umsätze kann dahinstehen, ob --wie das [X.] meint-- die Zurverfügungstellung pornografischen Bildmaterials über das [X.] als eine Veranstaltung einer unterhaltenden Leistung i.S. des § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG a.F. zu behandeln sei, die die Klägerin an ihrem Ansässigkeitsort in [X.] durch Koordination weiterer Dienstleister ausgeführt habe.

Selbst wenn die Zurverfügungstellung pornografischen Bildmaterials über das [X.] nicht als unterhaltende Leistung i.S. des § 3a Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a UStG a.F. zu qualifizieren wäre, hätte sich der Ort der von der Klägerin bis zum 30. Juni 2003 erbrachten sonstigen Leistung nach § 3a Abs. 1 Satz 1 UStG a.F. im Inland befunden. Nach dieser Vorschrift wurde eine sonstige Leistung vorbehaltlich der --hier nicht anwendbaren-- §§ 3b und 3f UStG an dem Ort ausgeführt, von dem aus der Unternehmer sein Unternehmen betrieb (§ 3a Abs. 1 Satz 1 UStG a.F.). Die Klägerin betrieb ihr Unternehmen im Inland.

b) Zutreffend hat das [X.] ferner erkannt, dass im Streitfall für den Zeitraum 1. Juli 2003 bis 31. Dezember 2003 hinsichtlich der vom [X.] der Besteuerung unterworfenen Umsätze, soweit die Leistungsempfänger ([X.]nutzer) im Gemeinschaftsgebiet ansässig waren, keine Änderung des [X.] durch die gesetzliche Neuregelung des § 3a Abs. 3 und 4 UStG eingetreten ist. Das hat das [X.] zutreffend dargelegt und ist auch nicht streitig.

4. Der Annahme einer Leistungsverkaufskommission i.S. des § 3 Abs. 11 UStG a.F., bei der die Klägerin Leistungen der [X.] für deren Rechnung an die Nutzer verkauft hätte, steht schon entgegen, dass die Klägerin nach den gemäß § 118 Abs. 2 [X.]O bindenden Feststellungen des [X.] in eigenem Namen und für eigene Rechnung gehandelt hat.

Meta

XI R 16/10

15.05.2012

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg, 6. Mai 2010, Az: 7 K 2083/06 B, Urteil

§ 3a Abs 1 S 1 UStG 1999, § 3a Abs 2 Nr 3 Buchst a UStG 1999, § 3a Abs 3 S 3 UStG 1999, § 3a Abs 4 Nr 14 UStG 1999 vom 16.05.2003, § 118 Abs 2 FGO, § 120 Abs 3 FGO, § 1 Abs 1 Nr 1 S 1 UStG 1999, Art 2 Nr 1 EWGRL 388/77, § 120 Abs 3 Nr 2 Buchst a FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 15.05.2012, Az. XI R 16/10 (REWIS RS 2012, 6427)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 6427

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