Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.03.2006, Az. VI ZR 335/04

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 4544

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 14. März 2006 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 12 Abs. 3; BGB § 126; ZPO § 286 B a) [X.] der Erklärung nach § 12 Abs. 3 [X.] genügt nicht dem Schrift-formerfordernis. Die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 [X.] beginnt erst mit dem Zugang des vom Aussteller unterzeichneten [X.] zu laufen. b) Der Tatrichter hat Widersprüche aufzuklären, die sich daraus ergeben, dass sich eine [X.] auf andere Erfahrungssätze beruft als sie der Sachverständige seinem Gutachten zugrunde gelegt hat. [X.], Urteil vom 14. März 2006 - [X.] - [X.] - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 14. März 2006 durch die Vizepräsidentin Dr. [X.], [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zoll für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] vom 18. Dezember 2001 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Kläger begehrt von den beklagten Versicherungsunternehmen - jeweils als Teilschuldner - die Versicherungsleistung aus einem Yachtkasko-versicherungsvertrag in Höhe von 1.850.000 US-Dollar wegen des Verlustes seines Schiffes. 1 Den Yachtkaskoversicherungsvertrag schlossen die [X.]en mit [X.] vom 29. Mai 1998 für den [X.] des [X.]. Am 1. November 1998 geriet der Katamaran in Brand und versank im [X.]. Die Beklagten lehnten die Versicherungsleistung per Telefax am 22. Juni 2 - 3 - 1999 unter Hinweis darauf ab, dass sie nach § 12 Abs. 3 Satz 1 [X.] von der Verpflichtung zur Leistung frei würden, wenn der Kläger den Anspruch nicht innerhalb von sechs Monaten gerichtlich geltend mache. Das Original des Ab-lehnungsschreibens erhielt der Anwalt des [X.] am 23. Juni 1999. 3 Am 15. Dezember 1999 ging die Klage ohne Unterschrift des damaligen Prozessbevollmächtigten des [X.] beim [X.] ein. Am 20. Dezember 1999 überwies dieser den vom Gericht unter Mitteilung des Aktenzeichens an-geforderten Gerichtskostenvorschuss in Höhe von 42.015 DM. Die [X.] verbuchte den Betrag am 23. Dezember 1999. Nach Hinweis wurde die [X.] Unterschrift am 7. Januar 2000 nachgeholt. Die Beklagten machen geltend, sie seien wegen der nicht rechtzeitigen Klageerhebung nach § 12 Abs. 3 Satz 1 [X.] sowie wegen der Verletzung von [X.] bei der Bekämpfung des [X.] von der Leistung frei. 4 Das [X.] hat der Klage stattgegeben. Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das [X.] zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgen die Beklagten ihr Ziel der Klageabweisung weiter. Der [X.] hat mit Urteil vom 3. März 2004 (- [X.] - [X.], 629) das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage wegen Versäumung der sechsmonatigen Klagefrist gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 [X.] abgewiesen. Auf die Verfassungsbeschwerde des [X.], mit der er unter anderem die Verletzung von Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG rügte, hat das Bundesverfas-sungsgericht dieses Urteil mit Beschluss vom 22. Oktober 2004 (- 1 BvR 894/04 - [X.], 1585) aufgehoben und die Sache an den [X.] zurückverwiesen. 5 - 4 - Entscheidungsgründe: [X.] 6 Nach Auffassung des Berufungsgerichts begann die Frist zur Klageerhe-bung gemäß § 12 Abs. 3 [X.] nicht schon mit der Übermittlung des [X.] per Telefax am 22. Juni 1999 zu laufen, sondern erst mit dem Zugang des [X.]chreibens am 23. Juni 1999. Die vorherige Übermittlung per Telefax habe die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform nicht erfüllt. [X.] des Unterschrifterfordernisses für eine wirksame Klageerhebung im An-waltsprozess sei die Einreichung der nicht unterschriebenen Klageschrift als unwirksame Prozesshandlung anzusehen. Allerdings sei der Eingang des [X.] durch die Buchung am 23. Dezember 1999 ein ein-deutiges Indiz dafür, dass die nicht unterschriebene Klageschrift mit dem Wis-sen und Wollen des im Briefkopf genannten Rechtsanwalts und nicht nur ver-sehentlich bei Gericht eingereicht worden sei. Die gerichtliche Geltendmachung sei deshalb noch innerhalb der Sechsmonatsfrist im Sinne des § 12 Abs. 3 [X.] erfolgt. Im Übrigen sei eine objektive Verletzung der Rettungspflicht des [X.] bei Eintritt des Versicherungsfalls nicht festzustellen. Jedenfalls treffe diesen nicht der Vorwurf eines groben Verschuldens. Die von der Beklagten in ihrem [X.] vom 22. Juni 1999 zunächst geltend gemachten Gründe, der Kläger habe es unterlassen, unverzüglich das gesamte elektrische Bordnetz stillzulegen und einen Löschangriff unter der Heckkabine des Steuerbordrump-fes zu unternehmen, hätten sich durch die Beweisaufnahme nicht erhärtet. So-weit der gerichtliche Sachverständige noch in seinem schriftlichen Gutachten es als seemännischen Fehler angesehen habe, dass der Kläger erst nach 15 Mi-nuten eine weitere Luftzufuhr durch Ausschalten der Klimaanlage verhindert 7 - 5 - habe, mit dem Schiff nicht sofort "vor den Wind" gegangen sei, nicht unverzüg-lich alle Generatoren und Verbraucher vom Netz getrennt und den [X.] verspätet ausgelöst habe, habe der Sachverständige bei seiner mündlichen Anhörung vor dem [X.] seine Angaben dahingehend relativiert, dass den Kläger jedenfalls kein grobes Verschulden treffe. Die von den Beklagten in der Berufung aufrechterhaltenen Vorwürfe, der Kläger hätte das Schiff unver-züglich "in den Wind" legen müssen, um "den Wind tot zu laufen", er habe nicht erst 20 Minuten nach der Entdeckung des [X.]es die Maschinen stoppen und nach einer Stunde die Fahrt aus dem Wind nehmen dürfen, reichten für eine objektive Pflichtverletzung nicht aus. Dagegen habe der Kläger unwiderspro-chen eingewendet, dass das Schiff nicht "im Wind" stehen geblieben wäre, da es die Neigung gehabt habe, sich "vor den Wind" zu legen. Der Wind hätte dann außerdem von hinten direkt in die offene Tür geweht. Es sei nicht ersicht-lich, dass bei einem der Auffassung des Sachverständigen entsprechenden Verhalten der Schadensverlauf ein anderer gewesen wäre, da der Wind schwach gewesen sei, sich die Tür der Plicht direkt nach hinten geöffnet habe und sich trotz geöffneter Bodenluken keine direkte Luftzufuhr zu der vermuteten Quelle des [X.]es habe entwickeln können. I[X.] Diese Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Über-prüfung nicht in allen Punkten stand. 8 1. Auf der Grundlage der Entscheidung des [X.] vom 22. Oktober 2004 (- 1 BvR 894/04 - [X.], 1585 ff.) begegnet [X.] keinen rechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht die Klagefrist gemäß § 12 Abs. 3 [X.] für gewahrt hält. 9 - 6 - a) Entgegen der Auffassung der Revision war die Klagefrist nicht bereits vor Einzahlung des [X.] abgelaufen. Die Frist zur [X.] gemäß § 12 Abs. 3 [X.] wurde nämlich nicht schon mit der Über-mittlung des [X.]s der Beklagten am 22. Juni 1999 per Tele-fax, sondern erst mit dem Zugang des [X.] am 23. Juni 1999 in [X.]. 10 aa) Gemäß § 12 Abs. 3 [X.] beginnt die Frist zur Klageerhebung mit der schriftlichen Ablehnung des vom Versicherungsnehmer erhobenen Anspruchs durch den Versicherer. Hierfür ist eine die Anforderungen der gesetzlichen Schriftform (§ 126 BGB) erfüllende Mitteilung erforderlich, denn die Ablehnung eines Anspruchs auf Versicherungsschutz nach § 12 Abs. 3 [X.] ist eine rechtsgeschäftsähnliche Willensäußerung, für die die Vorschriften über das Wirksamwerden von Willenserklärungen entsprechend gelten (vgl. [X.] Urteil vom 9. Februar 1977 - [X.] - VersR 1977, 442, 443; a.A. wegen des bloßen Klarstellungszweckes des Verweigerungsschreibens des Betriebsrats bei einer geplanten Einstellung nach § 99 Abs. 3 [X.] [X.] NJW 2003, 843, 844). Demnach ist auch § 126 BGB entsprechend anzuwenden (vgl. [X.], 175; Bruck/[X.], [X.], 8. Aufl., § 12, [X.]. 26 f.; [X.]/[X.], [X.], 27. Aufl., § 12, Rn. 31, § 34a, Rn. 5; [X.] in [X.]/Langheid, [X.], 2. Aufl., § 12, Rn. 49; [X.], [X.], 3. Aufl., [X.], Rn. 388). Das Schriftformerfordernis erfüllt sowohl für den Erklärenden als auch für den Erklärungsempfänger [X.] (vgl. [X.] 24, 308, 316 f.). Das [X.] darf beim Versicherungsnehmer keine Zweifel darüber aufkommen lassen, was ihm droht, wenn er seinen Anspruch nicht innerhalb von sechs Monaten geltend macht. Dieser ist deshalb über die Folgen der nicht rechtzeitigen Klageerhe-bung im [X.] gemäß § 12 Abs. 3 Satz 2 [X.] klar und deutlich zu belehren (vgl. [X.] Urteil vom 19. September 2001 - [X.]/00 - [X.] - 2001, 1497, 1498). Da der Versicherungsnehmer seinen Anspruch auf die [X.] ohne weiteres einbüßt, wenn er ihn nicht innerhalb der Sechsmonatsfrist gerichtlich geltend macht, sollen Zweifel und Unklarheiten auch hinsichtlich der Frage, ob das Schreiben der Form nach den gesetzlichen Anforderungen genügt, nicht entstehen können. 12 [X.]) Erfolglos sucht die Revision ihre abweichende Auffassung auf die Rechtsprechung zur Wahrung von Rechtsmittel- und [X.] durch Einsatz fernmeldetechnischer Übertragungsmittel - unter anderem [X.] (vgl. [X.] 121, 224, 230 m.w.[X.]) - zu stützen. Diese soll den Rechtsuchenden zur Wahrung ihrer Rechte die volle Ausnutzung der [X.] und Rechtsmittelbegründungsfristen auch unter Zuhilfenahme der mo-dernen [X.] ermöglichen. Hieraus kann jedoch nichts hergeleitet werden, was den oben erörterten Schutzzweck der Schrift-form nach § 12 Abs. 3 [X.] wegen der materiellrechtlichen Folgen des [X.] betrifft. [X.]) Demzufolge muss die Erklärung nach § 12 Abs. 3 [X.], die dem Ver-sicherungsnehmer zugeht, gemäß § 126 Abs. 1 BGB eigenhändig vom Ausstel-ler durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sein. [X.] enthält keine eigenhändige Unterzeichnung. Die Unterschrift ist nur vom Original übernommen. Dieses bleibt beim Absen-der. [X.] genügt deshalb nicht dem Schriftformerfordernis (vgl. [X.] 121, 224, 228 ff.). 13 Genügte demnach das Telefax der Beklagten vom 22. Juni 1999 dem Schriftformerfordernis nicht, so begann die Frist zur gerichtlichen Geltendma-chung gemäß § 12 Abs. 3 Satz 1 [X.] erst mit dem Zugang des [X.] am 23. Juni 1999 zu laufen. 14 - 8 - b) Diese Frist wurde dadurch gewahrt, dass der Prozessbevollmächtigte des [X.] am 15. Dezember 1999 eine - wenn auch nicht unterschriebene - Klageschrift einreichte und nach telefonischer Anforderung den [X.] in Höhe von 42.015 DM am 20. Dezember 1999 an die [X.] überwies. Der Betrag wurde am 23. Dezember 1999 gutgeschrieben, so dass vor Ablauf der Sechsmonatsfrist jedenfalls hinreichend sicher zu erkennen war, dass mit der eingereichten Klageschrift gegen die Beklagten Klage erho-ben werden sollte und nicht nur versehentlich ein Entwurf zu Gericht gelangt war. Dagegen spricht vor allem auch die Höhe des erbrachten Vorschusses. Bei der gebotenen Gesamtbetrachtung genügte jedenfalls diese Klageerhebung dem Zweck des § 12 Abs. 3 Satz 1 [X.], möglichst schnell eine zuverlässige Feststellung der für den Versicherungsfall maßgeblichen Tatsachen zu sichern und auf diese Weise die Klärung zu ermöglichen, ob die Deckungsablehnung des Versicherers rechtens ist (vgl. BVerfG [X.], 1585, 1586 m.w.[X.]). Für die Wahrung der materiellen Frist des § 12 Abs. 3 Satz 1 [X.] kommt es deshalb nicht mehr darauf an, dass die Klageschrift am 7. Januar 2000 nach-träglich vom Prozessbevollmächtigten unterschrieben worden ist und erst damit die Erfordernisse für eine ordnungsgemäße Klageschrift nach dem [X.] erfüllt worden sind (ständige Rechtsprechung, so [X.] 22, 254, 256, 257; 92, 251, 254 ff.; vgl. auch [X.], ZPO, 21. Aufl., § 253, Rn. 143; [X.], ZPO, 22. Aufl., § 130, Rn. 58; [X.]/[X.], 2. Aufl., § 253, Rn. 22 und 164 f.). 15 2. Hingegen rügt die Revision mit Erfolg, die Auffassung des Berufungs-gerichts, die Beklagten seien nicht wegen einer (grob fahrlässigen) Verletzung von [X.] gemäß § 62 Abs. 2 [X.] von der Leistung frei geworden, beruhe auf unzureichender Sachaufklärung. 16 - 9 - a) Gemäß § 62 Abs. 1 [X.] und dem insoweit inhaltsgleichen § 13 Nr. 3 der [X.] (= [X.] 98) war der Kläger ver-pflichtet, bei Eintritt des Versicherungsfalls nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen. Hiermit traf ihn die Obliegenheit, die in der jeweiligen Situation sich anbietenden und zumutbaren Rettungsmaß-nahmen unverzüglich und mit der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt zu ergrei-fen, als ob er nicht versichert gewesen wäre (vgl. [X.] Urteile vom 12. Juli 1972 - [X.] - NJW 1972, 1809 und vom 6. Mai 1985 - [X.] - [X.], 730, 731). Die Verletzung solcher [X.] kann allerdings nur dann zur Leistungsfreiheit des Versicherers führen, wenn der Versicherungs-nehmer hierbei vorsätzlich oder grob fahrlässig handelte (§ 62 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Die Darlegungs- und Beweislast für den objektiven Verstoß gegen die sich aus § 62 Abs. 1 [X.] ergebenden [X.] liegt beim Versicherer. Die Umstände für das Fehlen von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit hat hinge-gen der Versicherungsnehmer darzulegen und zu beweisen (vgl. [X.] Urteile vom 12. Juli 1972 - [X.] - und vom 6. Mai 1985 - [X.] - jeweils aaO). 17 b) Jedenfalls ist auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen die Auf-fassung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, dass die Beklagten nicht deshalb von ihrer Leistungspflicht frei geworden sind, weil der Kläger bei Er-kennen der [X.]bildung die Hauptschalter an den Batterien nicht unverzüglich abgeschaltet hat. Entgegen der Ansicht der Revision hat der Kläger nach den Umständen des [X.] insoweit keine objektiv ihm zumutbaren Rettungs-pflichten verletzt. 18 aa) Die Revision zieht die dem Berufungsurteil zugrunde liegende Schil-derung der örtlichen Gegebenheiten auf dem Schiff durch den Kläger nicht in einer den revisionsrechtlichen Erfordernissen entsprechenden Weise in Zweifel. 19 - 10 - Danach hätte er die beiden unmittelbar bei den Batterien befindlichen [X.] betätigen müssen, um die Stromzufuhr abzuschalten. Ein Ausschalten nur des [X.] im [X.] hätte die Stromversorgung durch die Batterien nicht unterbrochen, da beide Batterien mittels einer Hauptleitung mit-einander verbunden waren. Zu den Hauptschaltern habe der Kläger nur durch die Kabinen im Steuerbordrumpf gelangen können. Diese seien indessen kom-plett mit [X.] gefüllt gewesen, so dass er dort nicht habe atmen können und um sein Leben gefürchtet habe. [X.]) Es liegt auf der Hand, dass bei einer solchen Gefahrensituation für Leib und Leben dem Kläger nicht zuzumuten war, den jeweiligen Hauptschalter in dem von [X.] gefüllten Schiffsrumpf auszuschalten. Die Grenze für [X.] Rettungsmaßnahmen ergibt sich aus Treu und Glauben; der Versiche-rungsnehmer braucht sich insbesondere keiner Gefahr für Leib und Leben aus-zusetzen (vgl. dazu [X.], [X.], 468, 469; [X.]/[X.]/Voit/Knappmann, [X.], aaO, § 62, Rn. 13; [X.], § 62 [X.], Rn. 25; derselbe in: [X.], § 15, Rn. 43; [X.], [X.] des Versicherungs-nehmers, [X.]). 20 [X.]) Soweit mit der Revision nunmehr vorgetragen wird, der Technikraum sei rauchfrei gewesen, so dass der Kläger zumindest noch in den ersten 20 Minuten den Hauptschalter hätte ausschalten können und müssen, kann dies als neuer Tatsachenvortrag im Revisionsverfahren keine Berücksichtigung finden. Im Übrigen wendet dagegen die Revisionserwiderung ein, dass sich weder die Batterien noch die zugehörigen Hauptschalter im Technikraum be-fanden. 21 - 11 - c) Die Revision rügt aber mit Recht, dass das Berufungsgericht unter Verstoß gegen § 286 ZPO und ohne den Nachweis hinreichender eigener Sachkunde eine objektive Verletzung der [X.] seitens des [X.] durch das zu späte Abschalten der Klimaanlage und der Antriebsmotoren sowie durch das Unterlassen einer Kursänderung des Schiffes verneint hat. 22 aa) Bei der Frage, ob der Kläger die Klimaanlage sofort abstellen und das Schiff "vor den Wind" hätte legen müssen, durfte das Berufungsgericht nicht ohne weiteres annehmen, dass der Sachverständige, nachdem er in [X.] schriftlichen Gutachten insoweit ein seemännisches Fehlverhalten ange-nommen hatte, in seiner Anhörung vor dem [X.] seine Auffassung da-hingehend relativiert habe, dass den Kläger jedenfalls kein grobes Verschulden treffe. Die entsprechenden Punkte sind, wie die Revision rügt, während der [X.] mit dem Sachverständigen überhaupt nicht erörtert worden. Jedenfalls findet sich im Protokoll über die Anhörung des Sachverständigen durch das [X.] dazu nichts. Eine Änderung der Auffassung des Sachverständigen hätte aber gemäß § 160 Abs. 3 Nr. 4 ZPO in das Protokoll aufgenommen wer-den müssen, um die rechtliche Nachprüfung zu ermöglichen, ob das [X.] den Sachverständigen richtig verstanden hat (vgl. hierzu Senatsur-teile vom 27. September 1994 - [X.] ZR 284/93 - [X.], 195, 196 und vom 24. Februar 1987 - [X.] ZR 295/85 - [X.], 290, 291; [X.] 40, 84, 86). Denn gemäß §§ 128 Abs. 1, 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO darf der Tatrichter nur sol-che Umstände zur Grundlage seiner Entscheidung machen, die - zumindest konkludent - Gegenstand der mündlichen Verhandlung oder einer Beweisauf-nahme waren, sofern sie nicht offenkundig im Sinne des § 291 ZPO sind (vgl. [X.]/[X.] ZPO 25. Aufl. § 286 Rn. 2 und 14; Musielak/[X.] ZPO 4. Aufl. § 286 Rn. 2). 23 - 12 - [X.]) Auch durfte das Berufungsgericht die von den Beklagten dem Kläger vorgeworfenen Pflichtverletzungen nicht mit der Begründung verneinen, dass sie durch unstreitigen Vortrag des [X.] ausgeräumt seien, zumal auch inso-weit hinreichende eigene Sachkunde des Berufungsgerichts nicht nachgewie-sen ist. 24 25 Die Beklagten haben gestützt durch die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen dem Kläger angelastet, dass es falsch gewesen sei, die [X.] erst 20 Minuten nach Entdeckung des [X.]es abzuschalten. Dieser hätte das Schiff unverzüglich "in den Wind" legen müssen, um "den Wind tot zu laufen". Er habe auch nicht erst nach einer Stunde die Fahrt "aus dem Wind" nehmen dürfen. Dagegen hat der Kläger eingewandt, das das Schiff nicht "im Wind stehen geblieben" wäre, wenn man versucht hätte, es "in den Wind" zu legen, denn sein Schiff hätte - wie bei Katamaranen üblich - die Neigung [X.], sich "vor den Wind zu legen", im übrigen hätte der Wind bei [X.], bei dem er von hinten gekommen wäre, direkt in die offene Tür geweht. Er hat sich damit gegenüber den vom Sachverständigen zugrunde gelegten Erfah-rungssätzen auf andere Erfahrungssätze berufen, deren Richtigkeit die Beklag-ten ersichtlich nicht gelten lassen wollten, so dass das Berufungsgericht gehal-ten war, sie mit Hilfe des gerichtlichen Sachverständigen nachzuprüfen. Es wird auch zu klären sein, ob für den Kläger und das Berufungsgericht die Begriffe "in den Wind" legen und "vor den Wind" dasselbe aussagen wie für den Sachver-ständigen und die Beklagten. Diesbezüglich wird von der Revision ein erhebli-cher Unterschied im Verständnis beanstandet. [X.]) Soweit das Berufungsgericht aus dem Umstand, dass sich die Tür zur Plicht direkt nach hinten geöffnet habe, folgert, mit der Beibehaltung des Kurses habe sich bei der bestehenden Windrichtung kein direkter Luftzutritt zu der vermuteten Quelle des [X.]s entwickeln können, hätte es diese Erwä-26 - 13 - gung ebenfalls zusammen mit dem Sachverständigen erörtern müssen. Es ist auch insoweit nicht erkennbar, dass das Berufungsgericht hierzu die erforderli-che Sachkunde zur Würdigung aller Umstände in ihrem Gesamtzusammenhang selbst besessen und in das Verfahren ordnungsgemäß eingebracht hätte (vgl. Senatsurteil vom 21. März 2000 - [X.] ZR 158/99 - [X.], 984, 985; [X.] Urteil vom 20. Februar 1997 - [X.]I ZR 231/95 - NJW-RR 1997, 1108). d) Hinsichtlich der Feststellung des Berufungsgerichts, der Kläger habe jedenfalls nicht grob fahrlässig gehandelt, indem er erst 70 Minuten nach Ent-deckung des [X.]es einen Notruf abgab, hat der Senat die hiergegen erho-benen Revisionsrügen, die Ausführungen des Sachverständigen würden eine solche Feststellung nicht stützen, das [X.] habe die Beweislast für den Erfolg eines früheren Notrufs verkannt und die besseren Möglichkeiten eines Rettungshubschraubers zur Brandbekämpfung übersehen, geprüft, jedoch nicht für durchgreifend erachtet. Von einer weiteren Begründung hierzu wird abge-sehen (§ 546 ZPO). 27 - 14 - II[X.] 28 Nach alledem ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zu weiterer Sachaufklärung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. [X.] [X.] [X.]

[X.]

Zoll Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 21.12.2000 - 302 O 9/00 - [X.], Entscheidung vom 18.12.2001 - 9 U 24/01 -

Meta

VI ZR 335/04

14.03.2006

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.03.2006, Az. VI ZR 335/04 (REWIS RS 2006, 4544)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 4544

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