Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.06.2018, Az. B 1 KR 16/17 B

1. Senat | REWIS RS 2018, 7628

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Gegenstand

Krankenversicherung - Krankenhaus - Kodierung der Reposition einer Fraktur durch Materialkombinationen


Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des [X.] vom 16. Februar 2017 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1413,04 Euro festgesetzt.

Gründe

1

I. Die Klägerin, Trägerin eines für die Behandlung Versicherter zugelassenen Krankenhauses, behandelte die bei der beklagten Krankenkasse versicherte [X.] (im Folgenden: Versicherte) vollstationär in der [X.] vom 15. bis zum 29.8.2013. Sie kodierte ua die Prozeduren nach dem 2013 geltenden [X.] und Prozedurenschlüssel ([X.]) 5-794.1f (Offene Reposition einer Mehrfragment-Fraktur im Gelenkbereich eines langen Röhrenknochens, durch Draht oder Zuggurtung/Cerclage: [X.] proximal) und [X.] 5-794.af (Offene Reposition einer Mehrfragment-Fraktur im Gelenkbereich eines langen Röhrenknochens, durch Marknagel mit Gelenkkomponente: [X.] proximal) nach dem 2013 geltenden [X.] und berechnete hierfür ausgehend von der Fallpauschale (Diagnosis Related Group 2013 ) [X.] (Andere [X.]iffe an Hüftgelenk und [X.] mit komplexem [X.]iff oder äußerst [X.]eren [X.], ohne Osteotomie oder Muskel- / Gelenkplastik, oder ohne kompl. [X.]., ohne äuß. [X.]. [X.], mit Osteotomie oder Muskel- / Gelenkplastik, oh. [X.]. Beckenrepositionen) 6880,71 Euro (Rechnung vom 7.4.2014). Die Beklagte zahlte hierauf lediglich 5467,67 Euro: Die offene Reposition einer subtrochantären Mehrfragmentfraktur sei bereits durch den [X.] 5-794.af abgebildet. Das zusätzliche Osteosyntheseverfahren durch [X.] sei durch den Zusatzkode [X.] 5-786.1 zu kodieren; die Kodierung einer zweiten offenen Reposition sei nicht zulässig. Zu vergüten sei daher [X.] (Andere [X.]iffe an Hüftgelenk und [X.] ohne komplexen [X.], ohne sehr komplexe Diagnosen, ohne komplexen [X.]iff, ohne äußerst [X.]ere [X.], ohne Osteotomie oder Muskel- / Gelenkplastik). Das [X.] hat die Beklagte zur Zahlung des restlichen Rechnungsbetrags von 1413,04 Euro nebst Zinsen verurteilt (Urteil vom [X.]). Das L[X.] hat die Berufung zurückgewiesen: Die Klägerin dürfe [X.] 5-794.1f und zugleich [X.] 5-794.af kodieren, sodass die DRG [X.] angesteuert werde. Nach den Hinweisen zu den [X.]-Kodes 5-79 (Reposition von Fraktur und Luxation) sei die Durchführung einer zweiten Osteosynthese gesondert zu kodieren (Urteil vom [X.]).

2

Die Beklagte wendet sich mit ihrer Be[X.]erde gegen die Nichtzulassung der Revision im L[X.]-Urteil.

3

II. Die Be[X.]erde der Beklagten ist unbegründet. Die grundsätzliche Bedeutung der von der Klägerin gestellten Rechtsfrage (Zulassungsgrund nach § 160 Abs 2 [X.] [X.]G) liegt nicht vor.

4

1. Die Be[X.]erde, mit der die Klägerin allein die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht (§ 160 Abs 2 [X.] [X.]G) ist zulässig. Ihr Vortrag genügt noch den Anforderungen an die Begründung der Nichtzulassungsbe[X.]erde wegen grundsätzlicher Bedeutung. Die Be[X.]erde ist aber nicht begründet. Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Hieran fehlt es.

5

Die Beklagte formuliert als Rechtsfrage:

        

"Sind mehrere [X.]-Codes, von denen jeder einzelne sowohl die Reposition einer Fraktur als auch ein verwendetes Osteosyntheseverfahren abbildet, auch dann nebeneinander zu verwenden, wenn tatsächlich nur eine Reposition durchgeführt und die Fraktur mit verschiedenen Osteosyntheseverfahren versorgt wurde?"

6

Die aufgeworfene Rechtsfrage hat keine grundsätzliche Bedeutung; sie bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Das Bedürfnis für die Klärung einer Rechtsfrage in einem Revisionsverfahren fehlt, wenn das B[X.] die Rechtsfrage zwar nicht unter den dort aufgeworfenen Aspekten ausdrücklich behandelt hat, aber deren Beantwortung einerseits nach der klaren Rechtslage nicht ernsthaft in Zweifel steht (vgl auch B[X.] Beschluss vom 16.4.2012 - [X.] KR 25/11 B - Juris RdNr 7; B[X.] Beschluss vom 19.12.2017 - [X.] KR 17/17 B - Juris RdNr 6) und verbleibende Restzweifel andererseits aufgrund der dazu ergangenen höchstrichterlichen Rspr im Ergebnis jedenfalls bereits ausgeräumt sind, sodass eine weitere Klärung oder Fortentwicklung des Rechts nicht mehr zu erwarten ist (vgl B[X.] Beschluss vom 28.3.2017 - [X.] KR 66/16 B - Juris RdNr 7). So liegt der Fall hier. Es steht außer Zweifel, dass bei der Reposition einer Fraktur durch Materialkombinationen, dh die Verwendung mehrerer [X.], seit der Version 2010 des [X.] die den verwendeten Osteosyntheseverfahren zugeordneten Prozeduren aus dem [X.]-Abschnitt 5-79 im Kapitel 5 "Operationen" nebeneinander zu kodieren sind. Die Klägerin durfte [X.] 5-794.af und [X.] 5-794.1f kodieren. Die Kodierung eines [X.] aus dem Abschnitt 5-786 kommt bei der Osteosynthese einer Fraktur hingegen nicht in Betracht.

7

Nach der Rspr des erkennenden Senats (B[X.]E 109, 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.]7; B[X.] [X.]-2500 § 301 [X.] Rd[X.]4; B[X.] [X.]-5562 § 9 [X.] Rd[X.]3; zur Auslegung von medizinischen Begriffen im [X.] vgl B[X.] [X.]-1500 § 160a [X.] Rd[X.]2 ff, stRspr) sind die [X.] ([X.]) und die in der Fallpauschalenvereinbarung ([X.]) enthaltenen Abrechnungs[X.]immungen (zur normativen Wirkung der [X.] und der [X.] B[X.]E 109, 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.]8) einschließlich des [X.] und des [X.] wegen ihrer Funktion im Gefüge der Ermittlung des Vergütungstat[X.]ands innerhalb eines vorgegebenen Vergütungssystems stets eng am Wortlaut orientiert und unterstützt durch systematische Erwägungen auszulegen; Bewertungen und Bewertungsrelationen bleiben außer Betracht.

8

Nach diesen Auslegungsmaßstäben wirft die Beantwortung der von der Klägerin gestellten Rechtsfrage keine ernsthaften, noch in einem Revisionsverfahren zu klärenden Zweifel auf. Der Wortlaut gibt die mehrfache Kodierung von Prozeduren aus dem [X.]-Abschnitt 5-79 vor, wie das L[X.] - unter Verweis auf das [X.]-Urteil - überzeugend ausgeführt hat. Die Hinweise zum [X.] 5-79 [X.]immen ausdrücklich, dass "die Durchführung einer zweiten Osteosynthese, z. B. bei einer Zwei-Etagen-Fraktur, (…) gesondert zu kodieren" ist. Auch der Hinweis - etwa zu [X.] 5-794.8 - sieht vor, dass "bei Kombinationen von [X.] während eines [X.]iffs alle Komponenten einzeln zu kodieren" sind. Der Begriff "Komponente" bezieht sich erkennbar nicht auf das Verhältnis zwischen einer Reposition und dem verwendeten Osteosynthesematerial, sondern auf das Verhältnis mehrerer verwendeter [X.]. Er steht einer mehrfachen Kodierung von Prozeduren aus dem [X.]-Abschnitt 5-79 nicht entgegen. Eine andere Kodierung als [X.] 5-794.1f neben [X.] 5-794.af ist ausgeschlossen. Der [X.]-Abschnitt 5-79 sieht eine isolierte Kodierung einzelner Komponenten von Osteosynthesematerial für das [X.] nicht vor. Die zwingende Ausschlussregelung bei den [X.]-Kodes 5-786 verbietet nach ihrem klaren Wortlaut strikt, die [X.] bei der "Osteosynthese einer Fraktur (5-79 ff.)" zu kodieren. Wollte man keine mehrfache Kodierung von Prozeduren aus dem [X.]-Abschnitt 5-79 zulassen, liefe die ausdrückliche Zulassung der Kodierung aller Komponenten bei Kombinationen von [X.] leer. Der Grundsatz der monokausalen Kodierung (vgl zB P003d der [X.] 2013) tritt zurück, da die Hinweise zum [X.] 5-79 - wie dargelegt - eine ausdrückliche, in den [X.] nicht abbedungene Regelung zur mehrfachen Kodierung enthalten.

9

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 [X.]G iVm § 154 Abs 2 VwGO, diejenige über den Streitwert auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 [X.]G iVm § 63 Abs 2 S 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG.

Meta

B 1 KR 16/17 B

19.06.2018

Bundessozialgericht 1. Senat

Beschluss

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Mainz, 25. April 2016, Az: S 16 KR 320/14

§ 301 Abs 2 S 2 SGB 5, Abschn 5-79 OPS 2010, Nr 5-794.af OPS 2010, Nr 5-794.1f OPS 2010, Abschn 5-786 OPS 2010

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Beschluss vom 19.06.2018, Az. B 1 KR 16/17 B (REWIS RS 2018, 7628)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 7628

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