Bundessozialgericht, Urteil vom 10.11.2021, Az. B 1 KR 22/21 R

1. Senat | REWIS RS 2021, 1213

© Bundessozialgericht, Dirk Felmeden

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Gegenstand

Krankenversicherung - Krankenhausabrechnungsprüfung - Prüfverfahrensvereinbarung 2014 - Unklarheiten und Zweifel bei der Auslegung der Unterlagenanforderung des MDK


Leitsatz

1. Unklarheiten und Zweifel bei der Auslegung der Unterlagenanforderung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) nach der zwischen der Deutschen Krankenhausgesellschaft und den Verbänden der Krankenkassen 2014 geschlossenen Prüfverfahrensvereinbarung gehen zu Lasten der Krankenkasse.

2. Fordert der MDK in einem Prüfverfahren "körperlicher/psychischer Untersuchungsbefund bei Aufnahme, Anamnese, Aufnahmebefund, Assessments" an, umfasst dies regelmäßig nicht einen Bericht des einweisenden Arztes, solange der MDK etwas anderes nicht eindeutig zum Ausdruck bringt.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 21. Januar 2020 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert wird für das Revisionsverfahren auf 22 867,36 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die [X.]eteiligten streiten über die Vergütung stationärer Krankenhausbehandlung.

2

Das klagende Krankenhaus behandelte einen Versicherten der beklagten Krankenkasse ([X.]) vom 16.2. bis 25.5.2016 stationär und rechnete hierfür insgesamt 22 867,36 Euro auf Grundlage pauschalierter Entgelte für Psychiatrie und Psychosomatik ab. Die [X.] zahlte diesen [X.]etrag zunächst vollständig, leitete anschließend jedoch eine Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung ([X.]) ein ([X.]chreiben vom 10.6.2016). [X.]ie beauftragte den [X.] mit der Prüfung der Notwendigkeit der stationären Krankenhausbehandlung für die gesamte Dauer. Der [X.] forderte beim Krankenhaus mit [X.]chreiben vom [X.] verschiedene medizinische Unterlagen an (ausführlicher Krankenhausentlassbericht; körperlicher/psychischer Untersuchungsbefund bei Aufnahme; Anamnese, [X.], [X.]; [X.]; Pflegedokumentation; ärztliche [X.]; psychotherapeutische [X.]; [X.] [X.]ozialdienst; Laborbefund, Antibiogramm und Mikrobiologie). Das [X.]chreiben enthielt weiter die Aufforderung: "[X.]ollten [X.]ie bei der Durchsicht Ihrer Unterlagen feststellen, dass die angeforderten Unterlagen die für die [X.]egutachtung notwendigen Informationen nicht oder nicht vollständig enthalten, so fügen [X.]ie bitte alle Dokumente bei, die zur Klärung der Frage beitragen können". Das Krankenhaus übersandte daraufhin innerhalb der Frist von vier Wochen die konkret angeforderten Unterlagen. Nicht darunter war der [X.]ericht des psychiatrischen Vorbehandlers und einweisenden Arztes [X.] vom [X.]. Der [X.] kam nach Prüfung der vorgelegten Unterlagen zu dem Ergebnis, dass eine ambulante Weiterbehandlung indiziert gewesen wäre (Gutachten von R vom 15.8.2016). Die [X.] verrechnete daraufhin den zunächst beglichenen Rechnungsbetrag vollständig mit anderweitigen - für sich genommen - unstreitigen Vergütungsforderungen des Krankenhauses (in Höhe von 21 717,87 Euro am 21.12.2016 und in Höhe von 1149,49 Euro am 13.2.2017). Im Gerichtsverfahren hat das [X.] die Patientenakte beigezogen und ein [X.]achverständigengutachten bei [X.] ([X.]) eingeholt, das die Notwendigkeit der stationären [X.]ehandlung bestätigt hat. Die [X.] hat ein weiteres [X.]-Gutachten von A vorgelegt ([X.]), nach dem die Notwendigkeit der stationären [X.]ehandlung auf Grundlage des jetzt vorliegenden [X.]chreibens von [X.] in vollem Umfang plausibel sei. Das [X.] hat die [X.] zur Zahlung verurteilt (Urteil vom [X.]). Das L[X.] hat die [X.]erufung der [X.] zurückgewiesen: Dem Krankenhaus stehe der strittige Vergütungsanspruch zu, da die stationäre [X.]ehandlung vom 16.2. bis 25.5.2016 erforderlich gewesen sei. Der [X.]enat stütze sich insoweit auf das Gutachten von [X.] und das bestätigende Gutachten des [X.] vom [X.]. [X.] sei nicht nach § 7 Abs 2 der Vereinbarung zwischen dem GKV-[X.]pitzenverband und der [X.] über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs 1c [X.][X.] V gemäß § 17c Abs 2 [X.] ([X.] - PrüfvV 2014) ausgeschlossen. Denn das Krankenhaus habe die angeforderten Unterlagen vollständig und fristgerecht vorgelegt. Der ergänzende [X.]ericht des einweisenden Psychiaters [X.] vom [X.] gehöre nicht dazu (Urteil vom 21.1.2020).

3

Die [X.]eklagte rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 7 Abs 2 [X.]atz 3 und 4 PrüfvV 2014. Die Präklusionswirkung beschränke sich danach nicht auf Unterlagen, die vom [X.] konkret angefordert worden seien. [X.]ie beziehe sich aber jedenfalls nicht auf Unterlagen, von deren Existenz der [X.] keine Kenntnis habe. Unabhängig davon sei der [X.]ericht des einweisenden Psychiaters [X.] von den [X.]ezeichnungen "[X.]" bzw "Untersuchungsbefund bei Aufnahme" erfasst.

4

Die [X.]eklagte beantragt,
die Urteile des [X.]s [X.]aden-Württemberg vom 21. Januar 2020 und des [X.]ozialgerichts Karlsruhe vom 21. März 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen
hilfsweise
das Urteil des [X.]s [X.]aden-Württemberg vom 21. Januar 2020 aufzuheben und die [X.]ache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen.

5

Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

[X.]ie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision ist zulässig, in der [X.]ache jedoch nicht begründet (§ 170 Abs 1 [X.]atz 1 [X.]G). Das [X.] hat die Berufung der beklagten [X.] gegen das stattgebende [X.]-Urteil zu Recht zurückgewiesen.

8

Das [X.] hat ohne Rechtsfehler entschieden, dass dem Krankenhaus der strittige Vergütungsanspruch wegen der Behandlung des Versicherten vom 16.2. bis 25.5.2016 zustand. Die [X.] konnte daher nicht wirksam mit einem entsprechenden Erstattungsanspruch gegenüber anderweitigen Vergütungsansprüchen aufrechnen. Das [X.] hat die für den Vergütungsanspruch vorausgesetzte Notwendigkeit der stationären Behandlung (vgl zu den Voraussetzungen des Vergütungsanspruchs [X.] vom 8.11.2011 - [X.] KR 8/11 R - [X.], 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], RdNr 13, 15 mwN; B[X.] vom 19.3.2020 - [X.] KR 22/18 R - juris RdNr 11 mwN) in [X.] nicht zu beanstandender Weise bejaht. Es durfte sich hierbei insbesondere auf das vom [X.] eingeholte [X.]achverständigengutachten von [X.] vom [X.] und das [X.] von A vom [X.] stützen. Die Verwertung der den Gutachtern zur Verfügung gestellten Unterlagen ist nicht nach § 7 Abs 2 [X.]atz 2 bis 4 [X.] 2014 ausgeschlossen. Dies gilt auch für das [X.]chreiben des einweisenden Psychiaters B vom [X.]. Das Krankenhaus hat dieses [X.]chreiben nach den bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 [X.]G) im [X.]-Prüfverfahren zwar nicht vorgelegt. Die Unterlagenanforderung des [X.] bezog sich aber auch nicht auf dieses [X.]chreiben.

9

1. Wie der [X.]enat bereits entschieden hat, enthält der hier sachlich und zeitlich auf eine im Jahr 2016 durchgeführte Behandlung uneingeschränkt anwendbare § 7 Abs 2 [X.]atz 2 bis 4 [X.] 2014 (vgl dazu B[X.] vom 10.11.2021 - [X.] KR 36/20 R - juris RdNr 11 ff) eine materielle Präklusionsregelung. Ihrer Art nach konkret bezeichnete Unterlagen, die der [X.] im Rahmen eines ordnungsgemäßen Prüfverfahrens angefordert, das Krankenhaus aber nicht innerhalb der Frist von vier Wochen vorgelegt hat, dürfen auch in einem späteren Gerichtsverfahren nicht mehr zur Begründung des Vergütungsanspruchs berücksichtigt werden. Die präkludierten Unterlagen sind als Beweismittel endgültig ausgeschlossen. Die Begründung des Vergütungsanspruchs durch andere als die angeforderten, aber nicht vorgelegten Unterlagen schließt die Vorschrift hingegen nicht aus (vgl B[X.] vom 18.5.2021 - [X.] KR 32/20 R - juris Rd[X.] ff; B[X.] vom 18.5.2021 - [X.] KR 24/20 R - juris RdNr 11 ff).

2. § 7 Abs 2 [X.]atz 2 [X.] 2014 bezieht sich auf die Anforderung von Unterlagen, die der [X.] zumindest ihrer Art nach konkret bezeichnet hat (zB Aufnahmedokumentation, Operationsbericht, Pflegedokumentation). Dies folgt aus Wortlaut, Regelungssystem und -zweck (vgl B[X.] vom 18.5.2021 - [X.] KR 24/20 R - juris RdNr 17; zum Auslegungsmaßstab vgl B[X.] vom 18.5.2021 - [X.] KR 34/20 R - juris Rd[X.]0 f). Nach dem Wortlaut bestimmt der [X.] die Auswahl derjenigen Unterlagen, die er für prüfungsrelevant hält. Das Krankenhaus hat danach nicht von sich aus Unterlagen zu übermitteln, die es selbst für die Prüfung für erforderlich hält. Nach dem Regelungssystem der §§ 6 und 7 [X.] 2014 führt der [X.] die Prüfung einschließlich der Beschaffung der [X.] eigenverantwortlich durch. Er entscheidet selbst, welche konkreten Unterlagen er anfordert, sofern er sich nicht offensichtlich außerhalb des [X.] bewegt, den er aber auch in eigener Zuständigkeit erweitern kann (vgl § 6 Abs 3 [X.]atz 3 und 4 [X.] 2014). Der [X.] bestimmt danach auch die Ermittlungstiefe. Es ist gerade der Zweck der Regelung, dass sich der [X.] nicht in jedem einzelnen Prüffall mit sämtlichen Behandlungsunterlagen auseinandersetzen muss, sondern das Prüfverfahren durch die von ihm - auch nach Erfahrungswerten - getroffene Auswahl der Unterlagen straff ausgestalten und effizient am Prüfauftrag ausrichten kann. Das Krankenhaus unterstützt ihn dabei. Es ist hierbei nach der Konzeption des § 7 Abs 2 [X.]atz 2 bis 4 [X.] 2014 aber nicht von sich aus verpflichtet, die ihm vorliegenden Unterlagen auf ihre Relevanz für den Prüfauftrag durchzusehen und dem [X.] auf Grundlage dieser Durchsicht dem Prüfungsauftrag zugeordnete Unterlagen unaufgefordert vorzulegen oder ihn zumindest auf deren Existenz hinzuweisen (vgl demgegenüber für die ab dem 1.1.2017 anwendbare [X.] 2016 B[X.] vom 10.11.2021 - [X.] KR 16/21 R - juris Rd[X.]0 ff).

Für eine solche Obliegenheit gibt weder der Wortlaut des § 7 Abs 2 [X.]atz 2 bis 4 [X.] 2014 etwas her (dazu a), noch gebieten [X.]inn und Zweck der Vorschrift eine solche erweiternde Auslegung (dazu b). Auch auf die Gesetzesmaterialien lässt sich eine solche Auslegung nicht stützen (dazu c). Eine erweiternde Auslegung wäre auch mit dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot unvereinbar (dazu d).

a) In der [X.] 2014 findet sich keine Regelung, die dem Krankenhaus eine solche Vorprüfung in eigener Verantwortung zuweisen würde. Die Regelungen in § 7 Abs 2 [X.]atz 2 bis 4 [X.] 2014 überantworten es vielmehr dem [X.], den [X.] und die dafür benötigten Unterlagen so einzugrenzen, dass das Prüfverfahren zügig und effektiv durchgeführt werden kann. [X.]ollte sich bei der Prüfung der zunächst angeforderten und vorgelegten Unterlagen ergeben, dass weitere Unterlagen (zB Unterlagen, auf die sich bereits vorgelegte Unterlagen beziehen) für den Prüfauftrag relevant sein könnten, ist der [X.] nicht gehindert, diese beim Krankenhaus [X.], solange dies nicht zur Überschreitung der für die Durchführung des Prüfverfahrens geltenden Frist (vgl § 8 [X.]atz 3 [X.] 2014) führt.

b) § 7 Abs 2 [X.] 2014 dient vorrangig, aber nicht allein der Beschleunigung und Verfahrenskonzentration. Die Regelung schafft einen angemessenen Ausgleich zwischen dem Anspruch des Krankenhauses auf vollständige Vergütung der erbrachten erforderlichen Krankenhausbehandlungen und einem zügigen Abschluss des Prüfverfahrens und damit der Rechtssicherheit. [X.]inn und Zweck der Regelung gebieten aber nicht, auch die Begründung des Vergütungsanspruchs mit anderen als den vom [X.] angeforderten Unterlagen zu unterbinden. Der [X.]treitstoff für die Überprüfung der Abrechnung des Behandlungsfalls soll vollständig gebündelt und deren Abschluss insgesamt beschleunigt werden. Hierbei ist es Aufgabe des [X.], die prüfrelevanten Begründungselemente durch die [X.] selbst so einzugrenzen, dass die Anspruchsprüfung konzentriert erfolgen kann, dh alle für die Anspruchsprüfung relevanten Gesichtspunkte erfasst werden können. Das Krankenhaus soll die aus [X.]icht des [X.] für die Beantwortung der Prüffragen benötigten und konkret bezeichneten Unterlagen zeitnah (innerhalb von vier Wochen) vorlegen, damit das Prüfverfahren durch die Beantwortung der Prüffragen zügig seinen Abschluss finden kann. Versäumt der [X.] die sachgerechte Eingrenzung der zur [X.] "benötigten Unterlagen", tritt das Interesse an der Überprüfung der Abrechnung hinter dem Interesse des Krankenhauses an vollständiger Vergütung der erbrachten Leistungen zurück (vgl zum Ganzen B[X.] vom 18.5.2021 - [X.] KR 32/20 R - juris Rd[X.]4; B[X.] vom 18.5.2021 - [X.] KR 24/20 R - juris Rd[X.]6, jeweils mwN).

Nur die nicht fristgemäße Vorlage ihrer Art nach konkret bezeichneter Unterlagen rechtfertigt die nicht unerhebliche [X.]anktionsfolge. Ansonsten müsste das Krankenhaus zur Vermeidung von Rechtsnachteilen dem [X.] immer sämtliche Unterlagen zur Verfügung stellen. Dies widerspräche aber gerade dem durch die [X.] 2014 intendierten schlanken und gleichwohl effizienten Prüfverfahren. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass dem [X.] nicht alle für die Prüfung möglicherweise relevanten Unterlagen bekannt sind. Die [X.] geht in ihrer Revisionsbegründung selbst davon aus, dass im psychiatrischen Bereich - wie auch im vorliegenden Fall - Berichten des einweisenden Psychiaters für die Beurteilung, ob weitere ambulante Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen oder eine stationäre Behandlung notwendig ist, erhebliche Bedeutung zukommen dürften. Es ist insoweit nicht erforderlich, dass der [X.] ein konkretes [X.]chreiben eines bestimmten Arztes mit Datum benennt; für die konkrete Bezeichnung eines solchen Berichts seiner Art nach ist es vielmehr ausreichend, "Berichte des einweisenden Arztes" anzufordern. Dagegen spricht auch nicht, dass in die [X.] 2016 eine Regelung zur ergänzenden Unterlagenvorlage durch das Krankenhaus aufgenommen wurde (vgl dazu B[X.] vom 10.11.2021 - [X.] KR 16/21 R - juris Rd[X.]0 ff). Denn daraus lässt sich jedenfalls für die [X.] vor Inkrafttreten dieser Vereinbarung keine Regelungswirkung ableiten.

c) Aus den Gesetzesmaterialien zu § 17c Abs 2 [X.] ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber den Krankenhäusern zwingend eine sanktionsbewehrte Mitverantwortung für die Auswahl und Bezeichnung der zur Erfüllung des [X.] durch den [X.] benötigten Unterlagen zuweisen wollte. Anlass zur [X.]chaffung einer [X.] war der Umstand, dass die Vertragsparteien auf Landesebene nicht in allen Bundesländern Verträge insbesondere zur Überprüfung der Notwendigkeit und Dauer der Krankenhausbehandlung nach § 112 Abs 1 iVm Abs 2 [X.]atz 1 [X.] [X.]B V geschlossen haben bzw bestehende [X.] nur sehr allgemein gehalten und oft veraltet waren. Durch nähere Ausfüllung der Vorgaben des § 17c Abs 2 [X.]atz 1 [X.] sollten es die Vertragsparteien zudem in der Hand haben, die Zusammenarbeit der Krankenhäuser und [X.]n effektiver und konsensorientierter zu gestalten. Perspektivisch versprach sich der Gesetzgeber durch die [X.] sowie weitere Maßnahmen, dass der Aufwand für die Durchführung von [X.] vermindert wird. Die nach § 17c Abs 2 [X.]atz 2 [X.] zu treffenden Regelungen "über die Prüfungsdauer" sollten eine Beschleunigung des Prüfverfahrens ermöglichen (vgl zum Ganzen B[X.] vom 18.5.2021 - [X.] KR 32/20 R - juris Rd[X.]5; B[X.] vom 18.5.2021 - [X.] KR 24/20 R - juris Rd[X.]7, jeweils mwN). Dessen Ausgestaltung war (und ist) jedoch Aufgabe der Vertragsparteien, die sich - anders als in der [X.] 2016 (vgl B[X.] vom 10.11.2021 - [X.] KR 16/21 R - juris Rd[X.]0 ff) - nicht einmal über eine kursorische Prüfobliegenheit verständigt haben.

d) Die Ausweitung der den Krankenhäusern obliegenden Pflichten über den klaren Wortlaut der [X.] 2014 hinaus würde den Rechtsschutz der Krankenhäuser auch wesentlich erschweren und wäre daher mit den Verfahrensgrundrechten aus Art 19 Abs 4 [X.] (Garantie des effektiven Rechtsschutzes) und Art 103 Abs 1 [X.] (Recht auf rechtliches Gehör) unvereinbar (vgl hierzu bereits B[X.] vom 18.5.2021 - [X.] KR 32/20 R - juris RdNr 33; B[X.] vom 18.5.2021 - [X.] KR 24/20 R - juris RdNr 35; und [X.] vom [X.] - 2 BvR 1187/80 - [X.]E 61, 82, 115; [X.] vom 17.7.1980 - 7 [X.]/78 - [X.]E 60, 297, 301 ff; [X.]chulze-Fielitz in Dreier, [X.], 3. Aufl 2013, Art 19 Abs 4 Rd[X.]6; [X.], Verwaltungsverfahren zwischen Verwaltungseffizienz und [X.], VVD[X.]tRL 41 <1983>, 193, 205 f). Denn materielle Präklusionsregelungen haben strengen Ausnahmecharakter und müssen zumutbar und in ihrem Ausschließungsgehalt hinreichend genau bestimmt sein (vgl etwa [X.] vom [X.] - 2 BvR 1187/80 - [X.]E 61, 82 = juris Rd[X.]3; [X.] vom [X.] - 1 BvR 799/78 - [X.]E 59, 330, 334). Der Betroffene muss zuvor ausreichend Gelegenheit erhalten, sich zur [X.]ache zu äußern und darf erst dann präkludiert werden, wenn er diese Möglichkeit aus von ihm zu vertretenden Gründen versäumt hat, weil er seinen Obliegenheiten nicht nachgekommen ist (vgl [X.] vom 30.1.1985 - 1 BvR 876/84 - [X.]E 69, 145, 149 mwN; [X.] vom 5.5.1987 - 1 BvR 903/85 - [X.]E 75, 302, 315; vgl auch B[X.] vom 10.11.2021 - [X.] KR 43/20 R - juris Rd[X.]6). Aus der Anforderung muss sich daher unmissverständlich ergeben, welche ihrer Art nach bestimmten Unterlagen der [X.] benötigt. Zweifel und Unklarheiten müssen im Hinblick auf die einschneidenden Folgen einer unterlassenen Unterlagenübersendung zulasten des Verwenders der Bezeichnung gehen, dh des [X.] und letztlich der [X.].

3. Welche Unterlagen durch den [X.] ihrer Art nach jeweils konkret bezeichnet wurden, bestimmt sich nach den Grundsätzen über die Auslegung von Willenserklärungen (§ 69 Abs 1 [X.]atz 3 [X.]B V iVm § 133 BGB; vgl hierzu in Bezug auf den Prüfauftrag bereits B[X.] vom 17.12.2013 - [X.] KR 14/13 R - [X.]-2500 § 275 [X.] RdNr 11; B[X.] vom 23.5.2017 - [X.] KR 24/16 R - [X.]-2500 § 301 [X.] RdNr 39; B[X.] vom 25.10.2016 - [X.] KR 22/16 R - B[X.]E 122, 87 = [X.]-2500 § 301 [X.], RdNr 37, alle mwN). Dabei ist nicht allein auf die schriftliche, insbesondere formularmäßige Bezeichnung bestimmter Unterlagen (zB "[X.]", "Anamnese" oder "Assessment") abzustellen, insbesondere ist hierbei nicht an dem buchstäblichen [X.]inne des Ausdrucks zu haften, sondern der wirkliche Wille zu erforschen (§ 133 BGB). Namentlich sind auch ergänzende Umstände zu berücksichtigen, etwa eine rechtmäßige allgemeine Übung, mündliche Hinweise der Beteiligten oder vor der Unterlagenanforderung beim Krankenhaus einvernehmlich getroffene Absprachen. Zu berücksichtigen ist auch die Interessenlage, insbesondere das [X.] zwischen Krankenhaus und [X.]. Erst daraus folgt, wie das Krankenhaus die Unterlagenanforderung verstehen musste. Für die Frage, was Inhalt der Bezeichnung der konkreten Unterlagen ihrer Art nach ist, kommt es bei alledem auf den Empfängerhorizont des Krankenhauses an, nicht eines [X.]. Im Hinblick auf die einschneidenden Folgen einer unterlassenen Unterlagenübersendung muss die Bezeichnung der Unterlagen aber präzise und klar sein; Unklarheiten oder Zweifel gehen zulasten des Verwenders der Bezeichnung, dh des [X.] und letztlich der [X.] (vgl hierzu bereits oben RdNr 16).

4. Nach diesen Maßstäben gehörte das [X.]chreiben des einweisenden Psychiaters B vom [X.] nicht zu den angeforderten Unterlagen. Nach den Feststellungen des [X.] zählte es insbesondere nicht zu dem vom [X.] angeforderten "Untersuchungsbefund bei Aufnahme", zur "Anamnese" oder zu "[X.]". Allerdings hat das [X.] die für diese Auslegung wesentlichen Erwägungen in den Entscheidungsgründen nicht näher dargelegt. Die [X.] rügt, das [X.] hätte (wegen der herausragenden Bedeutung der Befunde aus der vorangegangenen ambulanten Behandlung für die Beurteilung der Notwendigkeit der stationären psychiatrischen Behandlung) begründen müssen, warum der Bericht des einweisenden und vorbehandelnden Arztes nicht unter die Begriffe des [X.], des [X.]s sowie der Anamnese falle. Ob die [X.] mit dieser Rüge in der [X.]ache durchdringt (vgl hierzu etwa B[X.] vom 25.10.2016 - [X.] KR 6/16 R - [X.]-2500 § 109 [X.] RdNr 19), muss hier aber nicht entschieden werden. Denn auch bei unterstellter Begründetheit der Rüge vermag dies der Revision nicht zum Erfolg zu verhelfen. Jedenfalls teilt der erkennende [X.]enat die Auslegung des [X.] im Ergebnis (dazu a). Er ist unter der vorgenannten Prämisse auch berechtigt, die Unterlagenanforderung des [X.] selbst auszulegen (dazu b).

a) Fordert der [X.] beim Krankenhaus Untersuchungsbefunde, Anamnesen oder [X.] an, muss dieses davon ausgehen, dass damit zunächst einmal die vom Krankenhaus selbst erhobenen Befunde, Anamnesen und [X.] gemeint sind. Denn vor jeder stationären Behandlung muss deren Notwendigkeit durch das Krankenhaus selbst - unabhängig vom Vorliegen einer Einweisung - geprüft werden (vgl hierzu [X.] vom 19.6.2018 - [X.] KR 26/17 R - B[X.]E 126, 79 = [X.]-2500 § 39 [X.], RdNr 13). Überprüft der [X.] die Notwendigkeit der stationären Behandlung, bezieht sich dies zunächst einmal auf die Einschätzung des aufnehmenden Krankenhausarztes. Fordert der [X.] in diesem Kontext etwa den "Befund bei Aufnahme" an, bezieht sich dies nach dem Empfängerhorizont des Krankenhauses ohne Weiteres auf die Einschätzung des aufnehmenden Krankenhausarztes, dh den von ihm erhobenen [X.]. Hält der [X.] darüber hinaus für seine Beurteilung auch einen Fremdbefund (etwa des einweisenden Arztes) für notwendig, muss er dies eindeutig zum Ausdruck bringen; aus der allgemeinen Bezeichnung "Befund bei Aufnahme" lässt sich dies jedenfalls nicht zweifelsfrei ableiten. Im Zweifel geht - wie oben dargelegt (vgl RdNr 16) eine nicht eindeutige Bezeichnung zulasten des Verwenders, dh des [X.] und letztlich der [X.]. Gleiches gilt für die Bezeichnungen "Anamnese" und "Assessment". Auch hier muss der [X.], will er sich auf von [X.] erhobene Anamnesen oder durchgeführte [X.] beziehen, dies unmissverständlich zum Ausdruck bringen.

b) Der erkennende [X.]enat ist an der Auslegung der Unterlagenbezeichnung durch den [X.] revisionsrechtlich nicht gehindert. Das Revisionsgericht darf öffentlich-rechtliche Erklärungen - und um eine solche handelt es sich bei der Unterlagenanforderung des [X.] - jedenfalls dann selbst auslegen, wenn das [X.] diese nicht in das Revisionsgericht bindender Weise ausgelegt hat und sich aus den Feststellungen des [X.]s keine Hinweise auf einen besonderen [X.] im konkreten Einzelfall ergeben, so dass weitere Feststellungen nicht mehr in Betracht kommen; maßgeblich ist dann ein allgemeiner Empfängerhorizont, den das Revisionsgericht im Interesse einer einheitlichen Rechtsanwendung selbst bestimmen kann (vgl auch B[X.] vom 8.10.2019 - [X.] A 1/19 R - B[X.]E 129, 135 = [X.]-2400 § 89 [X.], RdNr 14 mwN; B[X.] vom [X.] - 10 [X.] - B[X.]E 75, 92 = [X.]ozR 3-4100 § 141b [X.] = juris RdNr 31; vgl auch zu typischen Verträgen und Erklärungen: B[X.] vom 25.10.2016 - [X.] KR 6/16 R - [X.]-2500 § 109 [X.] Rd[X.]0; B[X.] vom 17.5.1988 - 10 [X.] 3/87 - B[X.]E 63, 167 = [X.]ozR 1500 § 54 [X.]5 - juris Rd[X.]5, 27 mwN; B[X.] vom 29.11.2007 - [X.]3 R 44/07 R - [X.]-2600 § 236a [X.] - juris Rd[X.]3; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.]G, 13. Aufl 2020, § 162 RdNr 3a f mwN). [X.]o verhält es sich hier, wenn man eine begründete Rüge unterstellt.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 [X.]atz 1 Teilsatz 3 [X.]G iVm § 154 Abs 2 VwGO, die Festsetzung des [X.]treitwerts beruht auf § 197a Abs 1 [X.]atz 1 Teilsatz 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

Meta

B 1 KR 22/21 R

10.11.2021

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Karlsruhe, 21. März 2019, Az: S 7 KR 542/17, Urteil

§ 17c Abs 2 S 1 KHG, § 17c Abs 2 S 2 KHG, § 6 Abs 3 S 3 PrüfvVbg vom 18.07.2014, § 6 Abs 3 S 4 PrüfvVbg vom 18.07.2014, § 7 Abs 2 S 2 PrüfvVbg vom 18.07.2014, § 7 Abs 2 S 3 PrüfvVbg vom 18.07.2014, § 7 Abs 2 S 4 PrüfvVbg vom 18.07.2014, § 8 S 3 PrüfvVbg vom 18.07.2014, § 275 Abs 1 Nr 1 SGB 5, § 275 Abs 1c SGB 5, § 69 Abs 1 S 3 SGB 5, § 133 BGB, Art 19 Abs 4 GG, Art 103 Abs 1 GG

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 10.11.2021, Az. B 1 KR 22/21 R (REWIS RS 2021, 1213)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 1213

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