Bundesfinanzhof, Urteil vom 01.06.2016, Az. XI R 17/11

11. Senat | REWIS RS 2016, 10691

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Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

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Gegenstand

(Vorsteuerabzug einer geschäftsleitenden Holding - Organschaft: GmbH & Co. KG als juristische Person i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG -  Voraussetzungen für die Anrufung des Großen Senats des BFH nach § 11 Abs. 2 FGO und § 11 Abs. 4 FGO)


Leitsatz

1. Einer geschäftsleitenden Holding, die an der Verwaltung einer Tochtergesellschaft teilnimmt und insoweit eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, steht für Vorsteuerbeträge, die im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen an dieser Tochtergesellschaft stehen, grundsätzlich der volle Vorsteuerabzug zu.

2. § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG kann in einer mit Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG zu vereinbarenden Weise richtlinienkonform dahingehend ausgelegt werden, dass der Begriff "juristische Person" auch eine GmbH & Co. KG umfasst.

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 12. Mai 2011  16 K 411/07 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten nach der in diesem Verfahren ergangenen Vorabentscheidung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) [X.] vom 16. Juli 2015 C-108/14 und [X.]/14 ([X.]:[X.], [X.] --HFR-- 2015, 901) weiterhin um die Höhe des Vorsteuerabzugs der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer Holding, aus Eingangsrechnungen im Zusammenhang mit der Kapitalbeschaffung sowie um das Vorliegen einer Organschaft.

2

Die Klägerin, eine "Beteiligungsgesellschaft" in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG, war im Streitjahr (2005) als sog. "Dachfonds" an zwei --ebenfalls in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG betriebenen-- Tochtergesellschaften als Kommanditistin beteiligt. Ihre Kommanditeinlagen betrugen jeweils über 98 %. Die Tochtergesellschaften waren jeweils Eigentümerinnen eines von ihnen im internationalen Schiffsverkehr betriebenen Vollcontainerschiffes.

3

Die Klägerin schloss mit ihren Tochtergesellschaften am 1. März 2005 einen "Dienstleistungsvertrag". Danach erbrachte sie gegenüber den Tochtergesellschaften "administrative Leistungen" und stand ihnen als "allgemeiner betriebswirtschaftlicher Berater" zur Seite. Insbesondere übernahm sie die Organisation und Durchführung von Gesellschafterversammlungen, die Beratung bei betrieblichen Abläufen, Beratungen auf dem Gebiet des Chartermarktes, die Beratung in Finanzierungsfragen, die Vermittlung von Kontakten zu Hafen- und anderen in- oder ausländischen Behörden für die Tochtergesellschaften, die Beratung bei anlässlich dieser Vermittlung geführten Gesprächen sowie die Vermittlung von Rechts-, Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsleistungen. Für diese Dienstleistungen erhielt sie ab dem [X.] eine Vergütung in Höhe von jährlich ... € [X.] Umsatzsteuer. Für die Beratung in der Gründungsphase und für die Beratung zur laufenden Tätigkeit für das Streitjahr (2005) erhielt sie eine Pauschalvergütung in Höhe von ... € [X.] Umsatzsteuer.

4

Die Klägerin warb im Streitjahr 2005 mithilfe der [X.] in Höhe von ... € ein, um sich damit an [X.] zu beteiligen. Hiervon verwandte sie ... € für den Erwerb der Beteiligungen.

5

Für Aufwendungen der Klägerin im Zusammenhang mit der Einwerbung des Kapitals durch die [X.] und für die Erstellung eines von der B-GmbH erstellten [X.] fiel Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt ... € an, die die Klägerin in ihrer Umsatzsteuererklärung für das [X.] als Vorsteuer geltend machte.

6

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) ließ davon im [X.] für das [X.] vom 24. September 2007 nur 22,31 % (... €) zum Vorsteuerabzug zu; denn das von der Klägerin insgesamt eingeworbene Kapital in Höhe von ... € diene in Höhe von 77,69 % ihrem nichtwirtschaftlichen Bereich (Halten von Anteilen an den Tochtergesellschaften), für den ein Vorsteuerabzug ausscheide.

7

Das Finanzgericht ([X.]) wies die Klage ab. Es folgte der Auffassung des [X.]. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte ([X.]) 2011, 1751 veröffentlicht.

8

Mit ihrer Revision hat die Klägerin geltend gemacht, ihr stehe nach den [X.]-Urteilen [X.] vom 27. September 2001 [X.]/00 ([X.]:[X.], BFH/NV Beilage 2002, 6) und [X.] vom 29. Oktober 2009 [X.]/08 ([X.]:[X.], BFH/NV 2009, 2099) der volle Vorsteuerabzug zu. Danach hänge das Halten von Beteiligungen unmittelbar mit dem entgeltlichen Eingreifen in die Verwaltung der Tochtergesellschaften zusammen, wenn eine Muttergesellschaft anlässlich eines [X.]s Dienstleistungen beziehe, um später gegenüber ihren daraufhin gegründeten bzw. erworbenen Tochtergesellschaften eigene umsatzsteuerpflichtige Leistungen zu erbringen. Dann sei sie, die Klägerin, im Ganzen wirtschaftlich tätig, so dass bei einem [X.] anfallende Kosten vollumfänglich den allgemeinen Kosten des Unternehmens zuzuordnen und die damit im Zusammenhang stehenden Vorsteuerbeträge insgesamt abziehbar seien.

9

Hilfsweise hat die Klägerin im Revisionsverfahren erstmals unter Hinweis auf die [X.]-Urteile Kommission/[X.] vom 9. April 2013 [X.]/11 ([X.]:[X.], Mehrwertsteuerrecht --[X.]-- 2013, 238) und Kommission/[X.] vom 25. April 2013 [X.]/10 ([X.]:[X.], [X.] 2013, 276) vorgebracht, der von ihr geltend gemachte Vorsteuerabzug stehe ihr jedenfalls unter dem Gesichtspunkt einer mit ihren Tochtergesellschaften bestehenden Organschaft zu. Eine Organschaft komme auch mit ihren Tochtergesellschaften als Organgesellschaften in Betracht, obwohl diese als Kommanditgesellschaften die Rechtsform einer Personengesellschaft hätten. Deshalb seien ihr die Umsätze ihrer Tochtergesellschaften zuzurechnen, so dass ihr auch aus diesem Grund der volle Vorsteuerabzug zu gewähren sei.

Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 11. Dezember 2013 XI R 17/11 ([X.], 79, [X.], 417) das Revisionsverfahren ausgesetzt und dem [X.] folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

   

"1. Nach welcher Berechnungsmethode ist der (anteilige) Vorsteuerabzug einer Holding aus [X.] im Zusammenhang mit der Kapitalbeschaffung zum Erwerb von Anteilen an Tochtergesellschaften zu berechnen, wenn die Holding später (wie von vornherein beabsichtigt) verschiedene steuerpflichtige Dienstleistungen gegenüber diesen Gesellschaften erbringt?

   

2. Steht die Bestimmung über die Zusammenfassung mehrerer Personen zu einem Steuerpflichtigen in Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der [X.] einer nationalen Regelung entgegen, nach der (erstens) nur eine juristische Person --nicht aber eine Personengesellschaft-- in das Unternehmen eines anderen Steuerpflichtigen (sog. Organträger) eingegliedert werden kann und die (zweitens) voraussetzt, dass diese juristische Person finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch (im Sinne eines Über- und Unterordnungsverhältnisses) 'in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist'?

  

3. Falls die vorstehende Frage bejaht wird: Kann sich ein Steuerpflichtiger unmittelbar auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der [X.] berufen?"

Der [X.] hat die Fragen mit seinem Urteil [X.] ([X.]:[X.], [X.], 901) beantwortet.

Die Klägerin sieht sich durch das [X.]-Urteil in ihrer Auffassung bestätigt, dass ihr der volle Vorsteuerabzug zustehe und sie außerdem zusammen mit ihren Tochtergesellschaften die Voraussetzungen einer umsatzsteuerrechtlichen Organschaft erfülle. Selbst die strengen [X.] Eingliederungsvoraussetzungen lägen im Streitfall vor.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des [X.] sowie den [X.] für 2005 vom 24. September 2007 aufzuheben, hilfsweise, das Urteil des [X.] aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen.

Das [X.] beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Nach dem [X.]-Urteil [X.] ([X.]:[X.], [X.], 901) stehe der Klägerin als Führungsholding zwar an sich der volle Vorsteuerabzug aus den Kosten im Zusammenhang mit dem Erwerb der Beteiligungen zu. Ein Vorsteuerabzug scheide aber aus, wenn die Umsätze, die dieses Recht begründen, eine missbräuchliche Praxis darstellen.

Um derartige Missbräuche zu bekämpfen, solle das Innehaben einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung nur dann eine unternehmerische Tätigkeit darstellen, wenn die gesellschaftsrechtliche Beteiligung im Zusammenhang mit einem unternehmerischen Grundgeschäft erworben, gehalten und veräußert wird, es sich hierbei also um [X.] handele. Zwischen der gesellschaftsrechtlichen Beteiligung und der unternehmerischen Haupttätigkeit müsse ein erkennbarer und objektiver wirtschaftlicher Zusammenhang bestehen; das sei der Fall, wenn die Aufwendungen für die gesellschaftsrechtliche Beteiligung zu den Kostenelementen der Umsätze aus der Haupttätigkeit gehören (Hinweis auf Abschn. 2.3 Abs. 4 des [X.] --UStAE--).

Somit könne zur Bekämpfung des Missbrauchs der Vorsteuerabzug bei einer Führungsholding aus den im Zusammenhang mit dem [X.] angefallenen Kosten versagt werden, wenn das Halten der Beteiligung die Haupttätigkeit der Gesellschaft darstelle und neben dem Erbringen von Dienstleistungen für die Tochtergesellschaft kein unternehmerisches Grundgeschäft vorliege.

Das sei hier der Fall. Nach den Feststellungen des [X.] habe die Klägerin ein Eigenkapital von ... € eingeworben und hiervon ... € für den Erwerb der Beteiligungen verwandt, während die Umsätze aus den von ihr erbrachten Dienstleistungen jedoch im [X.] lediglich ... € und in den Folgejahren jeweils ... € betrugen. Unter diesen Umständen sei nicht erkennbar, dass die Beteiligungen als Hilfsumsatz für die wirtschaftliche Tätigkeit (Dienstleistungen) anzusehen seien. Vielmehr bestehe die Haupttätigkeit der Klägerin in der Beteiligung an den [X.]. Das Erbringen der Dienstleistungen sei ein Nebenprodukt der Beteiligungen, so dass die Aufwendungen der Klägerin nicht zu den Kostenelementen der den Vorsteuerabzug begründenden Ausgangsumsätze gehört hätten.

Das [X.] ([X.]) ist nach Ergehen des [X.]-Urteils gemäß § 122 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) dem Revisionsverfahren beigetreten, ohne einen eigenen Antrag zu stellen. Es trägt nur zur Organschaft vor.

Nach dem Wortlaut von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) könne eine Person, die keine "juristische Person" sei, nicht als Organgesellschaft in das Unternehmen des [X.] eingegliedert werden. Der [X.] habe dem Senat die Prüfung aufgegeben, ob der Ausschluss von anderen Personen eine Maßnahme zur Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen und der Vermeidung von Steuerhinterziehung oder -umgehung darstelle. Sofern der Senat eine solche Maßnahme verneine, werde mangels direkten Berufungsrechts des Steuerpflichtigen auf die Vorschriften des Unionsrechts zu prüfen sein, ob es möglich ist, anderen Personen --insbesondere [X.] den Anwendungsbereich der Organschaftsregelung durch Auslegung des Begriffs "juristische Person" zu eröffnen. Nach Auffassung des [X.] sei dies nicht möglich; dadurch würden die Grenzen zulässiger Auslegung überschritten.

Soweit § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG ferner für die Annahme einer Organschaft eine Eingliederung und damit ein Verhältnis der Unterordnung voraussetze, sei dies erforderlich und geeignet, um Steuerhinterziehungen oder -umgehungen durch die Anwendung der Organschaftsregelung vorzubeugen. Das Erfordernis eines Unterordnungsverhältnisses diene zudem der Rechtssicherheit; es stehe auch im Einklang mit der Entstehungsgeschichte der Vorschrift. Eine anderweitige, unionsrechtskonforme Auslegung des Begriffs der Eingliederung in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG sei nicht möglich.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 [X.]O).

Der Klägerin steht der begehrte Vorsteuerabzug zu (s. dazu unter 1.). Allerdings kommt das Vorliegen einer Organschaft in Betracht, so dass ggf. die Umsätze der Tochtergesellschaften im angefochtenen Umsatzsteuerbescheid zu erfassen sind (vgl. unter 2.). Die Sache ist insoweit nicht spruchreif.

1. Der Klägerin steht als geschäftsleitender Holding der volle Vorsteuerabzug für die bezogenen Eingangsleistungen zu.

a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet, wobei allerdings u.a. bei steuerfreien Umsätzen für die Seeschifffahrt (§ 4 Nr. 2 i.V.m. § 8 Abs. 1 UStG) die Vorsteuer nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a UStG abziehbar ist.

Diese Vorschriften beruhten im Streitjahr auf Art. 17 Abs. 2 Buchst. a der [X.]/[X.] des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ([X.]/[X.]), wonach der Steuerpflichtige (Unternehmer), der Gegenstände und Dienstleistungen für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet, befugt ist, die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert wurden oder geliefert werden bzw. erbracht wurden oder erbracht werden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen. Bei Umsätzen für die Seeschifffahrt sind Art. 17 Abs. 3 Buchst. [X.]. Art. 15 Nr. 5 der [X.]/[X.] zu beachten (jetzt: Art. 169 Buchst. [X.]. Art. 148 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/[X.] vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem --MwStSystRL--).

b) Der Unternehmer ist nach diesen Vorschriften zum Vorsteuerabzug berechtigt, soweit er Leistungen für sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG, Art. 4 der [X.]/[X.]) und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten zur Erbringung entgeltlicher Leistungen (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, Art. 2 Nr. 1 der [X.]/[X.]) zu verwenden beabsichtigt.

c) Dazu hat der [X.] im vorliegenden Rechtsstreit in seinem Urteil [X.] ([X.]:[X.], [X.], 901) Folgendes entschieden:

    

"1. Art. 17 Abs. 2 und 5 der [X.]/[X.] des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern - Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage in der durch die Richtlinie 2006/69/[X.] vom 24. Juli 2006 geänderten Fassung ist wie folgt auszulegen:

    

- Kosten, die im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen an ihren Tochtergesellschaften von einer Holdinggesellschaft getragen werden, die an deren Verwaltung teilnimmt und insoweit eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, sind als Teil der allgemeinen Aufwendungen der Holdinggesellschaft anzusehen, und die für diese Kosten bezahlte Mehrwertsteuer ist grundsätzlich vollständig abzuziehen, es sei denn, dass bestimmte nachgelagerte Umsätze gemäß der [X.] in der durch die Richtlinie 2006/69 geänderten Fassung mehrwertsteuerfrei sind. Im letzteren Fall darf das Abzugsrecht nur nach den in Art. 17 Abs. 5 der Richtlinie vorgesehenen Modalitäten vorgenommen werden.

    

- Kosten, die im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen an ihren Tochtergesellschaften von einer Holdinggesellschaft getragen werden, die nur bei einigen von ihnen an der Verwaltung teilnimmt, hinsichtlich der übrigen dagegen keine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, sind nur zum Teil als Teil der allgemeinen Aufwendungen der Holdinggesellschaft anzusehen, so dass die für diese Kosten bezahlte Mehrwertsteuer nur im Verhältnis zu den der wirtschaftlichen Tätigkeit inhärenten Kosten nach von den Mitgliedstaaten festgelegten Aufteilungskriterien abgezogen werden kann, die bei der Ausübung dieser Befugnis Zweck und Systematik der [X.] berücksichtigen und insoweit eine Berechnungsweise vorsehen müssen, die objektiv widerspiegelt, welcher Teil der Eingangsaufwendungen der wirtschaftlichen und der nichtwirtschaftlichen Tätigkeit tatsächlich zuzurechnen ist, was zu prüfen Sache der nationalen Gerichte ist."

aa) Der [X.] hat dies im Wesentlichen wie folgt begründet (Rz 21, 25):

    

"21 Eingriffe einer Holdinggesellschaft in die Verwaltung von Gesellschaften, an denen sie Beteiligungen erworben hat, sind eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne von Art. 4 Abs. 2 der [X.], wenn sie die Durchführung von Transaktionen einschließen, die gemäß Art. 2 der Richtlinie der Mehrwertsteuer unterliegen, wie etwa das Erbringen von administrativen, finanziellen, kaufmännischen und technischen Dienstleistungen der Holdinggesellschaft an ihre Tochtergesellschaften (vgl. u. a. Urteile [X.], [X.]/00, [X.]:[X.], Rn. 22, und [X.], [X.]/11, [X.]:[X.], Rn. 34). ...

    

25 Wie der Generalanwalt in Nr. 39 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, sind daher die Kosten, die im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen an ihren Tochtergesellschaften von einer Holdinggesellschaft getragen werden, die an deren Verwaltung teilnimmt und – wie oben in Rn. 21 des vorliegenden Urteils ausgeführt worden ist – insoweit eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, als der wirtschaftlichen Tätigkeit dieser Gesellschaft zugeordnet anzusehen. Folglich eröffnet die für diese Kosten bezahlte Mehrwertsteuer gemäß Art. 17 Abs. 2 der [X.] ein Recht auf vollständigen Vorsteuerabzug. ..."

[X.]) Bezogen auf den Streitfall hat der [X.] ausgeführt (Rz 28 f.):

    

"28 Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den Ausführungen des vorlegenden Gerichts, dass in den Ausgangsverfahren die Holdinggesellschaften aufgrund der wirtschaftlichen Tätigkeit mehrwertsteuerpflichtig sind, die aus den Leistungen besteht, die sie an alle ihre Tochtergesellschaften gegen Entgelt erbringen. Daher müsste die für die Kosten des Erwerbs dieser Leistungen gezahlte Mehrwertsteuer vollständig abgezogen werden, es sei denn, dass nachgelagerte Umsätze gemäß der [X.] mehrwertsteuerfrei sind. Im letzteren Fall dürfte das Abzugsrecht nur nach den in Art. 17 Abs. 5 der Richtlinie vorgesehenen Modalitäten vorgenommen werden.

   

29 Somit könnte nur in dem Fall, dass das vorlegende Gericht feststellen sollte, dass die Beteiligungen, die sich aus den Kapitaltransaktionen der Holdinggesellschaften der Ausgangsverfahren ergeben haben, zum Teil anderen Tochtergesellschaften zugeordnet worden sind, an deren Verwaltung sie nicht teilgenommen haben, die für die Kosten dieser Transaktionen gezahlte Mehrwertsteuer nur anteilig abgezogen werden, wie in der ersten Frage des vorlegenden Gerichts in Betracht gezogen wird. Denn in diesem Fall könnte das bloße Halten ihrer Anteile an diesen Tochtergesellschaften nicht als eine wirtschaftliche Tätigkeit dieser Holdinggesellschaften angesehen werden, und die Vorsteuer wäre in die Mehrwertsteuer aufzuteilen, die zu den wirtschaftlichen Tätigkeiten der Holdinggesellschaften gehört, und in die, die zu ihren nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten gehört."

d) Ausgehend davon ist die Vorentscheidung, die von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, aufzuheben. Der Klägerin steht nach den vom [X.] aufgestellten Grundsätzen der begehrte Vorsteuerabzug zu.

aa) Die Klägerin ist nach Auffassung des [X.] (Urteil S. 5, unter I.1.c), des [X.]s (Beschluss in [X.], 79, [X.], 417, Rz 33) und des [X.] (Urteil [X.], [X.]:[X.], [X.], 901, Rz 28) Unternehmerin, deren Tätigkeit darin besteht, dass sie an alle ihre Tochtergesellschaften gegen Entgelt die in § 1 des Dienstleistungsvertrags vom 1. März 2005, auf den das [X.] Bezug genommen hat, genannten administrativen und kaufmännischen Dienstleistungen erbringt.

[X.]) Soweit das [X.], das [X.] und der [X.] ([X.], 79, [X.], 417, Frage 1 sowie Rz 35 bis 38) nach dem vom [X.] festgestellten Sachverhalt gleichwohl eine nur teilweise Gewährung des Vorsteuerabzugs für möglich gehalten haben, widerspricht dies Rz 28 und 29 des [X.]-Urteils [X.] ([X.]:[X.], [X.], 901). Die Klägerin hat keine Leistungen an andere Tochtergesellschaften erbracht, an deren Verwaltung sie nicht teilnimmt. Davon geht auch das [X.] aus.

e) Zwar trifft die Auffassung des [X.], der Vorsteuerabzug könne zur Vermeidung einer missbräuchlichen Praxis versagt werden, grundsätzlich zu (vgl. [X.]-Urteile [X.] u.a. vom 21. Februar 2006 [X.]/02, [X.]:[X.]:2006:121, [X.] Beilage 2006, 260; [X.] vom 20. Juni 2013 [X.]/11, [X.]:[X.], [X.] 2013, 851; [X.] u.a. vom 18. Dezember 2014 [X.]/13, [X.]:[X.]:2014:2455, [X.], 200, Rz 43 ff.).

Allerdings sind nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.], die den [X.] nach § 118 Abs. 2 [X.]O binden, keine Anhaltspunkte für eine missbräuchliche Praxis ersichtlich. Dass die Klägerin gegen Entgelt die in § 1 des Dienstleistungsvertrags genannten Dienstleistungen an ihre Tochtergesellschaften erbringt, wird vom [X.] nicht in Zweifel gezogen.

Weder die Höhe des Entgelts der Klägerin für ihre Dienstleistungen (im Streitjahr ... €, danach ... € jährlich) noch der Umstand, dass das [X.] die Voraussetzungen des Abschn. 2.3 Abs. 4 UStAE im Streitfall verneint, weil die Beteiligungen nicht als Hilfsumsatz für die wirtschaftliche Tätigkeit (Dienstleistungen) der Klägerin anzusehen seien, sprechen für das Vorliegen eines Missbrauchs. Zudem regelt Abschn. 2.3 Abs. 4 UStAE nicht den Ausschluss des Vorsteuerabzugs wegen Missbrauchs, sondern lediglich --und zwar abweichend vom [X.]-Urteil [X.] ([X.]:[X.], [X.], [X.], unter welchen Voraussetzungen aus Sicht der Finanzverwaltung das Innehaben einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung eine unternehmerische Tätigkeit darstellt und die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs vorliegen. Abgesehen davon binden norminterpretierende Verwaltungsvorschriften wie Abschn. 2.3 Abs. 4 UStAE die Gerichte ohnehin nicht (vgl. z.B. Urteile des [X.] --[X.]-- vom 18. April 2012 XI R 14/10, [X.], 1828, Rz 41; vom 16. September 2015 XI R 27/13, [X.], 252, Rz 30; jeweils m.w.N.).

2. Gleichwohl ist die Sache nicht spruchreif i.S. einer Klagestattgabe. Denn es kommt in Betracht, dass zwischen der Klägerin --wie von ihr geltend gemacht-- und ihren Tochtergesellschaften eine Organschaft besteht (s. dazu unter 3. bis 6.). Dies könnte Auswirkungen auf die Höhe der gegen die Klägerin für das Streitjahr festzusetzenden Umsatzsteuer haben.

a) Besteht eine Organschaft, sind die im Inland gelegenen Unternehmensteile als ein Unternehmen zu behandeln (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG). Dies führt dazu, dass der Organträger Steuerschuldner für alle Leistungen ist, die die Unternehmensteile des [X.] gegenüber Dritten erbringen; die von der Organgesellschaft gegenüber Dritten ausgeführten Umsätze sind dem Organträger zuzurechnen (vgl. [X.]-Urteile vom 19. Mai 2005 V R 31/03, [X.], 167, [X.], 671, unter [X.], Rz 21; vom 14. März 2012 XI R 28/09, [X.], 1493, Rz 24; [X.]-Urteil [X.] ([X.]) vom 17. September 2014 [X.]/13, [X.]:[X.], [X.] 2014, 1031, Rz 28). Leistungsbezüge der Organgesellschaft von Dritten werden dem Organträger gleichfalls zugerechnet und berechtigen diesen zum Vorsteuerabzug ([X.]-Urteile vom 19. Oktober 1995 V R 71/93, [X.] 1996, 273, unter II.2., Rz 18; vom 13. Mai 2009 XI R 84/07, [X.], 282, [X.], 868, unter [X.], Rz 24; [X.]-Urteil [X.] ([X.]), [X.]:[X.], [X.] 2014, 1031, Rz 29).

b) Ob eine Organschaft zwischen der Klägerin und ihren Tochtergesellschaften besteht, ist auch im vorliegenden Verfahren zu prüfen, da Streitgegenstand im finanzgerichtlichen Verfahren nicht das einzelne Besteuerungsmerkmal, sondern die Rechtmäßigkeit des Steuerbescheids ist (vgl. Beschluss des [X.]s des [X.] vom 17. Juli 1967 GrS 1/66, [X.]E 91, 393, [X.] 1968, 344; [X.]-Urteil vom 1. Dezember 2010 XI R 46/08, [X.]E 232, 232, [X.] 2011, 712). Wären der Klägerin die Umsätze und Leistungsbezüge ihrer Tochtergesellschaften zuzurechnen, wäre die Umsatzsteuer im Rahmen der Bindung an das Klagebegehren (§ 96 Abs. 1 Satz 2 [X.]O) ggf. in anderer Höhe festzusetzen.

c) Ob eine Organschaft besteht und weiter dazu führt, dass die Umsatzsteuer höher oder niedriger festzusetzen ist, kann nicht beurteilt werden, da das [X.] --aus seiner Sicht konsequenterweise-- nicht festgestellt hat, wie hoch die bisher (möglicherweise zu Unrecht) gegenüber den Tochtergesellschaften festgesetzte Umsatzsteuer ist.

3. Auch eine [X.] --wie dies auf die Tochtergesellschaften der Klägerin zutrifft-- kann Organgesellschaft i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG sein.

a) Nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG wird die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des [X.] eingegliedert ist (Organschaft).

b) § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG beruhte im Streitjahr auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der [X.]/[X.] (jetzt: Art. 11 MwStSystRL), wonach es vorbehaltlich der Konsultation nach Art. 29 der [X.]/[X.] jedem Mitgliedstaat frei steht, im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln (sog. Mehrwertsteuergruppe).

c) Der [X.] hat zur Auslegung dieser Bestimmungen --für den [X.] bindend-- Folgendes entschieden (vgl. Urteil [X.], [X.]:[X.], [X.], 901, Leitsatz 2):

    

"2. Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der [X.] in der durch die Richtlinie 2006/69 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die die in dieser Bestimmung vorgesehene Möglichkeit, eine Gruppe von Personen zu bilden, die als ein Mehrwertsteuerpflichtiger behandelt werden können, allein den Einheiten vorbehält, die juristische Personen sind und mit dem Organträger dieser Gruppe durch ein Unterordnungsverhältnis verbunden sind, es sei denn, dass diese beiden Anforderungen Maßnahmen darstellen, die für die Erreichung der Ziele der Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen und der Vermeidung von Steuerhinterziehung oder -umgehung erforderlich und geeignet sind, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat."

d) Zur Beschränkung von Organgesellschaften auf juristische Personen in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG hat der [X.] ausgeführt (vgl. Urteil [X.], [X.]:[X.], [X.], 901, Rz 36 bis 43):

    

"36 Was die Antwort anbelangt, die in der Sache auf die zweite Frage zu geben ist, ist darauf hinzuweisen, dass der [X.] hinsichtlich der Auslegung von Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/[X.] vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (ABl. L 347, S. 1), dessen Wortlaut dem von Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der [X.] entspricht, festgestellt hat, dass diese Bestimmungen, die jedem Mitgliedstaat gestatten, mehrere Personen, die im Gebiet dieses Mitgliedstaats ansässig und rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln, ihre Anwendung nicht von weiteren Voraussetzungen abhängig machen (vgl. in diesem Sinne Urteil [X.]/ [X.], [X.]/11, [X.]:[X.], Rn. 36).

    

37 Daher ist erstens festzustellen, dass Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der [X.] im Unterschied zu anderen Bestimmungen der [X.], insbesondere ihren Art. 28a und 28b, die sich ausdrücklich auf 'juristische Personen' beziehen, nicht per se die Einheiten von seinem Anwendungsbereich ausschließt, die - wie die Kommanditgesellschaften der Ausgangsverfahren - keine juristischen Personen sind.

     

38 Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der [X.] sieht für die Mitgliedstaaten auch keine ausdrückliche Möglichkeit vor, den Wirtschaftsteilnehmern weitere Bedingungen für die Bildung einer Mehrwertsteuergruppe aufzubürden (vgl. in diesem Sinne Urteil [X.]/ [X.], [X.]/10, [X.]:[X.], Rn. 35), insbesondere nicht, dass die Mitgliedstaaten verlangen könnten, dass ausschließlich juristische Personen Mitglieder einer Mehrwertsteuergruppe sein könnten.

    

39 Deshalb ist zu prüfen, ob der Spielraum der Mitgliedstaaten, die die Möglichkeit haben, die Bildung solcher Mehrwertsteuergruppen in ihrem Gebiet zu gestatten, es ihnen erlaubt, die Einheiten, die keine juristischen Personen sind, vom Anwendungsbereich des Art. 4 Abs. 4 der [X.] auszuschließen.

40 Aus der Begründung des [X.] ([X.]] 950 endg.), der zum Erlass der [X.] geführt hat, geht hervor, dass der [X.] durch den Erlass von Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 dieser Richtlinie es den Mitgliedstaaten ermöglichen wollte, die Eigenschaft des Steuerpflichtigen nicht systematisch an das Merkmal der rein rechtlichen Selbständigkeit zu knüpfen, und zwar aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung oder zur Verhinderung bestimmter Missbräuche, wie [X.] die Aufspaltung eines Unternehmens zwischen mehreren Steuerpflichtigen, um in den Genuss einer Sonderregelung zu gelangen (vgl. in diesem Sinne Urteil [X.]/[X.], [X.]/10, [X.]:[X.], Rn. 37).

        

41 Insoweit hat der [X.] bereits entschieden, dass die Mitgliedstaaten bei der Anwendung von Art. 11 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112 im Rahmen ihres Ermessensspielraums die Anwendung der Regelung über die Mehrwertsteuergruppe bestimmten Beschränkungen unterwerfen können, sofern diese den Zielen der Richtlinie entsprechen, die auf die Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen und die Vermeidung von Steuerhinterziehung oder -umgehung abzielt (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil [X.]/[X.], [X.]/10, [X.]:[X.], Rn. 38 und 39).

    

42 Zwar enthielt die Sechste Richtlinie bis zum Inkrafttreten ihres durch die Richtlinie 2006/69 eingeführten Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 3 keine mit Art. 11 Abs. 2 der Richtlinie 2006/112 vergleichbaren ausdrücklichen Bestimmungen, doch war den Mitgliedstaaten dadurch nicht die Möglichkeit genommen, vor diesem Inkrafttreten gleichwertige sachdienliche Maßnahmen zu erlassen, da die Vermeidung von Steuerhinterziehung und -umgehung durch die Mitgliedstaaten ein Ziel darstellt, das von der [X.] anerkannt und gefördert wird, selbst wenn eine ausdrückliche Ermächtigung durch den [X.] fehlt (vgl. in diesem Sinne u. a. Urteil [X.] u. a., [X.]/02, [X.]:[X.]:2006:121, Rn. 70 und 71).

    

43 Es obliegt jedoch dem vorlegenden Gericht, zu prüfen, ob der Ausschluss der Einheiten, die keine juristischen Personen sind, von der Regelung über die Mehrwertsteuergruppe, wie er sich aus dem in den Ausgangsverfahren anwendbaren nationalen Recht ergibt, eine für diese Ziele der Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen und der Vermeidung von Steuerhinterziehung oder -umgehung erforderliche und geeignete Maßnahme ist."

e) Die dem [X.] vom [X.] in Leitsatz 2 und Rz 43 seines Urteils [X.] aufgegebene Prüfung führt zu dem Ergebnis, dass der in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG normierte generelle Ausschluss von Einheiten, die keine juristischen Personen sind, keine erforderliche und geeignete Maßnahme zur Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen und der Vermeidung von Steuerhinterziehung oder -umgehung ist.

aa) Davon ist der [X.] bereits in seinem Vorlagebeschluss ausgegangen (vgl. [X.], 79, [X.], 417, Rz 68 "fernliegend").

[X.]) Dem sind die [X.] und der Generalanwalt gefolgt.

Der Generalanwalt hat hierzu u.a. ausgeführt (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts [X.] vom 26. März 2015 [X.], [X.]:[X.]:2015:212, juris, Rz 73, 74 und 80):

    

"73. Auch wenn die Prüfung dieser Punkte dem vorlegenden Gericht obliegt, ist anzumerken, dass es im Wesentlichen bereits in seiner Vorlageentscheidung klargestellt hat, dass es zum einen keine Verbindung zwischen der in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG aufgestellten Bedingung, nach der alle Mitglieder einer Mehrwertsteuergruppe Rechtspersönlichkeit besitzen müssen, und der Verfolgung der in Art. 4 Abs. 4 der [X.] genannten Ziele sieht und dass dieses Erfordernis zum anderen dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität zuwiderlaufen könnte, soweit allein aufgrund der Rechtsform bestimmte Unternehmen von der Möglichkeit der Beteiligung an einer Mehrwertsteuergruppe ausgeschlossen werden.
74. Ich teile diese Ansicht.
...
80. Wie für das vorlegende Gericht und die [X.] ist jedoch auch für [X.] nur schwer ersichtlich, inwiefern eine Unterscheidung in Abhängigkeit von der Rechtsform oder dem Vorliegen bzw. Nichtvorliegen von Rechtspersönlichkeit der Unternehmen zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und -umgehung erforderlich und geeignet sein sollte."

[X.]) Weder das [X.] noch das [X.] sind dieser Beurteilung entgegengetreten.

dd) Auch aus der Gesetzesbegründung zu § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ergeben sich keine Hinweise darauf, dass mit der Beschränkung der Organgesellschaften auf "juristische Personen" missbräuchliche Praktiken oder Verhaltensweisen und Steuerhinterziehung oder -umgehung verhindert werden sollten.

§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG geht im Wesentlichen auf das [X.] vom 29. Mai 1967 (UStG 1967) zurück. Der Bericht des Finanzausschusses zum Gesetzentwurf enthält lediglich die Aussage, dass das [X.] "zur Vermeidung unnötiger Verwaltungsarbeit in der Wirtschaft" beibehalten wird (vgl. [X.] zu V/1581, S. 10; [X.]-Urteil vom 17. Januar 2002 V R 37/00, [X.]E 197, 357, [X.] 2002, 373, unter [X.] aa, Rz 42; Stadie in Rau/Dürrwächter, [X.], § 2 Rz 784).

In der Gesetzesbegründung zum UStG 1980 heißt es zu § 2 Abs. 1 und 2 UStG nur (vgl. [X.] 8/1779, S. 29): "Die Absätze 1 und 2 stimmen mit § 2 Abs. 1 und 2 UStG 1973 überein. Artikel 4 Abs. 1 bis 4 der 6. Richtlinie erfordert keine Änderung dieser Vorschriften." Aus der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Finanzausschusses zu diesem Gesetzentwurf folgt nichts anderes (vgl. [X.] 8/2827, S. 6, 63 ff.). Allerdings sollen sich bei der Vorbereitung des UStG 1980 sowohl die Finanzverwaltung als auch die Wirtschaft einhellig für die Beibehaltung der Organschaft ausgesprochen haben. Die Organisationsstruktur vieler Unternehmen sei seit langem auf die Organschaft ausgerichtet. Auf Seiten der Finanzverwaltung führe die Organschaft zu einer gewissen Verwaltungsvereinfachung. Der [X.] werde unter einer Steuernummer geführt und gebe nur eine Umsatzsteuererklärung ab. Der Verzicht auf die Organschaft hätte daher bei Wirtschaft und Verwaltung nicht nur erhebliche Mehrarbeit, sondern auch Kostensteigerungen mit sich gebracht (so [X.], [X.] Steuer-Zeitung [X.], 5, 8; vgl. auch [X.], [X.], 112, 114).

Selbst wenn man deshalb davon ausgeht, die "Verwaltungsvereinfachung" sei "auch" das Motiv des Gesetzgebers gewesen, die Rechtsfigur der Organschaft im UStG 1980 beizubehalten (so Stadie in Rau/Dürrwächter, a.a.[X.], § 2 Rz 784), ergibt sich daraus nichts für die hier zu prüfende Frage. Dieses Ziel der "Verwaltungsvereinfachung" findet sich zwar (neben dem Ziel der Verhinderung von Missbräuchen) ebenfalls in der Begründung zu Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der [X.]/[X.] (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], [X.], 901, Rz 40). Es kann aber die Beschränkung der Organgesellschaften auf juristische Personen in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG nicht rechtfertigen; vielmehr kommt es insofern --allein-- darauf an, ob diese Beschränkung eine erforderliche und geeignete Maßnahme zur Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen und der Vermeidung von Steuerhinterziehung oder -umgehung ist (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], [X.], 901, Leitsatz 2, Rz 43).

4. Allerdings entfaltet Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der [X.]/[X.] keine unmittelbare Wirkung und ist deshalb auch nicht berufbar ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], [X.], 901, Leitsatz 3).

5. Ausgehend davon hat der [X.] im Streitfall zu prüfen, ob § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG richtlinienkonform dahingehend ausgelegt werden kann, dass der Begriff "juristische Person" i.S. dieser Vorschrift auch Personengesellschaften umfasst ([X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], [X.], 901, Leitsätze 2 und 3; vgl. auch Rz 114 der Schlussanträge des Generalanwalts [X.], [X.]:[X.]:2015:212, juris).

Dies ist jedenfalls für eine [X.] --wie dies für die Tochtergesellschaften der Klägerin zutrifft-- zu bejahen.

a) Die Frage, ob eine richtlinienkonforme Auslegung des Tatbestandsmerkmals "juristische Person" in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG möglich ist, wird in der Literatur bisher nicht einheitlich beantwortet (bejahend z.B. [X.], [X.], 1748; Korn, [X.] zur [X.], 39; [X.], Betriebs-Berater 2015, 2074, 2076; Prätzler, juris [X.] Steuerrecht 43/2015, [X.]. 6, unter [X.]; wohl auch Hummel, [X.] 2015, 671, 680; Streit/Rust, [X.]s Steuerrecht --DStR-- 2015, 2097, 2099 f.; tendenziell verneinend [X.], [X.], 2566, 2574; [X.]/[X.], [X.] 2015, 710, 718; [X.], [X.] 2015, 587, 588; offen [X.], [X.] 2015, 757, 758; [X.], Die Steuerberatung 2016, 18). Das beigetretene [X.] hält eine richtlinienforme Auslegung nicht für möglich.

b) Für die vorzunehmende Prüfung, ob eine richtlinienkonforme Auslegung einer nationalen Vorschrift möglich ist, gelten nach der Rechtsprechung des [X.] ([X.]) folgende Grundsätze:

aa) Aus dem Grundsatz der Unionstreue (Art. 4 Abs. 3 des Vertrags über die [X.]) folgt die Verpflichtung der Gerichte, diejenige Auslegung des nationalen Rechts zu wählen, die dem Inhalt der Richtlinie (in der vom [X.] entschiedenen Auslegung) entspricht ([X.]-Beschluss vom 8. April 1987  2 BvR 687/85, [X.]E 75, 223, unter [X.] [X.], Rz 45). Besteht ein Auslegungsspielraum, ist das nationale Gericht verpflichtet, diesen so weit wie möglich auszuschöpfen; mehrere mögliche Auslegungsmethoden sind daher hinsichtlich des [X.] bestmöglich anzuwenden i.S. eines Optimierungsgebotes ([X.]-Beschluss vom 26. September 2011  2 BvR 2216/06, 2 BvR 469/07, [X.]K 19, 89, unter [X.], Rz 46). Auch die Befugnis zur Rechtsfortbildung steht [X.] zu, und zwar auch im Steuerrecht ([X.]-Beschlüsse vom 22. Dezember 1992  1 BvR 1333/89, [X.] 1993, 327, unter [X.], Rz 7; vom 16. Februar 2012  1 BvR 127/10, [X.] 2012, 545, unter [X.], Rz 23 f.; vom 17. September 2013  1 BvR 1928/12, [X.] 2013, 1156, unter [X.], Rz 33).

[X.]) Eine richtlinienkonforme Auslegung des Tatbestandsmerkmals "juristische Person" in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG, in dem Sinne, dass es auch eine [X.] umfasst, steht im Einklang mit der Rechtsprechung des [X.].

Denn steuerrechtliche Tatbestandsmerkmale sind, auch wenn sie einem anderen Rechtsgebiet --wie hier dem Zivilrecht-- entnommen sind, nach dem steuerrechtlichen Bedeutungszusammenhang, nach dem Zweck des jeweiligen Steuergesetzes und dem Inhalt der einschlägigen Einzelregelung zu interpretieren; es besteht weder eine Vermutung für ein übereinstimmendes noch für ein abweichendes Verständnis (vgl. [X.]-Beschluss vom 27. Dezember 1991  2 BvR 72/90, [X.] 1992, 212, unter 1.a [X.], Rz 11, m.w.N.; [X.]-Urteil vom 29. Januar 2015 V R 5/14, [X.]E 249, 283, [X.] 2015, 567, Rz 36).

[X.]) Im Übrigen gibt es auch außerhalb des Steuerrechts Beispiele für eine von der zivilrechtlichen Terminologie abweichende Auslegung des Begriffs "juristische Person".

So hat das [X.] für Art. 19 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) anerkannt, dass juristische Personen i.S. dieser Vorschrift auch Personengesellschaften sein können (ständige Rechtsprechung seit dem [X.]-Urteil vom 20. Juli 1954  1 BvR 114/54, [X.]E 4, 7, unter [X.], Rz 15 f.; vgl. [X.]-Urteil vom 29. Juli 1959  1 [X.], [X.]E 10, 89, unter [X.], Rz 40; [X.]-Beschlüsse vom 11. Oktober 1966  2 BvR 477/64 u.a., [X.]E 20, 257, unter [X.], Rz 27; vom 18. Oktober 1966  2 BvR 386/63, 2 BvR 478/63, [X.]E 20, 283, unter B.II.2., Rz 47; vom 4. Dezember 1979  2 BvR 64/78, 2 BvR 460/79, [X.]E 53, 1, unter B.I.1., Rz 55; s.a. [X.]-Beschluss vom 2. September 2002  1 BvR 1103/02, Neue Juristische Wochenschrift 2002, 3533, unter 2.a, Rz 6).

Im [X.]-Beschluss vom 19. Juli 2000  1 BvR 539/96 ([X.]E 102, 197, unter [X.], Rz 63) führt das [X.] in Bezug auf zwei [X.]s ([X.]-Beschluss in [X.]E 102, 197, unter [X.]., Rz 5) sogar ausdrücklich aus, bei einem weiten, nicht personal gebundenen Berufsbegriff sei das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG gemäß Art. 19 Abs. 3 GG auch auf "juristische Personen des Privatrechts" anwendbar. Danach ist eine [X.] eine juristische Person i.S. des Art. 19 Abs. 3 GG.

Ferner geht das [X.] ([X.]) davon aus, dass "juristische Personen" i.S. des § 3 Abs. 10 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes auch Personengesellschaften sein können und der Wortlaut "juristische Person" dieser Auslegung nicht entgegensteht (vgl. [X.]-Urteil vom 1. Oktober 2015  7 [X.] 8.14, [X.]s Verwaltungsblatt 2016, 188, unter 1.a [X.] (1), Rz 23).

c) Bezogen auf § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG hat Generalanwalt [X.] in Rz 115 seiner Schlussanträge ([X.]:[X.]:2015:212, juris) angemerkt, die [X.] habe in ihren schriftlichen Erklärungen darauf hingewiesen, dass das [X.] München (Urteil vom 13. März 2013  3 K 235/10, E[X.] 2013, 1434) mit der Feststellung, dass "kapitalistisch strukturierte" Personengesellschaften --wie die Tochtergesellschaften der [X.] in den [X.] in den persönlichen Anwendungsbereich von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG fallen könnten, den Versuch einer solchen mit dem Unionsrecht vereinbaren Auslegung unternommen habe.

d) Der [X.] folgt mit Blick auf das Unionsrecht --insbesondere unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Rechtsformneutralität (vgl. dazu Vorlagebeschluss in [X.], 79, [X.], 417, Rz 69 und 70)-- der (offenbar sowohl von der [X.] als auch vom Generalanwalt unterstützten) Auffassung des [X.] München.

Denn eine Personengesellschaft in der Rechtsform einer [X.] hat eine "kapitalistische Struktur" (Urteil des [X.] München in E[X.] 2013, 1434, Rz 44; vgl. auch Stadie in Rau/ Dürrwächter, a.a.[X.], § 2 Rz 840). In der Rechtsprechung wird die [X.] der Form nach als Personengesellschaft gesehen; der Sache nach wird sie jedoch eher als GmbH gewertet ([X.]/Boujong/[X.]/[X.]/[X.]/[X.], Handelsgesetzbuch, 3. Aufl., § 177a Anhang A Rz 3 f.). [X.] sind die ehemals erheblichen Unterschiede zwischen einer GmbH und einer [X.] in vielerlei Hinsicht mittlerweile durch den Gesetzgeber eingeebnet worden (Blaum in [X.], Handbuch der Personengesellschaften, Rz I 3175). Die [X.] unterliegt außerdem aufgrund der §§ 264a ff. des Handelsgesetzbuchs (HGB) weitgehend denselben Regeln der Rechnungspublizität und Prüfungspflicht wie eine Kapitalgesellschaft (Blaum in [X.], a.a.[X.], Rz I 3176). Sie kann wie eine juristische Person unselbständig dem Willen eines anderen Rechtsträgers (nämlich des [X.]) unterworfen sein, da bei ihr lediglich eine GmbH und damit eine juristische Person als Komplementärin gemäß § 164 HGB die Geschäfte führt (so zutreffend Urteil des [X.] München in E[X.] 2013, 1434, Rz 44).

e) Deshalb kann § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG in einer mit Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der [X.]/[X.] zu vereinbarenden Weise richtlinienkonform dahingehend ausgelegt werden, dass der Begriff "juristische Person" (jedenfalls) auch eine [X.] umfasst.

f) Die Auffassung des [X.]s, dass auch eine [X.] als "juristische Person" i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG anzusehen ist, weicht zwar in der Begründung, nicht aber im Ergebnis von dem [X.]-Urteil vom 2. Dezember 2015 V R 25/13 ([X.]E 251, 534, [X.], 219) ab.

aa) Der [X.] des [X.] hat in diesem Urteil entschieden, dass neben einer juristischen Person auch eine Personengesellschaft in das Unternehmen des [X.] eingegliedert sein kann. Dies setzt zwar nach Auffassung des [X.]s des [X.] voraus, dass Gesellschafter der Personengesellschaft neben dem Organträger nur Personen sind, die nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG in das Unternehmen des [X.] finanziell eingegliedert sind (Änderung der Rechtsprechung). Der [X.] des [X.] geht aber ebenfalls davon aus, dass eine [X.] --um die es auch im dortigen Verfahren ging-- Organgesellschaft sein kann (vgl. den Sachverhalt der Entscheidung sowie die Entscheidungsgründe unter II.4., Rz 60). Andernfalls hätte er die Klage abweisen müssen.

[X.]) Insoweit besteht Übereinstimmung. Ob der erkennende [X.] der Auffassung des [X.]s des [X.] im Urteil in [X.]E 251, 534, [X.], 219 im Übrigen zustimmen kann, ist im vorliegenden Streitfall nicht zu entscheiden.

[X.]) Zwar hatte der [X.] im Urteil vom 8. Februar 1979 V R 101/78 ([X.]E 127, 267, [X.] 1979, 362) u.a. entschieden, eine KG könne auch dann nicht unselbständig i.S. von § 2 Abs. 2 UStG sein, wenn ihr persönlich haftender Gesellschafter eine juristische Person ist (vgl. Leitsatz 2). Diese Aussage ist aber durch das [X.]-Urteil in [X.]E 251, 534, [X.], 219 überholt.

dd) Deshalb kommt auch keine Vorlage an den [X.] des [X.] gemäß § 11 [X.]O in Betracht.

Für die Zulässigkeit einer Anrufung des [X.]s des [X.] nach § 11 Abs. 2 [X.]O wegen Abweichung ist Voraussetzung, dass die vorgelegte Rechtsfrage sowohl für die Entscheidung des [X.]s, von der der anrufende [X.] abweichen will, als auch für die Entscheidung des anrufenden [X.]s entscheidungserheblich ist (vgl. Beschlüsse des [X.]s des [X.] vom 8. Dezember 1975 GrS 1/75, [X.]E 117, 352, [X.] 1976, 262, unter [X.]2., Rz 14; vom 9. Oktober 2014 GrS 1/13, [X.]E 247, 291, [X.] 2015, 345, Rz 29; vom 14. April 2015 GrS 2/12, [X.]E 250, 338, [X.] 2015, 1007, Rz 31; [X.]-Urteil vom 8. August 2013 V R 18/13, [X.]E 242, 433, [X.] 2013, 1747, Rz 35).

Bestehen in Bezug auf die Rechtsfrage, ob eine [X.] allein aufgrund ihrer Rechtsform nicht Organgesellschaft sein kann, lediglich Unterschiede in der Begründung, nicht aber im Ergebnis der beiden Urteile, liegt keine Abweichung i.S. des § 11 Abs. 2 [X.]O vor (vgl. [X.]-Urteil vom 9. Dezember 1987 II R 212/82, [X.]E 152, 146, [X.] 1988, 309, Rz 25; [X.] in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 11 [X.]O Rz 35; Gräber/[X.], Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 11 Rz 11; [X.] in [X.], [X.]O § 11 Rz 7).

Auch eine Anrufung des [X.]s des [X.] gemäß § 11 Abs. 4 [X.]O wegen grundsätzlicher Bedeutung einer Rechtsfrage setzt deren Entscheidungserheblichkeit voraus (vgl. z.B. [X.] in [X.], § 11 [X.]O Rz 105; Gräber/[X.], a.a.[X.], § 11 Rz 26, m.w.N.).

6. Ob das weitere Erfordernis des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG, dass die Organgesellschaft nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des [X.] eingegliedert sein muss, vorliegt, kann aufgrund der bisherigen Feststellungen des [X.] nicht entschieden werden.

a) Insoweit hat der [X.] im Urteil [X.] ([X.]:[X.], [X.], 901, Rz 44, 45) ausgeführt:

    

"44 Zweitens ergibt sich aus dem Wortlaut von Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der [X.], dass jeder Mitgliedstaat diejenigen Personen als einen Steuerpflichtigen behandeln kann, die in seinem Gebiet ansässig, rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Beziehungen eng miteinander verbunden sind. Das bloße Bestehen enger Verbindungen zwischen diesen Personen kann daher in Ermangelung weiterer Anforderungen nicht zu der Annahme führen, dass der [X.] die Regelung über die Mehrwertsteuergruppe allein den Einheiten hat vorbehalten wollen, die sich in einem Unterordnungsverhältnis zum Organträger der betreffenden Unternehmensgruppe befinden.

    

45 Das Vorliegen eines solchen Unterordnungsverhältnisses lässt zwar vermuten, dass zwischen den betreffenden Personen enge Verbindungen bestehen, doch kann es – wie der Generalanwalt in Nr. 99 seiner Schlussanträge ausgeführt hat – nicht grundsätzlich als eine für die Bildung einer Mehrwertsteuergruppe notwendige Voraussetzung angesehen werden. Etwas anderes würde nur in den Ausnahmefällen gelten, in denen eine solche Bedingung in einem bestimmten nationalen Kontext eine für die Erreichung der Ziele der Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen und der Vermeidung von Steuerhinterziehung oder -umgehung sowohl erforderliche als auch geeignete Maßnahme ist."

b) Generalanwalt [X.] hat in Rz 99 seiner Schlussanträge [X.] ([X.]:[X.]:2015:212, juris), auf die der [X.] Bezug genommen hat, dazu Folgendes ausgeführt:

    

"99. Auch wenn dem vorlegenden Gericht die Prüfung obliegt, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, frage ich [X.] jedoch, ob eine nationale Maßnahme, die eine solche Intensität der Verbindungen zwischen Personen verlangt, damit sie einen Mehrwertsteuerpflichtigen bilden, nicht über das zur Erreichung der genannten Ziele erforderliche Maß hinausgeht. Abgesehen von besonderen, einem bestimmten Mitgliedstaat eigenen Umständen, die dem [X.] im vorliegenden Verfahren jedoch nicht unterbreitet worden sind, ist allgemein gesehen nämlich schwer zu verstehen, aus welchen Gründen die Verfolgung der genannten Ziele zwingend ein Über- und Unterordnungsverhältnis zwischen den Mitgliedern einer Mehrwertsteuergruppe erfordern sollte, damit die Voraussetzung des Vorliegens enger Beziehungen in finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Hinsicht erfüllt ist. Auch wenn das Vorliegen eines solchen Über- und Unterordnungsverhältnisses zwischen den Mitgliedern einer Mehrwertsteuergruppe zweifellos eine hinreichende Bedingung für die Erreichung dieser Ziele und die Erfüllung der in Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der [X.] aufgestellten Voraussetzung ist, zweifle ich doch daran, dass sie unbedingt erforderlich ist."

c) Der erkennende [X.] hat im gegenwärtigen Verfahrensstadium die nach Rz 45 und 46 der Vorabentscheidung ([X.]:[X.], [X.], 901) ihm obliegende Prüfung noch nicht vorzunehmen. Es ist unklar, ob diese Prüfung im Streitfall vorgenommen werden muss; denn es fehlen Feststellungen dazu, welche finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Beziehungen zwischen der Klägerin und ihren Tochtergesellschaften bestehen. Die Klägerin trägt dazu vor, es lägen ohnehin die strengen Eingliederungsvoraussetzungen des § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG vor. Tatsächlich festgestellt ist dies jedoch noch nicht. Diese Feststellungen sind vorrangig und müssen vom [X.] im zweiten Rechtsgang zunächst nachgeholt werden.

Deshalb muss der [X.] nicht entscheiden, ob er der Auffassung des [X.]s des [X.] im Urteil vom 2. Dezember 2015 V R 15/14 ([X.]E 252, 158, [X.], 226) folgt, für das sich aus dem nationalen Recht ergebende Erfordernis einer Eingliederung mit Durchgriffsrechten i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG bestehe eine hinreichende Grundlage im Unionsrecht (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 252, 158, [X.], 226, unter [X.]c [X.], Rz 34 ff.).

7. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das [X.] beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

XI R 17/11

01.06.2016

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 12. Mai 2011, Az: 16 K 411/07, Urteil

§ 2 Abs 1 UStG, § 2 Abs 2 Nr 2 S 1 UStG, § 2 Abs 2 Nr 2 S 3 UStG, § 15 Abs 1 S 1 Nr 1 UStG, § 15 Abs 4 UStG 2005, Art 4 Abs 4 UAbs 1 EWGRL 388/77, Art 4 Abs 4 UAbs 3 EWGRL 388/77, Art 11 EGRL 112/2006, Art 19 Abs 3 GG, § 11 Abs 2 FGO, § 11 Abs 4 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 01.06.2016, Az. XI R 17/11 (REWIS RS 2016, 10691)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 10691

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