Bundesfinanzhof, Urteil vom 02.12.2015, Az. V R 15/14

5. Senat | REWIS RS 2015, 1427

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Organschaft und Eingliederungsvoraussetzungen - kein ermäßigter Steuersatz für Speisenversorgung in einem Pflegeheim - Billigkeitserlass - Vertrauensschutz


Leitsatz

1. Eine juristische Person ist i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG finanziell eingegliedert, wenn der Organträger über eine eigene Mehrheitsbeteiligung verfügt.

2. Für die organisatorische Eingliederung muss der Organträger im Regelfall mit der juristischen Person über deren Geschäftsführung personell verflochten sein.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 12. Februar 2013  15 K 4005/11 U,[X.] wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Streitig ist, ob die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, als Organgesellschaft nichtsteuerbare Leistungen an die [X.] ([X.]) als Organträger erbracht hat.

2

Gesellschafter der Klägerin waren in den Streitjahren [X.] und ihre Tochter [X.] mit einer [X.]eteiligung von jeweils 50 %. [X.] und [X.] hatten eine Stimmbindungsvereinbarung geschlossen, in der sich beide verpflichteten, ihr Stimmrecht als Gesellschafter nur einheitlich auszuüben, wobei [X.] ihr Stimmverhalten an der Stimmabgabe durch [X.] auszurichten hatte. Alleinige Geschäftsführerin der Klägerin war [X.].

3

[X.] war darüber hinaus alleinige Kommanditistin der [X.] und Alleingesellschafterin der V-GmbH, die Komplementärin der [X.] war. [X.] war zudem bis zum 23. Oktober 2007 einzige Geschäftsführerin der [X.] Seitdem ist [X.] weitere einzelvertretungsbefugte Geschäftsführerin der [X.] [X.]ie [X.] betrieb ein sog. Seniorenzentrum als Wohn- und Pflegeheim. Sie sah die von ihr erbrachten Pflegeleistungen gemäß § 4 Nr. 16 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) als steuerfrei an.

4

[X.]ie Klägerin erbrachte in den Streitjahren 2003 bis 2008 auf der Grundlage eines im Juni 1998 abgeschlossenen Vertrags entgeltliche Leistungen im [X.]ereich der Speisenversorgung an die [X.], die die [X.] in der von ihr betriebenen Altenhilfeeinrichtung verwendete. Nach dem Vertrag hatte die Klägerin "die komplette Verpflegung von zur [X.] 334 [X.]ewohnern mit Speisen und Getränken nach Anweisung und in Zusammenarbeit mit den Mitarbeitern des Auftraggebers" zu übernehmen. [X.]ie [X.] teilte der Klägerin "die Anzahl der täglich zu liefernden Portionen und ggf. die vom behandelnden Arzt vorgegebenen Ernährungskriterien der einzelnen [X.]ewohner mit". [X.]ie Verpflegung war in einem "Tablettsystem" zusammenzustellen und auf Transportwagen zu laden, die vom Hol- und [X.]ringdienst der [X.] auf die Wohnbereiche des [X.] gebracht und später wieder abgeholt wurden. Weitere Leistungen erbrachte die Klägerin aufgrund eines gleichfalls im Juni 1998 abgeschlossenen "[X.]" und eines "[X.]". [X.]arüber hinaus war die Klägerin bei der [X.]ewirtschaftung eines Kiosks, einer Cafeteria und in der Personalkantine für die [X.] gegen Entgelt tätig.

5

[X.]ie Klägerin ging in ihren [X.] 2003 bis 2007 und in den Umsatzsteuervoranmeldungen 2008 davon aus, dass sie steuerpflichtige Leistungen erbracht habe, die dem ermäßigten Steuersatz unterliegen.

6

Im [X.] an eine Außenprüfung und an eine [X.] war der [X.]eklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) demgegenüber der Auffassung, dass der Regelsteuersatz anzuwenden sei und erließ am 6. Juli 2009 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung [X.]) geänderte [X.] 2003 bis 2007 sowie einen erstmaligen Umsatzsteuerjahresbescheid 2008. Einem Antrag auf abweichende Steuerfestsetzung aus [X.]illigkeitsgründen gab das [X.] nicht statt.

7

Einspruch und Klage zum Finanzgericht ([X.]) hatten keinen Erfolg. Nach dem in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2014, 1344 veröffentlichten Urteil des [X.] liegt eine Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG, die die Klägerin erstmals nach der Sonderprüfung im Einspruchsverfahren geltend gemacht hatte, nicht vor. Auf die daher steuerpflichtigen Leistungen sei der Regelsteuersatz anzuwenden. [X.]ie Klägerin habe auch keinen Anspruch auf eine abweichende Steuerfestsetzung aus [X.]illigkeitsgründen.

8

Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts geltend macht. Im Hinblick auf die zwischen den [X.]eteiligten streitige Frage der Organschaft und die hierfür zu berücksichtigende [X.]edeutung des Unionsrechts (Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der [X.]/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern [X.] 77/388/[X.] und ab dem Streitjahr 2007 Art. 11 der Richtlinie 2006/112/[X.] über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem vom 28. November 2006 --MwStSystRL--) hat der Senat mit [X.]eschluss vom 30. Juli 2014 das Ruhen des Verfahrens bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs der [X.] ([X.]) in der verbundenen Rechtssache [X.] C-108/14 und [X.] Schifffahrt [X.]/14 --[X.]:[X.] ([X.] des [X.]undesfinanzhofs --[X.]FH-- vom 11. [X.]ezember 2013 XI R 17/11, [X.]FHE 244, 79, [X.]St[X.]l II 2014, 417, und vom 11. [X.]ezember 2013 XI R 38/12, [X.]FHE 244, 94, [X.]St[X.]l II 2014, 428) angeordnet.

9

Mit Urteil [X.] und [X.] Schiffahrt vom 16. Juli 2015 ([X.]:[X.]) hat der [X.] in dieser verbundenen Rechtssache zur Auslegung der unionsrechtlichen Grundlagen der Organschaft wie folgt entschieden:

"2.

Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der [X.] in der durch die Richtlinie 2006/69 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die die in dieser [X.]estimmung vorgesehene Möglichkeit, eine Gruppe von Personen zu bilden, die als ein Mehrwertsteuerpflichtiger behandelt werden können, allein den Einheiten vorbehält, die juristische Personen sind und mit dem Organträger dieser Gruppe durch ein Unterordnungsverhältnis verbunden sind, es sei denn, dass diese beiden Anforderungen Maßnahmen darstellen, die für die Erreichung der Ziele der Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen und der Vermeidung von Steuerhinterziehung oder -umgehung erforderlich und geeignet sind, was das vorlegende Gericht zu prüfen hat.

3.

[X.]ei Art. 4 Abs. 4 der [X.] in der durch die Richtlinie 2006/69 geänderten Fassung kann nicht davon ausgegangen werden, dass er unmittelbare Wirkung hat, so dass Steuerpflichtige dessen Inanspruchnahme gegenüber ihrem Mitgliedstaat geltend machen könnten, falls dessen Rechtsvorschriften nicht mit dieser [X.]estimmung vereinbar wären und nicht in mit ihr zu vereinbarender Weise ausgelegt werden könnten."

[X.]ie Klägerin macht hierzu geltend, dass unionsrechtliche Erfordernisse bei der Auslegung des nationalen Rechts trotz der fehlenden [X.]erufbarkeit zu berücksichtigen seien. [X.]ie Gefahr eines Rechtsmissbrauchs oder die Möglichkeit einer Steuerhinterziehung sprächen nicht gegen eine Rückkehr zur früheren Rechtsprechung, nach der eine mittelbare finanzielle Eingliederung über gemeinsame Gesellschafter möglich war. Rechtsmissbrauch und Steuerhinterziehung seien zudem für die bisherige [X.]FH-Rechtsprechung zur Organschaft ohne [X.]edeutung gewesen. [X.]ie finanzielle Eingliederung sei erst aufgrund einer geänderten [X.]eurteilung durch die Rechtsprechung des [X.]FH entfallen. Eine [X.]eherrschung der Klägerin durch die [X.] ergebe sich aus der beiden Gesellschaften übergeordneten Struktur. [X.]ie [X.] habe der Klägerin Anweisungen für die tägliche Arbeit erteilt. [X.]ie Klägerin sei in den Räumlichkeiten der [X.] tätig geworden. [X.]ei der Klägerin habe es sich um die Ausgliederung eines zuvor von der [X.] selbst wahrgenommenen Arbeitsbereichs gehandelt. Gleichwohl habe die [X.] bei der Klägerin durchregieren können. [X.]ie nach dem Unionsrecht enge Verbindung liege vor. Zu ihren Gunsten sei zumindest eine Übergangsregelung der Finanzverwaltung anzuwenden. Auch in [X.]ezug auf die Frage des anwendbaren Steuersatzes sei ihr Vertrauensschutz zu gewähren.

[X.]ie Klägerin beantragt,
das Urteil des [X.] aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide 2003 bis 2008 vom 6. Juli 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 2011 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer nach Maßgabe der im Einspruchsverfahren eingereichten geänderten Umsatzsteuererklärungen festgesetzt wird,
hilfsweise, das [X.] unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids vom 31. August 2012 und der Einspruchsentscheidung vom 2. Oktober 2012 zu verpflichten, die Umsatzsteuerbescheide vom 6. Juli 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Oktober 2011 aus [X.]illigkeitsgründen entsprechend der im Einspruchsverfahren eingereichten Umsatzsteuererklärungen festzusetzen.

[X.]as [X.] beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

[X.]ei dem sich aus dem nationalen Recht ergebenden Erfordernis der Eingliederung handele es sich um eine geeignete und erforderliche Maßnahme zur Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen und zur Vermeidung von Steuerhinterziehung oder -umgehung. [X.]as Erfordernis der Überordnung diene auch der Rechtssicherheit. [X.]as nationale Recht verstoße daher nicht gegen das Unionsrecht. Zudem knüpfe das nationale Recht zur Organschaft nicht an den Unternehmerbegriff des § 2 Abs. 1 UStG, sondern an das Merkmal der Selbständigkeit an. [X.]amit habe der nationale Gesetzgeber eine andere Regelungstechnik gewählt als der Richtliniengeber, der am [X.]egriff des Steuerpflichtigen ansetze. Aufgrund des Verlustes der Selbständigkeit gingen die steuerlichen Verpflichtungen wie etwa die Abgabe von Steuererklärungen auf den Organträger über. Im Hinblick auf diesen Übergang komme dem Gebot der Rechtssicherheit große [X.]edeutung zu. Ohne Über- und Unterordnung entstünden [X.], die zu einer Verschleierung der für den Organkreis verantwortlichen Person führen könnten. Es drohe die Gefahr der Steuerhinterziehung und -umgehung. Zudem fehle es auch an einer organisatorischen Eingliederung. Alleinige Geschäftsführerin der Klägerin sei [X.] gewesen, während [X.] bis zum Oktober 2007 alleinige Geschäftsführerin bei der Komplementär-GmbH der [X.] gewesen sei. Es seien keine Standardspeisen abgegeben worden.

[X.]as [X.]undesministerium der Finanzen ist dem Verfahren gemäß § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) beigetreten und macht geltend, dass hinsichtlich der [X.]eschränkung auf juristische Personen keine Möglichkeit bestehe, das nationale Recht unionsrechtskonform auszulegen. Am Erfordernis des [X.] sei festzuhalten. [X.]as Erfordernis der Mehrheitsbeteiligung entspreche den unionsrechtlichen Vorgaben. [X.]as Gebot der Rechtssicherheit sei zu beachten. Zu berücksichtigen sei auch die Entstehungsgeschichte von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG.

Entscheidungsgründe

II. [X.]ie Revision der Klägerin ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 [X.]O). Auch unter [X.]erücksichtigung der zum Unionsrecht ergangenen [X.]-Rechtsprechung gehört die Klägerin mangels finanzieller und organisatorischer Eingliederung weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht einer mit der [X.] bestehenden Organschaft an, so dass das [X.] zu Recht entschieden hat, dass die Klägerin Leistungen erbracht hat, die dem Regelsteuersatz unterliegen. Es ist auch kein [X.] zu gewähren.

1. [X.]ie Klägerin ist nicht finanziell in das Unternehmen der [X.] eingegliedert.

a) [X.]ie finanzielle Eingliederung setzt nach nationalem Recht eine eigene Mehrheitsbeteiligung des [X.] an einer juristischen Person voraus.

aa) [X.]ie gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 UStG nicht selbständig ausgeübt, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des [X.] eingegliedert ist (Organschaft). [X.]ie Organschaft dient der   Verwaltungsvereinfachung   (vgl. [X.], § 2, [X.]/1590, S. 36, zum gesetzlichen Festhalten an der vorkonstitutionellen Organschaft des UStG 1934, [X.] 1934, 1549 ff.; zum Vereinfachungszweck vgl. [X.] Rau/[X.]ürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 2 Rz 784, und zum Unionsrecht [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.], Rz 41) und führt zu einer Zusammenfassung zu einem Unternehmen beim Organträger. [X.]er Organträger ist entsprechend dem Vereinfachungszweck Steuerschuldner auch für die aufgrund der Organschaft unselbständig tätige Person. [X.]ie Rechtsfolgen der Organschaft treten von Gesetzes wegen ein. Hinsichtlich der Voraussetzungen der Organschaft ist nicht danach zu differenzieren, ob ein Steuerschuldner --hier die [X.] oder der Steuergläubiger Rechtsfolgen aus der Organschaft zu seinen Gunsten ableitet.

bb) [X.]a sich die mit der Organschaft verbundene Verlagerung der Steuerschuld auf den Organträger finanziell belastend auswirken kann, müssen die Voraussetzungen der Organschaft rechtssicher bestimmbar sein ([X.]-Urteil vom 22. April 2010 V R 9/09, [X.], 433, [X.], 597, unter [X.] bb(1), m.w.N. zur Rechtsprechung von [X.] und [X.]). [X.]ementsprechend erfordert die finanzielle Eingliederung eine Mehrheitsbeteiligung des [X.] an der juristischen Person ([X.]-Urteile vom 22. November 2001 V R 50/00, [X.]E 197, 319, [X.], 167, unter [X.]; vom 19. Mai 2005 V R 31/03, [X.]E 210, 167, [X.], 671, unter [X.] [X.]; vom 30. April 2009 V R 3/08, [X.]E 226, 144, [X.]E II 2013, 873, unter [X.] aa; vom 22. April 2010 V R 9/09, [X.], 433, [X.], 597, unter II.2.; vom 1. [X.]ezember 2010 [X.] R 43/08, [X.]E 232, 550, [X.], 600, unter II.2., und vom 7. Juli 2011 V R 53/10, [X.]E 234, 548, [X.], 218, unter [X.]).

cc) [X.]er Organträger muss zudem über eine eigene Mehrheitsbeteiligung an der juristischen Person verfügen. [X.]iese kann sich entweder aus einer unmittelbaren [X.]eteiligung oder mittelbar aus einer über eine Tochtergesellschaft gehaltenen [X.]eteiligung ergeben. [X.]emgegenüber ist bei einer [X.]eteiligung mehrerer Gesellschafter an zwei Schwestergesellschaften nicht rechtssicher bestimmbar, unter welchen Voraussetzungen der [X.]eteiligungsbesitz der Gesellschafter zusammengerechnet werden kann, um eine finanzielle Eingliederung der einen in die andere Schwestergesellschaft zu begründen ([X.]-Urteil in [X.], 433, [X.], 597, unter [X.] bb (2)). [X.]arüber hinaus ist die finanzielle Eingliederung einer GmbH in eine Personengesellschaft nach dem [X.]-Urteil des [X.]. Senats in [X.]E 232, 550, [X.], 600, Leitsatz 1 auch dann zu verneinen, wenn nur ein Gesellschafter über die Stimmenmehrheit an den beiden Schwestergesellschaften verfügt.

[X.]) [X.]er erkennende Senat hält an dieser Rechtsprechung zur rechtssicheren wie auch einfachen [X.]estimmung der Voraussetzungen der Organschaft fest:

(1) [X.]as nationale Recht sieht weder einen Antrag noch ein besonderes Verfahren zur Feststellung der Voraussetzungen der Organschaft vor. [X.]a es dementsprechend an einem Grundlagenbescheid fehlt, ist es entgegen der Auffassung der Klägerin nicht möglich, für die Organschaft anstelle einer eigenen Mehrheitsbeteiligung auf das unbestimmte wie auch unpräzise Merkmal einer lediglich engen finanziellen Verbindung zwischen mehreren Personen abzustellen. Eine derartige Verbindung ermöglicht es nicht, die Person rechtssicher zu bestimmen, die die steuerrechtlichen Verpflichtungen für den [X.] als Organträger und damit als einzige Steuerschuldnerin zu erfüllen hat. So könnte z.[X.]. ohne Erfordernis einer eigenen Mehrheitsbeteiligung auch eine mittelbare finanzielle Eingliederung zwischen zwei Schwesterkapitalgesellschaften bestehen, bei der dann mangels eines besonderen Feststellungsverfahrens die Person des [X.] und die der Organgesellschaft nicht bestimmt werden könnte.

Ebenso ist es im Grundsatz im Verhältnis einer Kapitalgesellschaft zu ihrer Schwesterpersonengesellschaft. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass der erkennende Senat § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG aus Gründen der [X.] erweiternd auch auf einzelne eingegliederte Personengesellschaften anwendet. Zu den Voraussetzungen hierfür verweist der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen auf sein Urteil vom 2. [X.]ezember 2015 V R 25/13 ([X.]E 251, 534, unter II.2.c).

(2) [X.]ei der Auslegung der Eingliederungsvoraussetzungen ist auch der mit der Organschaft verfolgte   [X.]zu berücksichtigen. [X.]ieser erfordert, dass die Organschaft auch für den Organträger als Steuerschuldner für die organschaftlich zusammengefassten Unternehmen einfach anzuwenden ist. Ohne Antrags- und ohne Feststellungsverfahren muss es dem Organträger daher aufgrund der Eingliederung möglich sein, die --nach § 370 [X.] strafbewährte-- Verantwortung für die Umsatztätigkeit der mit ihm verbundenen juristischen Person zu übernehmen. [X.]ies setzt in Form der Eingliederung i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG   [X.]urchgriffsmöglichkeiten   voraus, aufgrund derer der Organträger --ähnlich wie bei unselbständigen [X.] im Unternehmen einer Person-- die für die Abgabe von Steueranmeldungen und Steuererklärungen notwendigen Informationsansprüche wie auch die zur Erfüllung von [X.] notwendigen Ausgleichsansprüche (vgl. hierzu [X.]-Urteil vom 8. August 2013 V R 18/13, [X.]E 242, 433, unter [X.]) gegen die Organgesellschaft durchsetzen kann (vgl. auch [X.] Rau/[X.]ürrwächter, a.a.[X.], § 2 [X.]. 913).

b) Im Streitfall ist die Klägerin nach nationalem Recht nicht Organgesellschaft der [X.]. [X.]ie finanzielle Eingliederung der Klägerin in die [X.] scheitert bereits daran, dass die [X.] keine eigene Mehrheitsbeteiligung an der Klägerin in ihrem Gesamthandsvermögen hielt, sondern nur über ihre Gesellschafterin [X.] mit der Klägerin verbunden war. Ohne eigene Mehrheitsbeteiligung ist die Person des [X.] im Verhältnis zwischen der Klägerin, einer GmbH, und ihrer [X.] nicht eindeutig bestimmbar. Es bestehen keine rechtsverbindlichen Regelungen zur Zusammenrechnung eines mehreren Gesellschaftern zustehenden Anteilsbesitzes. [X.]ies gilt auch für den Fall einer familiären Verbundenheit mehrerer Gesellschafter. [X.]er von [X.] mit ihrer Tochter getroffenen Stimmbindungsvereinbarung kommt keine [X.]edeutung zu, da diese nicht in der Satzung der Klägerin vereinbart war. [X.]er Senat verweist auch insoweit zur Vermeidung von Wiederholungen auf sein Urteil vom 2. [X.]ezember 2015 V R 25/13, unter [X.] (1).

Mangels eigener Mehrheitsbeteiligung standen der [X.] somit keine eigenen [X.]urchgriffsrechte zu. Ihr, wie auch der für sie organschaftlich handelnden Komplementär-GmbH, war es nicht möglich, die Verantwortung dafür zu übernehmen, dass die [X.] Umsätze der Klägerin gegenüber [X.]ritten ordnungsgemäß versteuert, oder dafür verantwortlich zu sein, dass derartige Umsätze nicht vorliegen.

c) [X.]as Unionsrecht führt nicht zu einer gegenüber der bisherigen [X.]-Rechtsprechung geänderten [X.]eurteilung.

aa) Nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der [X.]/[X.] steht es jedem Mitgliedstaat frei, im Inland ansässige Personen, die zwar rechtlich unabhängig, aber durch gegenseitige finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische [X.]eziehungen eng miteinander verbunden sind, zusammen als einen Steuerpflichtigen zu behandeln. [X.]iese Regelung dient der "Verwaltungsvereinfachung" und der "Verhinderung bestimmter Missbräuche ([X.]-Urteil [X.] und [X.] Schifffahrt, [X.]:[X.], Rz 40).

bb) [X.]er Steuerpflichtige kann sich gegenüber dem nationalen Recht nicht auf Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der [X.]/[X.] berufen.

(1) Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der [X.]/[X.] erfüllt "nicht die Voraussetzungen, um unmittelbare Wirkung zu entfalten", sondern hat nur "bedingten Charakter". [X.]ies beruht darauf, dass die in dieser [X.]estimmung vorgesehene enge Verbindung in finanzieller, wirtschaftlicher und organisatorischer Hinsicht einer "Präzisierung auf [X.]" bedarf und die "Anwendung nationaler Rechtsvorschriften voraussetzt, die den konkreten Umfang dieser Verbindungen bestimmen" ([X.]-Urteil [X.] und [X.] Schiffahrt, [X.]:[X.], Rz 50 f.).

(2) Entscheiden sich Mitgliedstaaten auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der [X.]/[X.] dafür, Regelungen zur Zusammenfassung zu einem Steuerpflichtigen zu schaffen, haben sie bei der Ausübung der ihnen zustehenden Präzisierungsbefugnis die hierfür unionsrechtlich bestehenden Anforderungen zu berücksichtigen.

(a) [X.]ie Mitgliedstaaten haben zu beachten, dass sie die nach Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der [X.]/[X.] mögliche Zusammenfassung zu einem Steuerpflichtigen nicht von weiteren als den in dieser [X.]estimmung genannten [X.]edingungen abhängig machen dürfen ([X.]-Urteil [X.] und [X.] Schiffahrt, [X.]:[X.], Rz 38) und dass das Unionsrecht die Regelung zur Mehrwertsteuergruppe nicht allein den Einheiten vorbehält, die sich in einem Verhältnis der Unterordnung zum Organträger befinden ([X.]-Urteil [X.] und [X.] Schiffahrt, [X.]:[X.], Rz 44). Auf eine Unterordnung darf nur ausnahmsweise abgestellt werden, etwa wenn diese [X.]edingung "in einem bestimmten nationalen Kontext" zur "Verhinderung missbräuchlicher Praktiken oder Verhaltensweisen" erforderlich und geeignet ist ([X.]-Urteil [X.] und [X.] Schiffahrt, [X.]:[X.], Rz 45). Hierüber hat das nationale Gericht zu entscheiden ([X.]-Urteil [X.] und [X.] Schiffahrt, [X.]:[X.], Rz 46).

(b) [X.]ie auf der Grundlage von Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der [X.]/[X.] getroffenen Regelungen haben --wie stets-- den Grundsatz der Rechtssicherheit zu beachten. [X.]anach müssen "die Vorschriften des Unionsrechts eindeutig sein" und ihre Anwendung muss für die [X.]etroffenen vorhersehbar sein, "wobei dieses Gebot der Rechtssicherheit in besonderem Maß gilt, wenn es sich um Vorschriften handelt, die finanzielle Konsequenzen haben können, denn die [X.]etroffenen müssen in der Lage sein, den Umfang der ihnen durch diese Vorschriften auferlegten Verpflichtungen genau zu erkennen". Zudem "müssen die Rechtsnormen der Mitgliedstaaten auf den vom Unionsrecht erfassten Gebieten eindeutig formuliert sein, so dass den betroffenen Personen die klare und genaue Kenntnis ihrer Rechte und Pflichten ermöglicht wird, und die innerstaatlichen Gerichte in die Lage versetzt werden, deren Einhaltung sicherzustellen" ([X.]-Urteil [X.] vom 9. Juli 2015 C-144/14, [X.]:[X.]:452, Rz 35, m.w.N. zur [X.]-Rechtsprechung). [X.]ei der Organschaft als Zusammenfassung zu einem Steuerpflichtigen beim Organträger handelt es sich aufgrund der damit verbundenen Verlagerung der Steuerschuld von der Organgesellschaft auf den Organträger "um Vorschriften ..., die finanzielle Konsequenzen haben können".

cc) Für das sich aus dem nationalen Recht ergebende Erfordernis einer Eingliederung mit [X.]urchgriffsrechten i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG besteht eine hinreichende Grundlage im Unionsrecht.

(1) Obwohl sich die Voraussetzung eines Antrags nicht aus Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der [X.]/[X.] ergibt, der die [X.]edingungen für die Zusammenfassung zu einem Steuerpflichtigen abschließend aufzählt (s. oben [X.])), haben einzelne Mitgliedstaaten diese Zusammenfassung antragsabhängig ausgestaltet (vgl. z.[X.]. zu dem in der [X.] für die Gruppenbesteuerung bestehenden Antragserfordernis [X.]-Urteil [X.] vom 9. April 2013 [X.]/11, [X.]:[X.], Rz 8), ohne dass der [X.] dies beanstandet (vgl. [X.]-Urteil [X.], [X.]:[X.]; vgl. auch [X.] Rau/[X.]ürrwächter, a.a.[X.], § 2, [X.]. 816).

[X.]er erkennende Senat versteht dies dahingehend, dass das Erfordernis einer rechtssicheren Präzisierung von Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der [X.]/[X.] Sonderbedingungen wie ein von der Richtlinie nicht vorgesehenes Antragserfordernis rechtfertigt, bei dem es sich um ein bloßes Verfahrenserfordernis oder auch um ein [X.] Wahlrecht handeln kann. Im   Kontext des nationalen Rechts,   in dem es an einem besonderen Verfahren und einem Grundlagenbescheid zur Feststellung der Organschaft und damit an einer für alle am [X.] [X.]eteiligten verbindlichen Festlegung, ob eine Organschaft besteht und wer Steuerschuldner für diese ist, fehlt, kann   nur   anhand des Merkmals der Eingliederung die Person bestimmt werden, die die Verantwortung dafür zu tragen hat, dass die Umsätze des im [X.] zusammengefassten Unternehmens ordnungsgemäß versteuert werden (s. oben [X.] bb). [X.]aher können die Mitgliedstaaten das Erfordernis der Rechtssicherheit auch bei der ihnen obliegenden Präzisierung (s. oben [X.])) des "konkreten Umfangs" der erforderlichen Verbindungen berücksichtigen. [X.]ies rechtfertigt ein Abstellen auf eine Eingliederung mit [X.]urchgriffsrechten, da sich hieraus die Organschaft als Zusammenfassung zu einem Steuerpflichtigen beim Organträger rechtssicher ergibt (s. oben [X.] [X.]). [X.]amit wird dem Vereinfachungszweck der Zusammenfassung Rechnung getragen, da [X.]eurteilungsschwierigkeiten, die sich auf der Grundlage einer bloßen engen Verbindung, aus der sich aufgrund ihrer Präzisierungsbedürftigkeit keine verbindlichen Voraussetzungen ergeben, entfallen.

[X.]er Senat berücksichtigt dabei auch, dass die Finanzverwaltung berechtigt ist, das [X.]estehen einer z.[X.]. zunächst rechtsfehlerhaft unerkannt gebliebenen Organschaft mit Wirkung für die Vergangenheit geltend zu machen. Unterschiedliche Anforderungen an die Organschaft, die sich danach richten, ob der Steuerpflichtige [X.] Vermeidung nicht abziehbarer Vorsteuerbeträge wie im [X.] oder die Finanzverwaltung aus Insolvenz- oder [X.] ein Interesse am [X.]estehen der Organschaft hat, sind weder mit dem nationalen Recht noch mit dem Unionsrecht zu vereinbaren.

(2) [X.]ient die Zusammenfassung zu einem Steuerpflichtigen trotz rechtlicher Selbständigkeit dazu, "Missbräuche zu verhindern wie z.[X.]. die Aufspaltung eines Unternehmens zwischen mehreren Steuerpflichtigen, um in den Genuss einer Sonderregelung zu gelangen" ([X.]-Urteile [X.] und [X.] Schiffahrt, [X.]:[X.], Rz 40, und [X.], [X.]:[X.], Rz 47), können die Mitgliedstaaten bei Ausübung der ihnen unionsrechtlich zur Missbrauchsbekämpfung zustehenden Regelungsbefugnis (s. oben [X.])) berücksichtigen, dass die Zusammenfassung zu nichtsteuerbaren Leistungen zwischen den zusammengefassten Personen führt. [X.]urch diese Nichtsteuerbarkeit von [X.] könnte es bei einem fehlenden Recht zum Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers nach § 15 Abs. 2 UStG (Art. 17 Abs. 2 und 3 der [X.]/[X.]) zu einer Umgehung des insoweit bestehenden Abzugsverbots kommen (zu den sich aus einer Organschaft insoweit ergebenden "Gestaltungswirkungen" vgl. z.[X.]. [X.]/[X.], [X.] 2012, 541; Heintzen, [X.]eutsches Steuerrecht --[X.]StR-- 1999, 1799; [X.], [X.]StR 2010, 721). [X.]ie Gestaltungswirkung, die auch von der Klägerin mit der Organschaft erstrebt wird, besteht darin, den --ohne [X.] eintretenden Nachteil einer Steuerentstehung ohne Recht auf Vorsteuerabzug zu vermeiden. [X.]iese Folge ist mit dem Vereinfachungszweck der Zusammenfassung zu einem Steuerpflichtigen nicht zu vereinbaren und rechtfertigt eine [X.]eschränkung der Organschaft auf die Fälle, in denen die organschaftlichen Unternehmensteile aufgrund einer Eingliederung ebenso eng wie [X.] eines Einheitsunternehmens miteinander verbunden sind. [X.]ie Eingliederung bewirkt somit, dass derartige Vorteile nur den Organschaften zugutekommen, deren Unternehmen ähnlich eng   wie bei einem rechtlichen Einheitsunternehmen   miteinander verbunden sind.

[X.]) [X.]urch den Übergang von Art. 4 Abs. 4 Unterabs. 2 der [X.]/[X.] zu dem ab 2007 geltenden Art. 11 MwStSystRL ist es nicht zu inhaltlichen Änderungen des Unionsrechts gekommen ([X.]-Urteil [X.] und [X.] Schiffahrt, [X.]:[X.], Rz 36 und 42).

ee) [X.]ie hiergegen gerichteten Einwendungen der Klägerin greifen nicht durch. [X.]er erkennende Senat hat bereits in der Vergangenheit maßgeblich auf das Erfordernis der Rechtssicherheit abgestellt ([X.]-Urteil in [X.], 433, [X.], 597). Hiermit nicht vereinbar ist es, für die Organschaft auf die Entstehungsgeschichte der miteinander verbundenen Unternehmen abzustellen.

2. [X.]is zum Oktober 2007 fehlte es zudem an der erforderlichen organisatorischen Eingliederung.

a) Nach der Rechtsprechung des [X.] setzt die organisatorische Eingliederung voraus, dass der Organträger die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der [X.]eherrschung der Tochtergesellschaft in der laufenden Geschäftsführung wahrnimmt, wobei er die Organgesellschaft durch die Art und Weise der Geschäftsführung beherrschen muss. Hiervon ist z.[X.]. dann auszugehen, wenn bei zwei GmbHs eine Personenidentität in den Geschäftsführungsorganen besteht. Sind für die [X.] z.[X.]. mehrere einzelvertretungsberechtigte Geschäftsführer bestellt, reicht es aus, dass zumindest einer von ihnen auch Geschäftsführer der Organträger-GmbH ist, der Organträger über ein umfassendes Weisungsrecht gegenüber der Geschäftsführung der [X.] verfügt und zur [X.]estellung und Abberufung aller Geschäftsführer der [X.] berechtigt ist. Nicht ausreichend ist demgegenüber, dass eine vom Organträger abweichende Willensbildung in der Organgesellschaft ausgeschlossen ist ([X.]-Urteil in [X.]E 242, 433, unter [X.] und 3.).

Soweit der Senat hierfür in einem Einzelfall auf eine "institutionell abgesicherte unmittelbare Eingriffsmöglichkeit in den Kernbereich der laufenden Geschäftsführung" ([X.]-Urteil vom 3. April 2008 V R 76/05, [X.]E 221, 443, [X.], 905, unter [X.]) abgestellt hat, folgt hieraus nichts anderes, als dass im Regelfall eine personelle Verflechtung über die Geschäftsführung der juristischen Person als Organgesellschaft bestehen muss. Nicht ausreichend sind Weisungsrechte, [X.]erichtspflichten ([X.]-Urteil in [X.]E 221, 443, [X.], 905, unter [X.]) oder ein Zustimmungsvorbehalt zugunsten der Gesellschafterversammlung oder zugunsten des Mehrheitsgesellschafters ([X.]-Urteil in [X.]E 234, 548, [X.], 218, unter [X.] cc).

b) Gegen diese Anforderungen bestehen auch unter [X.]erücksichtigung des [X.]-Urteils [X.] und [X.] Schiffahrt ([X.]:[X.], 496) keine [X.]edenken in unionsrechtlicher Hinsicht. Auch das Erfordernis einer in organisatorischer Hinsicht bestehenden [X.]urchgriffsmöglichkeit dient insbesondere der rechtssicheren [X.]estimmung der Eingliederungsvoraussetzungen, der Verwaltungsvereinfachung und der Missbrauchsverhinderung (vgl. oben [X.]).

c) [X.]amit fehlt es bis zum Oktober 2007 auch an einer organisatorischen Eingliederung der Klägerin in die [X.]. [X.]enn bis dahin bestand eine organisatorische Trennung zwischen der Klägerin, deren einzige Geschäftsführerin [X.] war, und der [X.], die organschaftlich durch ihre Komplementär-GmbH vertreten wurde, bei der [X.] einzige Geschäftsführerin war. Zu der im Sinne des [X.]-Urteils in [X.]E 242, 433, unter [X.] und 3. erforderlichen organisatorischen Verflechtung über das Geschäftsführungs- und Vertretungsorgan der Klägerin kam es erst dadurch, dass die Geschäftsführerin der Klägerin auch zur Geschäftsführerin bei der Komplementär-GmbH der [X.] bestellt wurde.

3. [X.]ie mangels Organschaft steuerbaren Leistungen der Klägerin unterliegen nicht dem ermäßigten Steuersatz.

[X.]as [X.] hat insoweit zutreffend entschieden, dass es für die Anwendung der Steuersatzermäßigung nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG an der dort vorausgesetzten Lieferung von in der Anlage bezeichneten Gegenständen fehlt und sich hierfür zu Recht auf die [X.]-Rechtsprechung bezogen, nach der die in einer Großküche eines Altenwohnheims und Pflegeheims zur Verpflegung der [X.]ewohner zubereiteten Speisen keine "Standardspeisen" als Ergebnis einfacher und standardisierter Zubereitungsvorgänge nach Art eines Imbissstandes sind, so dass deren Abgabe zu festen Zeitpunkten in Warmhaltebehältern keine Lieferung, sondern eine dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistung ist ([X.]-Urteil vom 12. Oktober 2011 V R 66/09, [X.]E 235, 525, [X.], 250). Ebenso wie in diesem Fall hat auch die Klägerin entgeltliche Leistungen zur Versorgung der in einem Heim vollstationär untergebrachten Personen mit Speisen und Getränken erbracht, wobei [X.] einzuhalten waren. Es ist auch im Streitfall davon auszugehen, dass sich die Tätigkeit bei der [X.] nicht auf die Abgabe von Standardspeisen als Ergebnis einfacher und standardisierter Zubereitungen nach Art eines z.[X.]. Imbissstandes beschränkte.

4. [X.]em Erlass der Änderungsbescheide steht auch nicht § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] entgegen.

Nach dieser Vorschrift darf bei der Aufhebung oder Änderung eines Steuerbescheids nicht zuungunsten des Steuerpflichtigen berücksichtigt werden, dass sich die Rechtsprechung eines obersten Gerichtshofs des [X.]undes geändert hat, die bei der bisherigen Steuerfestsetzung von der Finanzbehörde angewandt worden ist.

a) [X.]ie Anwendung dieser Vorschrift scheitert bereits daran, dass die Klägerin das [X.]estehen einer Organschaft erstmals im Einspruchsverfahren und damit nach Erlass der hier streitigen Steuerbescheide geltend gemacht hat. [X.]amit lag den Steuerbescheiden vor Erlass der angefochtenen Änderungsbescheide keine [X.]-Rechtsprechung zur Organschaft zugrunde, so dass die Rechtsauffassung vor der Rechtsprechungsänderung durch das [X.]-Urteil in [X.], 433, [X.], 597 ohne [X.]edeutung war.

b) In [X.]ezug auf die Frage der Abgrenzung von Lieferungen und sonstigen Leistungen bei der Abgabe von Speisen ergibt sich für die Klägerin ein Anspruch auf Vertrauensschutz auch nicht daraus, dass der erkennende Senat mit seinem Urteil in [X.]E 235, 525, [X.], 250 die Rechtsprechung "fortentwickelt" hat. [X.]enn unabhängig hiervon hatte sich der [X.] vor diesem Urteil zur Frage der [X.] in [X.] und Pflegeheimen nicht unmittelbar geäußert.

5. [X.]as [X.] hat den von der Klägerin geltend gemachten Erlass aus [X.]illigkeitsgründen zutreffend abgelehnt.

a) Nach § 163 Satz 1 [X.] können Steuern niedriger festgesetzt werden und einzelne die Steuer erhöhende [X.]esteuerungsgrundlagen unberücksichtigt bleiben, wenn die Erhebung der Steuer nach Lage des einzelnen Falls aus sachlichen oder aus persönlichen Gründen unbillig wäre.

[X.]ie nach § 163 [X.] zu treffende [X.]illigkeitsentscheidung ist eine Ermessensentscheidung der Finanzbehörde i.S. des § 5 [X.], die grundsätzlich nur eingeschränkter gerichtlicher Nachprüfung unterliegt (§ 102, § 121 [X.]O). Sie kann im finanzgerichtlichen Verfahren nur dahin geprüft werden, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde (ständige Rechtsprechung, vgl. [X.]eschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des [X.]undes vom 19. Oktober 1971 GmS-OG[X.] 3/70, [X.]St[X.]l II 1972, 603; [X.]-Urteile vom 26. Oktober 1994 [X.], [X.]E 176, 3, [X.]St[X.]l II 1995, 297; vom 10. Oktober 2001 [X.] R 52/00, [X.]E 196, 572, [X.], 201; vom 7. Oktober 2010 V R 17/09, [X.]/NV 2011, 865; vom 6. September 2011 VIII R 55/10, [X.]/NV 2012, 269).

b) [X.]ie Festsetzung einer Steuer ist aus sachlichen Gründen unbillig, wenn sie zwar dem Wortlaut des Gesetzes entspricht, aber den Wertungen des Gesetzes zuwiderläuft (vgl. [X.]-Urteile vom 11. Juli 1996 V R 18/95, [X.]E 180, 524, [X.]St[X.]l II 1997, 259; vom 18. [X.]ezember 2007 VI R 13/05, [X.]/NV 2008, 794; in [X.]/NV 2011, 865). [X.]as setzt voraus, dass der Gesetzgeber die Grundlagen für die Steuerfestsetzung anders als tatsächlich geschehen geregelt hätte, wenn er die zu beurteilende Frage als regelungsbedürftig erkannt hätte (vgl. [X.]-[X.]eschluss vom 12. September 2007 X [X.] 18/03, [X.]/NV 2008, 102, m.w.N.).

c) Rechtsfehlerfrei hat das [X.] erkannt, dass das [X.] die Voraussetzungen einer sachlichen oder persönlichen Unbilligkeit zutreffend verneint hat. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass für einen über § 176 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] hinausgehenden Vertrauensschutz im Fall einer Änderung der Rechtsprechung im Allgemeinen keine Notwendigkeit besteht, wenn sich der Steuerpflichtige die vom [X.] aufgegebene Rechtsprechung erst in einem Einspruchsverfahren zu eigen macht. Zudem hat das [X.] zutreffend berücksichtigt, dass Verwaltungsanweisungen, zu denen auch dort getroffene Übergangsregelungen gehören, nicht wie Gesetze auslegungsfähig sind, sondern im Allgemeinen entsprechend dem Verständnis der Finanzverwaltung anzuwenden sind (vgl. z.[X.]. [X.]-Urteil vom 13. Januar 2011 V R 43/09, [X.]E 233, 58, [X.], 610, zur "Vertretbarkeit" der von einer Finanzbehörde vorgenommenen Auslegung einer von der Finanzverwaltung getroffenen Übergangsregelung). Im Hinblick auf die Vermögenssituation der Klägerin konnte das [X.] auch persönliche [X.]illigkeitsgründe verneinen.

6. [X.]ie Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

V R 15/14

02.12.2015

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend FG Münster, 12. Februar 2013, Az: 15 K 4005/11 U,AO, Urteil

§ 2 Abs 2 Nr 2 UStG 1999, Art 4 Abs 4 UAbs 2 EWGRL 388/77, Art 11 EGRL 112/2006, § 2 Abs 2 Nr 2 UStG 2005, UStG VZ 2005, UStG VZ 2006, UStG VZ 2007, UStG VZ 2008, § 12 Abs 2 Nr 1 UStG 1999, § 12 Abs 2 Nr 1 UStG 2005, § 163 AO, § 176 Abs 1 S 1 Nr 3 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 02.12.2015, Az. V R 15/14 (REWIS RS 2015, 1427)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 1427

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V R 25/13 (Bundesfinanzhof)

Organschaft mit Tochterpersonengesellschaft - teleologische Extension


V R 36/13 (Bundesfinanzhof)

Nicht steuerbare Geschäftsveräußerung im Rahmen einer Betriebsaufspaltung - Organschaft und Eingliederungsvoraussetzungen


V R 67/14 (Bundesfinanzhof)

Keine Organschaft mit Nichtunternehmer - Zahlungen zur Deckung der Betriebskosten als Entgelt


XI R 16/18 (Bundesfinanzhof)

EuGH-Vorlage zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft


V R 12/14 (Bundesfinanzhof)

Organschaft und Eingliederungsvoraussetzungen - Billigkeitserlass


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.