Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.07.2004, Az. II ZR 354/02

II. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 2249

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 19. Juli 2004 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

[X.] § 230

Der Anspruch des [X.]ers gegen den Inhaber des [X.] auf Einlagenrückgewähr unterliegt jedenfalls dann im Ergebnis keinen Beschränkungen nach den Grundsätzen über die fehlerhafte Gesellschaft, wenn der Inhaber des Handelsgeschäfts gleichzeitig verpflichtet ist, den [X.]er im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er nicht beigetreten wäre.

[X.], [X.]eil vom 19. Juli 2004 - [X.] - [X.] in [X.] LG Lübeck

- 2 - [X.] [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 19. Juli 2004 durch [X.] h.c. Röhricht und [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt:
Die Revision der [X.]n gegen das [X.]eil des 5. Zivilsenats des [X.]-Holsteinischen [X.]s in [X.] vom 5. Dezember 2002 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die [X.].
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der [X.] ist der Insolvenzverwalter der R.

AG (im [X.]: die [X.]). Die [X.], deren sämtliche Aktien von ihrem vormaligen Alleinvorstand A. Re. gehalten werden, befaßte sich mit dem Erwerb und der Verwertung von Kapitalanlagen, Unternehmensbeteiligungen und Im-mobilien. Das dafür erforderliche Kapital brachte sie durch den Abschluß zahl-reicher stiller Gesellschaftsverträge auf. Nach dem jeweils zugrundeliegenden "Vertrag über eine Beteiligung als atypisch stiller Gesellschafter" hatte der [X.] eine Einlage als Einmalzahlung oder in monatlichen Raten zu erbringen. Weiter war vorgesehen, daß die [X.]er im Innenverhältnis an - 3 - dem Vermögen der [X.]n so beteiligt sein sollten, als ob es ihnen und der [X.]n gemeinsam gehören würde, und daß den [X.]ern der Gewinn im wesentlichen entsprechend der Höhe ihrer Einlagen und dem Grundkapital der [X.]n zustehen sollte - nach Abzug eines Vorwegbetra-ges in Höhe von 6 % zugunsten der [X.]n. Ferner sollten die stillen Gesell-schafter nach dem gleichen Schlüssel an etwaigen Verlusten beteiligt sein, allerdings nur bis zur Höhe ihrer jeweiligen Einlage. Bei einer Beendigung der [X.] sollte eine Auseinandersetzung stattfinden, bei der die [X.] einschließlich des Geschäftswerts des Unternehmens unter [X.] mit dem Verkehrswert zu berücksichtigen sein sollten.
Am 22. November 2000 unterzeichnete der Kläger Angebote ("Zeich-nungsscheine") zum Abschluß zweier Gesellschaftsverträge nach dem vorbe-zeichneten Muster mit Einlagen i.H. von 14.000,00 DM und [X.], [X.] nebst einem Agio und zahlbar teilweise sofort, teilweise in monatlichen Raten. Dabei - nach der Behauptung der [X.]n bereits früher - erhielt er einen mit "Präsentation" überschriebenen Prospekt der [X.]n.
Mit Anwaltsschreiben vom 17. April 2001 forderte der Kläger die [X.] auf, die von ihm bereits geleisteten Zahlungen zurückzugewähren, und [X.] weitere Zahlungen. Zur Begründung machte er geltend, die Verträge [X.] wegen Verstoßes gegen § 32 [X.] gem. § 134 BGB nichtig. Hilfsweise er-klärte er die Kündigung der Verträge wegen mangelhafter Aufklärung über die Nachteile und Risiken der Kapitalanlage.
Mit seiner Klage hat der Kläger Rückzahlung von 16.353,32 DM verlangt, das sind die von ihm an die [X.] gezahlten Beträge abzüglich einer Ent-nahme i.H. von 466,68 DM. Land- und [X.] haben der Klage - 4 - stattgegeben. Dagegen richtet sich die von dem Berufungsgericht zugelassene Revision der [X.]n. Der Kläger wehrt sich gegen die Revision mit der [X.], daß die Forderung zur Tabelle festgestellt wird. Entscheidungsgründe:

Die Revision ist unbegründet.

[X.] Das Berufungsgericht hat offen gelassen, ob die Verträge als [X.]S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 32 [X.] anzusehen und deshalb mangels einer dafür erforderlichen Erlaubnis der [X.]n gem. § 134 BGB nichtig sind, ob sie wegen Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nichtig sind und ob sie wegen der Möglichkeit der [X.]n, [X.] zu tätigen bei fehlender Termingeschäftsfähigkeit des [X.] nach § 53 BörsG a.F., [X.] sind. Es hat angenommen, daß die [X.] nach den Grundsätzen der Prospekthaftung und des Verschuldens bei Vertragsschluß zur Rückzahlung der geleisteten Beiträge verpflichtet sei und daß dieser Pflicht die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft nicht entgegenstünden.
I[X.] Die Revision wendet sich nicht gegen die Feststellung des Berufungs-gerichts, die Angaben in dem von der [X.]n herausgegebenen Prospekt genügten nicht den von der Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen an die Richtigkeit und Vollständigkeit von [X.] im Rahmen von Kapitalanla-gemodellen und begründeten deshalb eine Schadensersatzpflicht der Beklag-ten als der für den [X.] (vgl. [X.] 71, 284; 79, 337; 123, 106; [X.]. v. 18. Dezember 2000 - [X.], [X.], 369; v. 3. Februar 2003 - [X.], [X.], 1494). Ebenso nimmt sie die Auffassung des [X.] hin, die [X.] hafte zusätzlich wegen Verletzung von [X.] 5 - rungspflichten nach den Grundsätzen des Verschuldens bei Vertragsschluß (culpa in contrahendo) [X.]. § 278 BGB.
Dagegen ist revisionsrechtlich auch nichts einzuwenden. Nach der stän-digen Rechtsprechung des [X.]ats muß einem Anleger für seine Beitrittsent-scheidung ein zutreffendes Bild über das Beteiligungsobjekt vermittelt werden, d.h. er muß über alle Umstände, die für seine Anlageentscheidung von [X.] Bedeutung sind oder sein können, insbesondere über die mit der angebo-tenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken, zutref-fend, verständlich und vollständig aufgeklärt werden ([X.] 79, 337, 344; [X.]. v. 7. April 2003 - [X.], [X.], 1087, 1088). Das ist hier - wie das Berufungsgericht in fehlerfreier tatrichterlicher Würdigung festgestellt hat - weder durch den Prospekt noch durch die Erklärungen der für die [X.] tätig gewordenen Vermittler [X.]und [X.]geschehen. Die fehlerhafte Aufklä-rung ist nach der Lebenserfahrung auch ursächlich für die Anlageentscheidung geworden (vgl. [X.].[X.]. v. 29. Mai 2000 - [X.], [X.], 3346, 3347). Damit ist der Kläger so zu stellen, wie er stehen würde, wenn er die beiden stil-len Gesellschaftsverträge nicht abgeschlossen hätte. Ob die Investition tatsäch-lich werthaltig ist, spielt dabei keine Rolle. Zwar hat der [X.] an-genommen, daß es bei einer voll werthaltigen Kapitalanlage an einem Schaden des Anlegers fehlen könne ([X.] 115, 213, 221; [X.]. v. 27. September 1988 - [X.], [X.], 1464, 1467; v. 19. Dezember 1989 - [X.], [X.], 681, 684). Hier geht es aber um Nachteile und Risiken des von der [X.] angebotenen Anlagemodells, die sich nicht auf die von ihr getätigten Investitionen, sondern auf die Art der Vertragsgestaltung im Rahmen der [X.]en beziehen. Das betrifft nach den Feststellungen des Berufungs-gerichts die ungünstigen Entnahmemöglichkeiten, die langfristige Vertragsbin-dung und insbesondere die Unbestimmtheit und Widersprüchlichkeit der im Er-- 6 - messen der [X.]n stehenden Anlagestrategie. Damit liegt der Schaden des [X.] darin, daß er überhaupt eine derart ungünstige Art der Vermögensan-lage gewählt hat, unabhängig von dem gegenwärtigen Stand dieses Vermö-gens.
II[X.] Die Revision wendet sich gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Inanspruchnahme der [X.]n auf Rückzahlung der geleisteten Einlagen verstoße nicht gegen die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft. Sie meint, diese Grundsätze seien auf eine stille Gesellschaft ohne Einschränkun-gen anwendbar und führten dazu, daß die Beteiligungen des [X.] nur mit Wirkung für die Zukunft beendet werden könnten und daß er nicht seine vollen Einlagen, sondern nur seine möglicherweise geringeren Abfindungsguthaben herausverlangen könne. Dem kann nicht gefolgt werden.
Das Berufungsgericht hat aus den Grundsätzen über die fehlerhafte [X.], nach denen die in Vollzug gesetzte fehlerhafte [X.] als wirksam zu behandeln und lediglich mit Wirkung ex nunc kündbar ist, zu Recht keine Beschränkung des Schadensersatzanspruchs des [X.] hergeleitet. Der [X.]at hat diese Grundsätze zwar nicht nur auf [X.] mit eigenem Vermögen angewandt, sondern auch auf reine Innenge-sellschaften wie die [X.]en, die kein gemeinschaftliches Vermö-gen bilden ([X.] 8, 157, 166 ff.; 55, 5, 8 ff.; 62, 234, 237; [X.]. v. 12. Februar 1973 - [X.], [X.], 900, 901; v. 25. November 1976 - [X.], [X.], 196, 197; v. 22. Oktober 1990 - [X.], NJW-RR 1991, 613, 614; v. 29. Juni 1992 - [X.], [X.], 1552, 1554; zweifelnd in [X.]. v. 18. Juni 1990 - [X.], [X.], 1543, 1546; ebenso Zutt in Großkomm. [X.], 4. Aufl. § 230 Rdn. 69; [X.]/[X.], [X.] 31. Aufl. § 230 Rdn. 11; dagegen [X.] in [X.].[X.].BGB 4. Aufl. § 705 Rdn. 359; [X.], [X.] vom fehlerhaften Verband 2002, [X.] ff.; [X.], Gesellschaftsrecht, 6. Aufl. § 22 [X.]. 28; vermittelnd - nur bei atypischen Gesellschaften - [X.] in [X.].[X.].[X.] § 230 Rdn. 130 ff.). Das kann aber [X.] dann nicht gelten, wenn der Vertragspartner des [X.]ers, der Inhaber des Handelsgeschäfts i.S. des § 230 [X.], verpflichtet ist, den stil-len Gesellschafter im Wege des Schadensersatzes so zu stellen, als hätte er den Gesellschaftsvertrag nicht abgeschlossen und seine Einlage nicht geleistet. Jedenfalls ein solcher Anspruch unterliegt nicht den Beschränkungen nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft ([X.].[X.]. v. 24. Mai 1993 - [X.], [X.], 1089, 1090 f.; [X.], NJW 2003, 2567, 2571 f.; von [X.], EWiR § 235 [X.] 1/03, S. 1037 f.; a.[X.]/[X.], [X.], 189, 198).
Das ergibt sich aus den Besonderheiten der [X.] im Ge-gensatz zu einer Publikumsgesellschaft in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer Kommanditgesellschaft. Wer einer solchen Pu-blikumsgesellschaft beitritt, um sein Vermögen anzulegen, kann bei einer [X.] Aufklärung über die Risiken und Chancen des Anlageprojekts von der Gesellschaft weder Schadensersatz noch sonst Rückabwicklung seiner Gesell-schaftsbeteiligung verlangen, weil die fehlerhafte Aufklärung der Gesellschaft nicht zugerechnet werden kann. Der einzelne Gesellschafter hat auf die [X.] neuer Gesellschafter keinerlei Einwirkungsmöglichkeiten, tritt in-soweit auch nicht in Erscheinung und ist im Gegenteil bei seinem eigenen Ein-tritt in die Gesellschaft regelmäßig selbst getäuscht oder jedenfalls nicht ord-nungsgemäß aufgeklärt worden (st.Rspr., s. etwa [X.].[X.]. v. 21. Juli 2003 - [X.], NJW 2003, 2821, 2822). Wohl aber hat der eintretende Gesell-schafter Schadensersatzansprüche gegen die Initiatoren der Gesellschaft, ge-gen die Gründungsgesellschafter und gegen diejenigen, die sonst für die Män-- 8 - gel seines Beitritts verantwortlich sind ([X.] 26, 330, 333 f.). Das ist bei der [X.] in dem vorliegenden Anlagemodell anders. Hier tritt der [X.] nicht einer bestehenden Publikumsgesellschaft bei, sondern bildet mit der von dem Initiator des Anlageprojekts gegründeten Aktiengesellschaft eine neue - stille - Gesellschaft. Dabei beschränken sich seine Rechtsbeziehungen allein auf diese Aktiengesellschaft. Sie schuldet ihm bei einer Beendigung der [X.] das [X.]. Zugleich haftet sie ihm nach den Grundsätzen der Prospekthaftung und des Verschuldens bei [X.], jeweils [X.]. § 31 BGB und ggf. § 278 BGB, auf Schadensersatz. [X.] als bei einer Publikumsgesellschaft richten sich der [X.] und der Schadensersatzanspruch gegen dieselbe Person. Nicht eine solche Gesellschaft ist Adressat des gesellschaftsrechtlichen Rückabwicklungsan-spruchs, sondern ausschließlich die als Inhaberin des [X.] § 230 [X.] auftretende Aktiengesellschaft, mit der allein der stille Gesell-schaftsvertrag zustande gekommen ist, und die zugleich im Wege des [X.] verpflichtet ist, etwaige Minderungen der gesellschaftsrechtlichen Einlage auszugleichen. Dann aber kann der Schadensersatzanspruch nicht nach den Regeln über die fehlerhafte Gesellschaft beschränkt sein. Auch der Schutz der Gläubiger gebietet eine solche Beschränkung nicht, schon weil es bei der [X.] an einem durch Kapitalaufbringungs- und Kapitaler-haltungsvorschriften geschützten Gesellschaftsvermögen fehlt.
Da der Kläger somit seinen Schadensersatzanspruch ohne Einschrän-kungen durch die Grundsätze über die fehlerhafte Gesellschaft geltend machen kann, bedarf es keiner Entscheidung der Frage, ob diese Grundsätze - wie die Revisionserwiderung meint - auch deshalb nicht zur Anwendung kommen [X.], weil die stille Beteiligung des [X.] an der beklagten Aktiengesellschaft einen Teilgewinnabführungsvertrag i.S. des § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG darstellt - 9 - (vgl. [X.].[X.]. v. 21. Juli 2003 - [X.], NJW 2003, 3412, 3413) und des-halb nach § 294 Abs. 2 AktG erst wirksam wird mit der Eintragung in das Han-delsregister, wozu das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen hat.
Entgegen der Auffassung der Revision kommt es auch nicht darauf an, ob der Kläger aufgrund seiner Beteiligung Steuervorteile erlangt hat. Darauf hätte sich die [X.] in den Tatsacheninstanzen berufen müssen, was nicht geschehen ist.

Röhricht Goette [X.]

Strohn [X.]

Meta

II ZR 354/02

19.07.2004

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.07.2004, Az. II ZR 354/02 (REWIS RS 2004, 2249)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 2249

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.