Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.11.2016, Az. I ZR 184/15

I. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 2035

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:221116BIZR184.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF
BESCHLUSS
I ZR 184/15
vom
22. November 2016
in dem Rechtsstreit

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Der I. Zivilsenat des [X.] hat am 22.
November
2016 durch [X.]
Dr.
Büscher, [X.]
Dr.
Koch, Dr.
Löffler, die Richterin Dr.
[X.] und den Richter Feddersen

beschlossen:

Der Streitwert für das
Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
wird auf
festgesetzt. Dabei entfallen auf den Klageantrag zu [X.] insgesamt 30den Klageantrag zu [X.] .

Gründe:
I.
Die Klägerin ist die [X.]. Die Beklagte bietet kapi-talbildende Lebens-
und Rentenversicherungen an.
Die Beklagte änderte im Jahr 2013 in ihren
Allgemeinen Versicherungsbedin-gungen
für Verträge über kapitalbildende Lebens-
und Rentenversicherungen die Klausel zum
Thema "Abschlusskosten". Sie wählte dazu das Klauselersetzungsver-fahren gemäß § 164 [X.]. Die Beklagte übersandte den betroffenen [X.] die Ersatzklauseln
sowie in
einem Schreiben begleitende Hinweise. Die Klägerin hat Teile der neuen Klauseln unter anderem als intransparent im Sinne von § 307 BGB und zwei
im Begleitschreiben gemachte
Angaben
unter anderem als irre-führend im
Sinne von § 5 UWG beanstandet.
Die Klägerin hat die Beklagte auf Unterlassung
in Bezug auf die Klauseln ([X.]) und auf zwei
Behauptungen im Begleitschreiben (Antrag zu [X.]), auf [X.] über die Empfänger der Klauseln im Klauselersetzungsverfahren (Antrag zu [X.]
1
a i) und die Empfänger des Begleitschreibens (Antrag zu I[X.] a ii), auf Berichti-1
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gung durch Versendung eines Berichtigungsschreibens (Antrag zu I[X.]) und den Nachweis seiner Versendung (Antrag zu [X.]) sowie auf Erstattung vorgerichtlich [X.].
Die Klage hatte vor dem
[X.]
teilweise Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Klage nur im Hinblick auf den Antrag zu [X.] für begründet gehalten und sie im Übrigen abgewiesen
([X.], [X.], 927). Es hat die Revision zugelassen, soweit es die Klageanträge zu [X.] bezogen auf den zugesprochenen [X.] gemäß dem Klageantrag zu [X.] zurückgewiesen hat.
Die Klägerin hat im Umfang der Zulassung Revision und im Übrigen [X.] eingelegt.
Der Senat hat die Revision auf die Nichtzulassungs-beschwerde der Klägerin zugelassen, soweit das Berufungsgericht hinsichtlich des Klageantrages zu [X.] zum Nachteil der Klägerin erkannt hat. Soweit das Berufungsge-richt hinsichtlich des Klageantrags zu [X.]
zum Nachteil der Klägerin erkannt hat, hat der Senat die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen.
[X.]. Der Streitwert für den vom Senat zurückgewiesenen Teil des Nichtzulas-.
1. Der Senat hat die Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen, soweit das Berufungsgericht den Klageantrag zu [X.] (Unterlassung von zwei
als irreführend be-anstandeten
Behauptungen im Begleitschreiben) abgewiesen hat.
2. Das Berufungsgericht hat insoweit für jede der zwei im Antrag zu [X.] als irre-führend beanstandeten

und sich damit der landgerichtlichen Beurteilung angeschlossen. Das [X.] hat zur Begründung seiner Wertfestsetzung ausgeführt, bei Unterlassungsansprüchen nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb wegen irreführender Äußerun-4
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gen bestimme sich der Streitwert nach dem Interesse des Klägers an der [X.] künftiger Verletzungshandlungen. Dabei komme es der Klägerin als Verbrau-cherverband gerade auf die den Verbrauchern drohenden Nachteile an. Aufgrund der Vielzahl der von den irreführenden Äußerungen betroffenen Kunden der Beklagten erscheine die Annahme eines Streitwerts von 10.000

für jede beanstandete
Äuße-rung angemessen. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen.
Ohne Erfolg macht
die Beschwerdeerwiderung
geltend,
eine Wertfestsetzung für jede angegriffene
Behauptung sei
überhöht, weil es im Streitfall
nur
um eine Auseinandersetzung
über die Wirksamkeit einer Klauselersetzung gehe, die einer bereits zuvor erfolgten höchstrichterlichen Klärung lediglich
nachfolge. Diese Rüge berücksichtigt nicht, dass es im Antrag zu [X.] nicht um die Unterlassung der Verwendung von Klauseln, sondern um das Verbot von irreführenden Angaben geht.
[X.]. Der Streitwert für das Revisionsverfahren beträgt 30.984,60 die Klageanträge
zu [X.] insgesamt 30
entfallen.
1. Gegenstand des Revisionsverfahrens sind zum einen die Klageanträge zu [X.] insgesamt. Soweit das Berufungsgericht die Revision im Hinblick auf die
Klageanträ-ge zu [X.] nur eingeschränkt -
allein bezogen auf den zugesprochenen [X.] gemäß dem Klageantrag zu [X.] -
zugelassen hat, ist die Beschränkung der Revision unwirksam, weil insoweit die Gefahr sich widersprechender
Entscheidungen besteht.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist
zum anderen aufgrund der Zulas-sung der Revision durch den Senat
der auf die Erstattung von vorprozessualen Rechtsverfolgungskosten gerichtete Antrag zu [X.].
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2. Das Berufungsgericht hat den Streitwert für die Klageanträge zu [X.] zutref-fend auf 30

a) Das Berufungsgericht hat den Streitwert für den Klageantrag zu [X.] auf ins-

auf den Antrag zu I[X.] (Berichtigung) ein Wert von

3 (Nachweis der Berichtigung) ein Wert von 5.000

Das vom Berufungsgericht in Bezug genommene landgerichtliche Urteil hat
zur Begründung dieser Wertfestsetzung
ausgeführt, die Klägerin habe [X.], dass ihr Interesse an einer Folgenbeseitigung sehr hoch sei, der Streitwert für den Beseitigungsanspruch allerdings in der Regel geringer sei als das auf Unterlas-sung
gerichtete Interesse. Den Wert des
insoweit in Bezug genommenen
Unterlas-sungsantrags haben das [X.] und das Berufungsgericht übereinstimmend mit 40.000

. Sie sind dabei für jede als unwirksam beanstandete Klausel und jede als irreführend angegriffene Angabe im Begleitschreiben von einem Streit-

ausgegangen.
b) Auch
diese Beurteilung ist rechtsfehlerfrei.
Die Revisionserwiderung macht vergeblich
geltend, ein Streitwert von 10.000

pro angegriffener Klausel sei über-setzt. Bei Klagen von Verbraucherschutzverbänden sei
nicht auf die wirtschaftliche Bedeutung des [X.], sondern allein auf das Interesse der Allgemeinheit am Unterbleiben des Gebrauchs der strittigen Klausel abzustellen.
[X.]) Allerdings wird der wirtschaftlichen Bedeutung des Verbots, bestimmte Klauseln zu verwenden, bei der Bemessung der Beschwer und des Streitwerts in der Regel keine ausschlaggebende Bedeutung beigemessen, wenn Gegenstand des Rechtsstreits -
wie hier -
die Verbandsklage eines [X.] ist. Dem liegt die Erwägung zugrunde, Verbraucherschutzverbände bei der Wahrneh-mung der ihnen im Allgemeininteresse eingeräumten Befugnis, den Rechtsverkehr von unwirksamen Allgemeinen Geschäftsbedingungen zu befreien, vor unangemes-13
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senen Kostenrisiken zu schützen ([X.], Beschluss vom 10.
Dezember 2013

XI
ZR
405/12, [X.], 96 Rn.
5; [X.], Beschluss vom 9.
Dezember 2014

V[X.]
ZR
160/14, juris Rn. 5; Beschluss vom 5.
Februar 2015

I
ZR
106/14, juris Rn.
5; Beschluss vom 7. Mai 2015 -
I [X.], juris Rn. 6;
Beschluss vom 29. Juli 2015 -
IV ZR 45/15, [X.], 140; Beschluss vom 15.
September 2016

I
ZR
24/16, juris Rn.
10). Gleiches gilt, wenn die Verbandsklage -
wie im Streitfall -
im Hinblick auf eine Verbraucherschutzgesetzen widersprechende Praxis im Sinne des § 2 [X.] erhoben worden ist ([X.], Beschluss vom 7. Mai 2015 -
I [X.], juris Rn. 6). Diese Grundsätze schließen es jedoch nicht aus, der herausragenden wirtschaftlichen Bedeutung einer Klausel oder einer Praxis für die betroffenen Ver-kehrskreise im Einzelfall ausnahmsweise Rechnung zu tragen, wenn die Entschei-dung über die Wirksamkeit einer bestimmten Klausel oder die Zulässigkeit einer be-stimmten Praxis für die gesamte Branche von wesentlicher Bedeutung ist, etwa weil es dabei um äußerst umstrittene verallgemeinerungsfähige Rechtsfragen von großer wirtschaftlicher Tragweite geht, über deren Beantwortung bereits vielfältig und mit kontroversen Ergebnissen gestritten wird (vgl. [X.], [X.], 96 Rn. 6 f.; [X.], [X.] vom 10. Dezember 2013 -
XI [X.], juris Rn. 6; Beschluss vom 5. [X.] 2015 -
I [X.], juris Rn. 6; Beschluss vom 7. Mai 2015 -
I [X.], juris Rn. 7).
[X.]) Das Berufungsgericht hat diese Grundsätze seiner Wertfestsetzung zu-grunde gelegt. Es hat angenommen, den
angegriffenen Allgemeinen Versicherungs-bedingungen für Verträge über kapitalbildende Lebens-
und Rentenversicherungen zum Thema "Abschlusskosten"
komme eine deutlich über den Normalfall hinausrei-chende Bedeutung zu. Im vom Berufungsgericht ergänzend in Bezug genommenen landgerichtlichen Urteil ist zudem ausgeführt, es sei zum einen zu berücksichtigen, dass eine Vielzahl von Kunden von den Klauseln betroffen sei. Zum anderen müsse
berücksichtigt werden, dass der Klageantrag zu [X.] mindestens genauso schwer wie-17

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ge wie der auf das Verbot von irreführenden Angaben im Begleitschreiben gerichtete Klageantrag zu [X.].
cc) Diese Beurteilung
lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Soweit die Be-schwerdeerwiderung auch in diesem Zusammenhang geltend macht, eine Wertfest-e-diglich um eine Auseinandersetzung über die Wirksamkeit einer Klauselersetzung gehe, die einer bereits zuvor erfolgten höchstrichterlichen Klärung nur nachfolge, versucht sie lediglich, ihre eigene Sicht der Dinge an die Stelle der rechtsfehlerfrei vorgenommenen tatrichterlichen Würdigung zu setzen.
3. Für den Klageantrag zu [X.] ist ein Streitwert von 984,60

Allerdings betrifft der Antrag zu [X.] die Erstattung vorprozessualer Anwaltskos-ten, die grundsätzlich als Nebenforderung gemäß § 4 Abs. 1 ZPO für den Streitwert und den Wert der Rechtsmittelbeschwer nicht berücksichtigungsfähig sind ([X.], Beschluss vom 6. November 2013 -
I [X.], juris Rn. 1 mwN). Dies gilt jedoch nur, soweit und solange ein Abhängigkeitsverhältnis der Abmahnkosten zur Hauptforde-rung besteht ([X.], Beschluss vom 17. Januar 2013 -
I [X.], juris Rn. 4 mwN). Bezieht sich ein Teil der eingeklagten Abmahnkosten dagegen auf einen nicht ver-fahrensgegenständlichen Anspruch, sind sie streitwerterhöhend zu berücksichtigen ([X.], Beschluss vom 17.
Januar 2013 -
I
ZR
107/12, juris Rn. 5). Nach diesen Grundsätzen sind die Abmahnkosten berücksichtigungsfähig, die auf den
vom [X.] rechtskräftig zugesprochenen
Unterlassungsantrag zu [X.] entfallen. [X.] betragen
-
ausgehend
von dem vom Berufungsgericht zutreffend angenommenen -

(vgl. §§ 2, 13 RVG in Verbindung mit den zum Zeitpunkt der Abmahnung geltenden Nr. 2300 und Nr. 7002 VV-RVG).
IV. Das Berufungsgericht ist außerdem mit Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin mit ihrem auf § 12 Abs. 4 UWG
gestützten Antrag
erfolglos bleibt, den 18
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sich die Verpflichtung der Klägerin zur Zahlung der Prozesskosten lediglich nach ei-.
Das Berufungsgericht hat angenommen, mit dem Antrag versuche
die [X.], in die Streitwertfestsetzung
sachfremde Erwägungen
einzuführen. Die Klägerin versuche, über einen allein für die Beklagte geltenden hohen Streitwert und das dar-aus folgende
Kostenrisiko Druck auf die Beklagte ausüben, um sie so zu einem be-stimmten Verhalten zu bringen. Der
Antrag ziele darauf ab, die Beklagte dazu zu be-wegen, von jeglicher Umlegung von Abschluss-
und Vermittlungskosten auf
Versi-cherungsnehmer abzusehen. Zudem habe die Klägerin die [X.] einer Streitwertermäßigung nach § 12 Abs. 4 UWG nicht vorgetragen.
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Im Hinblick auf
diese Beurteilung, die keinen Rechtsfehler erkennen lässt,
hat die Klägerin keine konkreten [X.] erhoben, sondern lediglich pauschal auf die
Be-gründung
des Antrags gemäß § 12 Abs. 4 UWG
Bezug genommen.
Büscher
Koch
Löffler

[X.]
Feddersen
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 11.08.2014 -
11 O 298/13 -

[X.], Entscheidung vom 07.08.2015 -
2 [X.] -

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Meta

I ZR 184/15

22.11.2016

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.11.2016, Az. I ZR 184/15 (REWIS RS 2016, 2035)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 2035

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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