Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.10.2005, Az. XI ZR 85/04

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 1408

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[X.]UNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.]/04 Verkündet am: 11. Oktober 2005 [X.] Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja

[X.]Z: ja

[X.]R: ja _____________________

[X.] § 55 [X.]eurkG § 54 b

a) § 55 Abs. 2 Satz 3 [X.] enthält eine absolut wirkende Verfügungsbe-schränkung. [X.] eines gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 2 [X.] vorläufig seines Amtes enthobenen Notars sind deshalb unabhängig von der Kenntnis oder dem Kennenmüssen des beauftragten Kreditinsti-tuts gemäß § 134 [X.]G[X.] unwirksam.
b) [X.] unterschriebene [X.] eines Notars sind nicht gemäß § 54 b Abs. 3 Satz 1 [X.]eurkG i.V. mit § 134 [X.]G[X.] unwirksam.

[X.], Urteil vom 11. Oktober 2005 - [X.]/04 - OLG [X.]raunschweig

LG Göttingen

- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 11. Oktober 2005 durch [X.], [X.] [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.]

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 8. Zi-vilsenats des [X.] vom 5. Februar 2004 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens,
an das [X.]erufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der klagende Notariatsverwalter nimmt die beklagte Sparkasse auf Auszahlung von Überweisungsbeträgen in Anspruch, die die [X.]eklagte von [X.] abgebucht hat.

Die [X.]eklagte führte für Notar [X.], [X.], Anderkonten zur Ab-wicklung von Immobilienkaufverträgen. Von diesen Konten überwies sie - 3 - in der [X.] vom 7. bis 18. Juni 1999 aufgrund von Aufträgen des Notars [X.] insgesamt 2.542.095 [X.] auf andere Konten.

Der Kläger macht geltend, Notar [X.] sei durch eine am 28. Mai 1999 zugestellte Verfügung der Präsidentin des [X.] vom 21. Mai 1999 vorläufig seines Amtes enthoben worden. Dies habe die [X.]eklagte am 31. Mai 1999 erfahren. Am 16. Juni 1999 sei Notar [X.], am 12. Juli 1999 er selbst gemäß § 56 Abs. 4 [X.] zum Notariatsver-walter bestellt worden. Nachdem das Amt des Notars [X.] erloschen sei, sei er am 2. Dezember 1999 gemäß § 56 Abs. 2 [X.] zum Verwal-ter bestellt worden. Die [X.] seien gemäß § 55 Abs. 2 Satz 3 [X.], § 134 [X.]G[X.] und, da Notar [X.] sie blanko unterschrieben und der [X.] überlassen habe, gemäß § 54 b Abs. 3 Satz 1 [X.]eurkG, § 134 [X.]G[X.] unwirksam.

Das [X.] hat der Klage auf Zahlung von 1.299.752,50 • nebst Zinsen stattgegeben. Das [X.]erufungsgericht hat sie abgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die [X.] des landgerichtlichen Urteils.
Entscheidungsgründe:

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefoch-tenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.]erufungsge-richt.

- 4 - [X.]

Das [X.]erufungsgericht hat zur [X.]egründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klage sei nach dem eigenen Vorbringen des [X.] unbe-gründet. Dieser habe keinen Anspruch gemäß §§ 667, 675 Abs. 1 [X.]G[X.] gegen die [X.]eklagte. Ihm stünden nicht mehr Rechte zu als dem [X.] Notar, dessen Geschäfte er fortführe. Die [X.]eklagte habe nicht weisungswidrig gehandelt, sondern die Überweisungen an die in den [X.]n genannten Empfänger ausgeführt. Ob diese materiell zur Entgegennahme der Leistung berechtigt gewesen seien, sei unerheblich.

Ein Anspruch gemäß §§ 667, 675 Abs. 1 [X.]G[X.] bestehe auch dann nicht, wenn man davon ausgehe, dass die vorläufige Amtsenthebung des Notars [X.] am 28. Mai 1999 wirksam geworden sei und seine späteren [X.] gemäß § 55 Abs. 2 Satz 3, § 23 [X.] i.V. mit § 134 [X.]G[X.] nichtig seien. In diesem Fall sei die Geltendmachung des [X.] rechtsmissbräuchlich (§ 242 [X.]G[X.]). Die Überweisungen seien nicht entgegen dem Interesse des amtsenthobenen Notars ausgeführt worden, sondern hätten den von diesem verfolgten Zweck erreicht. Es sei davon auszugehen, dass die [X.] durch Mitarbeiter der [X.] im Rahmen der Ermächtigung des amtsenthobenen Notars ausgefüllt worden seien. Auf die Interessen der an den zugrunde liegen-den Kaufverträgen [X.]eteiligten und der finanzierenden [X.]ank komme es nicht an. Auch aus dem Rechtsgedanken des § 817 Satz 2 [X.]G[X.] folge, dass ein Rückforderungsanspruch ausgeschlossen sei, wenn dem [X.] - weisenden selbst ein Gesetzesverstoß zur Last falle. Da Notar [X.] die [X.] in Kenntnis seiner vorläufigen Amtsenthebung und seiner mangelnden Verfügungsbefugnis erteilt und damit vorsätzlich gegen § 55 Abs. 2 Satz 1 [X.] verstoßen habe, könne er und damit auch der Kläger keine Rückerstattung der Überweisungsbeträge [X.]. Notar [X.] und der Kläger seien, anders als Geschäftsunfähige, nicht schutzwürdig.

Ob die [X.] von Notar [X.] blanko unterschrie-ben worden und ob sie deshalb gemäß § 54 b Abs. 3 Satz 1 [X.]eurkG nichtig seien, könne offen bleiben. Der Kläger handele rechtsmiss-bräuchlich, wenn er geltend mache, die [X.]eklagte habe entsprechend dem Willen und Interesse des Notars [X.] an dem behaupteten Verstoß gegen das [X.] mitgewirkt. Soweit der Kläger habe vor-tragen wollen, die Mitarbeiter der [X.] hätten die Überweisungsauf-träge nicht entsprechend der Ermächtigung des Notars [X.] ausgefüllt, ergebe sich daraus nur ein Anfechtungsrecht gemäß § 119 Abs. 1 [X.]G[X.]. Eine Anfechtungserklärung liege aber nicht vor.

I[X.]

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht stand.

1. Die Auffassung des [X.]erufungsgerichts, der Kläger könne sich nicht auf eine unterstellte Unwirksamkeit der [X.] ge-mäß § 55 Abs. 2 Satz 3 [X.], § 134 [X.]G[X.] berufen und die [X.]eklagte nicht auf Auszahlung der Kontoguthaben in Höhe der [X.] 6 - träge in Anspruch nehmen, ist rechtsfehlerhaft. Die Klageforderung ist nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachvortrag des [X.] gemäß § 700 Abs. 1 Satz 1, § 607 Abs. 1 [X.]G[X.] a.F. begründet. Die [X.] wiesen vor der [X.]elastung mit den Überweisungs-beträgen Guthaben in einer zumindest diesen [X.]eträgen entsprechenden Höhe auf. Diese Guthaben sind durch die [X.]elastungsbuchungen nicht gemindert worden. Die [X.]uchungen sind unwirksam, weil ihnen nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt keine Aufwen-dungsersatzansprüche der [X.] gemäß §§ 670, 675 Abs. 1 [X.]G[X.] zugrunde liegen (vgl. [X.], in: [X.]/[X.]unte/[X.], [X.] 2. Aufl. § 47 Rdn. 28). Solche Ansprüche sind nicht entstanden, weil den ausgeführten Überweisungen keine wirksamen [X.] zugrunde lagen.

a) Die [X.] sind gemäß § 55 Abs. 2 Satz 3 [X.], § 134 [X.]G[X.] unwirksam, weil sie nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt erst nach der vorläufigen Amtsenthe-bung des Notars [X.] gemäß § 54 Abs. 1 Nr. 2 [X.] ausgeführt [X.] sind. Auf diesen [X.]punkt kommt es an, da die Verfügungsbefugnis des [X.] noch im [X.]punkt der Ausführung seines Auftrags vorliegen muss. Gemäß § 55 Abs. 2 Satz 3 [X.] kann ein Notar wäh-rend der Dauer der vorläufigen Amtsenthebung keine Amtsgeschäfte nach § 23 [X.] vornehmen. Dazu gehören als [X.]estandteile von [X.] im Sinne des § 23 [X.] auch Verfügungen über [X.] ([X.], in: Huhn/v. Schuckmann, [X.]eurkG und [X.] 4. Aufl. [X.]. 61).
- 7 - Notar [X.] hat durch seine vorläufige Amtsenthebung, ungeachtet seiner fortbestehenden Stellung als Kontoinhaber ([X.] [X.] 1963, 103, 107), gemäß § 55 Abs. 2 Satz 3 [X.] seine Verfü-gungsbefugnis verloren (vgl. [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], [X.] 5. Aufl. § 55 Rdn. 16; [X.], in: [X.]/V[X.]sen, [X.] und [X.]eurkG § 55 [X.] Rdn. 18; [X.], in: [X.]/V[X.]sen, [X.] und [X.]. 16; [X.], in: Huhn/v. Schuckmann, [X.]eurkG und [X.] 4. Aufl. § 54 b Rdn. 18 und [X.]. 63; [X.] 1982, 90, 99). § 55 Abs. 2 Satz 3 [X.] enthält kein relatives Verfügungsverbot im Sinne des § 135 [X.]G[X.], sondern eine absolut wir-kende gesetzliche Verfügungsbeschränkung ([X.], in: [X.]/[X.]/ [X.], [X.] 5. Aufl. § 55 Rdn. 17; [X.], in: [X.]/ V[X.]sen, [X.] und [X.]eurkG § 55 [X.] Rdn. 18; [X.], in: Huhn/ v. Schuckmann, [X.]eurkG und [X.] 4. Aufl. § 54 b Rdn. 18 und [X.]. 61; [X.]/Vetter, [X.] 7. Aufl. § 55 Rdn. 26; [X.], in: [X.]/[X.]/[X.], Handbuch der [X.] Rdn. 1840; [X.] 1982, 90, 99).

[X.]) Für diese Auslegung des § 55 Abs. 2 Satz 3 [X.] sprechen der Wortlaut der Vorschrift, ihre systematische Stellung innerhalb des § 55 Abs. 2 [X.] als Ausnahme zu dem in Satz 2 normierten Grund-satz, dass Amtsgeschäfte eines vorläufig seines Amtes enthobenen No-tars gültig sind ([X.], in: [X.]/V[X.]sen, [X.] und [X.]eurkG § 55 [X.] Rdn. 18; [X.] 1982, 90, 100) und der [X.]. Der Gesetzgeber wollte durch die Anfügung des Satzes 3 in § 55 Abs. 2 [X.] verhindern, dass ein vorläufig seines Amtes enthobener Notar weiter über seine Anderkonten verfügen kann. Seine Verfügungs-macht soll mit der vorläufigen Amtsenthebung erlöschen, damit er sie - 8 - nicht missbrauchen kann. Ein solcher Missbrauch war vor der Anfügung des Satzes 3 nicht ausgeschlossen, weil Amtshandlungen, die ein Notar nach seiner vorläufigen Amtsenthebung vornahm, trotz des Verbotes gemäß § 55 Abs. 2 Satz 1 [X.] gültig waren ([X.]eschlussempfehlung und [X.]ericht des Rechtsausschusses, [X.]T-Drucks. 9/597, S. 10; Zimmer-mann [X.] 1982, 90, 98).

Dieser Regelungszweck lässt sich entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht durch die Auslegung des § 55 Abs. 2 Satz 3 [X.] im Sinne eines relativen Verfügungsverbots erreichen, das den gutgläubigen Geschäftsverkehr in seinem Vertrauen auf die fortdauernde Verfügungsbefugnis des vorläufig seines Amtes enthobenen Notars schützen würde. Auf dieser Grundlage könnten Notare, die von einer vor-läufigen Amtsenthebung in aller Regel früher als Anderkonten führende Kreditinstitute erfahren, noch Verfügungen treffen, die gemäß § 135 Abs. 2 [X.]G[X.] i.V. mit §§ 407, 408 [X.]G[X.] (vgl. [X.]Z 86, 337, 338 f.; [X.], 210, 211) als wirksam anzusehen wären. Die Gefahr eines Missbrauchs der Verfügungsbefugnis, der der Gesetzgeber begeg-nen wollte, bestünde fort. Dadurch würden die Sicherung der Vermö-gensinteressen der an den Verwahrungsgeschäften [X.]eteiligten, insbe-sondere der Treugeber, die Gewährleistung einer möglichst umfassen-den und raschen Aufklärung ihrer Rechtsverhältnisse und damit die För-derung der Abwicklung der laufenden Amtsgeschäfte beeinträchtigt ([X.] 1982, 90, 99 f.). Dieses Interesse an der [X.] einer ordnungsgemäßen Rechtspflege und der Schutz des Rechtsverkehrs vor Amtshandlungen eines Notars, dessen Eignung in Frage gestellt ist, erfordern die Auslegung des § 55 Abs. 2 Satz 3 [X.] im Sinne eines absolut wirkenden gesetzlichen Verfügungsverbots - 9 - ([X.], in: [X.]/V[X.]sen, [X.] und [X.]eurkG § 55 [X.] Rdn. 18; [X.] 1982, 90, 99 f.). Auf die Kenntnis oder das [X.] der [X.] von der vorläufigen Amtsenthebung des No-tars [X.] kommt es deshalb nicht an.

[X.]) Die Interessen der Kreditinstitute werden bei der Annahme ei-nes absoluten Verfügungsverbots angemessen gewahrt. Die [X.] haben in Nr. 11 Abs. 2 der [X.]edingungen für Anderkonten und An-derdepots von Notaren (im Folgenden: [X.]) in der im vorliegen-den Fall noch nicht anwendbaren Fassung von August 2000 selbst aner-kannt, dass die Verfügungsbefugnis eines Notars mit seiner vorläufigen Amtsenthebung endet. Ihnen stehen nach der Ausführung unwirksamer [X.] anstelle des [X.] ge-gen den Notar andere Ansprüche zu. Sie können vom Zahlungsempfän-ger, auch wenn dieser gutgläubig ist, gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 [X.]G[X.] Rückzahlung verlangen, weil es an einer gültigen Anweisung fehlt und die Überweisung dem Notar nicht als Leistung zugerechnet werden kann (vgl. Senat [X.]Z 147, 145, 151; 152, 307, 311 f.; 158, 1, 5; Urteil vom 21. Juni 2005 - [X.] ZR 152/04, [X.], 1564, 1565 f.). Daneben haben sie die Möglichkeit, ihren Schaden gegenüber dem gesetzwidrig verfügenden Notar wegen positiver Vertragsverletzung und gemäß § 19 [X.] bzw. dessen [X.]erufshaftpflichtversicherung (§ 19 a [X.]) oder ggf. gegenüber der Vertrauensschadensversicherung (§ 67 Abs. 3 Nr. 3 [X.]) bzw. dem [X.] (§ 67 Abs. 4 Nr. 3 [X.]) der Notarkammer geltend zu machen. Darüber hinaus kommt ein Amts-haftungsanspruch (§ 839 [X.]G[X.]) gegen die Justizverwaltung in [X.]etracht, sofern diese ihre Pflicht verletzt hat, Kreditinstitute, bei denen ein Notar - 10 - Anderkonten unterhält, unverzüglich von dessen vorläufiger Amtsenthe-bung in Kenntnis zu setzen.

b) Entgegen der Auffassung des [X.]erufungsgerichts ist der Kläger weder gemäß § 242 [X.]G[X.] noch gemäß § 817 Satz 2 [X.]G[X.] gehindert, sich auf die Unwirksamkeit der [X.] zu berufen und die [X.] auf Auszahlung der Kontoguthaben in Höhe der [X.] in Anspruch zu nehmen. Er nimmt damit nicht mehr Rechte in [X.], als dem amtsenthobenen Notar zustanden.

[X.]) Der Kläger handelt nicht rechtsmissbräuchlich. Die [X.]erufung auf die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts ist grundsätzlich kein Verstoß gegen Treu und Glauben, wenn die Nichtigkeit dem Normzweck des [X.] Verbotsgesetzes entspricht ([X.], Urteil vom 22. Januar 1986 - [X.], [X.], 565, 567; [X.]/[X.], [X.]. 2003 § 134 Rdn. 187; vgl. zu § 817 Satz 2 [X.]G[X.]: [X.]Z 111, 308, 313; 118, 142, 150 und 118, 182, 193). So liegt es hier.

§ 55 Abs. 2 Satz 3 [X.] dient, wie dargelegt, vornehmlich dem Schutz der Vermögensinteressen der Treugeber. Dieser würde beein-trächtigt, wenn ein [X.] nach einer Überweisung mit einem Aufwendungsersatzanspruch des Kreditinstituts belastet werden könnte, obwohl der zugrunde liegende Überweisungsauftrag gemäß § 55 Abs. 2 Satz 3 [X.], § 134 [X.]G[X.] nichtig ist. Die gegenteilige Auffassung des [X.]erufungsgerichts, das nicht auf die Interessen der an den Verwah-rungsgeschäften [X.]eteiligten, insbesondere der Treugeber, sondern allein auf das Interesse des vorläufig amtsenthobenen Notars abstellt, verkennt die rechtliche Ausgestaltung der [X.] als offene [X.] 11 - konten. Der treuhänderischen [X.]indung der auf einem [X.] verwahrten Vermögenswerte wird rechtlich durch den weitgehenden Ausschluss der Aufrechnung mit Ansprüchen des Kreditinstituts gegen den Treuhänder, des Zurückbehaltungsrechts wegen solcher Ansprüche und des in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kreditinstitute vorgesehenen Pfandrechts (Nr. 8 [X.] i.d.[X.] 1993; [X.], Urteil vom 25. September 1990 - [X.] ZR 94/89, [X.], 1954; [X.]/Häuser, in: [X.]/[X.]unte/[X.], [X.]. § 37 Rdn. 49-53), ferner durch das Verbot von Sammelanderkon-ten (§ 54 b Abs. 2 Satz 3 [X.]eurkG, Nr. 4 [X.] i.d.[X.] 1993), die [X.]eschränkung der Verfügungsbefugnis auf den [X.] (§ 54 b Abs. 3 Satz 1 und 2 [X.]eurkG, Nr. 11 [X.] i.d.[X.] 1993) und den Übergang der Verfügungsbefugnis auf den Notari-atsverwalter (§ 58 Abs. 1 [X.], Nr. 13 [X.] i.d.[X.] 1993) Rechnung getragen. Auch § 55 Abs. 2 Satz 3 [X.] entspricht dem Charakter des [X.]s als offenem Treuhandkonto und soll eine missbräuchliche, d.h. der treuhänderischen [X.]indung widerspre-chende Ausübung der Verfügungsbefugnis des Notars verhindern. Mit diesem Schutzzweck des § 55 Abs. 2 Satz 3 [X.] ist es unvereinbar, dem Kläger die [X.]erufung auf die Unwirksamkeit der Überweisungsauf-träge mit der [X.]egründung zu verwehren, die Ausführung der Überwei-sungsaufträge entspreche den Weisungen des amtsenthobenen Notars, d.h. des Treuhänders.

[X.]) Die [X.]eklagte kann sich auch nicht auf die Rechtsprechung des Senats (Urteile vom 8. Oktober 1991 - [X.] ZR 207/90, [X.], 1912, 1913, vom 21. Juni 2005 - [X.] ZR 152/04, [X.], 1564, 1567 und vom 27. September 2005 - [X.] ZR 216/04, Umdruck S. 13) berufen, dass die - 12 - Geltendmachung eines Anspruches auf Rückgängigmachung von Konto-belastungen gegen Treu und Glauben (§ 242 [X.]G[X.]) verstößt, wenn eine weisungswidrige Erledigung eines [X.] das Interesse des [X.] nicht verletzt, insbesondere wenn der mit der Überweisung verfolgte Zweck trotz der Fehlbuchung erreicht worden ist. Im vorliegenden Fall geht es nicht um eine weisungswidrige Ausführung eines wirksamen [X.], sondern um die weisungsgemäße Ausführung eines unwirksamen Überweisungsauftra-ges. Da die Unwirksamkeit des [X.] gemäß § 55 Abs. 2 Satz 3 [X.] dem Schutz der Treugeber vor einer missbräuchli-chen, d.h. der treuhänderischen [X.]indung widersprechenden Ausübung der Verfügungsbefugnis des Notars dient, kann die Erreichung des von dem Notar mit der Überweisung verfolgten Zweckes der Geltendmachung des Anspruches auf Rückgängigmachung der [X.]elastung des Kontos mit dem Überweisungsbetrag und auf Auszahlung dieses [X.]etrages nicht [X.]. Dass die Überweisungen den Interessen der Treugeber entsprachen, hat die [X.]eklagte nicht substantiiert behauptet.

[X.]) Die Klageforderung ist entgegen der Auffassung des [X.] auch nicht entsprechend dem Rechtsgedanken des § 817 Satz 2 [X.]G[X.] ausgeschlossen. Diese Vorschrift ist aufgrund ihres [X.] eng auszulegen und außerhalb des [X.]ereicherungs-rechts, etwa auf vertragliche Ansprüche, nicht anwendbar ([X.]Z 41, 341, 349 f.; 44, 1, 6 f. und Urteil vom 27. September 1955 - I ZR 212/53, [X.], 1614).

2. Rechtsfehlerhaft ist auch die [X.]egründung, mit der das [X.] dem Kläger die [X.]erufung auf die Unwirksamkeit blanko un-- 13 - terschriebener [X.] selbst für den Fall versagen will, dass die [X.]eklagte sie abredewidrig ausgefüllt hat.

a) Allerdings sind die [X.] nicht gemäß § 54 b Abs. 3 Satz 1 [X.]eurkG i.V. mit § 134 [X.]G[X.] nichtig, wenn Notar [X.] sie blanko unterschrieben hat. Nach § 54 b Abs. 3 Satz 1 [X.]eurkG darf über [X.] nur der Notar persönlich, sein amtlich bestellter Ver-treter oder der Notariatsverwalter verfügen. Ob der darin zum Ausdruck kommende Grundsatz der persönlichen Amtsführung der Verwendung blanko unterschriebener [X.] entgegensteht (so [X.], in: Huhn/v. Schuckmann, [X.]eurkG und [X.] 4. Aufl. § 54 b [X.]. 19; [X.], in [X.]/V[X.]sen, [X.] und [X.]. 17; [X.], [X.]. § 54 b Rdn. 19), bedarf keiner Ent-scheidung, weil blanko unterschriebene [X.] aus Grün-den des [X.] jedenfalls nicht unwirksam sind (vgl. [X.], [X.]eschluss vom 14. Oktober 1985 - [X.] ([X.]) 3/85, [X.] 1986, 310, 311).

b) Die [X.]eklagte hat aber, ohne dass es einer Anfechtung bedarf, keine Rechte gegen Notar [X.] und den Kläger, soweit sie Überwei-sungsaufträge, die Notar [X.] blanko unterschrieben und ihr überlassen hat, abredewidrig ausgefüllt hat (vgl. [X.], in: [X.], [X.]G[X.] 13. Aufl. § 119 Rdn. 16; [X.], in: [X.], [X.]G[X.] 11. Aufl. § 119 Rdn. 11).

- 14 - II[X.]

Das [X.]erufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO). Nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt ist die Klage begründet.

1. Der Kläger ist aktivlegitimiert. Da die Klageforderung aus dem [X.] hergeleitet wird, ist grundsätzlich der Kontoinhaber als [X.] des [X.]es zu ihrer Geltendmachung befugt. Die Stellung des Kontoinhabers hat Notar [X.] allerdings nicht bereits durch seine vor-läufige Amtsenthebung verloren (vgl. [X.], in [X.]/[X.]/Sand-kühler, [X.] 5. Aufl. § 23 Rdn. 168; [X.], in: [X.]/V[X.]sen, [X.] und [X.]eurkG § 55 [X.] Rdn. 17; [X.], in: Huhn/ v. Schuckmann, [X.]eurkG und [X.] 4. Aufl. [X.]. 66; [X.]/Vetter, [X.] 7. Aufl. § 55 Rdn. 26; [X.] [X.] 1963, 103, 107; [X.] 1982, 90, 99; vgl. auch Nr. 11 Abs. 3 Satz 2 [X.] i.d.[X.]). Nach den vom [X.]erufungsgericht ge-mäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO in [X.]ezug genommenen, rechtsfehler-freien und von der Revisionserwiderung unangegriffenen Feststellungen des [X.]s ist der Kläger aber jedenfalls, nachdem das Amt des Notars [X.] erloschen war, gemäß § 56 Abs. 2 [X.] zum Verwalter bestellt worden. Damit ist er gemäß Nr. 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 [X.] i.d.[X.] 1993 kraft Vertrages zugunsten eines Dritten Kontoinhaber geworden ([X.], in [X.]/[X.]/[X.], [X.] 5. Aufl. § 23 Rdn. 172; [X.], in: Huhn/v. Schuckmann, [X.]eurkG und [X.] 4. Aufl. [X.]. 68; [X.], in: [X.]/[X.]unte/ [X.], [X.]. § 38 Rdn. 11; [X.]/Reith-mann, [X.] 7. Aufl. § 23 Rdn. 26). - 15 -

2. Die Klageforderung ist nicht durch Anerkenntnis des beim Rech-nungsabschluss zum Ende des zweiten Quartals des Jahres 1999 von der [X.] ermittelten Saldos untergegangen (vgl. [X.]Z 80, 172, 176 und Urteil vom 4. Juli 1985 - [X.], [X.], 969, 971). Nach dem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sachverhalt fehlte No-tar [X.] aufgrund seiner am 28. Mai 1999 wirksam gewordenen vorläu-figen Amtsenthebung gemäß § 55 Abs. 3 Satz 2 [X.] die [X.] für ein solches Anerkenntnis.

3. Die Klageforderung ist entgegen der Ansicht der [X.] nicht gemäß § 254 Abs. 1 [X.]G[X.] gemindert. Diese Vorschrift ist auf Erfüllungs-ansprüche wie den Anspruch gegen ein Kreditinstitut auf Auszahlung ei-nes Guthabens nicht anwendbar ([X.], Urteil vom 20. März 1986 - [X.], [X.], 608, 610). Die [X.]erücksichtigung eines in einem [X.] gegen das Verfügungsverbot des § 55 Abs. 2 Satz 3 [X.] liegen-den Mitverschuldens widerspräche auch dem Regelungszweck dieser Vorschrift. Nach § 55 Abs. 2 Satz 3 [X.] sind, wie dargelegt, Verfü-gungen eines seines Amtes vorläufig enthobenen Notars über Fremdgel-der auf [X.] unwirksam. Damit wäre es unvereinbar, wenn die [X.]eklagte einen Verstoß des Notars [X.] gegen das Verfügungsver-bot des § 55 Abs. 2 Satz 3 [X.] der auf Auszahlung der [X.] gerichteten Klage gemäß § 254 Abs. 1 [X.]G[X.] entgegenhalten könnte.

4. Die [X.]eklagte kann gegenüber der Klageforderung weder die Aufrechnung mit aus einem Verstoß des Notars [X.]
gegen § 55 Abs. 2 Satz 3 [X.] resultierenden Schadensersatzansprüchen wegen positi-ver Vertragsverletzung bzw. gemäß § 19 Abs. 1 [X.] oder [X.]ereiche-- 16 - rungsansprüchen gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 [X.]G[X.] erklären noch ein [X.] oder Pfandrecht wegen dieser Ansprüche geltend ma-chen. Diese Rechte stehen ihr gemäß Nr. 8 [X.] i.d.F. von Dez. 1993 (vgl. auch [X.]Z 61, 72, 77; Senat, Urteil vom 25. September 1990 - [X.] ZR 94/89, [X.], 1954) nur wegen Forderungen zu, die in [X.]ezug auf das [X.] selbst entstanden sind. Darunter fallen [X.] auf Gebühren, Zinsen, Entgelte und Provisionen sowie auf Er-satz von Aufwendungen für die Führung des Kontos und die Ausführung einzelner Geschäfte (vgl. [X.], 1732, 1735; [X.], in: [X.]/Steuer, [X.]ankrecht und [X.]ankpraxis Rdn. 2/316; [X.], in: Huhn/v. Schuckmann, [X.]eurkG und [X.] 4. Aufl. [X.]. 54), nicht aber Schadensersatz- und [X.]ereicherungsansprüche auf-grund unwirksamer [X.], die gerade keine Aufwen-dungsersatzansprüche begründen. Eine andere [X.]eurteilung [X.] dem Regelungszweck des § 55 Abs. 2 Satz 3 [X.], die Vermö-gensinteressen der Treugeber zu schützen.

[X.]

Das [X.]erufungsurteil war daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.]erufungs-gericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

Das [X.]erufungsgericht wird Feststellungen zu der zwischen den Parteien streitigen Frage zu treffen haben, ob die vorläufige Amtsenthe-bung des Notars [X.] durch Zustellung einer entsprechenden Verfü-gung der Präsidentin des [X.] am 28. Mai 1999 bzw. vor - 17 - Ausführung der streitgegenständlichen [X.], wirksam geworden ist. Sollte sich die vorläufige Amtsenthebung des Notars [X.] vor Ausführung der [X.] nicht feststellen lassen, ist, ggf. nach weiterem Parteivortrag, festzustellen, ob die Überweisungsauf-träge von Notar [X.] blanko unterschrieben und von der [X.] ab-redewidrig ausgefüllt worden sind.

[X.] [X.] Joeres

Wassermann

[X.]

Meta

XI ZR 85/04

11.10.2005

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 11.10.2005, Az. XI ZR 85/04 (REWIS RS 2005, 1408)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 1408

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