Bundessozialgericht, Urteil vom 19.10.2016, Az. B 14 AS 50/15 R

14. Senat | REWIS RS 2016, 3730

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Gegenstand

Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren - Vorverfahren - Erledigung der Kostengrundentscheidung bei anschließendem gerichtlichen Verfahren


Leitsatz

Schließt sich an ein Vorverfahren ein gerichtliches Verfahren an, erledigt sich die Kostengrundentscheidung des angefochtenen Widerspruchsbescheids.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten werden die Urteile des [X.] vom 9. September 2015 und des [X.] vom 24. September 2013 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Umstritten ist die Verpflichtung des beklagten Jobcenters zur Festsetzung der Kosten eines zum Teil erfolgreichen Widerspruchsverfahrens vor Abschluss des in der Hauptsache wegen des anderen Teils anhängigen Klageverfahrens.

2

In einem von dem anwaltlich vertretenen Kläger geführten Widerspruchsverfahren gegen einen Bescheid nach dem [X.], der eine Erstattung überzahlter Leistungen in Höhe von 12,21 Euro forderte, gab der Beklagte dem Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom [X.] 1826/12 - überwiegend statt und reduzierte den Erstattungsbetrag auf 2,21 Euro. Zugleich verfügte er, dass die im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen in Höhe von 82 von Hundert [X.]) auf Antrag erstattet würden und die Zuziehung des Bevollmächtigten notwendig gewesen sei.

3

Gegen die Verpflichtung zur Erstattung der 2,21 Euro erhob der Kläger Klage beim [X.] (Az: [X.] AS 4191/12). Das Verfahren wurde vom [X.] zum Ruhen gebracht.

4

Parallel zu diesem Klageverfahren wandte sich der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 14.7.2012 an den Beklagten und beantragte die Festsetzung und Auszahlung der Kosten des Widerspruchsverfahrens - W 1826/12 - in Höhe von 309,40 Euro. Diesen Antrag lehnte der Beklagte als unzulässig ab (Bescheid vom 1.11.2012, Widerspruchsbescheid vom 12.2.2013).

5

Auf die hiergegen erhobene Klage hat das [X.] den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide verurteilt, an den Kläger Kosten des Vorverfahrens in Höhe der zuletzt nur noch beantragten 253,70 Euro zu zahlen (Urteil vom [X.]). Die vom [X.] zugelassene und vom Beklagten eingelegte Berufung hat das L[X.] Berlin-Brandenburg zurückgewiesen (Urteil vom [X.]). Die Kostenentscheidung des Beklagten in dessen Widerspruchsbescheid vom [X.] 1862/12 - stelle einen den Kläger teilweise begünstigenden Verwaltungsakt dar, der hinsichtlich des zusprechenden Teils bestandskräftig und damit gemäß § 77 [X.]G bindend geworden sei. Die begünstigende Kostengrundentscheidung des Beklagten sei ebenso wenig Gegenstand des Klageverfahrens vor dem [X.] - [X.] AS 4191/12 - geworden wie die begünstigende Sachentscheidung. § 63 [X.]B X bleibe daher in vollem Umfang anwendbar. Dem stehe auch nicht die bisherige Rechtsprechung des B[X.] entgegen, wonach § 63 [X.]B X nicht mehr zur Anwendung komme, wenn sich an ein Vorverfahren ein Klageverfahren anschließe. Die Entscheidungen des B[X.] hätten nicht den Fall betroffen, in dem eine (teilweise) begünstigende Entscheidung der Behörde über die Kosten des Verfahrens bereits vorliege.

6

In seiner vom L[X.] zugelassenen Revision rügt der Beklagte eine Verletzung des § 193 [X.]G. In Fällen, in denen sich an ein Widerspruchsverfahren ein Klageverfahren anschließe, werde § 63 [X.]B X durch § 193 [X.]G verdrängt und die Behörde sei für die Kostenfestsetzung nicht mehr zuständig. Vielmehr würden die Kosten - einschließlich der des Vorverfahrens - im Rahmen des § 193 [X.]G durch das Gericht festgesetzt.

7

Der Beklagte beantragt,
die Urteile des [X.] vom 9. September 2015 und des [X.] vom 24. September 2013 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision des Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 [X.]G). Die Urteile des [X.] vom 9.9.2015 und des [X.] vom [X.] sind aufzuheben, und die Klage ist abzuweisen. Der Beklagte hat es zu Recht abgelehnt, die Kosten des Widerspruchsverfahrens - W 1826/12 - festzusetzen.

1. Streitgegenstand des Revisionsverfahrens ist neben den vorinstanzlichen Entscheidungen der Bescheid des Beklagten vom 1.11.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom [X.] sowie der darin als unzulässig verworfene Kostenfestsetzungsantrag des Klägers hinsichtlich des Widerspruchsverfahrens - W 1826/12 -.

2. Von Amts wegen zu berücksichtigende Verfahrensmängel stehen einer Sachentscheidung des Senats nicht entgegen. Der Kläger verfolgt den von ihm geltend gemachten und von dem Beklagten abgelehnten Anspruch auf Festsetzung der Kosten des Widerspruchsverfahrens zu Recht mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1, Abs 4 [X.]G).

3. Als Rechtsgrundlage für die vom Kläger begehrte Kostenfestsetzung durch den Beklagten kommt allein § 63 Abs 3 Satz 1 Halbsatz 1 [X.] in Betracht. Nach dieser Vorschrift setzt die Behörde, die die Kosten(grund)entscheidung getroffen hat, auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest.

Die Klage ist abzuweisen, da die Voraussetzungen dieser Norm nicht mehr vorliegen, weil eine Kostengrundentscheidung des Beklagten nicht mehr existiert. Die im Widerspruchsbescheid vom [X.] enthaltene Kostengrundentscheidung, wonach der Beklagte dem Kläger [X.] der im Widerspruchsverfahren entstandenen notwendigen Aufwendungen auf Antrag erstatten werde, hat sich aufgrund der Klageerhebung gegen den Widerspruchsbescheid auf sonstige Weise gemäß § 39 Abs 2 [X.] erledigt.

Denn Rechtsgrundlage für die Kostengrundentscheidung des Beklagten im Widerspruchsbescheid vom [X.] war § 63 Abs 1 Satz 1 [X.]. Danach hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung entstandenen notwendigen Aufwendungen zu erstatten, soweit der Widerspruch erfolgreich ist.

§ 63 Abs 1 Satz 1 [X.] gilt jedoch nur für isolierte Vorverfahren, also für solche, an die sich in der Hauptsache kein gerichtliches Verfahren anschließt und die daher von Vorverfahren, an die sich ein gerichtliches Verfahren in der Hauptsache anschließt, zu unterscheiden sind (stRspr vgl B[X.] Urteil vom 20.4.1983 - 5a [X.] - [X.], 92 = [X.] 1300 § 63 [X.] 1; B[X.] Urteil vom [X.] KA 34/03 R - [X.], 69 = [X.] 4-2500 § 85 [X.] 11, Rd[X.] 27; B[X.] Urteil vom [X.] - B 11 AL 24/08 R - B[X.]E 106, 21 = [X.] 4-1300 § 63 [X.] 12, Rd[X.] 15). Für Kostengrundentscheidungen in [X.] gegen die - sei es auch nur wegen eines Teils ihres Verfahrensgegenstandes - Klage erhoben wird, gilt § 63 [X.] nicht. Demgemäß steht eine solche Kostengrundentscheidung in einem Widerspruchsbescheid wie bei einer Bedingung (vgl § 32 Abs 2 [X.] 2 [X.]) unter dem Vorbehalt, dass gegen den Widerspruchsbescheid keine Klage in der Hauptsache erhoben wird. Wird eine solche Klage erhoben, tritt die Bedingung ein und die Kostengrundentscheidung erledigt sich auf sonstige Weise nach § 39 Abs 2 [X.].

Diese Beschränkung des § 63 [X.] auf isolierte Vorverfahren ergibt sich aus dem Sinn und Zweck sowie der Entstehungsgeschichte des § 63 [X.] (dazu 4.), außerdem aus systematischen Zusammenhängen mit § 193 [X.]G (dazu 5.), dem [X.] sowie dem [X.] ihm zugrundeliegenden Grundsatz der Kosteneinheit (dazu 6.) und schließlich dem einheitlichen Kostenfestsetzungsverfahren durch den Urkundsbeamten des [X.] (dazu 7.); etwaige Mängel der Praxis stehen dem nicht entgegen (dazu 8.).

4. Der Sinn und Zweck des § 63 [X.] - nur die Kostenerstattung für isolierte Vorverfahren zu regeln - wird deutlich an der Rechtslage vor Einführung des § 63 [X.] durch das neu geschaffene [X.] mit Gesetz vom 18.8.1980 ([X.] 1469). Zuvor hatte das B[X.] entschieden, dass die Kosten eines isoliert gebliebenen Vorverfahrens nicht erstattungsfähig seien, weil eine Rechtsgrundlage nicht vorhanden sei (B[X.] Urteil vom [X.] - 6 [X.] 13/65 - B[X.]E 24, 207, 208 f). Die Kosten eines Vorverfahrens, an das sich ein gerichtliches Verfahren anschloss, waren dagegen nach der Rechtsprechung des B[X.] im Rahmen des § 193 [X.]G erstattungsfähig (B[X.] Beschluss vom [X.] - 12/1 RA 105/75 - [X.] 1500 § 193 [X.] 3 S 2). Die Aufnahme des § 63 [X.] in das [X.] - Verwaltungsverfahren - diente demnach nur dazu, die bislang fehlende Rechtsgrundlage für die Erstattung der Kosten eines isolierten Vorverfahrens zu schaffen.

Dieses Verständnis wird durch die Begründung des Gesetzentwurfs bestärkt. Nach dieser entspricht § 63 [X.] im Wesentlichen § 80 [X.] (BT-Drucks 8/2034 [X.] zu § 61 des Entwurfs). § 80 [X.] wiederum stellte eine Reaktion auf verschiedene Entscheidungen des [X.] dar, das ebenso wie das B[X.] zu § 193 [X.]G die Anwendung der Regelung des § 162 VwGO zur Erstattungsfähigkeit der Kosten des Vorverfahrens nur in den Fällen bejaht hatte, in denen im [X.] an das Vorverfahren Klage erhoben worden war; für isolierte Vorverfahren enthielt das allgemeine Verwaltungsverfahrensrecht dagegen bis zur Einführung des § 80 [X.] ebenfalls keine Kostenregelung und § 80 [X.] sollte daher dazu dienen, für isolierte Vorverfahren eine Kostenerstattung in den entsprechenden Fällen anzuordnen (BT-Drucks 7/910 [X.] zu § 76 des Entwurfs des [X.]; vgl dies bestätigend [X.] Urteil vom 29.6.2006 - 7 C 14.05 - DVBl 2006, 1243 f).

5. Der sich schon aus der Entstehungsgeschichte ergebende systematische Zusammenhang von § 63 [X.] und § 193 [X.]G spricht des Weiteren für diese Auslegung, weil die letztere Norm eine Einbeziehung der Kosten eines Vorverfahrens, an das sich ein Gerichtsverfahren anschließt, in die Kostenentscheidung des Gerichts über die Kosten des gerichtlichen Verfahrens anordnet.

Nach § 193 Abs 1 Satz 1 [X.]G hat das Gericht im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Wird das Verfahren anders beendet, entscheidet das Gericht auf Antrag durch Beschluss (§ 193 Abs 1 Satz 3 [X.]G). Nach § 193 Abs 2 [X.]G sind Kosten die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten. Zu diesen Kosten gehören nach gefestigter Rechtsprechung des B[X.] nicht nur die im Gerichtsverfahren angefallenen Kosten, sondern zudem die Kosten eines etwaigen Vorverfahrens, soweit dieses eine zwingende Klagevoraussetzung ist (§ 78 [X.]G; vgl B[X.] Beschluss vom [X.] - 12/1 RA 105/75 - [X.] 1500 § 193 [X.] 3; B[X.] Urteil vom 20.10.2010 - [X.] R 15/10 R - [X.] 4-1500 § 193 [X.] 6 Rd[X.] 20 ff). Da die Kosten des Vorverfahrens mit Klageerhebung als notwendige Vorbereitungskosten Teil der im gerichtlichen Verfahren angefallenen Kosten wurden, ist das Gericht verpflichtet, auch über diese Kosten als untrennbarer Teil der Kosten des Verfahrens nach § 193 [X.]G eine Kostenentscheidung zu treffen.

In die gleiche Richtung weist der Vergleich mit § 162 VwGO, der die erstattungsfähigen Kosten im allgemeinen verwaltungsgerichtlichen Verfahren regelt, dessen Absätze 1 und 2 den Absätzen 2 und 3 des § 193 [X.]G entsprechen und ausdrücklich die Kosten des Vorverfahrens miteinbeziehen.

6. Die systematischen Verbindungen mit dem allgemeinen Kostenrecht insbesondere dem [X.] (vgl zu dessen Anwendung im Rahmen des § 63 [X.] nur [X.] in [X.]/[X.], [X.], Stand der Einzelkommentierung 8/2016, § 63 Rd[X.] 73 ff; [X.] in von [X.]/Schütze, [X.], 8. Aufl 2014, [X.] zu § 63) und dem es prägenden Grundsatz der Kosteneinheit bestätigen die aufgezeigte Auslegung des § 63 [X.].

Der Grundsatz der Kosteneinheit folgt aus dem System des einmaligen Gebührenanfalls nach den maßgeblichen Kostengesetzen ([X.] sowie GKG) und der Degression der dort festgelegten Gebühren ([X.] in [X.], ZPO, 6. Aufl 2015, Vor §§ 91-107 Rd[X.] 23; [X.], [X.], 1982, [X.] f). Das Gebührenrecht von [X.] und GKG ist auf den Grundsatz der Kosteneinheit und nicht auf eine Kostentrennung angelegt. Ungeachtet wechselnder [X.] werden in diesen Kostengesetzen für das gesamte Verfahren einheitliche Gebührentatbestände festgelegt. Wird ein Gebührentatbestand wiederholt verwirklicht, fällt die Gebühr dennoch nur einmal für das gesamte Verfahren an (vgl § 15 Abs 2 [X.] und das Kostenverzeichnis der Anlage 1 zu § 3 Abs 2 GKG; [X.] in [X.]/[X.], Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl 2014, § 155 Rd[X.] 7). Bei einer Verdoppelung des Streitwertes verdoppeln sich die Gebühren nicht, sondern steigen erheblich moderater an (Degression). Zudem wird die Geschäftsgebühr für ein Vorverfahren auf die Verfahrensgebühr für ein später nachfolgendes Klageverfahren teilweise angerechnet (vgl Vorbemerkung 3 Abs 4 der Anlage 1 zum [X.]).

Der Grundsatz der Kosteneinheit ergibt sich auch aus den Formulierungen in den einschlägigen Vorschriften zur Kostenentscheidung in den verschiedenen Verfahrensordnungen, in denen die Kosten stets als sprachliche Einheit behandelt werden (vgl § 193 Abs 2 [X.]G: "Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten"; § 194 Satz 2 [X.]G: "Die Kosten"; § 154 Abs 1 VwGO: "die Kosten des Verfahrens"; § 91 ZPO: "die Kosten des Rechtsstreits"; §§ 91a, 92 ZPO: "die Kosten"; § 93 ZPO: "die Prozesskosten"; § 12a Abs 2 Satz 1 ArbGG: "die Kosten"; § 135 Abs 1 FGO: "die Kosten des Verfahrens"; vgl B[X.] Urteil vom 20.10.2010 - [X.] R 15/10 R - [X.] 4-1500 § 193 [X.] 6 Rd[X.] 24). Er wird außerdem deutlich in § 17b Abs 2 Satz 1 GVG, wonach bei der Verweisung eines Rechtsstreits an ein anderes Gericht die Kosten im Verfahren vor dem angegangenen Gericht als Teil der Kosten behandelt werden, die bei dem Gericht erwachsen, an das der Rechtsstreit verwiesen wurde. Eine Kostentrennung wird hingegen nur unter bestimmten Umständen als Ausnahme angeordnet (zB §§ 96, 344 ZPO; § 17b Abs 2 Satz 2 GVG).

Der Grundsatz der Kosteneinheit besagt, dass die gesamten in einer Instanz angefallenen Kosten als eine einheitliche Kostenmasse zu behandeln sind ([X.] in [X.]/[X.], Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl 2014, § 155 Rd[X.] 6; [X.], Zivilprozess, 15. Aufl 2016, Rd[X.] 779; [X.] in [X.], ZPO, 22. Aufl 2013, § 91 Rd[X.] 15). Sie bilden grundsätzlich eine Einheit, unabhängig davon, ob der Kläger einen oder mehrere Anträge stellt, die Klage ermäßigt, erweitert oder ändert, ob der Beklagte nur Klageabweisung beantragt oder Widerklage erhebt, ob mehrere Personen klagen oder verklagt werden ([X.]/[X.] in [X.]/Schütze, ZPO, 4. Aufl 2015, Vor § 91 Rd[X.] 2; [X.], Zivilprozess, 12. Aufl 2007, Rd[X.] 779).

7. Das einheitliche Kostenfestsetzungsverfahren durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des [X.] nach § 197 Abs 1 [X.]G streitet ebenso für eine Beschränkung des § 63 [X.] auf das isolierte Vorverfahren.

Im [X.] wird die gesamte Tätigkeit in einem Vor- oder Widerspruchsverfahren als eine Angelegenheit behandelt, die lediglich von dem davor liegenden Verwaltungsverfahren abgegrenzt wird (vgl § 17 [X.] 1a [X.]). Für diese Tätigkeit fällt nach der Vorbemerkung 2.3 Abs 4 der Anlage 1 zum [X.] eine Geschäftsgebühr an. In derselben Angelegenheit kann der Rechtsanwalt die Gebühren nach § 15 Abs 2 [X.] nur einmal fordern. Es ist unerheblich, ob es sich um ein Widerspruchsverfahren handelt, in dem vom Rechtsanwalt streitwertabhängige Gebühren oder Rahmengebühren abgerechnet werden dürfen; die Vorschrift gilt im [X.] generell. Gleichgültig ist, wie umfangreich und schwierig die Tätigkeit des Rechtsanwalts im Widerspruchsverfahren war und ob dem Widerspruchsverfahren mehrere Streitgegenstände zugrunde lagen. Dies kann bei Rahmengebühren nach § 14 [X.] - wie sie im vorliegenden Verfahren anfallen - lediglich bei der Festsetzung der Gebührenhöhe im späteren Kostenfestsetzungsverfahren berücksichtigt werden.

Würde hinsichtlich des erfolgreichen Teils des Widerspruchsverfahrens ausgehend von der insofern positiven Kostengrundentscheidung im Widerspruchsbescheid ein eigenständiges Kostenfestsetzungsverfahren nach § 63 Abs 3 [X.] durchgeführt, könnte dies zu abweichenden Entscheidungen zweier Kostenfestsetzungsstellen - der Behörde nach § 63 Abs 3 Satz 1 [X.] und des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des [X.] nach § 197 [X.]G - führen und weitere Verfahren (Klagen gegen die behördliche Kostenfestsetzung, Erinnerungen gegen die Kostenfestsetzung des Urkundsbeamten) nach sich ziehen (vgl auch [X.] Urteil vom 29.6.2006 - 7 C 14.05 - DVBl 2006, 1243 f). Außerdem würden sich weitere Fragen hinsichtlich der Anrechnung der Gebühren des Vorverfahrens auf die des Gerichtsverfahrens stellen.

8. Die aufgezeigte Auslegung des § 63 [X.] wird nicht durch das Vorbringen der Revisionserwiderung in Frage gestellt, in Fallgestaltungen der vorliegenden Art, wenn dem Widerspruch weit überwiegend stattgegeben worden sei und nur gegen einen kleinen, streitig gebliebenen Teil geklagt und diese Klage abgewiesen werde, würde der weit überwiegende Erfolg des Widerspruchs in der gerichtlichen Kostenentscheidung nach § 193 [X.]G oftmals nicht berücksichtigt werden. Denn dem Erfolg des Widerspruchs kann durch eine ihn berücksichtigende Kostenentscheidung des Gerichts, auf die der Betroffene durch eine entsprechende Antragstellung hinwirken kann, Rechnung getragen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 [X.]G.

Meta

B 14 AS 50/15 R

19.10.2016

Bundessozialgericht 14. Senat

Urteil

Sachgebiet: AS

vorgehend SG Cottbus, 24. September 2013, Az: S 40 AS 1143/13, Urteil

§ 63 Abs 3 S 1 Halbs 1 SGB 10, § 63 Abs 1 S 1 SGB 10, § 39 Abs 2 SGB 10, § 193 Abs 1 S 1 SGG, § 197 Abs 1 S 1 SGG, RVG, § 133 BGB

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 19.10.2016, Az. B 14 AS 50/15 R (REWIS RS 2016, 3730)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3730

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