Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 17.02.2015, Az. 4 B 53/14

4. Senat | REWIS RS 2015, 15392

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Gegenstand

Flughafen München: kommunale Selbstverwaltung; Lärmschutz; Immissionsschutz


Gründe

I

1

Die Klägerin wendet sich gegen den Planfeststellungsbeschluss der Regierung von [X.] vom 5. Juli 2011 (98. Änderungsplanfeststellungsbeschluss) in der Fassung des Planergänzungsbeschlusses vom 22. Januar 2013 für die Erweiterung des [X.] durch die Anlage und den [X.]etrieb einer dritten Start- und Landebahn. Der Verwaltungsgerichtshof hat ihre Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision.

II

2

Die [X.]eschwerde hat keinen Erfolg.

3

1. Die Revision ist nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche [X.]edeutung, die ihr die Klägerin beimisst.

4

a) Die Klägerin hält die Frage für grundsätzlich klärungsbedürftig, ob das [X.] als materielle Voraussetzung der luftverkehrsrechtlichen Planfeststellung mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen an die Rechtfertigung von [X.] vereinbar ist. Sie möchte wissen, ob ein Grundrechtseingriff durch eine luftverkehrsrechtliche Planfeststellung zulässig sein kann, auch wenn der [X.]edarf für das Vorhaben nicht durch ein formelles Gesetz festgestellt worden ist ([X.]eschwerdebegründung S. 6 f.). Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision, weil sie sich, soweit sie sich vorliegend stellt, ohne Weiteres schon im Verfahren der [X.]eschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision bejahen lässt.

5

Nach der Rechtsprechung des Senats können Gemeinden im Rahmen einer Anfechtungsklage gegen einen Planfeststellungsbeschluss unter [X.]erufung auf Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG eine Prüfung der Planrechtfertigung beanspruchen, wenn sie gegen das planfestgestellte Vorhaben substantiiert einwenden, es entziehe wesentliche Teile des Gemeindegebiets der gemeindeeigenen Planung (vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 4 A 1001.04 - NVwZ 2006, 1055 Rn. 194). Unter derselben Voraussetzung können sie auch das Erfordernis einer gesetzlichen [X.]edarfsfeststellung geltend machen. Dagegen können sie sich auf Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG und Art. 14 Abs. 1 und 3 GG nicht berufen, weil sie nicht Träger von Grundrechten sind (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 18. März 2008 - 9 VR 5.07 - [X.] 407.4 § 17 [X.] Nr. 197 Rn. 12).

6

Der Senat hat bislang nicht gefordert, dass der [X.]edarf für ein planfeststellungsbedürftiges Vorhaben als Rechtfertigung für den Plan aus verfassungsrechtlichen Gründen durch ein Gesetz festgestellt werden muss (vgl. für ein Gesamtkonzept zum Hochwasserschutz [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 19. September 2014 - 7 [X.] 6.14 - NVwZ-RR 2015, 15 Rn. 7 ff.). Für die von der Klägerin angemahnte "(selbst-)kritische(r)" Prüfung ([X.]eschwerdebegründung S. 7) in einem Revisionsverfahren sieht er keinen Anlass. Zu Unrecht bemüht die Klägerin die Wesentlichkeitstheorie und den Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes.

7

Der Vorbehalt des Gesetzes verlangt, dass staatliches Handeln in bestimmten grundlegenden [X.]ereichen durch förmliches Gesetz legitimiert wird. Der Gesetzgeber ist verpflichtet, alle wesentlichen Entscheidungen selbst zu treffen und darf sie nicht anderen [X.] überlassen. Wann es danach einer Regelung durch den parlamentarischen Gesetzgeber bedarf, lässt sich nur mit [X.]lick auf den jeweiligen Sachbereich und auf die Eigenart des betroffenen [X.] beurteilen. Die verfassungsrechtlichen Wertungskriterien sind dabei den tragenden Prinzipien des Grundgesetzes, insbesondere den darin verbürgten Grundrechten, zu entnehmen. Danach bedeutet wesentlich im grundrechtsrelevanten [X.]ereich in der Regel "wesentlich für die Verwirklichung der Grundrechte". Die Tatsache, dass eine Frage politisch umstritten ist, führt dagegen für sich genommen nicht dazu, dass diese als wesentlich verstanden werden müsste. Zu berücksichtigen ist im Übrigen auch, dass die in Art. 20 Abs. 2 GG als Grundsatz normierte organisatorische und funktionelle Unterscheidung und Trennung der Gewalten auch darauf zielt, dass staatliche Entscheidungen möglichst richtig, das heißt von den Organen getroffen werden, die dafür nach ihrer Organisation, Zusammensetzung, Funktion und Verfahrensweise über die besten Voraussetzungen verfügen. Dieses Ziel darf nicht durch einen Gewaltenmonismus in Form eines umfassenden Parlamentsvorbehalts unterlaufen werden ([X.], Urteil vom 14. Juli 1998 - 1 [X.]vR 1640/97 - [X.]E 98, 218 <251 f.>). Das gilt vor allem für die staatliche Planung, die nicht von vornherein der Legislative ([X.], [X.]eschluss vom 17. Juli 1996 - 2 [X.] - [X.]E 95, 1 <16>), sondern als Fachplanung üblicherweise der Exekutive zuzuordnen ist, die dafür den erforderlichen Verwaltungsapparat und Sachverstand besitzt ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 19. September 2014 - 7 [X.] 6.14 - NVwZ-RR 2015, 15 Rn. 11).

8

Die Klägerin legt nicht dar, dass die Zulassung von Luftverkehr an einem bestimmten Standort für die Wahrnehmung des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts stets von wesentlicher [X.]edeutung ist. Sollten die Auswirkungen des Luftverkehrs massiv sein und das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht mehr als nur unerheblich beeinträchtigen, sind sie im Rahmen der Abwägung nach § 8 Abs. 1 Satz 2 des Luftverkehrsgesetzes - [X.] i.d.F. der [X.]ekanntmachung vom 10. Mai 2007 ([X.] [X.] 698), zuletzt geändert durch Art. 2 Abs. 175 des Gesetzes vom 7. August 2013 ([X.] [X.] 3154), dem zu gewichtenden [X.]edarf gegenüberzustellen und gegebenenfalls nach § 8 Abs. 1 Satz 3 [X.] zu bewältigen. Die Klägerin zeigt ferner nicht auf, warum der Gesetzgeber besser als die qualifiziert besetzten Planfeststellungsbehörden in der Lage sein sollte, den [X.]edarf für luftverkehrsrechtliche Vorhaben zu ermitteln und zu bewerten.

9

b) Die Klägerin sieht ferner grundsätzlichen Klärungsbedarf hinsichtlich der Frage, ob es mit dem Gebot des effektiven Rechtsschutzes aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG vereinbar ist, wenn es für die Überprüfung der Richtigkeit der luftverkehrsrechtlichen [X.]edarfsprognose im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf die Kenntnis der Ausgangsdaten nicht ankommen soll ([X.]eschwerdebegründung S. 9). Damit löst sie die Zulassung der Revision nicht aus, weil es eine nicht allgemeingültig zu beantwortende Frage der [X.]eweiswürdigung ist, ob und inwieweit die Ausgangsdaten und die Verarbeitungsschritte einer Verkehrsprognose dokumentiert werden müssen, um deren Verwertbarkeit gerichtlich überprüfen zu können ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 1. April 2009 - 4 [X.] 61.08 - NVwZ 2009, 910 Rn. 24 und vom 14. April 2011 - 4 [X.] 77.09 - juris Rn. 44; Urteil vom 13. Oktober 2011 - 4 A 4000.10 - juris Rn. 54). Es gibt keine allgemeine [X.]eweisregel des Inhalts, dass die richterliche Überzeugung von der Richtigkeit der Ausgangsdaten die Kenntnis dieser Ausgangsdaten erfordert ([X.]VerwG, Urteil vom 4. April 2012 - 4 C 8.09 - [X.]VerwGE 142, 234 Rn. 66). In Übereinstimmung hiermit hat der Verwaltungsgerichtshof seiner Überzeugung von der Eignung der gewählten Methode und ihrer tatsächlichen Anwendung aus einer anderen Erkenntnisquelle, nämlich den Darlegungen der Qualitätssicherung geschöpft ([X.] Rn. 381). Die Kritik der Klägerin gibt dem Senat keine Veranlassung, seine gefestigte Rechtsprechung in einem Revisionsverfahren auf den Prüfstand zu stellen.

c) Die Revision ist auch nicht zur Klärung der Frage zuzulassen, ob ein Lärmschutzkonzept für einen internationalen Großflughafen mit dem Gebot der Konfliktbewältigung vereinbar ist, wenn es aus aktiven Maßnahmen besteht, im Übrigen jedoch die betroffenen Anwohner pauschal und ausnahmslos auf das Regelungssystem des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm verwiesen werden, ohne dass im Einzelfall weitergehender passiver Lärmschutz gewährt wird ([X.]eschwerdebegründung [X.]4). Die Frage ist durch das Senatsurteil vom 4. April 2012 (- 4 C 8.09 - [X.]VerwGE 142, 234 Rn. 180 ff.) geklärt.

Der Anspruch auf passiven Schallschutz ist gemäß § 9 Abs. 1, 2 und 5 des Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm - Fluglärmschutzgesetz - [X.] i.d.F. der [X.]ekanntmachung vom 31. Oktober 2007 ([X.] [X.] 2550) an die [X.]elegenheit der Grundstücke in der Tag- oder [X.] und damit an das Überschreiten der in § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 [X.] jeweils für die Tag- und [X.] gesondert geregelten [X.] geknüpft. Das Fluglärmschutzgesetz ist insoweit ein Spezialgesetz zu § 9 Abs. 2 [X.], der anordnet, dass dem Unternehmer im Planfeststellungsbeschluss die Errichtung und Unterhaltung der Anlagen aufzuerlegen sind, die für das öffentliche Wohl oder zur Sicherung der [X.]enutzung der benachbarten Grundstücke gegen Gefahren oder Nachteile notwendig sind. Die jeweils anwendbaren Werte des § 2 Abs. 2 [X.] bestimmen die fachplanerische Zumutbarkeitsschwelle und damit die [X.], bei deren Überschreiten der Vorhabenträger die [X.]enutzung der benachbarten Grundstücke durch Erstattung der Aufwendungen für Maßnahmen des passiven [X.] sicherzustellen sowie Entschädigung für [X.]eeinträchtigungen des Außenwohnbereichs zu leisten hat. Die Planfeststellungsbehörde ist deshalb weder generell berechtigt noch gar verpflichtet, auf der Grundlage des § 9 Abs. 2 [X.] weiterreichenden baulichen Schallschutz unterhalb der [X.] des [X.] anzuordnen. § 9 Abs. 2 [X.] steht hierfür als Rechtsgrundlage nicht zur Verfügung. Soweit die Lärmschutzbelange vom Regelungsanspruch des [X.] erfasst sind, decken dessen Lärmgrenzwerte alle Schutzziele ab, die in der lärmmedizinischen Literatur diskutiert werden. Damit ist die Planfeststellungsbehörde im Interesse einer Verbesserung der Rechtssicherheit und der Verfahrensbeschleunigung in Zukunft grundsätzlich der Verpflichtung enthoben, jedenfalls bei der [X.]estimmung der fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenze Erkenntnissen der [X.] und der Lärmwirkungsforschung nachzugehen (vgl. auch [X.]VerwG, Urteil vom 13. Oktober 2011 - 4 A 4001.10 - [X.]VerwGE 141, 1 Rn. 167). Lediglich für atypische, vom Regelungsanspruch des [X.] nicht erfasste Situationen darf die Planfeststellungsbehörde Schutzanforderungen in ihr Lärmschutzkonzept einbauen.

Dass die Werte des § 2 [X.] zu hoch angesetzt wären und die Vorschrift deshalb gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und Art. 14 Abs. 1 GG verstieße ([X.]eschwerdebegründung [X.]9), legt die Klägerin nicht hinreichend konkret dar (vgl. zu den Substantiierungsanforderungen [X.], [X.]eschluss vom 4. Mai 2011 - 1 [X.]vR 1502/08 - NVwZ 2011, 991 Rn. 39). Abgesehen davon, dass Gemeinden nicht Grundrechtsträger sind, ist für eine Verletzung grundrechtlicher Schutzpflichten auch nichts ersichtlich. Das ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt (vgl. [X.]VerwG, Urteile vom 13. Oktober 2011 - 4 A 4001.10 - [X.]VerwGE 141, 1 Rn. 169 und vom 4. April 2012 - 4 C 8.09 - [X.]VerwGE 142, 234 Rn. 152 f.).

Die Richtlinie 2002/49/[X.] und des Rates vom 25. Juni 2002 über die [X.]ewertung und [X.]ekämpfung von Umgebungslärm - [X.] (A[X.]l. Nr. L 189 vom 18. Juli 2002, [X.]) zwingt die Planfeststellungsbehörden entgegen der Ansicht der Klägerin ([X.]eschwerdebegründung [X.]8) nicht dazu, die Zumutbarkeitsgrenze niedriger zu ziehen und bereits bei geringeren Lärmwerten als denjenigen des § 2 [X.] passiven Lärmschutz zu gewähren. Art. 8 [X.], der mittlerweile durch § 47d des Gesetzes zum Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen und ähnliche Vorgänge ([X.]undes-Immissionsschutzgesetz - [X.]ImSchG) i.d.F. der [X.]ekanntmachung vom 17. Mai 2013 ([X.] [X.] 1274), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 20. November 2014 ([X.] [X.] 1740), in nationales Recht umgesetzt ist, verpflichtet die Mitgliedstaaten, für eine Lärmaktionsplanung zu sorgen. Die Festlegung von Grenzwerten, die mit einer solchen Planung durchgesetzt werden sollen, überlässt sie den Mitgliedstaaten ([X.]VerwG, Urteil vom 4. April 2012 - 4 C 8.09 - [X.]VerwGE 142, 234 Rn. 193). Die im [X.] zur [X.] unter den Nummern 1.5 und 1.6 genannten Werte bestimmen die Personenkreise, deren geschätzte Größen der [X.] nach Art. 10 [X.] zu übermitteln sind, markieren aber keine Zumutbarkeitsgrenzen. Ob und inwieweit sich die Existenz ruhiger Gebiete, die gegen die Zunahme von Lärm geschützt werden sollen (Art. 8 Abs. 1 Satz 1 [X.]uchst. b [X.], § 47d Abs. 2 Satz 2 [X.]ImSchG), auf die fachplanungsrechtlichen Zumutbarkeitsgrenzen auswirkt, ist ohne [X.]edeutung, weil der Verwaltungsgerichtshof nicht festgestellt hat, dass Teile des Gemeindegebiets betroffen sind, welche die Klägerin in einem Lärmaktionsplan als ruhige Gebiete dargestellt hat. Nach der Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts scheidet die Zulassung der Revision aber aus, wenn der [X.] eine Tatsache nicht festgestellt hat, die für die Entscheidung der angesprochenen Rechtsfrage erheblich sein würde, sondern lediglich die Möglichkeit besteht, dass die Rechtsfrage nach Zurückverweisung der Sache aufgrund weiterer Sachaufklärung entscheidungserheblich werden könnte (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 28. Dezember 1998 - 9 [X.] 197.98 - juris Rn. 6 und vom 28. November 2005 - 4 [X.] 66.05 - Zf[X.]R 2006, 159).

d) Schließlich rechtfertigt die Frage nicht die Zulassung der Revision, ob es dem Gebot gerechter Abwägung in der luftverkehrsrechtlichen Planfeststellung entspricht, bei der Ermittlung und [X.]ewertung der [X.] nur solche Schadstoffe zu berücksichtigen, die in der 39. [X.]ImSchV aufgeführt sind ([X.]eschwerdebegründung S. 21). Auf sie lässt sich antworten, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf.

Nach der Rechtsprechung des Senats sind die durch ein Planvorhaben verursachten Luftverunreinigungen an der [X.] Verordnung zur Durchführung des [X.]undes-Immissionsschutzgesetzes über [X.] und [X.] - 39. [X.]ImSchV vom 2. August 2010 ([X.] [X.] 1065) (früher: 22. [X.]ImSchV) zu messen, mit der auf der Grundlage des § 48a Abs. 1 und 3 [X.]ImSchG einschlägiges Unionsrecht umgesetzt worden ist ([X.]VerwG, Urteil vom 16. März 2006 - 4 A 1075.04 - [X.]VerwGE 125, 116 Rn. 425). Die 39. [X.]ImSchV führt in ihren §§ 2 bis 10 im Einklang mit der Richtlinie 2008/50/[X.] und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für [X.] - [X.] (A[X.]l. Nr. L 152 vom 11. Juni 2008, [X.]) und der Richtlinie 2004/107/[X.] und des Rates vom 15. Dezember 2004 über Arsen, Kadmium, Quecksilber, Nickel und polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe in der Luft - [X.] (A[X.]l. Nr. L 23 vom 26. Januar 2005, [X.]) Stoffe auf, die als Schadstoffe nach der Definition in § 1 Nr. 31 39. [X.]ImSchV schädliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben können, und setzt für sie zum Schutz der menschlichen Gesundheit Immissionsgrenzwerte und Zielwerte fest. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass die Planfeststellungsbehörde weitere Stoffe im Planfeststellungsverfahren berücksichtigen muss, wenn zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses ihre Gesundheitsschädlichkeit allgemein anerkannt ist. Allgemeine Anerkennung bedeutet zwar nicht Einstimmigkeit in der wissenschaftlichen Öffentlichkeit. Ein neuer Stand der Wissenschaft ist jedoch nicht erreicht, solange bisher anerkannte wissenschaftliche Annahmen kritisch hinterfragt und kontrovers diskutiert werden, ohne dass sich in der Forschung bereits ein neuer Grundkonsens abzeichnet ([X.]VerwG, [X.]eschluss vom 21. Januar 2004 - 4 [X.] 82.03 - NVwZ 2004, 619 und Urteil vom 4. April 2012 - 4 C 8.09 - [X.]VerwGE 142, 234 Rn. 517). [X.]esteht noch Forschungsbedarf, ist es nicht Sache der Planfeststellungsbehörde, durch weitere Untersuchungen Fortschritte des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes anzustreben (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 16. Februar 1998 - 11 [X.] 5.98 - [X.] 451.171 § 7 AtG Nr. 6 S. 71 f. und Urteil vom 4. April 2012 a.a.[X.] Rn. 514). Mehr ist verallgemeinernd nicht zu sagen. Ob die Gesundheitsschädlichkeit der von der Klägerin bezeichneten Luftschadstoffe ([X.]eschwerdebegründung S. 22) allgemein anerkannt ist, ist eine Tat- und keine Rechtsfrage.

2. Die Revision ist auch nicht nach § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen eines Verfahrensfehlers zuzulassen.

a) Die Klägerin rügt als Verstoß gegen die Pflicht zur Klärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 VwGO), dass der Verwaltungsgerichtshof ihren [X.]eweisantrag abgelehnt hat, der Anteil der Treibstoffkosten an den Kosten des Flugbetriebs betrage mindestens 30 % ([X.]eschwerdebegründung S. 25). Die Rüge ist unbegründet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat dem Gutachter der [X.]eigeladenen bescheinigt, nachvollziehbar dargelegt zu haben, dass sich der Treibstoffkostenanteil, an den Gesamtkosten am [X.] gemessen, im [X.] auf 22,7 % und im [X.] 2025 auf 23,9 % belaufen werde. Zwar verträten auch die qualitätssichernden Gutachter der [X.] mit der Klägerin und entgegen der Auffassung des Gutachters der [X.]eigeladenen die Ansicht, der Treibstoffkostenanteil sei nicht auf die Gesamtkosten an einem Flughafen, sondern nur auf die operativen Kosten (Passage und Logistik) einer Fluggesellschaft zu beziehen. Dieser Meinungsunterschied könne aber dahinstehen, da der Gutachter der [X.]eigeladenen auch nach Auffassung der Qualitätssicherung im Wege einer Vergleichsrechnung nachvollziehbar darstellen könne, dass ein höherer angenommener durchschnittlicher Treibstoffkostenanteil von 20 %, bezogen auf die operativen Kosten, in [X.] nur marginale Effekte im vorliegend verwendeten Modell hätte ([X.] Rn. 387). Da die Klägerin die plausiblen Annahmen der Luftverkehrsprognose der [X.]eigeladenen zum zu erwartenden Anteil der Treibstoffkosten an den Flugbetriebskosten bis zum [X.] 2025 nicht ernsthaft erschüttert habe, sei ihr [X.]eweisantrag abzulehnen.

Gegen § 86 Abs. 1 VwGO verstößt dieses Vorgehen nicht. Die Einholung zusätzlicher Sachverständigengutachten oder gutachtlicher Stellungnahmen liegt nach ständiger Rechtsprechung des [X.]undesverwaltungsgerichts gemäß § 98 VwGO i.V.m. §§ 404, 412 ZPO im Ermessen des Tatsachengerichts. Dieses Ermessen wird nur dann [X.] ausgeübt, wenn das Gericht von der Einholung zusätzlicher Gutachten absieht, obwohl sich ihm die Notwendigkeit einer weiteren [X.]eweiserhebung hätte aufdrängen müssen. Das ist dann der Fall, wenn es zu der Überzeugung gelangen muss, dass die Grundvoraussetzungen nicht gegeben sind, die für die Verwertbarkeit von Gutachten im Allgemeinen oder nach den besonderen Verhältnissen des konkreten Falles gegeben sein müssen, weil die vorliegenden Gutachten oder gutachtlichen Stellungnahmen offen erkennbare Mängel enthalten, von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgehen oder unlösbare Widersprüche aufweisen, wenn sich aus ihnen Zweifel an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit der Gutachter ergeben oder wenn sich herausstellt, dass es sich um eine besonders schwierige Fachfrage handelt, die ein spezielles Fachwissen erfordert, das bei den bisherigen Gutachtern nicht vorhanden ist ([X.]VerwG, Urteil vom 15. Oktober 1985 - 9 C 3.85 - [X.] 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 38 [X.]2). Eine Verpflichtung des Tatsachengerichts, zusätzlich zu den vorliegenden gutachtlichen Stellungnahmen weitere Gutachten einzuholen oder in sonstige Ermittlungen einzutreten, besteht hingegen nicht allein schon deshalb, weil ein [X.]eteiligter die bisher vorliegenden Erkenntnisquellen im Ergebnis für unzutreffend hält (vgl. z.[X.]. [X.]VerwG, Urteil vom 6. Oktober 1987 - 9 C 12.87 - [X.] 310 § 98 VwGO Nr. 31 S. 2).

Hiernach ist es nicht zu beanstanden, dass der Verwaltungsgerichtshof die beantragte Einholung eines weiteren Gutachtens abgelehnt hat.

Es lässt sich nicht feststellen, dass die [X.]ehauptung der Klägerin zutrifft, die Annahmen des Gutachters der [X.]eigeladenen zum Anteil der Treibstoffkosten beruhten auf offenkundig falschen Voraussetzungen ([X.]eschwerdebegründung S. 26). Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass nach Einschätzung der [X.] ([X.]) der Anteil der Treibstoffkosten 32 % betrage, ist ihr entgegenzuhalten, dass sie die in [X.]ezug genommene Verkehrsprognose (der [X.]) vom 10. März 2010 unvollständig wiedergibt und damit verfälscht. Aus der Verkehrsprognose ([X.]8) ergibt sich, dass die [X.] den Anteil der Treibstoffkosten an den Gesamtkosten der Luftverkehrsgesellschaften weltweit quantifiziert haben soll, in [X.] der Anteil aufgrund der höheren Personalkosten und der moderneren Flotten jedoch deutlich niedriger liege und bei der [X.] im [X.] bei 21 % gelegen habe. Die [X.]ehauptung der Klägerin, dass der Anteil bei der [X.] tatsächlich nicht 21 %, sondern 28 % betragen habe, ist nicht belegt. Den [X.]-Politikbrief, aus dem die Klägerin zitiert, hat sie nicht vorgelegt oder auch nur näher bezeichnet. Gleiches gilt für eine ins Feld geführte Veröffentlichung der [X.] ([X.]), wonach sich der Anteil im [X.] auf 33 % belaufen habe. Die vom Gutachter der [X.]eigeladenen angenommenen künftigen Effizienzgewinne beim Treibstoffverbrauch hat der Verwaltungsgerichtshof einer Plausibilitätskontrolle unterworfen und dargelegt, aus welchen Gründen er den Prognosen des Gutachters folgt ([X.] Rn. 388). Die unsubstantiierte [X.]ehauptung der Klägerin, die vom Gutachter unterstellten Effizienzgewinne vorinstanzlich in Frage gestellt zu haben, reicht zur Darlegung eines [X.]en Verzichts des Verwaltungsgerichtshofs auf Einholung des beantragten Gutachtens nicht aus. Die von der Klägerin "unabhängig davon" beanstandete Aussage, ein höherer angenommener durchschnittlicher Treibstoffkostenanteil von 20 % (bezogen auf die operativen Kosten) im Vergleich zum niedrigeren Treibstoffkostenanteil von 18 % (bezogen auf die Gesamtkosten) habe nur einen marginalen Effekt im verwendeten Modell (gemeint ist das gewählte Gesamtverkehrsmodell, vgl. [X.] Rn. 382), hat mit dem [X.]eweisthema, der Anteil der Treibstoffkosten an den Kosten des Flugbetriebs betrage mindestens 30 %, nichts zu tun.

b) Einen weiteren Verstoß gegen § 86 Abs. 1 VwGO sieht die Klägerin darin, dass der Verwaltungsgerichtshof ihrem [X.]eweisantrag zu der Frage nicht entsprochen hat, ob ein gekippt geöffnetes Fenster ein Schalldämmmaß von 15 d[X.](A) erreicht ([X.]eschwerdebegründung S. 27). Sie vermutet als Ergebnis der vermissten [X.]eweisaufnahme, dass lediglich von einer Pegeldifferenz von 10 d[X.](A) auszugehen sei ([X.]eschwerdebegründung S. 28).

Die Rüge ist ebenfalls unbegründet. Der Verwaltungsgerichtshof hatte keinen Anlass, den von der Klägerin beantragten [X.]eweis zu erheben. Nach seiner materiell-rechtlichen Rechtsauffassung, auf die abzustellen ist, auch wenn sie rechtlich verfehlt sein sollte (stRspr, vgl. [X.]VerwG, Urteil vom 25. März 1987 - 6 C 10.84 - [X.] 310 § 108 VwGO Nr. 183 S. 4), war die [X.]eweisfrage nicht entscheidungserheblich. Denn der Verwaltungsgerichtshof hat nicht nur auf die Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung abgestellt, welche die Klägerin durch ein Gutachten erschüttern lassen wollte, sondern seine Entscheidung auch - insoweit selbständig tragend ("Dessen ungeachtet ...") - darauf gestützt, dass der Gesetzgeber für die Ermittlung von Fluglärm in der Anlage zu § 3 [X.] die verfassungsrechtlich unbedenkliche Regelung getroffen habe, dass zwischen außen und innen ein Pegelunterschied von 15 d[X.](A) zu berücksichtigen sei ([X.] Rn. 473).

3. [X.] beruht auf § 154 Abs. 2, § 162 Abs. 3 VwGO und die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

4 B 53/14

17.02.2015

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 19. Februar 2014, Az: 8 A 11.40040, Urteil

Art 28 Abs 2 S 1 GG, Art 19 Abs 4 GG, § 8 Abs 1 S 2 LuftVG, § 8 Abs 1 S 3 LuftVG, § 9 Abs 1 FluLärmG, § 9 Abs 2 FluLärmG, § 9 Abs 5 FluLärmG, § 47d BImSchG, § 48a Abs 1 BImSchG, § 48a Abs 3 BImSchG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 17.02.2015, Az. 4 B 53/14 (REWIS RS 2015, 15392)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 15392

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Referenzen
Wird zitiert von

7 C 9/16

Zitiert

2 BvF 2/93

1 BvR 1640/97

1 BvR 1502/08

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