Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 31.01.2012, Az. 2 BvC 3/11

2. Senat | REWIS RS 2012, 9631

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

WAHLEN BUNDESVERFASSUNGSGERICHT (BVERFG) STAATSRECHT UND STAATSORGANISATIONSRECHT BUNDESTAG

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Gegenstand

Teils unzulässige, teils unbegründete Wahlprüfungsbeschwerde gegen Bundestagswahl 2009 hinsichtlich der Einteilung der Wahlbezirke (§ 3 BWahlG) - Zuschnitt der Wahlkreise begründete keinen Wahlfehler - Wahlrechtsgleichheit (Art 38 Abs 1 GG) nicht verletzt - jedoch Anteil der Minderjährigen an Wohnbevölkerung künftig bei Wahlkreiszuschnitt zu berücksichtigen


Tenor

Die Wahlprüfungsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Die [X.] hat dem Beschwerdeführer die Hälfte seiner notwendigen Auslagen zu erstatten.

Gründe

1

Die Wahlprüfungsbeschwerde richtet sich gegen die Gültigkeit der Wahl zum 17. [X.] am 27. September 2009. Der Beschwerdeführer macht Verstöße gegen den Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit (Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG) bei der Einteilung des [X.] geltend und rügt insbesondere, dass hierbei nicht auf die Zahl der Wahlberechtigten, sondern auf die [X.] Wohnbevölkerung abgestellt worden ist.

2

1. Die Grundsätze für die Einteilung des [X.] in Wahlkreise sind in § 3 des [X.] ([X.]) geregelt.

3

Die Zahl der Wahlkreise in den einzelnen [X.] muss deren Bevölkerungsanteil soweit wie möglich entsprechen. Dazu wird in einem näher geregelten Berechnungsverfahren ermittelt, wie viele der 299 Wahlkreise (vgl. § 1 Abs. 2 [X.]) auf der Grundlage des jeweiligen Bevölkerungsanteils auf ein Land entfallen, wobei [X.] über 0,5 grundsätzlich auf die nächste ganze Zahl auf-, solche unter 0,5 abgerundet werden.

4

Bei der [X.] sind die Grenzen der Länder zwingend, die der kommunalen Gebietskörperschaften nach Möglichkeit einzuhalten. Ein Wahlkreis soll ein zusammenhängendes Gebiet bilden. Die Bevölkerungszahl eines Wahlkreises orientiert sich an der durchschnittlichen Bevölkerungszahl aller Wahlkreise und soll von dieser nicht um mehr als 15 % nach oben oder unten abweichen; bei einer Abweichung von mehr als 25 % ist eine Neuabgrenzung vorzunehmen. Bei der Ermittlung der Bevölkerungszahlen bleiben Ausländer im Sinne des Aufenthaltsgesetzes unberücksichtigt; hingegen gehen [X.], die nach den Vorschriften der §§ 12, 13 [X.] nicht wahlberechtigt sind, in die Bevölkerungszahl ein.

5

Zur Einteilung des [X.] in Wahlkreise ist der Gesetzgeber berufen (vgl. § 2 Abs. 2 [X.]). Eine vom Bundespräsidenten eingesetzte ständige Wahlkreiskommission beobachtet zu diesem Zweck laufend die Bevölkerungsentwicklung und unterbreitet erforderlichenfalls Änderungsvorschläge. Ein erster Bericht muss dem [X.] innerhalb von fünfzehn Monaten nach Beginn der Wahlperiode vorliegen. Dieses leitet ihn unverzüglich dem [X.] zu und veröffentlicht ihn im [X.].

6

Die maßgeblichen Vorschriften des [X.] lauten auszugsweise wie folgt:

7

§ 3 Wahlkreiskommission und [X.]

8

(1)

9

1. Die Ländergrenzen sind einzuhalten.

2.

3. Die Bevölkerungszahl eines Wahlkreises soll von der durchschnittlichen Bevölkerungszahl der Wahlkreise nicht um mehr als 15 vom Hundert nach oben oder unten abweichen; beträgt die Abweichung mehr als 25 vom Hundert, ist eine Neuabgrenzung vorzunehmen.

4. Der Wahlkreis soll ein zusammenhängendes Gebiet bilden.

5. Die Grenzen der Gemeinden, [X.] und kreisfreien [X.]ädte sollen nach Möglichkeit eingehalten werden.

(2)

(3)

(4)

(5) (…)

Die in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 [X.] in Bezug genommene Vorschrift des § 6 Abs. 2 [X.] galt für die Wahl zum 17. [X.] in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Juli 1993 ([X.], 1594), zuletzt geändert mit Wirkung vom 21. März 2008 durch das Gesetz zur Änderung des Wahl- und [X.] vom 17. März 2008 ([X.]), und lautete:

§ 6 Wahl nach [X.]listen

(1) (…)

(2)

(3) bis (6) (…)

2. Die [X.] für die hier angefochtene Wahl ergibt sich aus dem Achtzehnten Gesetz zur Änderung des [X.] vom 17. März 2008 ([X.]). Das Gesetz folgt im Wesentlichen den Vorschlägen der Wahlkreiskommission für die 16. Wahlperiode des [X.]es, die mit Bericht vom 29. November 2006 (BTDrucks 16/4300) sowie mit ergänzendem Bericht vom 10. Juli 2007 (BTDrucks 16/6286) vorgelegt worden waren. Dem Gesetz liegen die Zahlen der [X.]n Bevölkerung nach der amtlichen [X.]atistik zum [X.]and 31. Dezember 2006 zugrunde (vgl. BTDrucks 16/7462, [X.]).

Mit Schreiben vom 14. Oktober 2009 legte der Beschwerdeführer Einspruch gegen das Ergebnis der Wahl zum 17. [X.] ein. Unter Berufung auf Art. 38 Abs. 1 GG machte er in erster Linie geltend, ein gleiches Gewicht der Erststimmen sei nicht gewährleistet gewesen, weil die Wahlkreise nicht ungefähr die gleiche Zahl an Wahlberechtigten umfasst hätten. Im Einzelnen rügte er:

1. Die Einteilung der Wahlkreise hätte nicht auf der Grundlage der [X.]n Wohnbevölkerung erfolgen dürfen, sondern sich auf die Zahl der Wahlberechtigten stützen müssen. Die Vorschrift des § 3 Abs. 1 [X.], nach welcher bei der Einteilung der Wahlkreise auf den Bevölkerungsanteil beziehungsweise die Bevölkerungszahl abzustellen sei, berücksichtige unter Verstoß gegen Art. 38 Abs. 1 GG auch nicht stimmberechtigte [X.]. Deren Anteil sei in den einzelnen [X.] und noch mehr in den einzelnen Wahlkreisen jedoch unterschiedlich hoch. Deshalb weiche die zur Erlangung eines Direktmandats erforderliche [X.]immenzahl in den einzelnen Wahlkreisen teilweise erheblich von der [X.]immenzahl ab, die erforderlich wäre, wenn man lediglich auf die Wahlberechtigten abstellte. Aufgrund der unrichtigen Bemessungsgrundlage sei ein gleicher Erfolgswert der Erststimmen nicht gewährleistet gewesen.

2. Ausgehend von der Zahl der Wahlberechtigten - anstelle der [X.]n Bevölkerung - hätten mehrere Wahlkreise gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] neu zugeschnitten werden müssen, weil sich dann eine Abweichung gegenüber dem Durchschnitt von über 15 %, teilweise über 20 % und in einem Fall (Wahlkreis [X.]) über 25 % ergebe. Die Zuschnitte wirkten sich auf die Mandatsverteilung aus. Insbesondere bei den Wahlkreisen mit einer Abweichung von über 15 %, jedoch unter 25 %, sei die Abweichung teilweise erheblich größer als der Abstand zwischen [X.] und "Erstunterlegenem". Der Wahlkreis [X.] weiche auch unter Zugrundelegung der [X.]n Wohnbevölkerung in einer mit § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] nicht im Einklang stehenden Größe von 24,42 % vom [X.] ab.

3. Ferner habe die Verlagerung zweier Wahlkreise in andere Länder im Vorfeld der angefochtenen Wahl zu einer gleichheitswidrigen Verteilung der Erfolgschancen von Wählerstimmen geführt: Bei einer Abweichung um mehr als 0,5 von der errechneten Maßzahl - gleich ob als Berechnungsgrundlage die [X.] Wohnbevölkerung oder die Zahl der Wahlberechtigten herangezogen werde - sei die Zahl der Wahlkreise anzupassen. Unter beiden Gesichtspunkten sei die Verlagerung je eines Wahlkreises aus den [X.] [X.] und [X.]-Anhalt in die Länder [X.] und [X.] nicht gerechtfertigt gewesen.

4. Außerdem machte der Beschwerdeführer geltend, bereits vor der Wahl hätte die Einteilung der Wahlkreise einschließlich der Daten über die jeweiligen Anteile der [X.]n Bevölkerung und der Wahlberechtigten allgemein zugänglich gemacht werden müssen.

Mit Beschluss vom 10. Februar 2011 wies der [X.] Bundestag den Wahleinspruch als unbegründet zurück.

1. Die Einteilung der Wahlkreise auf der Grundlage der [X.]n Wohnbevölkerung entspreche § 3 [X.]. Die Prüfung der [X.]mäßigkeit von [X.] sei dem [X.] vorbehalten. Dieses habe mit [X.] vom 18. Juli 2001 (2 BvR 1252-57/99) ausdrücklich festgestellt, dass der Gesetzgeber den ihm hinsichtlich der Einteilung des [X.] in Wahlkreise zustehenden Beurteilungsspielraum mit § 3 Abs. 1 [X.] in verfassungskonformer Weise ausgefüllt habe.

2. Hinsichtlich des Zuschnitts einzelner Wahlkreise sei gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] auf die [X.] Wohnbevölkerung abzustellen. Der in der Vorschrift genannte Grenzwert von 25 % für eine zwingende Neueinteilung sei in keinem Fall erreicht gewesen. Soweit die [X.] von 15 % überschritten worden sei, habe der Gesetzgeber unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Wahlkreiskontinuität im Rahmen seines Beurteilungsspielraumes von einer Änderung abgesehen, soweit nicht bis zur nächsten [X.] eine Überschreitung der Grenze von 25 % gedroht habe.

3. Bei der Verlagerung von zwei Wahlkreisen von [X.] und [X.]-Anhalt nach [X.] und [X.] durch das Achtzehnte Gesetz zur Änderung des [X.] habe der [X.] Bundestag ausweislich der Begründung des Gesetzentwurfs den Grundsatz der [X.] unter allen Gesichtspunkten berücksichtigt. Danach sei eine Neuverteilung der Wahlkreise gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] für erforderlich gehalten worden, weil die Zahl der Wahlkreise - ausgehend von dem [X.]and der [X.]n Bevölkerung zum [X.]ichtag 31. Dezember 2006 - in den betreffenden [X.] nicht mehr deren Bevölkerungsanteil entsprochen habe. Die Begründung stütze sich auf vorbereitende Berichte der Wahlkreiskommission. Nach deren Berechnungen habe die jeweilige Bevölkerungszahl eine Aufrundung auf 38 Wahlkreise ([X.], rechnerisch 37,714) und 30 Wahlkreise ([X.], rechnerisch 29,685) gerechtfertigt. Demgegenüber sei für [X.] (rechnerisch 16,448) und [X.]-Anhalt (rechnerisch 9,542) unter zusätzlicher Berücksichtigung eines beobachteten kontinuierlichen Bevölkerungsrückgangs zu Recht eine Abrundung vorgenommen worden.

4. Eine Verpflichtung des [X.] zur Veröffentlichung statistischer Daten zu den einzelnen Wahlkreisen ([X.] Wohnbevölkerung und Zahl der Wahlberechtigten) bestehe nicht. Jedem Wahlberechtigten sei es möglich, vor der Wahl die Einteilung der Wahlkreise nachzuvollziehen, weil die relevanten Daten in einem öffentlichen Gesetzgebungsverfahren vom Bundesgesetzgeber als Anlage zum [X.] verabschiedet würden.

Gegen diesen Beschluss wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner am 29. März 2011 eingegangenen Wahlprüfungsbeschwerde.

1. Er rügt, durch die Einteilung der Wahlkreise auf der Grundlage der [X.]n Wohnbevölkerung werde der Grundsatz der [X.] nach Art. 38 Abs. 1 GG verletzt. Das [X.]immgewicht der Wahlberechtigten werde verzerrt, weil der Anteil der nicht wahlberechtigten [X.]n in den einzelnen Wahlkreisen unterschiedlich hoch sei. Der Beschwerdeführer legt dies anhand statistischer Daten dar, welche den Berichten der Wahlkreiskommission sowie den vom [X.] im [X.] veröffentlichten Wahlergebnissen und [X.]rukturdaten entnommen sind. Indem man die [X.] Wohnbevölkerung zugrunde lege, unterstelle man unzulässigerweise, dass die Wahlberechtigten ihre [X.]imme auch im Sinne der nicht Wahlberechtigten abgäben. Das [X.] habe bislang nicht ausdrücklich entschieden, dass § 3 Abs. 1 [X.] insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar sei. Nach dem Repräsentationsgedanken des Art. 38 GG seien die Abgeordneten zwar Vertreter des ganzen Volkes, sie seien jedoch nur von einem Teil des Volkes, den Wahlberechtigten, gewählt. Die Zahl der für ein Direktmandat erforderlichen [X.]immen schwanke zwischen den einzelnen Wahlkreisen erheblich.

2. Der Beschwerdeführer rügt außerdem, bei der Einteilung der Wahlkreise habe der Gesetzgeber den ihm eingeräumten Beurteilungsspielraum gleichheitswidrig verletzt, weil nahezu jeder fünfte Wahlkreis die Schwelle des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] von 15 % überschreite. Dabei sei im Vergleich der [X.]en seit 2002 eine immer weitergehende Überschreitung festzustellen. In den bevölkerungsreichsten Wahlkreisen betrage das Gewicht einer [X.]imme in Relation zum bevölkerungsärmsten Wahlkreis nur ca. 60 - 65 %. Die Orientierung an der Zahl der Wahlberechtigten sowie die Einhaltung der Grenze von 15 % hätte in bis zu fünfzehn Wahlkreisen zu anderen [X.]n führen können. Auch hätte bei der [X.] nicht auf die im [X.] nicht vorgesehenen Prinzipien der Wahlkreiskontinuität, der Wahrung regionaler Besonderheiten und der [X.] Repräsentation zurückgegriffen werden dürfen.

3. Bei der Umverteilung der Wahlkreise zu Lasten von [X.] und [X.]-Anhalt hätte ebenfalls auf die Zahl der Wahlberechtigten abgestellt werden müssen. Das auf dieser Grundlage ermittelte Rechenergebnis (der Beschwerdeführer gibt an: 17,2408 für [X.] und 10,0274 für [X.]-Anhalt) hätte keine Reduzierung der Zahl der Wahlkreise auf 16 beziehungsweise neun Wahlkreise gerechtfertigt. Auch wenn man auf die Bevölkerungszahl abstelle, sei der [X.] zu Lasten [X.]-Anhalts ungerechtfertigt, weil mit einem Wert von 9,5422 der Grenzwert von 0,5 nicht unterschritten sei. Auf die seinerzeit zu erwartende und später auch tatsächlich eingetretene Bevölkerungsentwicklung hätte man nicht abstellen dürfen, weil [X.]ichtag der 31. Dezember 2006 gewesen sei. Die Entscheidung des [X.] sei insoweit auch widersprüchlich, weil sie an anderer [X.]elle - bei der Überschreitung der Grenze von 15 % im Rahmen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] - eine verfestigte Bevölkerungsentwicklung nicht berücksichtige.

4. Schließlich gebiete der aus Art. 38 und Art. 20 Abs. 1, Abs. 2 GG herzuleitende Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl, dass alle wesentlichen Schritte der Wahl öffentlich überprüfbar seien. Deshalb müssten Zuschnitt und Größe der Wahlkreise einschließlich der zur Überprüfung der Einhaltung der Toleranzgrenzen erforderlichen Informationen ([X.] Wohnbevölkerung und Zahl der Wahlberechtigten) bereits vor den Wahlen ohne Mühe öffentlich zugänglich sein. Außerdem müssten die für die [X.] nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] relevanten Erwägungen veröffentlicht werden.

1. Dem [X.], dem Bundesrat, der Bundesregierung, dem [X.], dem [X.] und den Bundesverbänden der im [X.] vertretenen Parteien ist Gelegenheit gegeben worden, zu der Wahlprüfungsbeschwerde [X.]ellung zu nehmen. Der Bundesrat hat von einer Äußerung abgesehen. Das [X.] hat auf seine [X.]ellungnahme gegenüber dem Wahlprüfungsausschuss des [X.]es Bezug genommen.

2. Der [X.] Bundestag hält die Wahlprüfungsbeschwerde für unbegründet. Die [X.] nach § 3 Abs. 1 [X.] auf der Grundlage der [X.]n Wohnbevölkerung sei verfassungsgemäß. Das [X.] habe die Regelung in der Vergangenheit nie beanstandet. Auch das [X.] sowie mehrere [X.]verfassungsgerichte hielten eine Wahlbezirkseinteilung anhand der Einwohnerzahl für zulässig. Bei der Schaffung des Grundgesetzes sei ebenfalls davon ausgegangen worden, dass sich die [X.] künftig an der Zahl der Einwohner orientieren werde. Bei der Bemessung des [X.]immgewichts der Länder im Bundesrat stelle das Grundgesetz in Art. 51 Abs. 2 GG ebenfalls auf die Einwohnerzahl ab. Das Verhältnis zwischen der Zahl der Wahlberechtigten und der [X.]n Wohnbevölkerung sei im Übrigen annähernd proportional; auch die [X.] Wiedervereinigung habe insoweit zu keiner erheblichen Verschiebung geführt. Die Reformkommission zur Größe des [X.]es habe 1997 trotz Abweichungen des [X.]s in den [X.] vom [X.] von bis zu fünf Prozentpunkten keinen Anlass gesehen, die Einteilung auf der - wenngleich möglicherweise genaueren - Grundlage der Wahlberechtigten vorzunehmen. Da sich die Abweichungen seither noch verringert hätten, bestehe auch weiterhin kein Anlass zur Änderung der Einteilungsgrundlage.

Die [X.] auf der Grundlage der [X.]n Wohnbevölkerung entspreche auch dem Grundsatz der [X.] Repräsentation. Die Abgeordneten seien Vertreter des gesamten Volkes, nicht nur der Wahlberechtigten. Unter diesem Gesichtspunkt sei eine Beeinträchtigung der Wahlrechtsgleichheit gerechtfertigt. Dem stehe nicht entgegen, dass der einzelne Abgeordnete nicht nur das Volk in seinem Wahlkreis, sondern jeweils die gesamte [X.] Bevölkerung repräsentiere. Ebenso wie die nicht Wahlberechtigten repräsentiere der Abgeordnete im Übrigen auch diejenigen Bürger, die von ihrem Wahlrecht keinen Gebrauch machten und die beim Wahlkreiszuschnitt nicht außer Betracht gelassen würden. Es sei auch keine Gleichbehandlung der nicht Wahlberechtigten mit den in [X.] lebenden Ausländern geboten, die nach dem heute geltenden Wahlrecht bei der [X.] nicht berücksichtigt würden; denn die staatsrechtliche Repräsentation beziehe sich nach der Präambel des Grundgesetzes sowie aufgrund der in Art. 20 Abs. 2 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 Satz 2, Art. 116 GG getroffenen Grundentscheidungen nur auf das [X.] Volk. Dem Gesetzgeber sei es zwar nicht verwehrt, bei der [X.] anstelle der [X.]n Wohnbevölkerung die Zahl der Wahlberechtigten zugrunde zu legen, hierzu verpflichtet sei er jedoch nicht.

Der Anteil der nicht wahlberechtigten [X.]n in einem Wahlkreis sei außerdem nur einer von mehreren Faktoren, die Einfluss auf das Gewicht einer Erststimme hätten. Daneben komme es auch auf die Wahlbeteiligung und die Zahl der ungültigen [X.]immen an. Unterschiede ergäben sich außerdem durch die zulässigen Abweichungen von der durchschnittlichen Bevölkerungszahl (§ 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.]) sowie durch die geographischen Vorgaben in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, [X.] und Nr. 5 [X.]. Die von dem Beschwerdeführer bezifferten Unterschiede im Anteil der nicht Wahlberechtigten ließen daher keine Rückschlüsse auf das Gewicht der Erststimmen zu. Den der Beschwerdeschrift zugrunde gelegten [X.]rukturdaten lasse sich außerdem nicht die Zahl der nicht wahlberechtigten [X.]n entnehmen, weil die [X.]atistik auch Ausländer und [X.]aatenlose umfasse.

Soweit in [X.] mit einer hohen Zahl an Wahlkreisen die Entstehung von Überhangmandaten begünstigt werde, bewege sich die Zahl der Überhangmandate jedenfalls noch in dem vom [X.] für zulässig erklärten Rahmen. Angesichts der Zugrundelegung der [X.]n Wohnbevölkerung seien die Wahlkreise gesetzeskonform unter Beachtung der in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 3 [X.] eingeteilt worden. Die Heranziehung von Kriterien wie der Kontinuität der [X.] oder der territorialen Verankerung sei nach der Rechtsprechung des [X.]s zulässig.

Auch der Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl sei nicht verletzt. Dieser beziehe sich nicht auf vorbereitende Schritte wie die Einteilung der Wahlkreise. Davon abgesehen würden die der [X.] zugrunde gelegten Daten als Bundestagsdrucksachen veröffentlicht.

3. Der Präsident des [X.]es hat sich zu den der Wahlprüfungsbeschwerde zugrunde liegenden statistischen Daten geäußert und diese ergänzt. Die Differenzen beim Anteil nicht wahlberechtigter [X.]r in den [X.] hätten sich nach dem Schlussbericht der Reformkommission zur Größe des [X.]es von 1997 - bei inzwischen umgekehrten Vorzeichen bezüglich alter und neuer Länder - weiter verringert; die Abweichung vom [X.] habe zum 31. Dezember 2008 keine 5 % mehr erreicht; die Spannbreite der Abweichungen habe nur noch 6,3 % betragen.

Im Übrigen führt er aus, die Auswirkungen des Anteils der Wahlberechtigten auf das [X.]immgewicht seien nur für atypische Idealbedingungen berechenbar. Hinsichtlich der gerügten Überschreitungen der in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] festgelegten Grenzen habe die Wahlkreiskommission jede Überschreitung der [X.] von 15 % im Einzelnen geprüft und jeweils das Absehen von einem Änderungsvorschlag begründet.

Die Wahlprüfungsbeschwerde ist unzulässig, soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung des Grundsatzes der Öffentlichkeit der Wahl geltend macht. Insoweit entspricht sie nicht den Begründungsanforderungen nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 48 Abs. 1 2. Halbsatz [X.], wonach mit einer Wahlprüfungsbeschwerde ein [X.] substantiiert darzulegen und zu erläutern ist, inwiefern dieser die Mandatsverteilung beeinflussen kann (vgl. [X.] 58, 175 f.; 59, 119 <123>; 79, 173; stRspr). Mit der auf den Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl gestützten Rüge, Informationen über Zuschnitt und Größe der Wahlkreise einschließlich der Daten, die zur Überprüfung der Einhaltung der gesetzlichen Toleranzgrenzen erforderlich sind, hätten bereits vor den Wahlen öffentlich zugänglich gemacht werden müssen, wird die Möglichkeit eines mandatsrelevanten [X.] nicht dargetan.

1. Der in der Beschwerde herangezogene Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl beansprucht nur im Zusammenhang mit dem eigentlichen Wahlvorgang Geltung. Zwar gebieten die in Art. 38 Abs. 1 GG niedergelegten Wahlgrundsätze in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1, Abs. 2 GG, dass alle wesentlichen Schritte der Wahl öffentlich überprüfbar sind. Dies gilt allerdings nur für das [X.], die Wahlhandlung und die Ermittlung des Wahlergebnisses (vgl. [X.] 121, 266 <291 ff.>; 123, 39 <68>). Die der Wahl vorausgehenden normativen Entscheidungen des Gesetz- und Verordnungsgebers unterliegen zwar ebenfalls einem Öffentlichkeitsgebot. Dieses ist in den jeweils zu beachtenden Verfahrensvorschriften jedoch in spezieller Weise ausgestaltet und nicht vom Schutzbereich der Öffentlichkeit der Wahl erfasst. Gründe für eine abweichende Betrachtung führt die Beschwerde nicht an.

2. Daneben lässt die Beschwerde auch nicht erkennen, inwiefern das Unterlassen einer Veröffentlichung von Informationen über den Zuschnitt von Wahlkreisen im Vorfeld der Wahl für sich genommen Einfluss auf die Mandatsverteilung haben könnte.

3. Ungeachtet dessen legt der Beschwerdeführer auch nicht dar, dass Informationen über die [X.] für die Wahl zum 17. [X.] nicht in ausreichendem Maße allgemein zugänglich gewesen seien. Das Verfahren der Einteilung der Wahlkreise ist in seinen wesentlichen Schritten öffentlich: Das [X.] veröffentlicht die Berichte der Wahlkreiskommission im [X.] (vgl. § 3 Abs. 4 Satz 2 [X.]). Die Erwägungen der Wahlkreiskommission zur Einteilung der Wahlkreise, welche auch Angaben zur Bevölkerung im Wahlgebiet enthalten, werden außerdem im Rahmen des wiederum öffentlichen Gesetzgebungsverfahrens als Bundestagsdrucksachen publiziert (vgl. für die Wahl zum 17. [X.], BTDrucks 16/4300, 16/6286 - Berichte der Wahlkreiskommission -; BTDrucks 16/7462 - Gesetzentwurf -). Den Ausführungen des Beschwerdeführers ist nicht zu entnehmen, inwiefern von [X.] wegen eine weitergehende Veröffentlichung von Informationen geboten sein könnte.

Im Übrigen ist die Wahlprüfungsbeschwerde zulässig, aber unbegründet.

Eine Wahlprüfungsbeschwerde ist begründet, wenn bei der Wahl in mandatsrelevanter Weise gegen Wahlrechtsgrundsätze des Grundgesetzes oder [X.] verstoßen worden ist. Anders als dem [X.] obliegt es dem [X.] dabei, neben der zutreffenden Anwendung auch die [X.]mäßigkeit der maßgeblichen Vorschriften des Wahlrechts zu überprüfen (vgl. [X.] 16, 130 <135 f.>; 121, 266 <295>). Einen [X.] in diesem Sinne zeigt die Wahlprüfungsbeschwerde nicht auf.

Der Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit (Art. 38 Abs. 1 GG) ist bei der Wahl zum 17. [X.] nicht deshalb verletzt worden, weil für die Einteilung des [X.] nach § 3 Abs. 1 [X.] auf die [X.] Wohnbevölkerung einschließlich der nicht Wahlberechtigten abgestellt worden ist.

1. a) Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG bestimmt, dass die Abgeordneten des [X.]es in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt werden. Aus dem Grundsatz der [X.] folgt für das Wahlgesetz, dass die [X.]imme jedes Wahlberechtigten den gleichen Zählwert und die gleiche rechtliche Erfolgschance haben muss. Dieses Gleichheitserfordernis, das sich historisch besonders gegen eine unterschiedliche Gewichtung der [X.]immen nach der Person des Wählers, seiner Zugehörigkeit zu einer Klasse oder seinen Vermögensverhältnissen wandte, ist wegen seines Zusammenhangs mit dem Demokratieprinzip als Forderung nach einer Gleichheit im strengen und formalen Sinne zu verstehen (vgl. [X.], Urteil vom 9. November 2011 - 2 BvC 4/10, 6/10, 8/10 -, juris, Rn. 78; [X.] 11, 351 <360 f.>; 82, 322 <337>; 95, 335 <353>; 95, 408 <417>; 124, 1 <18>; stRspr).

b) Die Vorgaben der [X.] wirken sich in den Systemen der Mehrheits- und der Verhältniswahl unterschiedlich aus. Dem Zweck der - hier in erster Linie in den Blick zu nehmenden, da die Wahl der Abgeordneten in den Wahlkreisen (§ 5 [X.]) betreffenden - Mehrheitswahl entspricht es, dass nur die für den Mehrheitskandidaten abgegebenen [X.]immen zur Mandatszuteilung führen. Die auf die Minderheitskandidaten entfallenden [X.]immen bleiben hingegen bei der Vergabe der Mandate unberücksichtigt. Die [X.] fordert dabei über den gleichen Zählwert aller [X.]immen hinaus nur, dass bei der Wahl alle Wähler auf der Grundlage möglichst gleich großer Wahlkreise und daher mit voraussichtlich annähernd gleichem [X.]immgewicht am [X.] teilnehmen können (vgl. [X.] 95, 335 <353>; 121, 266 <295 f.>; 124, 1 <18>).

c) Hinsichtlich der Verteilung der Wahlkreise auf die Länder folgt das Erfordernis möglichst gleich großer Wahlkreise auch aus dem Bestreben, die Zahl von Überhangmandaten - ungeachtet der mit diesen grundsätzlich verbundenen Fragen - möglichst gering zu halten (vgl. [X.] 16, 130 <139 f.>). Neben anderen Faktoren begünstigt bei einem auf die [X.] Wohnbevölkerung abstellenden Wahlkreiszuschnitt ein überdurchschnittlicher Anteil von Kindern und Jugendlichen in den Wahlkreisen eines [X.] das Entstehen von Überhangmandaten, weil eine geringere Zahl Wahlberechtigter im Wahlkreis zur Folge hat, dass ein Wahlkreismandat mit einer vergleichsweise geringeren absoluten [X.]immenzahl zu erringen ist. Häufen sich in einem Land derartige Abweichungen, so gewinnen Direktmandate gegenüber dem [X.] insgesamt an Gewicht, und die Zahl von Überhangmandaten kann zunehmen (vgl. [X.], in: [X.] 95, 335 <346>; s. auch [X.], BayVBl 1974, S. 483 <485>).

d) Die gleiche Größe der Wahlkreise ist im geltenden Wahlsystem sowohl für den einzelnen Wahlkreis als auch berechnet auf die Bevölkerungsdichte jedes [X.] Bedingung der [X.] (vgl. [X.] 95, 335 <363>). Diese muss nicht nur zwischen den [X.], sondern auch im Vergleich aller Wahlkreise untereinander gewährleistet sein (vgl. [X.] 16, 130 <141>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 18. Juli 2001 - 2 BvR 1252-57/99 -, NVwZ 2002, S. 71 <72>).

e) Für die Beurteilung, ob jeder Erststimme gleiche Erfolgschancen zukommen, kommt es auf die tatsächlichen Verhältnisse bei der Entscheidung des Gesetzgebers über die [X.] an (vgl. [X.] 95, 335 <353, 363>; [X.]aatsgerichtshof der [X.], Urteil vom 5. November 2004 - [X.] 2/04 -, juris, Rn. 41). Freilich ist der Gesetzgeber lediglich gehalten, die rechtlichen Bedingungen gleicher Erfolgschancen sicherzustellen. Er hat hingegen nicht das tatsächliche [X.]immgewicht in seine Überlegungen mit einzubeziehen, weil dieses von weiteren Faktoren - insbesondere der Wahlbeteiligung und der Zahl der ungültigen [X.]immen - beeinflusst wird, die sich vor der Wahl nicht mit der erforderlichen Sicherheit prognostizieren lassen.

f) Der Grundsatz der [X.] verpflichtet den Gesetzgeber auch, die Einteilung der Wahlkreise regelmäßig zu überprüfen und erforderlichenfalls zu korrigieren (vgl. [X.], Urteil vom 9. November 2011 - 2 BvC 4/10, 6/10, 8/10 -, juris, Rn. 90; s. auch [X.]aatsgerichtshof der [X.], Urteil vom 5. November 2004 - [X.] 2/04 -, juris, Rn. 72). Diese Verpflichtung bezieht sich zunächst auf den konkreten Zuschnitt der Wahlkreise und beinhaltet, dass der Gesetzgeber Abweichungen in der Wahlkreisgröße vom [X.] auf das verfassungsrechtlich zulässige Maß zurückzuführen hat (vgl. [X.] 16, 130 <142>). Die erforderlichen Vorarbeiten sind einfachgesetzlich in den Bestimmungen des § 3 Abs. 2 bis Abs. 4 [X.] über die ständige Wahlkreiskommission normiert. Dabei erstreckt sich die Verpflichtung des Gesetzgebers zur Überprüfung und Korrektur der [X.] auf die ihr zugrunde liegenden Kriterien. Der verfassungsrechtliche Grundsatz der [X.] bezieht sich auf den gesamten [X.] (vgl. [X.] 95, 335 <353>; 121, 266 <295>). Die aus der [X.] herzuleitende Anforderung möglichst gleich großer Wahlkreise beansprucht für alle [X.]ufen der [X.] gleichermaßen Geltung. Auch die Grundlagen der [X.] sind daher im Hinblick auf die [X.] regelmäßig zu überprüfen und erforderlichenfalls zu korrigieren.

2. a) Der Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit unterliegt keinem absoluten Differenzierungsverbot. Allerdings folgt aus dem formalen Charakter des Grundsatzes der Wahlrechtsgleichheit, dass dem Gesetzgeber bei der Ordnung des Wahlrechts nur ein eng bemessener Spielraum für Differenzierungen bleibt (vgl. [X.], Urteil vom 9. November 2011 - 2 BvC 4/10, 6/10, 8/10 -, juris, Rn. 91; [X.] 124, 1 <19>; stRspr). Differenzierungen bedürfen daher zu ihrer Rechtfertigung stets eines besonderen, sachlich legitimierten Grundes. Differenzierungen im Wahlrecht können durch Gründe gerechtfertigt werden, die durch die Verfassung legitimiert und von einem Gewicht sind, das der [X.] die Waage halten kann (vgl. [X.], Urteil vom 9. November 2011 - 2 BvC 4/10, 6/10, 8/10 -, juris, Rn. 87; [X.] 95, 408 <418>; 121, 266 <297>; 124, 1 <19>).

b) Insbesondere bei der Einteilung des [X.] in gleich große Wahlkreise steht dem Gesetzgeber ein gewisser Gestaltungs- und Beurteilungsspielraum zu (vgl. [X.] 95, 335 <364>).

Bei der Einschätzung der die Grundlage der [X.] bildenden tatsächlichen Gegebenheiten steht dem Gesetzgeber ein Spielraum bereits deshalb zu, weil sich der Grundsatz der [X.] bei der [X.] nur näherungsweise verwirklichen lässt. So sind bei der Verteilung der Wahlkreise auf die Länder entsprechend ihren Bevölkerungsanteilen Abbil-dungsunschärfen hinzunehmen. Auch ist die Bevölkerungsverteilung einem steten Wandel unterworfen (vgl. [X.] 16, 130 <141>). Daher nimmt etwa eine - aus Gründen der Wahlorganisation erforderliche - [X.]ichtagsregelung den unvermeidlichen Umstand in Kauf, dass sich die tatsächlichen Verhältnisse bis zum Wahltag wieder verändern werden. Darüber hinaus ist der Gesetzgeber auch nicht gehalten, bei seiner Gestaltungsentscheidung tatsächliche Gegebenheiten bereits dann zu berücksichtigen, wenn diese ihrer Natur oder ihrem Umfang nach nur unerheblich oder von vorübergehender Dauer sind; vielmehr darf er darauf abstellen, ob sich eine beobachtete Entwicklung in der Tendenz verfestigt (vgl. [X.] 16, 130 <141 f.>).

aa) Dementsprechend wird die [X.]renge der Gleichheitsanforderung dadurch gemildert, dass die Wahlkreise im Verhältnis der Bevölkerungsanteile auf die einzelnen Länder zu verteilen sind (vgl. § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.]). Es kommt hinzu, dass jeder Wahlkreis nach dem Gedanken einer territorialen Verankerung des im Wahlkreis gewählten Abgeordneten zugleich ein zusammengehörendes und abgerundetes Ganzes bilden soll (§ 3 Abs. 1 Satz 1 [X.] und Nr. 5 [X.]) und dass sich die historisch verwurzelten Verwaltungsgrenzen nach Möglichkeit mit den [X.] decken sollen. Die durch die Erststimme geknüpfte engere persönliche Beziehung der Wahlkreisabgeordneten zu dem Wahlkreis, in dem sie gewählt worden sind, bedarf zudem einer gewissen Kontinuität der räumlichen Gestalt des Wahlkreises (vgl. [X.] 95, 335 <364>). In Anbetracht des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums unterliegt es daher keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] bei der [X.] gewisse Abweichungen in der Bevölkerungszahl zulässt (vgl. [X.] 95, 335 <364 f.>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 18. Juli 2001 - 2 BvR 1252-57/99 -, NVwZ 2002, S. 71 <72>; entsprechend zum Wahlrecht in den [X.], [X.]aatsgerichtshof für das Land [X.], Urteil vom 14. Juni 2007 - 1/06 -, juris, Rn. 61, 64; Bayerischer [X.]gerichtshof, Entscheidung vom 10. Oktober 2001 - [X.]. 2-VII-01 u. a. -, NVwZ-RR 2002, S. 473 <474>).

bb) Auch bei der Ausfüllung seines Gestaltungsspielraums hat der Gesetzgeber die verfassungsrechtlichen Vorgaben, insbesondere den Grundsatz der Wahlrechtsgleichheit, zu beachten. Dazu gehört, dass er verpflichtet ist, das ausgewählte Wahlsystem in seinen Grundelementen folgerichtig zu gestalten, und dass er keine strukturwidrigen Elemente einführen darf (vgl. [X.] 120, 82 <103 f.>).

3. Die Einhaltung der verfassungsrechtlichen Grenzen des Gestaltungs- und Beurteilungsspielraums unterliegt jedenfalls einer strengen verfassungsgerichtlichen Überprüfung, soweit mit Regelungen, die die Bedingungen der politischen Konkurrenz berühren, die parlamentarische Mehrheit gewissermaßen in eigener Sache tätig wird und die Gefahr besteht, dass die jeweilige Parlamentsmehrheit sich statt von gemeinwohlbezogenen Erwägungen vom Ziel des eigenen Machterhalts leiten lässt (vgl. [X.], Urteil vom 9. November 2011 - 2 BvC 4/10, 6/10, 8/10 -, juris, Rn. 91; [X.] 120, 82 <113>). Zu diesen Regelungen gehören grundsätzlich auch die Entscheidungen des Gesetzgebers über die Einteilung des [X.] in Wahlkreise.

4. Die in Art. 38 Abs. 1 Satz 1 GG verankerte Wahlrechtsgleichheit gebietet im Grundsatz eine Einteilung der Wahlkreise auf der Grundlage der Zahl nur der Wahlberechtigten.

a) Das [X.] hat sich mit der Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Bedingungen bei der [X.] auch die Zahl der minderjährigen [X.]n berücksichtigt werden darf, bislang nicht näher befasst. Zwar ist es von einer Bemessung der Wahlkreise nach der Zahl der in ihnen zusammengefassten [X.]n Bevölkerung ausgegangen (vgl. [X.] 16, 130 <140>; 95, 335 <353>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten Senats vom 18. Juli 2001 - 2 BvR 1252-57/99 -, NVwZ 2002, S. 71 <72>), hat dies allerdings keiner verfassungsrechtlichen Prüfung unterzogen.

b) Anknüpfungspunkt des Gleichheitsgrundsatzes des Art. 38 Abs. 1 GG sind die Wahlberechtigten (vgl. [X.] 1, 208 <244>; 95, 335 <353>; 124, 1 <18>; stRspr), nicht die Wohnbevölkerung. Die [X.] ist an die Trägerschaft von Rechten, konkret des Wahlrechts, gekoppelt. Das Gleichheitserfordernis beansprucht Geltung im Verhältnis der Wahlberechtigten untereinander (vgl. [X.], [X.] und kommunale Gebietsgrenzen, 2001, S. 28). Bei der Mehrheitswahl verlangt die Wahlrechtsgleichheit, dass alle Wähler über den gleichen Zählwert ihrer [X.]immen hinaus mit annähernd gleicher Erfolgschance am [X.] teilnehmen können (vgl. [X.] 95, 335 <353>; 121, 266 <295>). Der Gesetzgeber hat daher eine Bemessungsgrundlage für die [X.] zu wählen, die die Chancengleichheit aller an der Wahl Beteiligten wahrt. Dementsprechend hat er dafür Sorge zu tragen, dass jeder Wahlkreis möglichst die gleiche Zahl an Wahlberechtigten umfasst (vgl. bereits [X.], BayVBl 1974, S. 483 <485>).

c) [X.] wird allerdings auch bei Heranziehung der [X.]n Wohnbevölkerung als Bemessungsgrundlage nicht beeinträchtigt, solange sich der Anteil der Minderjährigen an der [X.]n Bevölkerung regional nur unerheblich unterscheidet. Bei einer annähernd gleichen Verteilung der Minderjährigen auf die Wahlkreise ist in allen Wahlkreisen weitgehend dieselbe [X.]immenzahl erforderlich, um ein Mandat zu erringen. Die Berücksichtigung auch der nicht Wahlberechtigten ist daher jedenfalls solange unbedenklich, wie sich die [X.] Wohnbevölkerung annähernd proportional zur Zahl der Wahlberechtigten verhält. Erst wenn sich nicht nur unerhebliche Abweichungen zwischen der Bevölkerung und der Zahl der Wahlberechtigten ergeben, kann eine Änderung der [X.] geboten sein. Die Überprüfungspflicht des Gesetzgebers (oben [X.] 1. f) erstreckt sich auch hierauf.

d) In diesem Verfahren bedarf es keiner Entscheidung, ob, worauf namentlich der [X.] Bundestag in seiner [X.]ellungnahme hinweist, eine erhebliche Beeinträchtigung der Wahlrechtsgleichheit, die dadurch verursacht wird, dass die [X.] auf der Grundlage der [X.]n Wohnbevölkerung erfolgt, über den Grundsatz demokratischer Repräsentation gerechtfertigt werden könnte. Der Gesetzgeber hat sich von derartigen Erwägungen, die eine Aufspaltung des in Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG verankerten Prinzips der umfassenden Repräsentation voraussetzen würde, nicht leiten lassen, sondern stellte allein auf die hinreichend gleiche Verteilung der Minderjährigen ab (vgl. Reformkommission zur Größe des [X.]es, Zwischenbericht vom 8. Mai 1996, BTDrucks 13/4560, S. 13 f.; Schlussbericht vom 17. Juni 1996, BTDrucks 13/7950, [X.] f.). Dieser Aspekt genügt auch für die Beurteilung der [X.] zur Wahl zum 17. [X.].

5. Der tatsächliche Anteil Minderjähriger an der Bevölkerung in den [X.] und in den Wahlkreisen ist zwar geeignet, die Annahme des Gesetzgebers einer annähernd gleichmäßigen Verteilung über das Wahlgebiet in Frage zu stellen (a). Die [X.] für die Wahl zum 17. [X.] genügt jedoch den Anforderungen des Grundsatzes der [X.] (b). Allerdings wird der Gesetzgeber bei der [X.] künftig den Anteil Minderjähriger an der Bevölkerung sowohl bezogen auf die Länder als auch auf die einzelnen Wahlkreise in den Blick zu nehmen haben (c).

a) aa) Der [X.] hat eine [X.] auf der Grundlage der [X.]n Wohnbevölkerung bislang im Hinblick darauf für zulässig erachtet, dass sich der Anteil der Minderjährigen an der [X.]n Bevölkerung regional nicht in zu berücksichtigender Weise unterscheidet.

Die Reformkommission zur Größe des [X.]es hat die Bemessungsgrundlage nach § 3 Abs. 1 [X.] in den Jahren 1995 bis 1997 überprüft, letztlich jedoch bestätigt (vgl. BTDrucks 13/4560, S. 13 f.; 13/7950, [X.] f.). Die Empfehlung der Reformkommission, bei der Bestimmung der Bevölkerungszahlen für die [X.] auch künftig von der gesamten [X.]n Wohnbevölkerung auszugehen, stützt sich darauf, dass nach dem vorhandenen Datenmaterial keine erheblichen und dauerhaften Unterschiede bei der Verteilung der minderjährigen [X.]n über das Wahlgebiet festzustellen seien. In dem untersuchten Zeitraum, der die Jahre 1990 bis 1995 umfasste, war der Anteil der Minderjährigen in den neuen [X.] rückläufig, während er in den alten [X.] zunahm. Auf dieser Grundlage ging die Reformkommission von einer fortschreitenden Angleichung des [X.]s in den [X.] aus.

Inwieweit der Anteil Minderjähriger in den einzelnen Wahlkreisen vom [X.] abweicht, hat die Reformkommission ausweislich der veröffentlichten Berichte nicht untersucht. Insoweit scheint sie ebenfalls von einer annähernden Gleichverteilung ausgegangen zu sein.

Seither hat der [X.] Bundestag die Bemessungsgrundlage ersichtlich nicht erneut in Frage gestellt. Bei der Einteilung der Wahlkreise für die Wahl zum 17. [X.] ist der [X.]and der [X.]n Bevölkerung ohne besondere Begründung zugrunde gelegt worden (vgl. den Entwurf eines Achtzehnten Gesetzes zur Änderung des [X.], BTDrucks 16/7462, [X.] ff.).

bb) Der Anteil Minderjähriger an der [X.]n Bevölkerung hat sich jedoch nicht als so gleichmäßig erwiesen, dass Unterschiede in der regionalen Verteilung ohne Weiteres zu vernachlässigen sind. Dies ergibt sich aus dem vorliegenden statistischen Material sowohl zum 31. Dezember 2006, auf welchen Zeitpunkt sich der Entwurf des Achtzehnten Gesetzes zur Änderung des [X.] (BTDrucks 16/7462) bezogen hat, als auch zum 31. Dezember 2008, dem Zeitpunkt, der der [X.] im Achtzehnten Gesetz zur Änderung des [X.] vom 17. März 2008 ([X.]) zeitlich am nächsten liegt, und aus den Zahlen der Wahlberechtigten am Wahltag. Diese Daten entsprechen im Wesentlichen den vom Beschwerdeführer ermittelten.

(1) Zwar erreichte im Ländervergleich die Abweichung des [X.]s vom [X.] (16,9 %) maximal - 4,6 Prozentpunkte ([X.]-Anhalt), und die Spannbreite der Abweichungen lag bei lediglich 6,3 Prozentpunkten. Dies liegt in dem Rahmen dessen, was der Gesetzgeber als hinnehmbar erachtet hat. Ein anderes Bild ergibt sich jedoch, wenn man die einzelnen Wahlkreise gegenüberstellt. Der [X.] reichte dort von 22,9 % im Wahlkreis 33 (Cloppenburg-Vechta; die Beschwerde geht hier von 22,6 % aus) bis zu 11,5 % im Wahlkreis 71 ([X.]). Damit ergibt sich eine Spannbreite von 11,4 (nach der Beschwerde 11,1) Prozentpunkten. Diese liegt erheblich über der im Ländervergleich bestehenden Spannbreite.

(2) Der unterschiedliche [X.] ist im Hinblick auf den voraussichtlichen Erfolgswert der Wählerstimmen allerdings nicht isoliert, sondern in Verbindung mit den im Rahmen der Toleranzgrenzen des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] in Kauf genommenen Abweichungen der Bevölkerungszahlen zu bewerten. So wird etwa der dem Erfolgswert einer [X.]imme abträgliche Effekt einer überdurchschnittlichen Bevölkerungszahl eines Wahlkreises gemindert, wenn dort auch überdurchschnittlich viele Minderjährige wohnhaft sind, weil dann die Zahl der Wahlberechtigten den Durchschnitt weniger weit übersteigt. Der Einfluss des unterschiedlichen [X.]s auf die Erfolgschance einer [X.]imme wird daher erst sichtbar, wenn man die Zahl der Wahlberechtigten in den Wahlkreisen vergleicht und diese mit den vom Gesetzgeber herangezogenen Bevölkerungszahlen in Beziehung setzt. [X.]ellt man auf die Zahl der Wahlberechtigten am Wahltag ab, ergibt sich - unter Inkaufnahme einer kleinen Unschärfe im Hinblick darauf, dass die [X.] zu einem anderen Zeitpunkt erfolgt ist - folgendes Bild:

Der Wert des Wahlkreises 227 ([X.]) unterschritt bei Zugrundelegung der Zahl der Wahlberechtigten den Durchschnittswert um 25,6 %, so dass die Grenze des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 2. Halbsatz [X.] nicht mehr eingehalten gewesen wäre. In zwei Wahlkreisen lag die Abweichung bei Zugrundelegung der Zahl der Wahlberechtigten zwar noch unterhalb, jedoch deutlich näher an der Grenze von 25 % als auf der Grundlage der [X.]n Wohnbevölkerung (Wahlkreis 55 , + 23,2 % statt + 20,4 %, und Wahlkreis 70 , + 22,3 % statt + 16,0 %). In weiteren zwölf Wahlkreisen, bei denen auf der Grundlage der [X.]n Wohnbevölkerung die [X.] von 15 % nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 1. Halbsatz [X.] eingehalten war, war diese bei Zugrundelegung der Zahl der Wahlberechtigten über- beziehungsweise unterschritten.

b) Dieser Befund erschüttert zwar die Annahme einer flächendeckend gleichmäßigen Verteilung der nicht wahlberechtigten [X.]n, begründet jedoch auch unabhängig von der Frage einer Rechtfertigung durch den [X.] nach Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG noch keinen Verstoß gegen den Grundsatz der [X.] bei der Wahl zum 17. [X.].

Der Gesetzgeber hat sich bei der [X.] zur Wahl des 17. [X.]es an die in § 3 Abs. 1 [X.] selbst gesetzten Vorgaben gehalten und damit die mit diesen Vorgaben zur Wahrung der Wahlrechtsgleichheit verfolgten Ziele einer transparenten und folgerichtigen Gesetzgebung beachtet. Die Ausgestaltung der Regeln des § 3 Abs. 1 [X.] beruht auf der Annahme einer im Wesentlichen gleichmäßigen Verteilung der minderjährigen [X.]n im Wahlgebiet. Diese Annahme ist für die Verteilung der Wahlkreise auf die Länder nach wie vor berechtigt (aa), gilt allerdings für den Zuschnitt der Wahlkreise nicht mehr ohne Weiteres, was indes für die Wahl zum 17. [X.] nicht berücksichtigt werden musste (bb).

aa) Die Reformkommission zur Größe des [X.]es war bei dem von ihr vorgenommenen Ländervergleich zu dem Ergebnis gekommen, dass die Abweichungen des [X.]s vom [X.] bei abnehmender Tendenz zuletzt nur noch von - 4,3 bis + 3,6 Prozentpunkte betrugen (vgl. BTDrucks 13/7950, [X.]), und hatte diese Abweichungen für hinnehmbar erachtet. Der Gesetzgeber ist dieser Einschätzung gefolgt, und der Senat sieht keinen Anlass, diese Einschätzung verfassungsrechtlich anzuzweifeln.

Die von der Reformkommission beobachtete Tendenz hat sich fortgesetzt und zwischenzeitlich dazu geführt, dass sich die Minderjährigenquote, wenn man die neuen und die alten Länder gegenüberstellt, mit umgekehrten Vorzeichen vom [X.] entfernt. Während der [X.] nach den von der Reformkommission verwendeten Daten 1995 trotz abnehmender Tendenz in allen neuen [X.] noch über dem [X.] von 18,9 % lag (die Unterschiede reichten von + 0,6 Prozentpunkten in [X.] bis + 3,6 Prozentpunkten in [X.]; vgl. BTDrucks 13/7950, [X.]), war er dort zum 31. Dezember 2008 nach den vom [X.] mitgeteilten Daten auf teilweise deutlich unterdurchschnittliche Werte gesunken und betrug zwischen 12,3 % in [X.]-Anhalt und 13,2 % in [X.]; dies entspricht Abweichungen vom [X.] (16,9 %) von - 4,6 bis - 3,7 Prozentpunkten. Dies ändert jedoch nichts daran, dass sowohl die maximale Abweichung (- 4,6 Prozentpunkte in [X.]-Anhalt) als auch die Spannbreite der Abweichungen (6,3 Prozentpunkte) nicht den Rahmen dessen verlassen haben, was den Gesetzgeber im [X.] an den Bericht der Reformkommission bewogen hat, unverändert an der Bezugsgröße der [X.]n Wohnbevölkerung festzuhalten.

bb) Die für die Ermittlung der Zahl der Wahlkreise in den [X.] gültige Annahme einer bundesweit gleichmäßigen Verteilung der minderjährigen [X.]n kann indes nicht unbesehen auf den Zuschnitt der einzelnen Wahlkreise übertragen werden. Zwar war die Zahl der betroffenen Wahlkreise gering; auch hätten die unterschiedlichen Bemessungsgrundlagen nicht durchweg gravierende Änderungen zur Folge haben müssen. Gleichwohl können diese potentiellen Beeinträchtigungen der Wahlrechtsgleichheit nicht grundsätzlich unberücksichtigt bleiben. Hätte der Gesetzgeber bei der Einteilung der einzelnen Wahlkreise auf die Zahl der Wahlberechtigen abgestellt, hätte er in einer Reihe von Fällen zumindest zusätzliche Erwägungen anstellen müssen, um dem Gebot annähernd gleicher Erfolgschancen der Erststimmen ohne Veränderung der Wahlkreise Rechnung zu tragen. Das Unterbleiben derartiger Erwägungen begründet indes keinen [X.].

Bei der Wahl zum 17. [X.] waren insoweit vergleichsweise wenige Fälle betroffen, die zudem ganz überwiegend keine erheblichen Abweichungen von den gesetzlichen Vorgaben aufwiesen. Lediglich in einem Fall (Wahlkreis 227 <[X.]>) stand die Einhaltung der Grenze des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 2. Halbsatz [X.] von 25 % - und dies nur knapp - in Rede, in weiteren vierzehn Fällen wären hinzukommende oder verstärkte Abweichungen vom Durchschnitt zwischen 15 und 25 % zu bewältigen gewesen. Bei den übrigen der insgesamt 299 Wahlkreise hätte sich die [X.] hingegen auch bei Zugrundelegung der Zahl der Wahlberechtigten in derselben gesetzlichen Kategorie bewegt, wie sie sich auf der Grundlage der [X.]n Wohnbevölkerung ergab.

Da die Annahme einer annähernd gleichen auch regionalen Verteilung der minderjährigen [X.]n bis dahin nicht in Frage gestellt worden war und da - bei einer hypothetischen Betrachtung - eine Beeinträchtigung der Wahlrechtsgleichheit durch die Anknüpfung an die Wohnbevölkerung allenfalls marginal ausfällt, ist es nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber die [X.] zur Wahl des 17. [X.]es insoweit ohne Kontrollüberlegungen mit Rücksicht auf die Verteilung der Wahlberechtigten vorgenommen hat. Das [X.] hat keinen Anlass, die konkrete [X.] einer weitergehenden Überprüfung zu unterwerfen, weil vor dem genannten Hintergrund Interessenkonflikte im Bereich der Gesetzgebung hier ausgeschlossen werden können.

c) Der Gesetzgeber ist jedoch gehalten, bei der [X.] künftig den Anteil der Minderjährigen an der Bevölkerung zu berücksichtigen. Er hat dabei sowohl die Werte in den [X.] als auch im Vergleich zwischen den einzelnen Wahlkreisen einschließlich der Tendenzen bei der Bevölkerungsentwicklung in den Blick zu nehmen. Sollte die Entwicklung zu einer erheblichen Ungleichverteilung zwischen den [X.] führen, wird der Gesetzgeber zu prüfen haben, ob er die Maßstabsnorm des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 [X.] ändert. Soweit es lediglich um einzelne Wahlkreise betreffende Abweichungen von der durchschnittlichen Verteilung der minderjährigen [X.]n geht, kann neben den bei der [X.] bereits bislang zu berücksichtigenden Aspekten wie etwa der territorialen Verankerung des im Wahlkreis gewählten Abgeordneten, den historisch gewachsenen Verwaltungsgrenzen und einer gewissen Kontinuität der räumlichen Gestalt des Wahlkreises (vgl. [X.] 95, 335 <364>) künftig auch der Anteil der minderjährigen [X.]n in die Entscheidung über den Zuschnitt der Wahlkreise einbezogen werden.

Soweit der Beschwerdeführer - unabhängig von der Bemessungsgrundlage -Verstöße gegen die 15 %-Sollgrenze des § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] rügt, ist ein [X.] ebenfalls nicht festzustellen.

1. Dahingestellt bleiben kann, inwieweit angesichts der grundsätzlichen Gleichrangigkeit einfachgesetzlicher Regelungen der Gesetzgeber bei der Einteilung des [X.] in Wahlkreise (§ 2 Abs. 1 [X.]) in verfassungsgerichtlich überprüfbarer Weise an die Vorgaben des § 3 Abs. 1 [X.] gebunden ist und ob etwa eine Missachtung des § 3 Abs. 1 [X.] darin zu sehen wäre, wenn der Gesetzgeber auf eine Überschreitung des dort angegebenen Sollwerts selbst dann nicht reagierte, wenn sie die Mehrzahl der Wahlkreise beträfe. Ein [X.] liegt jedenfalls noch nicht darin, dass ein gewisser Teil - nach der Beschwerde etwa ein Fünftel - der Wahlkreise die [X.] überschritten hat. Der Gesetzgeber darf nach der Konzeption des § 3 Abs. 1 [X.] von dem [X.], den der Beschwerdeführer als solchen nicht angreift, im Rahmen seines Ermessens abweichen, wenn sachgerechte Erwägungen dies rechtfertigen. Die Tatsache, dass die Grenze mehrfach überschritten worden ist, begründet daher für sich genommen keinen [X.]. Es ist nicht dargelegt und auch sonst nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber bezogen auf bestimmte Wahlkreise die Grenze seines Ermessens überschritten hat. Daher liegt auch in der vom Beschwerdeführer vorgetragenen Zunahme der Überschreitungsfälle seit dem [X.] kein [X.].

2. Dass die bei der beanstandeten [X.] herangezogenen Abwägungskriterien insbesondere der Wahlkreiskontinuität und der Wahrung regionaler Besonderheiten im [X.] nicht ausdrücklich genannt sind, macht ihre Berücksichtigung entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nicht unzulässig. Diese Kriterien liegen der gesetzlichen Regelung über die [X.] zugrunde und sind nach der Rechtsprechung des [X.]s geeignet, Abweichungen bei der Wahlkreisgröße zu rechtfertigen (vgl. [X.] 95, 335 <364>).

Auch die Zuordnung der Wahlkreise zu den [X.] lässt keinen [X.] erkennen.

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 [X.] muss die Zahl der Wahlkreise in den einzelnen [X.] deren Bevölkerungsanteil "soweit wie möglich" entsprechen. Diese Einschränkung trägt dem Umstand Rechnung, dass eine rechnerisch exakte Verteilung in aller Regel nicht erreichbar ist, weil nur eine natürliche Zahl von Wahlkreisen verteilt werden kann, während der berechnete Bevölkerungsanteil in den meisten Fällen zu Bruchteilen einer natürlichen Zahl führen wird. In diesen Fällen muss eine Rundung erfolgen. Dabei kann ebenso wie die Frage verfassungsgerichtlich überprüfbarer Bindung des Gesetzgebers an diese Vorgabe (vgl. C.II.1.) dahingestellt bleiben, ob die Einschränkung "soweit wie möglich" wie ein "verstärktes Soll" zu verstehen ist, welches dem Gesetzgeber ein eng begrenztes Ermessen einräumt, oder ob streng nach mathematischen Regeln vorzugehen ist (vgl. hierzu [X.], Kommentar zum [X.], 8. Aufl. 2009, § 3 Rn. 15 bis 17). Während sich dies bei den übrigen betroffenen [X.] bereits aus der Über- beziehungsweise Unterschreitung der [X.] von 0,5 ergibt, ist die Verlagerung eines Wahlkreises zu Lasten des [X.] [X.]-Anhalt nach beiden Lesarten nachvollziehbar.

Auf das Land [X.]-Anhalt entfielen bei Zugrundelegung der fortgeschriebenen [X.]n Wohnbevölkerung nach Anwendung des Hare/[X.] zum [X.]ichtag 31. Dezember 2006 rechnerisch 9,542 Wahlkreise, so dass die [X.] von 0,5 noch nicht unterschritten war. Dies haben der [X.] Bundestag und die Wahlkreiskommission nicht verkannt (vgl. BTDrucks 16/7462, [X.]). Der [X.] Bundestag hat darauf abgestellt, dass der [X.] zum [X.]ichtag nur knapp überschritten und aufgrund der Bevölkerungsentwicklung bis zum 30. Juni 2007 beinahe erreicht war (9,501; vgl. BTDrucks 16/7462, S. 59).

Die von dem Beschwerdeführer hiergegen vorgebrachten Einwände begründen jedenfalls deshalb keinen [X.], weil ein Wahlkreis auch bei Anwendung strikter Proportionalität verlagert werden durfte: Die Werte beider Länder, denen ein zusätzlicher Wahlkreis zugeschrieben wurde ([X.]: 37,714, [X.]: 29,685) waren von der [X.] von 0,5 weiter entfernt als der Wert [X.]-Anhalts von 9,542. Die Entscheidung des Gesetzgebers, [X.] zu Lasten [X.]-Anhalts einen Wahlkreis zuzuweisen, bildet die tatsächliche Bevölkerungsverteilung daher besser ab, als es bei einem Verzicht auf die Übertragung der Fall gewesen wäre.

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 3 [X.]. Die Beschwerde hat zur Klärung einer allgemein bedeutsamen Frage des Wahlrechts beigetragen, so dass es angemessen erscheint, die hälftige Erstattung der Auslagen des Beschwerdeführers anzuordnen.

Meta

2 BvC 3/11

31.01.2012

Bundesverfassungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BvC

Art 20 Abs 1 GG, Art 20 Abs 2 GG, Art 38 Abs 1 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 34a Abs 3 BVerfGG, § 48 Abs 1 Halbs 2 BVerfGG, § 3 Abs 1 S 1 Nr 2 S 1 BWahlG, § 3 Abs 1 S 1 Nr 3 BWahlG, BWahlGÄndG 18

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 31.01.2012, Az. 2 BvC 3/11 (REWIS RS 2012, 9631)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9631 BVerfGE 130, 212-239 REWIS RS 2012, 9631

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