Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30.10.2019, Az. 6 C 18/18

6. Senat | REWIS RS 2019, 2023

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Gegenstand

Indizierung jugendgefährdender Kunstwerke; Musikalbum mit weitgehend gewaltverherrlichenden und massiv diskriminierenden Songtexten


Leitsatz

1. Von den Inhalten eines Trägermediums gehen jugendgefährdende Wirkungen im Sinne von § 18 Abs. 1 JuSchG aus, wenn sie geeignet sind, gefährdungsgeneigte Minderjährige sozial-ethisch zu desorientieren.

2. Gehen die jugendgefährdenden Wirkungen von Kunstwerken aus, setzt die Aufnahme des Trägermediums in die Liste jugendgefährdender Medien voraus, dass die Abwägung von Jugendschutz und Kunstfreiheit mit dem ihnen im Einzelfall zukommenden Gewicht den Vorrang des Jugendschutzes ergibt.

3. Dem Zwölfer-Gremium der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien steht auch für die Entscheidung über den Vorrang von Jugendschutz oder Kunstfreiheit im Rahmen der Abwägung kein Beurteilungsspielraum zu (Änderung der Rechtsprechung).

4. Die Feststellungen und daraus hergeleiteten Wertungen des Zwölfer-Gremiums können von den Verwaltungsgerichten nach den Regeln des Sachverständigenbeweises verwertet werden.

5. Sind Namen und Anschriften von Urhebern des zur Indizierung anstehenden Kunstwerks nicht bekannt, müssen die Bundesprüfstelle und die Verwaltungsgerichte einfache und erfolgversprechende Maßnahmen zur Ermittlung dieser Daten ergreifen.

Tatbestand

1

Der Kläger ist Rapper mit Künstlernamen "A...". Er wendet sich gegen die Aufnahme seines Studioalbums "[X.]" ([X.]), das der Musikrichtung Gangsta-Rap zuzuordnen ist, in die [X.] (Indizierung). Das Album enthält 15 Titel, deren Texte den kriminellen Lebenswandel des Gangsterbosses "[X.]" beschreiben. Die Texte weisen zum Teil [X.]ezüge zu Ereignissen aus dem Leben des [X.] auf. An den Texten zweier Titel haben andere Personen mitgewirkt ([X.]eigeladene zu 1 bis 3). An den Kompositionen waren weitere Personen in wechselnder Zusammensetzung beteiligt ([X.]eigeladene zu 4 bis 8). Deren Künstlernamen sowie Art und Umfang ihrer Mitwirkung sind in dem der [X.] beiliegenden [X.]ooklet genannt. Das Album wird von der [X.] (im [X.]) vertrieben. Es wurde nach seinem Erscheinen im Februar 2014 in kurzer Zeit mehr als 100 000-mal verkauft.

2

Ende Oktober 2014 leitete die [X.] (im Folgenden: [X.]) auf Antrag eines Jugendamtes das [X.] ein. Mit Schreiben vom 2. März 2015 benachrichtigte sie die Vertreiberin und eine Vertriebsgesellschaft, deren Geschäftsführer der Kläger ist, dass das aus zwölf Personen bestehende Gremium der [X.] (im Folgenden: [X.]) in der Sitzung am 9. April 2015 über die Indizierung verhandeln und entscheiden werde. Die [X.] wies darauf hin, dass ihr bürgerliche Namen und Anschriften der Urheber nicht bekannt seien. Sie stellte anheim, diesen das Schreiben zuzuleiten oder die Anschriften mitzuteilen. In der Folgezeit äußerten sich weder der Kläger noch die anderen Mitwirkenden.

3

In der Sitzung vom 9. April 2015 beschloss das [X.], dass das Album "[X.]" in Teil A der [X.] eingetragen wird. In den Gründen des [X.], in denen die 15 Titel des Albums im Wortlaut wiedergegeben sind, heißt es: "[X.]" werde als Gangsterboss dargestellt, vor dem es Angst zu haben gelte, weil er Konflikte ausschließlich durch Gewalt löse. Fast jeder Titel enthalte Schilderungen, wie er aus beliebigen Anlässen offen brutale Gewalt anwende, als Drogendealer oder Waffenhändler tätig sei, ohne dafür belangt zu werden. Auch seien die Texte durchsetzt mit Äußerungen, in denen Frauen und Homosexuelle in vulgärer Sprache herabgewürdigt und verächtlich gemacht würden. "[X.]" sei keine fiktive Figur, weil die geschilderten Erlebnisse zum Teil deutliche [X.]ezüge zum Leben des [X.] aufwiesen. Das Album vermittle die [X.]otschaft, dass ein Lebensstil und ein Selbstverständnis zum Erfolg führten, die sich auf die offene [X.]egehung von Straftaten, hemmungslose Gewalttätigkeit, Demütigungen, Einschüchterungsgebaren und das Fehlen jeglicher Empathie gründeten.

4

Die Texte übten trotz ihres Inszenierungscharakters mit hoher Wahrscheinlichkeit einen schädlichen Einfluss auf hierfür empfängliche Minderjährige aus. Gefährdet seien insbesondere Jugendliche, die in einem Umfeld lebten, in dem patriarchalische Verhältnisse und homophobe Einstellungen vorherrschten. Wissenschaftliche Studien bestätigten die Annahme, dass diese Jugendlichen die gewalttätige und vulgär diskriminierende Sprache des Albums in ihren Wortschatz übernähmen und sich darüber hinaus an dem Verhalten von "[X.]" orientierten. Die Abwägung ergebe, dass der Jugendschutz der Kunstfreiheit vorgehe. Das Album stelle Unterhaltung dar; ein besonderer künstlerischer Anspruch sei nicht zu erkennen. Anhaltspunkte für eine wie auch immer geartete Distanzierung von den Gewaltdarstellungen und [X.]eleidigungen gebe es nicht; ein sozialkritischer [X.]ezug fehle. Die Indizierungsentscheidung wurde im [X.]undesanzeiger vom 30. April 2015 bekannt gemacht.

5

Der Antrag des [X.] auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes ist in beiden verwaltungsgerichtlichen Instanzen erfolglos geblieben. Im Klageverfahren hat das Verwaltungsgericht die neben dem Kläger mitwirkenden Texter und Komponisten beigeladen, nachdem es deren bürgerliche Namen und Anschriften bei der [X.] erfragt hatte. Die [X.]eigeladenen haben auf den gerichtlichen Hinweis, sie könnten Stellungnahmen zu ihren künstlerischen [X.]eiträgen abgeben, nicht reagiert. Der Kläger hat im Klageverfahren ein Gutachten eines Literaturwissenschaftlers zum künstlerischen Gehalt des Albums sowie die Niederschrift eines dem Gutachten zugrunde liegenden Gesprächs mit dem Gutachter vorgelegt. Der Gutachter hat den Texten vor allem wegen der sprachlichen Gestaltung einen gesteigerten künstlerischen Wert attestiert. Der Kläger habe in den Texten mit verschiedenen Stilmitteln eine Kunstwelt "[X.]" geschaffen, die keinen [X.]ezug zu seiner Person aufweise. Die an das Leben des [X.] anknüpfenden Passagen würden durch Sprachform und Stil der Texte überformt und gebrochen. Den Texten sei Originalität, spielerischer Drang und Sprachmächtigkeit zuzubilligen.

6

Das Verwaltungsgericht hat die Anfechtungsklage abgewiesen. In den Urteilsgründen heißt es, die Verwaltungsgerichte hätten [X.] auch in [X.]ezug auf die abschließende Entscheidung über den Vorrang von Jugendschutz oder Kunstfreiheit uneingeschränkt nachzuprüfen. Da die Gerichte mitwirkende Künstler selbst anhören müssten, um das abwägungsrelevante Gewicht der Kunstfreiheit zu bestimmen, könne die Aufhebung von [X.] nicht auf ein Anhörungsdefizit im behördlichen [X.] gestützt werden. Das [X.] der [X.] habe das Album "[X.]" zu Recht als jugendgefährdend eingestuft. Die Abwägung ergebe den Vorrang des Jugendschutzes vor der Kunstfreiheit. Das vom Kläger vorgelegte Gutachten sei nicht geeignet, die Feststellungen und Wertungen des [X.]s in Frage zu stellen. Aus den Angaben des [X.] gegenüber dem Gutachter gehe hervor, dass er mit dem Album keine über Unterhaltung hinausgehende künstlerische Wirkungsabsicht verfolgt habe. Es sei nicht erkennbar, dass der Kläger die durchgehend [X.] als Stilmittel eines künstlerischen Konzepts eingesetzt habe. Die Darstellung eines unangreifbaren Gangsterbosses, der tue und lasse, was er wolle, erfordere die Herabwürdigung und Diskriminierung von Frauen und Homosexuellen nicht.

7

Gegen dieses Urteil hat der Kläger [X.]erufung eingelegt. Die [X.]eigeladenen haben sich auch im [X.]erufungsverfahren nicht geäußert. Das Oberverwaltungsgericht hat das erstinstanzliche Urteil geändert und die Indizierungsentscheidung aufgehoben. In den Gründen des [X.]erufungsurteils heißt es: Zwar unterlägen die [X.]eurteilung der Kunsteigenschaft und des künstlerischen Gehalts eines Werks sowie des von ihm ausgehenden jugendgefährdenden Einflusses der uneingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung. Jedoch verbleibe dem [X.] ein [X.]eurteilungsspielraum für die abschließende Entscheidung über den Vorrang von Jugendschutz oder Kunstfreiheit. Dies folge aus der gesetzlich vorgeschriebenen personellen Zusammensetzung des Gremiums, die eine sachverständige, pluralistische und unabhängige Meinungsbildung gewährleisten solle. Daher könnten die Verwaltungsgerichte keine eigene Vorrangentscheidung treffen. Die Indizierung des Albums sei rechtswidrig, weil die Vorrangentscheidung des [X.]s auf einer unzureichenden Gewichtung der Kunstfreiheit beruhe. Dies folge daraus, dass den [X.]eigeladenen vor der Indizierung keine Gelegenheit gegeben worden sei, sich zu ihren künstlerischen [X.]eiträgen zu äußern. Die [X.] habe weder deren bürgerliche Namen und Anschriften durch eine Nachfrage bei der [X.] in Erfahrung gebracht noch habe sie die Vertreiberin des Albums oder den Kläger unmissverständlich aufgefordert, ihr diese Daten mitzuteilen.

8

Mit der Revision wendet sich die [X.]eklagte gegen die Rechtsauffassung des [X.], dem [X.] stehe ein [X.]eurteilungsspielraum zu. Es gebe keinen tragfähigen Grund, der Einschränkungen der gerichtlichen Nachprüfung rechtfertigen könne. Die pluralistische Zusammensetzung des [X.]s solle ermöglichen, die abwägungsrelevanten [X.]elange ohne Einschaltung externer Sachverständiger zu erkennen und zu gewichten. Die [X.] der Mitglieder des Gremiums solle verhindern, dass dessen Entscheidungen politisch instrumentalisiert werden. [X.]eide Erwägungen zielten nicht darauf ab, die Letztentscheidungsbefugnis der Gerichte einzuschränken. Daher seien Abwägungsfehler des [X.]s für die gerichtliche Entscheidung unerheblich. Die Voraussetzungen einer Indizierung lägen jedenfalls deshalb vor, weil die Texte des Albums "[X.]" den sozial-ethischen Mindeststandard unterschritten, der zum Schutz der Persönlichkeitsentwicklung von Minderjährigen unverzichtbar sei.

9

Der Kläger hält das [X.]erufungsurteil jedenfalls im Ergebnis für richtig, weil die Indizierungsentscheidung rechtswidrig sei. Die Indizierung von Trägermedien wie [X.]s sei als Mittel des Jugendschutzes ungeeignet, weil sich Minderjährige indizierte Werke im [X.] beschaffen könnten. Das [X.] habe sich nicht damit befasst, dass die gesellschaftlichen Reizschwellen für schädliche Einflüsse in Zeiten des freien [X.]zugangs abgesenkt seien. Nach wie vor sei die jugendgefährdende Wirkung von Rapmusik nicht nachgewiesen. Im vorliegenden Fall sei das Gewicht des Jugendschutzes stark vermindert gewesen, weil die [X.] erst rund zehn Monate nach der Veröffentlichung des Albums und dem Verkauf von mehr als 100 000 [X.]s tätig geworden sei. Das [X.] habe das Album nicht werkgerecht interpretiert, weil es die Musik nicht berücksichtigt habe. Aus dem vom Kläger vorgelegten Gutachten ergebe sich, dass das [X.] den künstlerischen Gehalt des Albums verkannt habe.

Die [X.]eklagte tritt diesem Vortrag des [X.] entgegen. Der Vertreter des [X.]undesinteresses beim [X.]undesverwaltungsgericht macht geltend, da der zügigen Durchführung des [X.]s herausragende [X.]edeutung zukomme, habe sich die [X.] darauf beschränken können, den Kläger als den hauptsächlichen Urheber des Albums anzuhören. [X.] hätten nach wie vor große [X.]edeutung für den Jugendschutz. Dies folge bereits aus dem umfassenden Verbot, für indizierte Werke zu werben. Nicht zuletzt stellten sie eine wichtige Orientierungshilfe für Jugendbehörden, Träger der Jugendhilfe, Eltern und Erzieher dar.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der [X.]eklagten hat Erfolg. Das [X.]erufungsurteil verletzt [X.]undesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die tragende Erwägung des [X.], dem [X.] der [X.] ([X.]) stehe bei Entscheidungen über die Indizierung von Kunstwerken ein gerichtlich nur eingeschränkt nachprüfbarer [X.]eurteilungsspielraum für die Entscheidung über den Vorrang von Jugendschutz oder Kunstfreiheit zu, ist mit der Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht vereinbar (1.). Da die Verwaltungsgerichte [X.] uneingeschränkt nachzuprüfen haben, kann die Aufhebung des angefochtenen [X.] vom 9. April 2015 nicht darauf gestützt werden, dass die [X.]emühungen der [X.] zur notwendigen Anhörung der [X.]eigeladenen unzulänglich waren (2.). Das [X.]erufungsurteil stellt sich nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der angefochtene Indizierungsbescheid erweist sich als rechtmäßig: Die Indizierung von Kunstwerken nach Maßgabe des § 18 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 3 Nr. 2 des Jugendschutzgesetzes vom 23. Juli 2002 - [X.] - ([X.] I S. 2730) mit den daran anknüpfenden gesetzlichen [X.] steht nach wie vor mit dem Grundgesetz in Einklang. Von dem indizierten Album gehen jugendgefährdende Wirkungen nach § 18 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] aus, die es rechtfertigen, dem Jugendschutz Vorrang vor der Kunstfreiheit einzuräumen (3.).

1. a) Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG vermittelt ein subjektives Recht, das die Anrufung der Gerichte zur Durchsetzung materieller Rechtspositionen des Einzelnen gegen die vollziehende Gewalt gewährleistet. Die Vorschrift stellt eine Grundsatznorm für die gesamte Rechtsordnung dar, die Art und Umfang der gerichtlichen Rechtskontrolle festlegt und dadurch die Geltung des Rechts sichert (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 23. Juni 1981 - 2 [X.]vR 1107/77, 1124/77 und 195/79 - [X.]E 58, 1 <40>; Schenke, in: [X.] Kommentar, Grundgesetz, Stand September 2019, Art. 19 Abs. 4 Rn. 24; [X.], in: [X.]/[X.], Grundgesetz, 15. Aufl. 2018, Art. 19 Rn. 32). Der von Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG geforderte wirkungsvolle Rechtsschutz verlangt, dass die Gerichte Verwaltungsentscheidungen in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht uneingeschränkt nachprüfen. Die Gerichte haben die nach ihrer Rechtsauffassung im konkreten Fall entscheidungserheblichen Rechtsnormen und Rechtsgrundsätze ohne [X.]indung an die Rechtsauffassung der Verwaltung auszulegen und anzuwenden. Hierfür haben sie den nach ihrem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblichen Sachverhalt selbst erschöpfend aufzuklären und die [X.]eweise zu würdigen (stRspr; vgl. [X.], [X.]eschluss vom 13. Juni 1979 - 1 [X.]vR 699/77 - [X.]E 51, 268 <284>, Urteil vom 20. Februar 2001 - 2 [X.]vR 1444/00 - [X.]E 103, 142 <156 f.>, [X.]eschluss vom 31. Mai 2011 - 1 [X.]vR 857/07 - [X.]E 129, 1 <20 ff.>; [X.]VerwG, Urteile vom 24. November 2010 - 6 [X.] 16.09 - [X.]VerwGE 138, 186 Rn. 42 und vom 17. August 2016 - 6 [X.] 50.15 [[X.]:[X.]:[X.]] - [X.]VerwGE 156, 75 Rn. 32).

Demgegenüber sind [X.]eurteilungsspielräume dadurch gekennzeichnet, dass sie die letztverbindliche Auslegung von Rechtsnormen und die darauf beruhende Rechtsanwendung der Verwaltung zuweisen. Ist eine Verwaltungsentscheidung auf die Wahrnehmung eines [X.] gestützt, dürfen die Gerichte bei deren Nachprüfung ihr Normverständnis nicht an die Stelle desjenigen der Verwaltung setzen. Vielmehr sind sie darauf beschränkt nachzuprüfen, ob die Verwaltung bei ihrer Normauslegung von einem richtigen Verständnis des anzuwendenden [X.]egriffs ausgegangen und nicht von gesetzlichen oder allgemein gültigen Wertungsmaßstäben wie dem Willkürverbot abgewichen ist. In tatsächlicher Hinsicht sind die Verwaltungsgerichte befugt zu prüfen, ob die Verwaltung den ihrer Rechtsanwendung zugrunde liegenden erheblichen Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt und die verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorgaben eingehalten hat (stRspr; vgl. [X.]VerwG, Urteile vom 14. Oktober 2015 - 6 [X.] 17.14 [[X.]:[X.]:[X.]VerwG:2015:141015U6[X.]17.14.0] - [X.]VerwGE 153, 129 Rn. 33 und vom 17. August 2016 - 6 [X.] 50.15 - [X.]VerwGE 156, 75 Rn. 24).

Dementsprechend beeinträchtigen [X.]eurteilungsspielräume das in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG verankerte Gebot, wirkungsvollen, d.h. in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht nicht eingeschränkten Rechtsschutz durch Gerichte zu gewähren. Dies kann nur hingenommen werden, wenn der jeweilige [X.]eurteilungsspielraum im Gesetz angelegt ist, d.h. sich durch dessen Auslegung ermitteln lässt, die dadurch bewirkte gesetzliche Einschränkung des gerichtlichen Rechtsschutzes durch einen gewichtigen sachlichen Grund gerechtfertigt ist und den Gerichten die Möglichkeit einer substanziellen Kontrolle des Verwaltungshandelns verbleibt (stRspr; vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 17. April 1991 - 1 [X.]vR 419/81 und 213/83 - [X.]E 84, 34 <49 f.> und vom 31. Mai 2011 - 1 [X.]vR 857/07 - [X.]E 129, 1 <22 ff.>; [X.]VerwG, Urteil vom 17. August 2016 - 6 [X.] 50.15 - [X.]VerwGE 156, 75 Rn. 32).

Die Annahme eines [X.] ist vor allem dann berechtigt, wenn das gesetzlich vorgegebene [X.] vage ist und sich seine fallbezogene Anwendung als besonders schwierig erweist, weil eine Vielzahl von [X.]ewertungsfaktoren ermittelt, gewichtet und in ein Verhältnis zueinander gesetzt werden müssen, wofür zudem schwer kalkulierbare Prognosen angestellt werden müssen (stRspr; vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 17. April 1991 - 1 [X.]vR 419/81, 1 [X.]vR 213/83 - [X.]E 84, 34 <49 f.> und vom 31. Mai 2011 - 1 [X.]vR 857/07 - [X.]E 129, 1 <22 f.>).

b) Die Indizierung eines Träger- oder Telemediums, das Kunst enthält, mit der Folge, dass seine Verbreitung aus Gründen des Jugendschutzes erheblich eingeschränkt wird, hängt von zwei Voraussetzungen ab: Zunächst müssen von dem Werk jugendgefährdende Wirkungen im Sinne von § 18 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] ausgehen. Ist dies der Fall, muss eine Abwägung der widerstreitenden [X.]elange Jugendschutz und Kunstfreiheit den Vorrang des Jugendschutzes ergeben (vgl. unter 3.). Nach der Rechtsprechung des [X.] unterliegen sowohl die [X.]eurteilung des jugendgefährdenden [X.]harakters eines Werks als auch die [X.]eurteilung seiner Eigenschaft als Kunst und des künstlerischen Gehalts der [X.] der Verwaltungsgerichte. Diese müssen sich Gewissheit über den schädigenden Einfluss des Kunstwerks und die [X.]edeutung der inkriminierten Werkteile für das künstlerische Konzept verschaffen ([X.], [X.]eschluss vom 27. November 1990 - 1 [X.]vR 402/87 - [X.]E 83, 130 <138 ff.> "[X.]"). Daran sind die Fachgerichte nach § 31 Abs. 1 [X.]G gebunden.

Daher ist es Aufgabe der Verwaltungsgerichte, die gesetzlichen [X.]egriffe "Eignung zur Gefährdung der Persönlichkeitsentwicklung oder Erziehung Minderjähriger" im Sinne von § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] und die diese Gefährdung konkretisierenden [X.]egriffe nach § 18 Abs. 1 Satz 2 [X.] auszulegen und anzuwenden sowie den für die Rechtsanwendung erheblichen Sachverhalt selbst erschöpfend aufzuklären. Im Rahmen der Abwägung müssen die Verwaltungsgerichte auf der Grundlage eines richtig und vollständig ermittelten Sachverhalts das Gewicht der widerstreitenden [X.]elange Jugendschutz und Kunst bestimmen. Die abschließende Abwägungsentscheidung, ob Jugendschutz oder Kunstfreiheit in Anbetracht des ihnen objektiv zukommenden Gewichts Vorrang einzuräumen ist, hat das [X.] bislang dem [X.] der [X.] vorbehalten. Danach ist es den Verwaltungsgerichten verwehrt gewesen, eine eigene Vorrangentscheidung zu treffen. Sie hatten lediglich nachzuprüfen, ob das Abwägungsergebnis des [X.]s die Grenzen des [X.] überschreitet ([X.]VerwG, Urteile vom 26. November 1992 - 7 [X.] 20.92 - [X.]VerwGE 91, 211 <215 ff.> und vom 28. August 1996 - 6 [X.] 15.94 - [X.] 436.52 § 1 GjS Nr. 20 S. 2 ff.).

An dieser Rechtsprechung hält der [X.] nicht fest. Auf der Grundlage der bindenden Aussagen des [X.] zur Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG in der Entscheidung "[X.]" kann nicht mehr überzeugend begründet werden, dass die Verwaltungsgerichte zwar die jugendgefährdenden Wirkungen eines Kunstwerks nach § 18 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] und im Rahmen der Abwägung das Gewicht der [X.]elange Jugendschutz und Kunst letztverbindlich bestimmen, die [X.] für die abschließende Vorrangentscheidung aber dem [X.] der [X.] vorbehalten sein soll.

Der [X.] vermag hierfür keinen tragfähigen Grund zu erkennen, der bei dieser Ausgangslage die Annahme eines [X.] des [X.]s für den durch die Gewichtung der widerstreitenden [X.]elange vorgezeichneten Schlussakt der Vorrangentscheidung rechtfertigen könnte. Aufgrund der den Verwaltungsgerichten obliegenden Aufgabe, die zur Vorbereitung dieser Entscheidung erforderlichen Feststellungen und Wertungen zu Jugendgefährdung und Kunst eigenverantwortlich zu treffen, erweist sich die Entscheidung für sich genommen jedenfalls als nicht übermäßig schwierig. Die durch § 19 Abs. 2 bis Abs. 6 [X.] vorgegebene besondere Ausstattung des entscheidungszuständigen [X.]s der [X.], d.h. seine pluralistische, für eine besondere Sachkunde Gewähr bietende [X.]esetzung, die Weisungsunabhängigkeit der Mitglieder und die Notwendigkeit einer qualifizierten Mehrheit für die Indizierung, reicht für sich genommen im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht aus, um dem Gremium einen [X.]eurteilungsspielraum zuzuerkennen (vgl. [X.]VerwG, Urteile vom 24. November 2010 - 6 [X.] 16.09 - [X.]VerwGE 138, 186 Rn. 42 und vom 14. Oktober 2015 - 6 [X.] 17.14 - [X.]VerwGE 153, 129 Rn. 37).

2. Haben die Verwaltungsgerichte [X.] des [X.]s in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht uneingeschränkt nachzuprüfen, dürfen sie eine solche Entscheidung nicht schon deshalb aufheben, weil die [X.] der Indizierung einen unvollständig und deshalb rechtsfehlerhaft festgestellten Sachverhalt zugrunde gelegt hat. Vielmehr müssen die Verwaltungsgerichte die aus ihrer Sicht zu Unrecht unterbliebenen Aufklärungsmaßnahmen selbst vornehmen. Hierzu gehören auch die der [X.] obliegenden, aber versäumten Schritte zur Ermittlung der bürgerlichen Namen und der Anschriften derjenigen Kunstschaffenden, die nach § 21 Abs. 7 [X.] i.V.m. Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG anzuhören sind. Nur auf diese Weise können die Verwaltungsgerichte das Gewicht des [X.]elangs Kunst erschöpfend bestimmen, was wiederum Voraussetzung für eine rechtsfehlerfreie Abwägung zwischen Jugendschutz und Kunst ist (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 18. Februar 1998 - 6 [X.] 9.97 - [X.] 436.52 § 1 [X.] S. 10 f.).

Ergänzend weist der [X.] darauf hin, dass das Oberverwaltungsgericht die [X.]emühungen der [X.] zur Anhörung der [X.]eigeladenen im Ergebnis zu Recht beanstandet hat: Das Oberverwaltungsgericht ist zutreffend von einer Pflicht der [X.] zur Anhörung der [X.]eigeladenen als Mitschöpfer von Teilen der Texte und Musik des Albums "[X.]..." im Verwaltungsverfahren ausgegangen. Nach § 21 Abs. 7 [X.] ist den Urhebern Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Diese Vorschrift dient der Wahrung der Interessen der Urheber, die sich in [X.]ezug auf ihre Mitwirkung auf die Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG berufen können. Urheber ist der Schöpfer des Werks (§ 7 des Urheberrechtsgesetzes - [X.] -). Der urheberrechtliche Schutz für einzelne Werke gilt der persönlichen geistigen Schöpfung (§ 2 Abs. 2 [X.]; vgl. [X.]GH, Versäumnisurteil vom 28. November 2002 - [X.]/00 - [X.]GHZ 153, 69 <80 f.>). Haben mehrere ein Werk gemeinsam geschaffen, ohne dass sich ihre Anteile gesondert verwerten lassen, sind sie dessen Miturheber (§ 8 [X.]). Nach § 10 Abs. 1 [X.] wird, wer auf den Vervielfältigungsstücken eines erschienenen Werks in der üblichen Weise als Urheber bezeichnet wird, bis zum [X.]eweis des Gegenteils als Urheber angesehen; dies gilt auch für eine [X.]ezeichnung, die als Decknamen oder Künstlerzeichen des Urhebers bekannt ist. [X.]ei Liedern ist maßgebend, wer als Urheber von Text und Musik angegeben ist, und zwar bei [X.] in der Regel im sog. [X.]ooklet [X.], in: Dreier/[X.], Urheberrechtsgesetz, 6. Aufl. 2018, § 10 Rn. 10 f.). Danach waren die [X.]eigeladenen nach § 21 Abs. 7 [X.] von der [X.] anzuhören. Ihre Anhörung war auch erforderlich, weil ihre Stellungnahmen bei der [X.]estimmung des Gewichts des [X.]elangs Kunst im Rahmen der Abwägung mit dem Jugendschutz hätten berücksichtigt werden müssen ([X.]VerwG, Urteil vom 18. Februar 1998 - 6 [X.] 9.97 - [X.] 436.52 § 1 [X.] S. 10 f.).

Sind der [X.] die bürgerlichen Namen und Anschriften der überschaubaren Anzahl von Urhebern nicht bekannt, muss sie einfach gelagerte und erfolgversprechende Aufklärungsmaßnahmen ergreifen, um ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Dies folgt aus der [X.]edeutung der Anhörung für die Gewichtung der Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG in der Abwägung mit dem Jugendschutz. In der Regel bietet sich an, dass sich die [X.] bei der Vertreiberin des zur Indizierung anstehenden Mediums und bei der [X.] nach Namen und Anschriften erkundigt. Die Nachfragen dürfen inhaltlich keinen Zweifel daran lassen, dass die [X.] die Daten für die Indizierungsentscheidung, d.h. für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben, benötigt. Sie dürfen nur für diesen konkreten Zweck verwendet werden. Dem [X.]eschleunigungsgebot kann die [X.] dadurch Rechnung tragen, dass sie den Adressaten verfahrensangemessene Fristen für die [X.]eantwortung setzt. Die [X.] darf auf diese Nachfragen nur verzichten, wenn die Indizierung keinen weiteren Aufschub duldet. Soweit die Ausführungen in dem Urteil des [X.]s vom 18. Februar 1998 - 6 [X.] 9.97 - ([X.] 436.52 § 1 [X.]) dem entgegenstehen, hält der [X.] daran nicht fest. Entsprechende Aufklärungspflichten treffen die Verwaltungsgerichte, falls die [X.] die Anhörung nicht oder unzulänglich durchgeführt hat.

3. Das [X.]erufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen als den vom Oberverwaltungsgericht angeführten Gründen als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Die rechtlichen Vorgaben der Indizierungsentscheidung sind mit höherrangigem Recht vereinbar. Auf ihrer Grundlage ist auf die Revision das die Klage abweisende erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen, weil die angefochtene Entscheidung der [X.], das Album "[X.]..." in Teil A der Liste jugendgefährdender Medien aufzunehmen, rechtmäßig ist. Zum einen erfüllt das Album die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Jugendgefährdung im Sinne von § 18 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.]. Zum anderen ist dem berechtigten Interesse an der Indizierung aus Gründen des Jugendschutzes der Vorrang vor dem durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten Interesse des [X.] an der uneingeschränkten Verbreitung des Albums einzuräumen. Die Kunstfreiheit rechtfertigt nicht, Minderjährigen das Album trotz seiner nachteiligen Auswirkungen auf deren Persönlichkeitsentwicklung ungehindert zugänglich zu machen.

a) Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] sind Träger- und Telemedien, die die gesetzlichen Voraussetzungen einer Jugendgefährdung erfüllen, von der [X.] in eine Liste jugendgefährdender Medien aufzunehmen. [X.] sind Trägermedien, weil es sich um Gegenstände handelt, die zur unmittelbaren Wahrnehmung von Texten und Tönen bestimmt sind (§ 1 Abs. 2 Satz 1 [X.]). Über die Aufnahme entscheidet die [X.] in der Regel, so auch im vorliegenden Fall, in der [X.]esetzung von zwölf Mitgliedern, nämlich der vom zuständigen [X.]undesministerium ernannten Vorsitzenden, drei [X.]eisitzern aus den Reihen der von den Landesregierungen ernannten Mitgliedern sowie acht weiteren Mitgliedern, die jeweils auf Vorschlag einer der gesetzlich genannten Gruppen aus den [X.]ereichen Kunst, Literatur, [X.]uchhandel und Verlegerschaft, Anbieter von [X.]ildträgern und Telemedien, freie und öffentliche Jugendhilfe, Lehrerschaft und Religionsgemeinschaften ernannt worden sind ([X.]; vgl. § 17 Abs. 2, § 19 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 und 2 und § 20 [X.]). Die Mitglieder des [X.]s sind an Weisungen nicht gebunden (§ 19 Abs. 4 [X.]). Die [X.]eschlussfähigkeit erfordert eine [X.]esetzung von mindestens neun Mitgliedern, davon mindestens zwei aus den vier zuerst genannten Gruppen (§ 19 Abs. 5 Satz 2 [X.]). Die Aufnahme eines Mediums in die [X.] bedarf einer Mehrheit von acht, bei unvollständiger [X.]esetzung von sieben Mitgliedern (§ 19 Abs. 6 Satz 1 und 2 [X.]).

Die Liste wird in vier Teilen geführt, wobei Trägermedien wie die vorliegende [X.] regelmäßig in Teil A aufzunehmen sind (§ 18 Abs. 2 Nr. 1 [X.]). Mit der [X.]ekanntmachung seiner Aufnahme in Teil A der Liste unterliegt das indizierte Medium unmittelbar kraft Gesetzes [X.] (§ 15 Abs. 1, § 24 Abs. 3 Satz 1 [X.]). Es haben die gesetzlich beschriebenen Handlungen zu unterbleiben, denen gemeinsam ist, dass sie geeignet sind, das indizierte Medium Kindern oder Jugendlichen zugänglich zu machen (§ 15 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 [X.]). Verstöße gegen diese Verbote sind strafbar (§ 27 Abs. 1 Nr. 1 und 2 [X.]); dies gilt für die personensorgeberechtigten Personen nur, sofern sie ihre [X.] gröblich verletzen (sog. Erzieherprivileg, § 27 Abs. 4 Satz 2 [X.]).

b) Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] ist Gegenstand der Indizierung und damit eines daran anknüpfenden [X.] das Träger- oder Telemedium. Dies entspricht dem Zweck des Jugendschutzes, Minderjährigen im Rahmen des Möglichen den Zugang zu jugendgefährdenden Medien zu verwehren. Das Medium wird als untrennbare Einheit verbreitet und beworben, wenn es verschiedene eigenständige Werke enthält (vgl. [X.], [X.] vom 10. September 2007 - 1 [X.]vR 1584/07 - NVwZ-RR 2008, 29 <30>; [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl. 2011, § 18 [X.] Rn. 14).

Nach § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] setzt die Aufnahme eines Mediums in die Liste jugendgefährdender Medien voraus, dass es geeignet ist, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu gefährden. Nach Satz 2 erster Halbsatz des § 18 Abs. 1 [X.] zählen dazu unsittliche, verrohend wirkende, zu Gewalttätigkeit oder Verbrechen anreizende Medien.

Für die Auslegung dieser [X.]estimmungen ist der Zweck des Jugendschutzes maßgebend. Ausgehend von der Annahme, dass Kinder und Jugendliche, d.h. Personen unter 18 Jahren (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 und 2 [X.]), in ihrem Verhältnis zur Gemeinschaft und zur Rechtsordnung altersbedingt noch nicht gefestigt sind, sollen Regelungen des Jugendschutzes Gefährdungen der Persönlichkeitsentwicklung entgegenwirken. Sie sollen im Rahmen des Möglichen äußere [X.]edingungen für eine charakterliche Entwicklung von Minderjährigen schaffen, die zu Einstellungen und Verhaltensweisen führt, die sich an dem Menschenbild des Grundgesetzes orientieren. Dieses Ziel wird durch Medien gefährdet, die ein damit in Widerspruch stehendes Wertebild vermitteln, wenn zu besorgen ist, dass diese Medieninhalte Minderjährige beeinflussen, d.h. ihrer sozial-ethischen Desorientierung Vorschub leisten.

Nach dem Wortlaut des § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] reicht die Eignung des Träger- oder Telemediums zu einer derart bestimmten Jugendgefährdung aus. Sie ist anzunehmen, wenn die Inhalte des Mediums oder die Art und Weise seiner Darstellungen von dem Wertebild des Grundgesetzes derart abweichen, dass [X.]eeinträchtigungen der Persönlichkeitsentwicklung hierfür empfänglicher Minderjähriger ernsthaft möglich erscheinen. Es muss gute Gründe für die Einschätzung geben, dass diese Minderjährigen Einstellungen und Verhaltensweisen entwickeln, die auch auf den sozial-ethisch desorientierenden Inhalt des Mediums zurückzuführen sind. Ob ein derartiger Wirkungszusammenhang nahe liegt, ist auf der Grundlage der aktuellen gesellschaftlichen Verhältnisse zu beurteilen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die erforderlichen Wertungen nicht auf gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse über die Wirkungsmacht von Medien, insbesondere von Schriften, gestützt werden können; die bestehenden Ungewissheiten nimmt der [X.]undesgesetzgeber hin (stRspr; vgl. [X.], [X.]eschlüsse vom 23. März 1971 - 1 [X.]vL 25/61 und 3/62 - [X.]E 30, 336 <347 f.>, vom 27. November 1990 - 1 [X.]vR 402/87 - [X.]E 83, 130 <140 f.> und vom 11. Januar 1994 - 1 [X.]vR 434/87 - [X.]E 90, 1 <19>; [X.] vom 10. September 2007 - 1 [X.]vR 1584/07 - NVwZ-RR 2008, 29 <30>; [X.]VerwG, Urteile vom 16. Dezember 1971 - 1 [X.] 31.68 - [X.]VerwGE 39, 197 <205>, vom 3. März 1987 - 1 [X.] 16.86 - [X.]VerwGE 77, 75 <82> und vom 31. Mai 2017 - 6 [X.] 10.15 [[X.]:[X.]:[X.]VerwG:2017:310517U6[X.]10.15.0] - [X.]VerwGE 159, 49 Rn. 38; zum Ganzen [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl. 2011, § 18 [X.] Rn. 6 ff.; Roll, in: [X.] u.a., [X.], 3. Aufl. 2011, § 18 [X.] Rn. 4).

Ob ein Träger- oder Telemedium die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] erfüllt, bemisst sich nach dem Maßstab gefährdungsgeneigter, weil für die Inhalte des Mediums empfänglicher Minderjähriger. Dies sind Personen unter 18 Jahren, die aufgrund von Veranlagung, Geschlecht, Erziehung oder ihrer Lebensumstände Gefahr laufen, durch die inkriminierten Inhalte in sozial-ethische Verwirrung gestürzt zu werden. Die Gefährdungsneigung kann sich aus dem Heranwachsen in einem [X.] Milieu ergeben, das durch bestimmte Lebensverhältnisse oder Anschauungen charakterisiert ist. Andere Minderjährige bleiben bei der [X.]eurteilung der jugendgefährdenden Wirkungen außer [X.]etracht (stRspr; vgl. [X.]VerwG, Urteile vom 16. Dezember 1971 - 1 [X.] 31.68 - [X.]VerwGE 39, 197 <205> und vom 31. Mai 2017 - 6 [X.] 10.15 - [X.]VerwGE 159, 49 Rn. 40; [X.]/[X.], [X.], 5. Aufl. 2011, § 18 [X.] Rn. 17 ff.; Roll, in: [X.] u.a., [X.], 3. Aufl. 2011, § 18 [X.] Rn. 4).

Die Voraussetzungen für die Eignung eines Mediums zur sozial-ethischen Desorientierung gefährdungsgeneigter Minderjähriger werden durch die Regelbeispiele des § 18 Abs. 1 Satz 2 [X.] verdeutlicht. Von einem Medium geht eine verrohende Wirkung aus, wenn es nach Inhalt oder Art der Darstellung geeignet ist, bei solchen Minderjährigen negative Eigenschaften wie Sadismus, Gewalttätigkeit oder Gefühllosigkeit gegenüber anderen zu fördern ([X.]/[X.], [X.], 5. Aufl. 2011, § 18 [X.] Rn. 33 ff.; Roll, in: [X.] u.a., [X.], 3. Aufl. 2011, § 18 [X.] Rn. 5). Ein Medium vermittelt Anreize zu Gewalttätigkeit, wenn Nachahmungseffekte zu befürchten sind, weil sich gefährdungsgeneigte Minderjährige die beschriebenen gewalttätigen Akteure zum Vorbild nehmen. Ein Anreiz zu Verbrechen ist anzunehmen, wenn der Unwert- bzw. Unrechtsgehalt dargestellter krimineller Handlungen nicht hinreichend deutlich wird und eine bejahende Tendenz gegenüber Straftaten zum Ausdruck gebracht wird ([X.]/[X.], [X.], 5. Aufl. 2011, § 18 [X.] Rn. 33 ff.).

Nach alledem macht die Anwendung des § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] drei [X.] erforderlich: Zunächst muss der Aussagegehalt des Mediums bestimmt werden. Dabei muss der gesamte Inhalt der darauf befindlichen Werke, d.h. deren Texte, [X.]ilder, Töne und ihr Zusammenwirken, einbezogen werden. Entscheidend ist eine wertende Gesamtbetrachtung der Inhalte. [X.]esteht das Medium aus mehreren eigenständigen Werken, muss zunächst festgestellt werden, aus welchen Gründen bestimmte Werke oder Passagen eines Werks für sich genommen Inhalte haben, die dem Wertebild des Grundgesetzes eindeutig widersprechen. Im [X.] daran muss beurteilt werden, ob die inkriminierten Werke und Passagen in [X.]ezug auf den Aussagegehalt des gesamten Mediums ins Gewicht fallen. Dies bedeutet, dass eigenständige Werke eines Mediums, die für sich genommen unbedenklich sind, von der Indizierung erfasst werden, wenn von dem Medium nach der wertenden Gesamtbetrachtung jugendgefährdende Wirkungen ausgehen (vgl. [X.], [X.] vom 10. September 2007 - 1 [X.]vR 1584/07 - NVwZ-RR 2008, 29 <30>). Von dem Aussagegehalt eines Mediums können insbesondere dann jugendgefährdende Wirkungen ausgehen, wenn dieses die [X.]otschaft vermittelt, Empathie und Solidarität mit anderen, insbesondere Schwächeren und Angehörigen von Minderheiten, stellen eine hinderliche Schwäche dar, sodass skrupellos kriminelles Verhalten erstrebenswert sei und Personen mit anderen Auffassungen oder Lebensweisen mit Gewalt bekämpft oder verächtlich gemacht werden könnten.

Da diese Interpretationen mit [X.]lick auf die für das Medium empfänglichen Minderjährigen vorgenommen werden müssen, muss dieser Personenkreis bestimmt werden. Um das Gefährdungspotenzial eines abgrenzbaren [X.] Umfelds zu beurteilen, müssen die dort vorherrschenden Anschauungen und Verhaltensweisen, mit denen Minderjährige konfrontiert werden, Personen, die sich als Vorbilder anbieten, und der typische Medienkonsum der Minderjährigen festgestellt werden. Es gilt, typische Lebensumstände festzustellen, die einen im Wesentlichen gleichartigen Rahmen für das alltägliche Leben Minderjähriger bilden und sich von anders gelagerten Lebensumständen deutlich unterscheiden.

Daran schließt sich die [X.]eurteilung an, ob durch das Medium eine sozial-ethische Desorientierung der gefährdungsgeneigten, weil hierfür nach Veranlagung, Geschlecht, Erziehung oder Lebensumständen empfänglichen Minderjährigen begründet oder verfestigt werden kann. Es muss eingeschätzt werden, ob solche Minderjährigen die inkriminierten Inhalte des Mediums ernst nehmen, d.h. ob und inwieweit ihre Einstellungen und Verhaltensweisen davon beeinflusst werden können. Dabei sind die aktuellen Anschauungen zugrunde zu legen, die in dem maßgebenden [X.] Umfeld vorherrschen.

c) Die Erfüllung der Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 [X.] reicht für die Aufnahme eines Träger- oder Telemediums in die Liste jugendgefährdender Medien nicht aus, wenn es sich bei den Inhalten des Mediums um Kunstwerke handelt. Dies kommt in § 18 Abs. 3 Nr. 2 [X.] zum Ausdruck, wonach ein Medium nicht in die Liste aufgenommen werden darf, wenn es der Kunst dient. Maßgebend ist der Kunstbegriff des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Er umfasst die freie schöpferische Gestaltung, durch die Künstler Eindrücke, Erfahrungen oder Erlebnisse durch das Medium einer bestimmten Formensprache zum Ausdruck bringen. [X.] ist die künstlerische [X.]etätigung, d.h. der Schaffensprozess (Werkbereich), sowie die Darstellung und Verbreitung des Kunstwerks ([X.]). Der Grundrechtsschutz gewährleistet die Freiheit der künstlerischen Themenwahl und -gestaltung. Die Kunsteigenschaft eines Werks ist ausschließlich aufgrund der Ausdrucksformen zu beurteilen. Sie ist auch dann gegeben, wenn das Werk in Konflikt mit Rechten anderer oder anderen geschützten Rechtsgütern steht ([X.], [X.]eschlüsse vom 27. November 1990 - 1 [X.]vR 402/87 - [X.]E 83, 130 <138>, vom 13. Juni 2007 - 1 [X.]vR 1783/05 - [X.]E 119, 1 <23> und Urteil vom 31. Mai 2016 - 1 [X.]vR 1585/13 - [X.]E 142, 74 Rn. 90). Träger des Grundrechts sind auch Personen, die fremde Kunstwerke vervielfältigen, veröffentlichen oder auf sonstige Weise verbreiten (Kunstvermittler; vgl. [X.], [X.]eschluss vom 24. Februar 1971 - 1 [X.]vR 435/68 - [X.]E 30, 173 <191>).

Dementsprechend stellen die Verbreitungs- und Werbeverbote, die durch die Aufnahme eines Träger- oder Telemediums in die Liste jugendgefährdender Medien ausgelöst werden, Eingriffe in den [X.] der Kunstfreiheit der Urheber und in die [X.]etätigungsfreiheit der Kunstvermittler dar. Allerdings folgt aus der Kunstfreiheit kein [X.] für jugendgefährdende Medien. Das Grundrecht kann ungeachtet seiner vorbehaltlosen Gewährleistung durch andere grundgesetzlich verankerte Rechtsgüter beschränkt werden. Hierzu gehört der Jugendschutz, wie er unter anderem durch die Indizierungsvoraussetzungen nach Maßgabe des § 18 Abs. 1 [X.] konkretisiert wird. Maßnahmen zum Schutz Minderjähriger vor sozial-ethisch desorientierenden Inhalten haben ihre Grundlage in dem Grundrecht auf Entfaltung der Persönlichkeit nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG. Darüber hinaus sollen sie Eltern und andere Personensorgeberechtigte von Minderjährigen bei der Wahrnehmung ihres [X.] unterstützen ([X.], [X.]eschluss vom 27. November 1990 - 1 [X.]vR 402/87 - [X.]E 83, 130 <139 f.>).

Der Konflikt zwischen den grundgesetzlich geschützten Rechtsgütern Jugendschutz und Kunstfreiheit erfordert eine Abwägung, von deren Ergebnis die Aufnahme eines Träger- oder Telemediums in die Liste jugendgefährdender Medien abhängt. Es kommt darauf an, ob es die Kunstfreiheit aufgrund des Gehalts und der [X.]edeutung der Kunstwerke des Mediums rechtfertigt, seine ungehinderte Verbreitung trotz der jugendgefährdenden Wirkungen der Kunst zuzulassen. Hierfür sind alle tatsächlichen Umstände zu ermitteln, die von [X.]edeutung sind, um das beiden Rechtsgütern im jeweiligen Einzelfall objektiv zukommende Gewicht bestimmen zu können. Die rechtsfehlerfreie Entscheidung über den Vorrang setzt die Gewichtung auf der Grundlage eines richtig und vollständig ermittelten Sachverhalts voraus ([X.], [X.]eschluss vom 27. November 1990 - 1 [X.]vR 402/87 - [X.]E 83, 130 <143>; [X.]VerwG, Urteile vom 26. November 1992 - 7 [X.] 20.92 - [X.]VerwGE 91, 211 <215 f.>, vom 28. August 1996 - 6 [X.] 15.94 - [X.] 436.52 § 1 GjS Nr. 20 S. 4 f. und vom 18. Februar 1998 - 6 [X.] 9.97 - [X.] 436.52 § 1 [X.] S. 11).

Die Feststellung und Gewichtung der jugendgefährdenden Wirkungen von Kunstwerken wird durch das dargestellte Regelungskonzept des § 18 Abs. 1 [X.] vorgegeben. Zur Gewichtung der Kunstfreiheit ist es erforderlich, den künstlerischen Gehalt des Werks zu bestimmen. Die damit notwendigerweise verbundene [X.]ewertung künstlerischer Gestaltungs- und Ausdrucksformen ist unverzichtbar, um den in Konflikt stehenden grundgesetzlich geschützten Rechtsgütern gleichermaßen gerecht zu werden ([X.], [X.] vom 28. Januar 2019 - 1 [X.]vR 1738/16 - NJW 2019, 1277 Rn. 19). Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Kunstfreiheit auch die Wahl jugendgefährdender, insbesondere Gewalt und Diskriminierung umfassender Themen sowie deren [X.]e- und Verarbeitung nach der vom Künstler gewählten Darstellungsart umfasst. Für das Gewicht der Kunstfreiheit ist von [X.]edeutung, ob die jugendgefährdenden Inhalte [X.]estandteil der intendierten Wirkungsweise des Kunstwerks sind. Hierfür muss festgestellt und bewertet werden, ob sie mit Mitteln der schöpferischen Gestaltung ausgeformt und in die Gesamtkonzeption des Kunstwerks eingebettet sind. Künstler müssen derartige Ausdrucksformen als künstlerische Stilmittel einsetzen, um eine bestimmte Aussage zu treffen oder einen Schluss nahe zu legen ([X.], [X.]eschluss vom 27. November 1990 - 1 [X.]vR 402/87 - [X.]E 83, 130 <147 f.>; [X.]VerwG, Urteil vom 28. August 1996 - 6 [X.] 15.94 - [X.] 436.52 § 1 GjS Nr. 20 S. 4 f.).

d) Mit dem dargestellten Inhalt gewährleisten die gesetzlichen Regelungen über die Indizierung von Kunstwerken nach § 18 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 3 Nr. 2 [X.] einen angemessenen Ausgleich von Jugendschutz und Kunstfreiheit. Daher verstoßen die an die Indizierung anknüpfenden Verbreitungs- und Werbeverbote nach § 15 [X.] nicht gegen das Grundrecht der Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Sie sind nach wie vor geeignet und erforderlich, um Gefährdungen der Entwicklung von Minderjährigen zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit durch sozial-ethische Desorientierung entgegenzuwirken. Die angemessene [X.]erücksichtigung der Kunstfreiheit mit dem ihr objektiv zukommenden Gewicht wird durch das Erfordernis der fallbezogenen Abwägung sichergestellt.

[X.]ei der [X.]eurteilung der Eignung und Erforderlichkeit genereller Maßnahmen des Jugendschutzes steht dem Gesetzgeber ein Einschätzungsspielraum zu. Es obliegt ihm, die Dringlichkeit der Gefahren für die Persönlichkeitsentwicklung Minderjähriger und den allgemeinen Handlungsbedarf einzuschätzen und davon ausgehend Maßnahmen festzulegen, die er für sinnvoll hält, um den von ihm erkannten Gefahrenlagen zu begegnen. Dieser Spielraum ist regelmäßig erst überschritten, wenn die gesetzgeberischen Erwägungen offensichtlich nicht vertretbar sind, weil sie bei vernünftiger [X.]etrachtung bereits die Annahme eines Handlungsbedarfs oder die festgelegten Maßnahmen nicht tragen können. Nur unter diesen Voraussetzungen können diese Maßnahmen als ungeeignet zur Erreichung des Schutzzwecks angesehen werden (stRspr; vgl. [X.], [X.]eschluss vom 16. März 1971 - 1 [X.]vR 52, 665, 667, 754/66 - [X.]E 30, 292 <316>; Urteil vom 16. März 2004 - 1 [X.]vR 1778/01 - [X.]E 110, 141 <157 f.>). Die Maßnahmen sind nicht erforderlich, wenn eindeutig feststeht, dass der Gesetzgeber gleich wirksame, aber schonendere Maßnahmen zur Gefahrenabwehr außer [X.] gelassen hat (stRspr; vgl. [X.], [X.]eschluss vom 16. März 1971 - 1 [X.]vR 52, 665, 667, 754/66 - [X.]E 30, 292 <316>; Urteil vom 16. März 2004 - 1 [X.]vR 1778/01 - [X.]E 110, 141 <164>; [X.]VerwG, Urteil vom 25. Oktober 2017 - 6 [X.] 44.16 [[X.]:[X.]:[X.]VerwG:2017:251017U6[X.]44.16.0] - [X.]VerwGE 160, 157 Rn. 26).

Danach gebietet der Schutz der Kunstfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG nicht, die Verbreitungs- und Werbeverbote für Kunstwerke von dem wissenschaftlich-empirischen Nachweis abhängig zu machen, dass von Werken der jeweiligen Kunstgattung ein schädlicher Einfluss auf Minderjährige ausgehen kann. Vielmehr reicht aus, dass dies nach dem Stand der Wissenschaft ernsthaft möglich ist. Dies gilt umso mehr, als es im [X.]ereich des Jugendschutzes um langfristig wirksame Einflüsse geht, die von der Dauer und Häufigkeit des Medienkonsums abhängen. Aus diesem Grund hält sich die Einschätzung des Gesetzgebers, die Indizierung literarischer Werke zu ermöglichen, im Rahmen des ihm vom Grundgesetz eröffneten Spielraums ([X.], [X.]eschluss vom 27. November 1990 - 1 [X.]vR 402/87 - [X.]E 83, 130 <140 f.>). Dies gilt erst recht für die Texte von Musik des Gangsta-Rap, weil sich diese Kunstgattung typischerweise auch an Minderjährige wendet und in einem spezifischen [X.] und kulturellen Zusammenhang steht. Das [X.] der [X.] hat in den Gründen des [X.] vom 9. April 2015 auf wissenschaftliche Stellungnahmen verwiesen, die bejahen, dass von Texten von Rapmusik jugendgefährdende Wirkungen ausgehen können (vgl. Rn. 58 der Urteilsgründe).

Auch sind Verbreitungs- und Werbeverbote von Trägermedien im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 1 [X.], d.h. Medien mit Texten, [X.]ildern oder Tönen auf gegenständlichen Trägern, als Mittel des Jugendschutzes nicht deshalb ungeeignet geworden, weil sich Minderjährige indizierte Werke im [X.] beschaffen können. Zwar weist der Jugendschutz im [X.] erhebliche Lücken auf. Diese sind darauf zurückzuführen, dass die [X.]etreiber von [X.]plattformen keine Pflicht zur Prüfung der Inhalte trifft, die sie für einen Nutzer speichern. Sie sind nur dann verpflichtet, gegen die Verbreitung von Inhalten vorzugehen, wenn sie von der konkreten Information und deren Rechtswidrigkeit Kenntnis erlangt haben (vgl. § 10 des [X.]es in der Fassung vom 31. Mai 2010 <[X.] I S. 692> - TMG -; zum Ganzen [X.], in: [X.]/[X.], [X.], 2. Aufl. 2018, § 10 TMG Rn. 24 ff.). Hinzu kommt, dass viele [X.]etreiber von [X.]plattformen ihren Sitz außerhalb des Gebiets der [X.] haben, was den [X.] [X.]ehörden erheblich erschwert, die [X.]eachtung von Rechtspflichten durchzusetzen.

Die durch das [X.] entstandenen Schutzlücken machen die vorhandenen Schutzvorkehrungen aber nicht generell ungeeignet. Sie haben neben den [X.] nach § 15 [X.] zur Folge, dass Rundfunksendungen und Inhalte von Telemedien unzulässig sind, wenn sie mit dem indizierten Medium ganz oder im Wesentlichen inhaltsgleich sind (§ 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 3 Nr. 1 des [X.] vom 20. November 2009 <[X.]>). Dies gilt für Telemedien nur dann nicht, wenn der Anbieter sicherstellt, dass sie nur Erwachsenen zugänglich gemacht werden (§ 4 Abs. 2 Satz 2 [X.]). Dies erfordert die Installation eines Altersverifikationssystems, das den Zugang von Kindern und Jugendlichen verhindert ([X.]/[X.], [X.], 5. Aufl. 2011, § 4 [X.] Rn. 64 m.w.N.).

Angesichts der grundgesetzlichen Gewährleistung des Schutzes der Persönlichkeitsentwicklung Minderjähriger ist der Gesetzgeber nicht verpflichtet, bewährte und wirkungsvolle Maßnahmen des Jugendschutzes wegen des unzulänglichen Schutzes im [X.] aufzuheben und letztendlich den mit Verfassungsrang ausgestatteten Jugendschutz generell aufzugeben. Vielmehr muss er sich bemühen, Schutzlücken zu schließen.

Hinzu kommt, dass die Aufnahme von Träger- und Telemedien in die Liste jugendgefährdender Medien schon vom Ansatz her nicht darauf angelegt sind, eine lückenlose Zugangssperre für Minderjährige zu schaffen. Die Indizierung kann erst ausgesprochen werden, wenn das Medium veröffentlicht ist. Auch setzt die Einleitung des [X.]s durch die [X.] einen Antrag oder doch eine Anregung voraus (§ 21 Abs. 1, Abs. 2 und 4 [X.]). Schließlich stellt die Indizierung den Vorrang des Erziehungsrechts nach Art. 6 Abs. 2 GG grundsätzlich nicht in Frage. Danach haben in erster Linie die Eltern oder sonstigen Personensorgeberechtigten im Rahmen ihres [X.] darüber zu befinden, welche Einflüsse sie von den ihnen anvertrauten Minderjährigen fernzuhalten versuchen. Verbreitungsverbote und Zugangshindernisse greifen nicht, wenn sich die Erziehungsberechtigten dafür entscheiden, Minderjährigen den [X.]esitz eines jugendgefährdenden Mediums oder die Kenntnis seiner Inhalte zu gestatten oder dies jedenfalls hinzunehmen. Die Grenze stellt erst die gröbliche Verletzung der [X.] dar (§ 27 Abs. 4 Satz 1 und 2 [X.]).

Der angemessene Ausgleich von Jugendschutz und Kunstfreiheit wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Indizierung eines Träger- oder Telemediums aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung der Inhalte nach § 18 Abs. 1 [X.] einzelne nicht inkriminierte Kunstwerke des Mediums erfasst. Dies ist die unvermeidbare Kehrseite des Rechts von Künstlern und Vertreibern, den Inhalt des von ihnen veröffentlichten Mediums eigenverantwortlich zu bestimmen.

e) Die Anwendung der [X.] nach § 18 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 3 Nr. 2 [X.] auf den festgestellten Sachverhalt ergibt, dass von dem Album "[X.]..." jugendgefährdende Wirkungen ausgehen, deren Eindämmung durch die gesetzlichen Verbreitungs- und Werbeverbote Vorrang vor der Kunstfreiheit einzuräumen ist.

aa) Es liegt auf der Hand, dass die Feststellungen zur jugendgefährdenden Wirkung und zum Kunstgehalt der Inhalte eines Träger- oder Telemediums sowie die darauf beruhenden wertenden Einschätzungen eine besondere Expertise erfordern. Dem hat der [X.]undesgesetzgeber dadurch Rechnung getragen, dass er die Zuständigkeit für [X.] dem [X.] übertragen hat, das aufgrund der gesetzlichen Vorgaben für seine personelle Zusammensetzung über eine [X.]andbreite an speziellem Fachwissen und praktischen Erfahrungen auf dem Gebiet Jugendschutz und Kunst verfügt. Dies gilt insbesondere für die Vorgabe, dass acht, d.h. zwei Drittel der an der Entscheidung beteiligten Mitglieder des Gremiums von Fachkreisen entsandt werden (§ 19 Abs. 5 Satz 1, Abs. 2, § 20 [X.]). Die Weisungsunabhängigkeit der Mitglieder gewährleistet, dass deren Sachkunde und Erfahrungen in die Entscheidungsfindung einfließen (§ 19 Abs. 4 [X.]). Durch die Erfordernisse eines [X.]esetzungsquorums und vor allem einer qualifizierten Mehrheit sind [X.] mit einer erhöhten Richtigkeitsgewähr ausgestattet (§ 19 Abs. 6 Satz 1 und 2 [X.]).

Aufgrund dieser gesetzlichen Regelungen ist es gerechtfertigt, das [X.] einer Sachverständigenkommission gleichzustellen. Dies gilt sowohl für die tatsächlichen Feststellungen, die seinen [X.] zugrunde liegen, als auch für die wertenden Einschätzungen, die es aus den festgestellten Tatsachen zieht. Insoweit hält der [X.] an der [X.] bestätigten Rechtsprechung fest ([X.]VerwG, Urteile vom 26. November 1992 - 7 [X.] 20.92 - [X.]VerwGE 91, 211 <216>, vom 28. August 1996 - 6 [X.] 15.94 - [X.] 436.52 § 1 GjS Nr. 20 S. 2 und vom 31. Mai 2017 - 6 [X.] 10.15 - [X.]VerwGE 159, 49 Rn. 35 ).

Dementsprechend vermitteln die Feststellungen und die darauf beruhenden Wertungen des [X.]s zur Jugendgefährdung nach § 18 Abs. 1 [X.] sowie zur Kunsteigenschaft eines Werks und dessen künstlerischem Gehalt den Verwaltungsgerichten die Grundlagen für die richterliche Überzeugungsbildung. Sie können für die gerichtliche Entscheidungsfindung nach den verwaltungsprozessualen Regeln des Sachverständigenbeweises verwertet werden. Dementsprechend sind die Verwaltungsgerichte grundsätzlich berechtigt und verpflichtet, die von besonderer Sachkunde getragenen Erkenntnisse des [X.]s ohne weitere Sachaufklärung zugrunde zu legen. Es genügt nicht, dass sie der Kläger durch Gegenvorbringen in Frage stellt ([X.]VerwG, Urteile vom 26. November 1992 - 7 [X.] 20.92 - [X.]VerwGE 91, 211 <216>, vom 28. August 1996 - 6 [X.] 15.94 - [X.] 436.52 § 1 GjS Nr. 20 S. 2 und vom 31. Mai 2017 - 6 [X.] 10.15 - [X.]VerwGE 159, 49 Rn. 35 ).

Nach den Regeln des Sachverständigenbeweises gilt dies nicht, wenn begründeter Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit von Mitgliedern des [X.]s besteht, dessen Erkenntnisse auf einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt beruhen, erkennbar inhaltliche Widersprüche aufweisen oder nicht nachvollziehbar sind (stRspr; vgl. [X.]VerwG, Urteile vom 19. Dezember 1968 - 8 [X.] 29.67 - [X.]VerwGE 31, 149 <156>, vom 6. Februar 1985 - 8 [X.] 15.84 - [X.]VerwGE 71, 38 <45> und vom 23. Mai 1989 - 7 [X.] 2.87 - [X.]VerwGE 82, 76 <90>; [X.]eschluss vom 29. Mai 2009 - 2 [X.] 3.09 - [X.] 235.1 § 58 [X.]DG Nr. 5 Rn. 7). Eine unzureichende Sachaufklärung ist etwa dann anzunehmen, wenn das [X.] entweder seine Feststellungen zu allgemeinen Tatsachen wie den Merkmalen zur [X.]estimmung des [X.] gefährdungsgeneigter Minderjähriger und den zu erwartenden Einflüssen inkriminierter Medien auf diese Minderjährigen oder die darauf beruhenden Wertungen nicht hinreichend fundiert, d.h. durch wissenschaftliche Untersuchungen, Erfahrungsberichte oder statistische Erhebungen belegt hat. Auch kann die fachliche Richtigkeit der Aussagen des [X.]s durch fachgutachtliche Äußerungen, etwa durch ein von einem [X.]etroffenen vorgelegtes Gutachten, erschüttert werden. Allerdings reicht die Vorlage eines Privatgutachtens, das sich kritisch mit Feststellungen und Wertungen des [X.]s befasst, für sich genommen für eine Erschütterung nicht aus.

bb) Dass das Album "[X.]..." die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Satz 1 [X.] für eine Jugendgefährdung erfüllt, ergibt sich aus den Feststellungen und den darauf gestützten wertenden Einschätzungen, die das [X.] der [X.] in den Gründen des [X.] vom 9. April 2015 in tatsächlicher Hinsicht getroffen hat. Der [X.] kann diese Gründe bei der Entscheidung über die Revision berücksichtigen. Dem steht nicht entgegen, dass sie das Oberverwaltungsgericht in dem [X.]erufungsurteil nicht verwertet hat. Entscheidend ist, dass die Gründe zu dem Prozessstoff des gerichtlichen Verfahrens gehören, die [X.]eteiligten mit ihrer Verwertung auch im Revisionsverfahren haben rechnen müssen, weil der Indizierungsbescheid vom 9. April 2015 Streitgegenstand der Anfechtungsklage ist, und sie keine Verfahrens- oder Gegenrügen erhoben haben ([X.]VerwG, Urteile vom 15. Dezember 1983 - 5 [X.] 26.83 - [X.]VerwGE 68, 290 <296 f.> und vom 8. März 1984 - 6 [X.] 6.83 - juris Rn. 16; vgl. Eichberger/[X.]uchheister, in: [X.]/[X.]/[X.]ier, VwGO, [X.]and II, Stand Februar 2019, § 137 Rn. 137 ff.).

Die Gründe des [X.] lassen erkennen, dass das Vorgehen des [X.]s den Anforderungen des § 18 Abs. 1 [X.] genügt hat: Es hat den Aussagegehalt des Albums "[X.]..." bestimmt, indem es durch Interpretation der Texte der Titel einen Gesamteindruck gewonnen, auf der Grundlage wissenschaftlicher Untersuchungen und Erfahrungsberichte sowie eigener Expertise den Kreis der für Gangsta-Rap empfänglichen Minderjährigen abgegrenzt und die Wirkungen der Titel des Albums auf diese Minderjährigen beurteilt hat.

Nach den Feststellungen des [X.]s sind die Texte der Titel mit Ausnahme des Titels Nr. 15 durch zwei immer wiederkehrende Themenbereiche geprägt: Zum einen werde der kriminelle Lebensstil des Gangsterbosses "[X.]..." beschrieben. Dieser sei durch die offene [X.]egehung schwerer Straftaten wie etwa Drogenhandel in Schulen, eine uneingeschränkte Gewaltbereitschaft und den skrupellosen Einsatz brutaler Gewalt aus beliebigen Anlässen gekennzeichnet. Gewalt stelle für "[X.]..." das einzige Mittel der Problemlösung dar. Sie diene dazu, andere einzuschüchtern und zu demütigen und auf diese Weise die Stellung von "[X.]..." als unantastbaren Gangsterboss zu sichern. [X.] ohne jede Empathie mit anderen werde als Erfolgsmodell dargestellt; Opfer der Gewalt "[X.]s..." würden verächtlich gemacht. Zum anderen seien die Texte mit frauenfeindlichen und homophoben Äußerungen in [X.] durchsetzt. "[X.]..." sehe Frauen ausschließlich als Sexobjekte an und habe für Homosexuelle nur Verachtung übrig. Die Texte enthielten keine Passagen, die als Distanzierung oder Verfremdung dieser Aussagen gedeutet werden könnten. Vielmehr vermittelten sie durchgehend die [X.]otschaft, ein rücksichtsloses Vorgehen ohne jede Empathie mit anderen führe zum Erfolg, insbesondere zu Reichtum. Ein krimineller Lebensstil, geprägt durch die [X.]ereitschaft, jederzeit schwere Straftaten zu begehen und brutale Gewalt einzusetzen, werde als erstrebenswert dargestellt. Zu diesem Lebensstil gehöre, Frauen und Homosexuelle zu demütigen und verächtlich zu machen. Daher seien die Texte geeignet, ein gesellschaftliches Klima der Gewalt und der Feindseligkeit zu fördern. Der Musik hat das [X.] keine [X.]edeutung für die [X.]eurteilung des Aussagegehalts des Albums beigemessen.

In [X.]ezug auf den Kreis der für das Album "[X.]..." empfänglichen Minderjährigen hat das [X.] festgestellt, Gangsta-Rap werde auch, wenn nicht sogar besonders bevorzugt, von Kindern und Jugendlichen aus bildungsfernen [X.]evölkerungskreisen gehört. Die [X.]otschaften des Albums könnten insbesondere Minderjährige sozial-ethisch desorientieren, die in einer Umgebung leben, in der patriarchalische Verhältnisse vorherrschten und homophobe Grundeinstellungen zu finden seien. Das [X.] hat es als sehr wahrscheinlich eingeschätzt, dass Minderjährige aus einem solchen [X.] Umfeld den auf Demütigung und Erniedrigung abzielenden vulgären Wortschatz der Texte in [X.]ezug auf Frauen und Homosexuelle übernähmen, ihre Einstellungen gegenüber diesen Gruppen und Schwächeren daran orientierten sowie Kriminalität, brutale Gewalt und das völlige Fehlen von Empathie als Mittel akzeptierten, um Ziele zu erreichen. Auch eine durchgehende Verrohung der Sprache sei geeignet, die Hemmschwellen für reale Gewaltanwendung herabzusetzen. "[X.]..." komme Vorbildwirkung zu, weil es sich erkennbar um ein Pseudonym des [X.] handele.

Der [X.] kann diese Feststellungen und die darauf beruhenden wertenden Einschätzungen seiner rechtlichen Würdigung nach den Regeln des Sachverständigenbeweises zugrunde legen. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass sie auf einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt beruhen. Auch enthalten sie weder Widersprüche noch sind die Schlussfolgerungen erkennbar nicht nachvollziehbar. Der Kläger hat die sachkundigen Aussagen des [X.]s in den [X.] nicht durch fachgutachtliche Gegenäußerungen erschüttert.

Die Interpretation der Texte des Albums durch das [X.] drängt sich auf. Die Titel Nr. 1 bis 14 propagieren die Vorzüge des kriminellen und auf brutaler Gewalt beruhenden Lebensstils von "[X.]..." und eine abschätzige, in vulgären [X.]eleidigungen geäußerte Einstellung gegenüber Frauen und Homosexuellen. Die Aussagen der Titel Nr. 1 bis 14 des Albums sind unmissverständlich; Ansatzpunkte für relativierende Interpretationen sind nicht erkennbar.

Das [X.] hat sowohl die [X.]estimmung des [X.] der gefährdungsgeneigten Minderjährigen durch die [X.]estimmung eines abgrenzbaren [X.] Umfelds als auch die Einschätzung der sozial-ethisch desorientierenden Wirkungen des Albums auf diese Minderjährigen auf eine hinreichend fundierte Tatsachenbasis gestützt. Es hat sich für den Wirkungszusammenhang insbesondere auf wissenschaftliche Quellen berufen, die einen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Rap-Musik und der Akzeptanz von Gewalt und von Kriminalität herstellen. Die ausgewerteten wissenschaftlichen Untersuchungen und Erfahrungsberichte tragen die Einschätzung, es sei wahrscheinlich, dass gefährdungsgeneigte Minderjährige die ausschließlich vulgär-beleidigende Sprache insbesondere in [X.]ezug auf Frauen und Homosexuelle nicht nur in ihren Wortschatz übernehmen, sondern ihre Einstellung und ihr Verhalten daran orientierten. Gleiches gilt für den völlig unkritisch dargestellten Lebensstil von "[X.]...", der sich durch Einschüchterungen und Demütigungen anderer, willkürliche und skrupellose Anwendung brutaler Gewalt, offene [X.]egehung von Straftaten, insbesondere Drogenhandel, sowie durch das Fehlen jeglicher Empathie auszeichnet. Dies berechtigt auch zu der Annahme, dass das Album die Voraussetzungen der Regelbeispiele der verrohenden Wirkung sowie des Anreizes zu Gewalttätigkeit und Verbrechen im Sinne von § 18 Abs. 1 Satz 2 [X.] erfüllt (vgl. Rn. 31 der Urteilsgründe).

Von der Figur "[X.]..." geht eine Vorbildwirkung für gefährdungsgeneigte Minderjährige aus, weil dessen Handlungen und Äußerungen aus der Sicht dieser Minderjährigen auf den Kläger projiziert werden können. [X.]ei "[X.]..." handelt es sich erkennbar um das alter ego des [X.]. So hat der Kläger in dem Gespräch mit dem Gutachter Prof. Dr. H. vom 8. Januar 2016 angegeben, jedenfalls seinen Anhängern sei bekannt, dass er sich "[X.]..." als weiteren sog. Alias-Namen neben "A..." zugelegt habe (vgl. zur Verwertbarkeit der Niederschrift dieses Gesprächs unter 3.e)cc)). Auch werden "[X.]..." in dem Album verschiedene Ereignisse aus dem Leben des [X.] zugeschrieben. Zum anderen bezeichnet sich "[X.]..." in drei Titeln als nachahmenswertes Vorbild für die Jugend (Titel Nr. 4: "[X.] die Ghettokids, sie nehmen meine Lebensweise an"; Nr. 6: "Aber ich bin wie ein Priester für die Jugend"; Nr. 11: "[X.] glauben [X.] aufs Wort, weil ich ausdrücke, was ich bin").

Schließlich lassen die Gründe des [X.] erkennen, dass das [X.] die Musik des Albums bei seiner [X.]eurteilung der Wirkungen nicht übergangen hat. Darauf lässt etwa der Hinweis schließen, dass die Titel des Albums während der Sitzung am 9. April 2015 auszugsweise abgespielt wurden. Das [X.] ist davon ausgegangen, dass die Musik angesichts der Massivität der Texte nicht geeignet ist, deren jugendgefährdende Wirkungen zu verstärken oder abzuschwächen.

Die Einwände des [X.] sind nicht geeignet, die Feststellungen und Wertungen des [X.]s in [X.]ezug auf die jugendgefährdende Wirkung des Albums "[X.]..." zu erschüttern. Hierfür reicht die Kritik nicht aus, die der von dem Kläger beauftragte Gutachter Prof. Dr. H. an der Auswertung der wissenschaftlichen Untersuchungen und Erfahrungsberichte durch das [X.] geübt hat. Der Gutachter hat selbst darauf hingewiesen, dass er als Literaturwissenschaftler nicht über die erforderliche Sachkunde für die [X.]eurteilung jugendgefährdender Wirkungen verfügt.

Der Einwand, das [X.] habe seine Einschätzung nicht aufgrund einer aktuellen gesellschaftlichen Reizschwelle für Minderjährige getroffen, ist nicht plausibel. Das Vorbringen lässt nicht ansatzweise erkennen, wie eine solche Reizschwelle abweichend von den Feststellungen und Wertungen des [X.]s beschaffen sein könnte. Die [X.]ehauptung, Minderjährige seien heutzutage unempfänglich für Darstellungen von Kriminalität und hemmungsloser Gewalt sowie für permanente Demütigungen und [X.]eleidigungen anderer in einer vulgären Sprache, ist als bloßes Gegenvorbringen nicht geeignet, die dazu in Widerspruch stehenden Feststellungen und Wertungen des [X.]s in Frage zu stellen.

cc) [X.]ei den Titeln des Albums "[X.]..." handelt es sich um Kunst der Gattung Rapmusik im Sinne von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG. Für die Gewichtung des abwägungsrelevanten künstlerischen Gehalts kann der [X.] neben den Gründen des [X.] vom 9. April 2015 auch das Gutachten von Prof. Dr. H. vom 10. Januar 2016 und die Niederschrift eines Gesprächs des [X.] mit dem Gutachter vom 8. Januar 2016 berücksichtigen (vgl. zu den Voraussetzungen unter 3.e)bb) der Urteilsgründe). Der Kläger hat beide Unterlagen im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegt und damit zum [X.]estandteil des [X.] gemacht. Das Verwaltungsgericht hat Gutachten und Niederschrift ausführlich gewürdigt. Die [X.]eteiligten haben insoweit keine Verfahrens- oder Gegenrügen erhoben.

Das [X.] hat angenommen, das Album stelle Unterhaltung ohne gesteigerten Kunstgehalt dar. Diese sachkundige [X.]eurteilung ist der Gewichtung des [X.]elangs Kunst zugrunde zu legen, weil sie der Kläger nicht nach den Regeln des Sachverständigenbeweises zu erschüttern vermocht hat. Das vorgelegte Gutachten ist in [X.]ezug auf die Einschätzung, das Album beruhe auf dem künstlerischen Konzept, einen in einer fiktionalen Kunstwelt agierenden unantastbaren Gangsterboss zu schaffen, nicht schlüssig. Diese [X.]etrachtungsweise deckt sich nicht mit den Angaben des [X.] in dem Gespräch mit dem Gutachter. Diese lassen darauf schließen, dass der Kläger mit dem Album "[X.]..." keine über Unterhaltung hinausgehende künstlerische Wirkungsabsicht verfolgt hat. Der Kläger hat auf mehrere Nachfragen des Gutachters zu einem künstlerischen Konzept oder einer Ausgangsidee ausgeführt, er habe zu [X.]eginn von Studioaufnahmen keine Vorstellungen über den Inhalt seiner Rapmusik. Musik und Texte entstünden völlig spontan während der Aufnahmen. Er könne vorab nicht sagen, welche Art und Richtung die Texte haben würden. Hinweise auf eine beabsichtigte künstlerische Wirkungsweise, etwa durch die Ausdrucksform der durchgehend [X.], lassen sich auch dem weiteren Gespräch nicht entnehmen.

Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass der Kläger durch die Verwendung dieser Sprache beabsichtigt hat, die Demütigung und Herabwürdigung von Frauen und Homosexuellen als Stilmittel in ein Konzept "Inszenierung des Gangsterbosses [X.]..." einzubetten. Dass dieser Sprache [X.]edeutung für dessen überspitzte Darstellung zugedacht sein könnte, erschließt sich weder aus der Interpretation der Texte durch den Gutachter noch durch die Angaben des [X.] in dem Gespräch mit diesem.

Die Einschätzung des Gutachters, die Sprache des Albums sei den Songtexten vieler Pop- und Rockgruppen an Originalität, spielerischem Drang und Sprachmächtigkeit weit überlegen, ist in dieser [X.] nicht nachvollziehbar. Der Gutachter schreibt den Texten zwar eine Fülle an originellen Wendungen, verblüffenden Übertreibungsformeln, spielerischen Wortverwendungen und Wortneuschöpfungen zu. Allerdings belässt er es dabei, diesen Eindruck zu benennen. Es fehlt jegliche Konkretisierung anhand konkreter Texte des Albums. Dementsprechend geht der Gutachter auch nicht darauf ein, welche [X.]edeutung der die Texte durchziehenden [X.] für deren Wirkungsweise zukommt. Auch den von ihm angelegten Vergleichsmaßstab "Songtexte vieler Pop- und Rockgruppen" erläutert der Gutachter nicht.

f) [X.]ei der gebotenen Abwägung der widerstreitenden [X.]elange kommt dem Jugendschutz Vorrang zu. Die jugendgefährdenden Einflüsse des Albums wiegen schwer. Dies folgt vor allem daraus, dass die Texte mit Ausnahme des Titels Nr. 15 durchgehend und ohne jede Distanzierung die [X.]otschaft vermitteln, dass Rücksichtslosigkeit und vollkommen fehlende Empathie gegenüber Schwächeren vorzugswürdig sind. Es wird suggeriert, dass ein Lebensstil zu Reichtum führt und gegenüber Strafverfolgung unantastbar macht, der ohne jede Einschränkung auf das "Recht des Stärkeren" setzt. Zu diesem Zweck werden schwere Kriminalität wie etwa Drogenhandel in Schulen oder Zwangsprostitution und brutale Gewalttätigkeit aus beliebigen Anlässen völlig unkritisch dargestellt, Frauen und Homosexuelle durchgehend beleidigt und verächtlich gemacht. Andere Darstellungen dieser Personengruppen kommen nicht vor.

Es liegt nahe, dass diese Ansammlung sozial-ethisch desorientierender [X.]otschaften einen verheerenden Einfluss auf hierfür empfängliche Minderjährige aus dem beschriebenen [X.] Umfeld haben kann, zumal "[X.]..." erkennbar als alter ego des [X.] auftritt. Demgegenüber lassen sich dem Vorbringen des [X.] keine Hinweise darauf entnehmen, dass er mit den Darstellungen des Lebenswandels von "[X.]..." und der [X.] ein über Unterhaltung hinausgehendes künstlerisches Konzept verfolgt.

[X.] ist der Einwand des [X.], das Gewicht des Jugendschutzes sei stark gemindert, weil das [X.] erst ungefähr zehn Monate nach der Veröffentlichung des Albums und dem Verkauf von mehr als 100 000 [X.] eingeleitet worden sei. Aus Wortlaut und Zweck des § 18 Abs. 1 [X.] folgt, dass die Eignung eines Trägermediums zur Jugendgefährdung ausschließlich aufgrund der Inhalte, Aussagen und Wirkungen seiner Inhalte zu beurteilen ist. Sie wird durch den langen Zeitraum zwischen Veröffentlichung und Indizierung nicht in Frage gestellt. Der Umfang der Verbreitung des Mediums bis zur Indizierung kann nicht dazu führen, dass die weitere Verbreitung trotz des jugendgefährdenden Einflusses hingenommen werden muss.

Schließlich rechtfertigt die Aufnahme des Albums in der Fachpresse nicht, zum Schutz des [X.]s der Kunst von der Indizierung abzusehen. Die wenigen [X.]esprechungen bieten ein uneinheitliches [X.]ild. Einigen verhalten positiven [X.]ewertungen steht die vernichtende [X.]ewertung in der Süd[X.] Zeitung vom 20. Februar 2014 gegenüber. Das sonstige künstlerische Schaffen des [X.] und sein [X.]ekanntheitsgrad sind für die Abwägung ohne [X.]edeutung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Kostentragungspflicht des [X.] für das erstinstanzliche Verfahren folgt aus der Kostenentscheidung des Urteils des [X.] vom 2. September 2016.

Meta

6 C 18/18

30.10.2019

Bundesverwaltungsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 16. Mai 2018, Az: 19 A 2001/16, Urteil

Art 2 Abs 1 GG, Art 5 Abs 3 S 1 GG, Art 6 Abs 2 GG, Art 19 Abs 4 S 1 GG, § 17 JuSchG, § 18 Abs 1 JuSchG, § 18 Abs 3 Nr 2 JuSchG, § 19 JuSchG, § 21 Abs 7 JuSchG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30.10.2019, Az. 6 C 18/18 (REWIS RS 2019, 2023)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 2023


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 6 C 18/18

Bundesverwaltungsgericht, 6 C 18/18, 30.10.2019.


Az. 1 BvR 201/20

Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 201/20, 20.10.2022.


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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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