Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.01.2011, Az. RiZ (R) 1/10

Dienstgericht des Bundes | REWIS RS 2011, 10275

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Gegenstand

Richterdienstrecht: Begriff „Maßnahme der Dienstaufsicht“; aufsichtsrechtliche Kontrolle der Eingabe eines Richters an eine Behördenleitung


Tenor

Die Revision des Antragstellers gegen den Beschluss des [X.] für [X.] bei dem [X.] vom 1. Dezember 2009 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Antragsteller ist [X.] am [X.] Er ist dort in Familiensachen tätig, leistet aber auch gelegentlich Eil- und Bereitschaftsdienst am Wochenende in Strafsachen. Dabei hat er unter anderem bereits erlassene Haftbefehle des [X.] zu eröffnen; diese betreffen zum Einen Strafsachen, die sich noch im [X.] befinden, zum Anderen Strafsachen, in denen bereits Anklage erhoben worden ist.

2

Der Antragsteller hatte sich in der Vergangenheit bereits verschiedentlich an die Leitende Oberstaatsanwältin in [X.] gewandt und unter Bezugnahme auf einen durchgeführten oder bevorstehenden Eildienst die Verfahrensweise der Staatsanwaltschaft beanstandet, dem Eildienstrichter bei Vorführungen von Beschuldigten gemäß § 115 StPO nur eine Abschrift des Haftbefehls, nicht aber die Akte der Staatsanwaltschaft vorzulegen. Mit einem weiteren Schreiben folgenden Inhalts wandte er sich am 19. September 2006 wieder auf direktem Weg an die Leitende Oberstaatsanwältin: Sein Eildienst am 28. Oktober 2006 gebe ihm erneut Anlass, sich an sie wegen der Vorführungen gemäß § 115 StPO zu wenden. Er bitte dringend, dafür Sorge zu tragen, dass sich die diensttuenden Staatsanwälte anhand der Akten vom aktuellen Stand der Ermittlungen überzeugen könnten und überzeugten, die [X.] eigenverantwortlich überprüften und unter Weiterleitung der kompletten Akten an den Haftrichter sachgerechte Anträge stellten. Ohne Kenntnis der Akten könne er gezwungen sein, Beschuldigte freizulassen. Die Leitende Oberstaatsanwältin teilte dem Antragsteller mit Schreiben vom 10. Oktober 2006 mit, sie habe seine Eingabe zuständigkeitshalber an den Präsidenten des [X.] weitergeleitet und sie bitte den Antragsteller, künftig den Dienstweg einzuhalten. Hierauf wandte sich der Antragsteller an den Generalstaatsanwalt in [X.] und beanstandete, das Verhalten der Staatsanwaltschaft [X.] bei den Vorführungen sei seines Erachtens nicht mit den gesetzlichen Vorschriften zu vereinbaren. Er korrespondiere in dieser Angelegenheit in Ausübung unabhängiger richterlicher Tätigkeit auch unmittelbar mit der Staatsanwaltschaft und nicht über irgendeinen Dienstweg.

3

Mit Schreiben vom 5. Dezember 2006 teilte der Präsident des [X.] dem Antragsteller mit, er sei darüber informiert worden, dass dieser sich ohne Einhaltung des [X.] an die Leitende Oberstaatsanwältin und den Generalstaatsanwalt gewandt habe. Er wies den Antragsteller darauf hin, dass auch [X.] bei Anträgen und Beschwerden den Dienstweg einzuhalten hätten; dies gelte auch für den Antragsteller, weil dieser sich nicht, was schon die Nichtverwendung eines Aktenzeichens deutlich mache, in einer konkreten, von ihm zu bearbeitenden Rechtssache an die Staatsanwaltschaft gewandt, sondern in abstrakter Form allgemeine Fragen des Geschäftsbetriebs der Staatsanwaltschaft angesprochen habe. Er bat den Antragsteller dringend, künftig in derlei Angelegenheiten den Dienstweg einzuhalten. Dagegen erhob der Antragsteller mit Schreiben vom 5. Januar 2007 Widerspruch, mit dem er geltend machte, seine im Vorfeld des [X.] verfassten Schreiben seien der Dienstaufsicht entzogene richterliche Handlungen.

4

Im Vorfeld seines [X.] vom 28. Oktober 2006 hatte sich der Antragsteller mit Schreiben vom 19. September 2006 auch an den Präsidenten des [X.] gewandt und diesen darum gebeten, für die Bereitstellung der Akten des [X.] Sorge zu tragen. Zudem hatte er mit Schreiben vom 12. Oktober 2006 beim Präsidenten des [X.] beanstandet, es gebe keine Möglichkeit, im Eildienst an die betreffenden Akten zu gelangen, weil das Gerichtsgebäude verschlossen sei und im Übrigen auch keine Geschäftsstellenkraft für die Herbeischaffung der Akten zur Verfügung stehe. In einem Gespräch am 24. Oktober 2006 sagte ihm der Präsident des [X.] daraufhin zu, eine Öffnung des Gerichtsgebäudes während des [X.] zu ermöglichen; der Antragsteller könne am Tag vor seinem Eildienst den Generalschlüssel zum Gericht erhalten. Außerdem wies der Präsident des Amtsgerichts der für den Eildienst eingeteilten Geschäftsstellenkraft die Suche nach den benötigten Akten zu. In einem an den Präsidenten des [X.] gerichteten Schreiben vom 24. November 2006 beanstandete der Antragsteller, dies sei nicht ausreichend, da die [X.] wegen der unterschiedlichen Aufbewahrungssysteme in den verschiedenen Geschäftsstellen unabsehbar lang dauere und nicht sicher sei, dass die Akten innerhalb der Eildienstzeit überhaupt aufzufinden seien.

5

Der Präsident des [X.] wies die Widersprüche vom 12. Oktober und 24. November 2006 sowie vom 5. Januar 2007 durch [X.] vom 23. Januar 2007 zurück.

6

Mit seiner vor dem [X.] für [X.] erhobenen Klage begehrt der Antragsteller, festzustellen, dass das Schreiben des Präsidenten des [X.] vom 5. Dezember 2006 unzulässig ist, soweit ihm darin vorgeworfen wird, er habe bei seinen an die Staatsanwaltschaft wegen seines [X.] in [X.] gerichteten Schreiben den vorgeschriebenen Dienstweg nicht eingehalten; außerdem begehrt er die Feststellung, dass es unzulässig ist, ihm bei den im Rahmen des [X.] zu eröffnenden Haftbefehlen des [X.], in denen bereits Anklage erhoben ist, die entsprechenden Akten des Amtsgerichts vorzuenthalten.

7

Das [X.] für [X.] bei dem [X.] hat die Anträge zurückgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Antragstellers hat der [X.]shof für [X.] bei dem [X.] mit einstimmigem Beschluss (§ 130a VwGO) vom 1. Dezember 2009 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

8

Das Schreiben des Präsidenten des Amtsgerichts vom 5. Dezember 2006 beeinträchtige die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers nicht. Es betreffe eine Angelegenheit der äußeren Ordnung; die Entschließung des Antragstellers, die Leitende Oberstaatsanwältin in [X.] sowie den Generalstaatsanwalt in [X.] im Vorfeld seines anstehenden [X.] anzuschreiben und von diesen eine bestimmte Verfahrensweise zu fordern, sei nicht dem Kernbereich richterlicher Tätigkeit zuzuordnen. Mit diesen Schreiben sei der Antragsteller nicht seiner richterlichen Aufgabe nachgekommen, konkrete Verfahren zu fördern und von ihm zu treffende Entscheidungen vorzubereiten; vielmehr seien die Schreiben ohne Bezug auf konkrete Verfahren auf die generelle Klärung allgemeiner Verfahrensfragen gerichtet gewesen und insbesondere auf die aus Sicht des Antragstellers gebotene generelle Herbeiführung eines anderen [X.] bei der Staatsanwaltschaft und intensiverer Mitwirkung der Staatsanwälte bei der Verkündung von Haftbefehlen im Rahmen des [X.]. Der Antrag zu 2. sei bereits unzulässig, da es an einer Maßnahme der Dienstaufsicht durch den Präsidenten des [X.] fehle, die allein Gegenstand des Prüfungsverfahrens nach § 26 Abs. 3 DRiG sein könne. Es fehle an der nachvollziehbaren Darlegung konkreter Maßnahmen einer dienstaufsichtsführenden Stelle gegen einen [X.] oder eine Gruppe von [X.]n. Soweit der Antragsteller geltend mache, dass ihm die einschlägigen Akten im Rahmen seines [X.] "vorenthalten" würden, sehe er selbst die "Vorenthaltung" nicht in einer konkreten Maßnahme des Präsidenten des Amtsgerichts; gegen eine solche wende er sich auch nicht, sondern spreche lediglich allgemeine organisatorische Fragen im Hinblick auf die angeblich chaotischen Zustände auf einigen Geschäftsstellen an, die der Präsident des Amtsgerichts seiner Auffassung nach beenden müsse. Soweit der Antragsteller meine, aufgrund der Organisation des [X.] sei es ihm nicht zumutbar, nach verfahrensgegenständlichen Akten zu suchen oder suchen zu lassen, weshalb er unter Umständen gezwungen sein könne, Inhaftierte, die ohne Akte nicht zu widerlegende Einlassungen abgäben, freizulassen, werde dieser "Handlungszwang" nicht durch ein bestimmtes Verhalten des Präsidenten des [X.] vorgegeben oder auch nur beeinflusst.

9

Gegen dieses Urteil wendet sich der Antragsteller mit seiner - vom [X.]shof zugelassenen - Revision. Wegen seines Vorbringens wird auf die Schriftsätze vom 15. Februar und vom 26. Mai 2010 Bezug genommen.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß,

den Beschluss des [X.]shofs für [X.] bei dem [X.] vom 1. Dezember 2009 abzuändern und festzustellen,

1. dass das Schreiben des Präsidenten des [X.] vom 5. Dezember 2006 einen unzulässigen Eingriff in seine richterliche Unabhängigkeit darstellt, soweit dem Antragsteller darin vorgeworfen wird, er habe bei seinen an die Staatsanwaltschaft wegen seines [X.] in [X.] gerichteten Schreiben den vorgeschriebenen Dienstweg nicht eingehalten,

2. dass es unzulässig ist, dem Antragsteller einschlägige Akten des Amtsgerichts vorzuenthalten, soweit der Antragssteller im Rahmen seines [X.] Haftbefehle des [X.] in Strafsachen zu eröffnen habe (§ 115 Abs. 1 StPO), in denen bereits Anklage erhoben worden ist.

Der Antragsgegner beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige [X.]evision (§ 79 Abs. 2, § 80 Abs. 2 D[X.]iG) ist unbegründet. Das Berufungsgericht ist zu [X.]echt zu dem Ergebnis gelangt, dass der [X.] zu 1. unbegründet und der [X.] zu 2. bereits unzulässig ist.

I.

1. Die vom Antragsteller beanstandete Passage des Schreibens des Präsidenten des [X.] vom 5. Dezember 2006 stellt - wie der [X.] für [X.] zu [X.]echt ausgeführt hat - keine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit dar.

a) Zutreffend hat der [X.] angenommen, dass es sich insoweit um eine Maßnahme der Dienstaufsicht handelt. Maßnahmen der Dienstaufsicht sind nach ständiger [X.]echtsprechung des Senats nicht nur unmittelbare Eingriffe, sondern auch Anregungen oder Meinungsäußerungen dienstaufsichtsführender Stellen, die sich in irgendeiner Weise kritisch mit dem dienstlichen Verhalten eines [X.]s in einem konkreten Fall befassen ([X.], Urteil vom 31. Januar 1984 - [X.]([X.]) 3/83, [X.]Z 90, 41, 43 mwN) und auf eine direkte oder indirekte Weise nahe legen, wie der [X.] in Zukunft verfahren oder entscheiden soll (vgl. etwa [X.], Urteile vom 31. Januar 1984, aaO, S. 43 f. und vom 14. April 1997 - [X.]([X.]) 3/96, D[X.] 1998, 20, 22). Diese Voraussetzungen erfüllt das angefochtene Schreiben. Der Präsident des [X.] bittet den Antragsteller dort für die Zukunft, er möge bei künftigen Eingaben an die Staatsanwaltschaft, die keine konkret von ihm zu entscheidenden Fälle betreffen, den Dienstweg einhalten. Dies beinhaltet zumindest einen Hinweis (vgl. hierzu als Maßnahme der Dienstaufsicht: [X.], Urteil vom 3. November 2004 - [X.]([X.]) 4/03, NJW-[X.][X.] 2005, 433, 434 mwN), wie der Antragsteller künftig die Korrespondenz mit anderen Behörden außerhalb konkreter Verfahren führen solle, und damit jedenfalls eine Maßnahme der Dienstaufsicht, weil der Antragsteller erkennbar dazu angehalten werden soll, in Fällen dieser Art nicht wieder unmittelbar an andere Behördenleiter heranzutreten, sondern dies nur auf dem Dienstweg zu tun.

b) Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist nicht zu beanstanden, dass der [X.] in dieser Maßnahme der Dienstaufsicht keinen Eingriff in die richterliche Unabhängigkeit gesehen hat (§ 26 Abs. 3 D[X.]iG). Wie der [X.] zutreffend ausführt, hat sich der Dienstvorgesetzte aufgrund der richterlichen Unabhängigkeit im Kernbereich richterlicher Tätigkeit jeglicher Einflussnahme zu enthalten (st. [X.]spr.; vgl. etwa [X.], Urteile vom 9. März 1967 - [X.]([X.]) 2/66, [X.]Z 47, 275, 282 f. und vom 10. Januar 1985 - [X.]([X.]) 7/84, [X.]Z 93, 238, 241). Der Dienstaufsicht ist im Interesse eines wirksamen Schutzes der richterlichen Unabhängigkeit nicht nur die eigentliche [X.]echtsfindung entzogen, sondern zugleich alle ihr auch nur mittelbar dienenden - sie vorbereitenden oder ihr nachfolgenden - Sach- und [X.] (st. [X.]spr.; vgl. etwa [X.], Urteile vom 23. Oktober 1963 - [X.]([X.]) 1/62, [X.]Z 42, 163, 169; vom 14. April 1997 - [X.]([X.]) 1/96, D[X.] 1997, 467, 468 f. und vom 22. Februar 2006 - [X.]([X.]) 3/05, [X.], 1674, 1675). Entscheidend ist, dass es jeweils um richterliche Handlungen gehen muss, die in einem konkreten Verfahren mit der Aufgabe des [X.]s, [X.]echt zu finden und den [X.]echtsfrieden zu sichern, unmittelbar im Zusammenhang stehen ([X.], Urteil vom 14. April 1997 - [X.]([X.]) 1/96, D[X.] 1997, 467, 469).

Der [X.] hat zu [X.]echt angenommen, dass das Schreiben des Präsidenten des [X.] vom 5. Dezember 2006 keine die richterliche Unabhängigkeit verletzende Maßnahme der Dienstaufsicht in diesem Sinn ist.

Zwar hat der erkennende Senat bereits entschieden, dass in dem Hinweis eines Dienstvorgesetzten an einen [X.], künftig den Dienstweg einzuhalten, eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit des [X.]s liegen kann, sofern sich dieser Hinweis auf prozessleitende Verfügungen des [X.]s in einem anhängigen Verfahren bezieht (Senatsurteil vom 17. April 2008 - [X.]([X.]) 3/07, [X.]Z 176, 162, [X.]n. 19 ff.). Um einen solchen Fall geht es hier aber nicht. Die Eingaben des Antragstellers an die Leitende Oberstaatsanwältin und den [X.] waren - wie der [X.] für [X.] zutreffend ausgeführt hat - keine verfahrensleitenden Verfügungen in einem anhängigen Verfahren. Der Antragsteller kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass seine Eingaben an die Leitende Oberstaatsanwältin und den [X.] im Zusammenhang mit seinem bevorstehenden Eildienst standen. Sein Vorgehen war nicht dadurch geprägt, dass er im [X.]ahmen des [X.] den dafür zuständigen Staatsanwalt beteiligt, diesem etwa rechtliches Gehör oder einen Hinweis erteilt hätte. Vielmehr hat der Antragsteller mit seinen Eingaben gegenüber den Behördenleitungen der Staatsanwaltschaft und der [X.]schaft - wie schon zuvor - seine [X.]echtsauffassung zu den generellen prozessualen Abläufen im [X.]ahmen von Eildiensten dargelegt und die aus seiner Sicht angezeigten organisatorischen Maßnahmen durch die Leitende Oberstaatsanwältin angemahnt. Es handelt sich bei seinen Schreiben daher nicht um verfahrensleitende richterliche Verfügungen, sondern um allgemeine Eingaben an die Behördenleitung der Staatsanwaltschaft und an den [X.].

Allerdings können - wie der erkennende Senat ebenfalls bereits entschieden hat ([X.], Urteil vom 14. April 1997 - [X.]([X.]) 1/96, D[X.] 1997, 467, 469) - in Ausnahmefällen auch Eingaben eines [X.]s, mit denen er - wie hier geschehen - seine [X.]echtsprechungstätigkeit behindernde Missstände rügt, zu dem der Dienstaufsicht entzogenen Kernbereich der richterlichen Amtsausübung gehören. Dies ist nach der [X.]echtsprechung des Senats allerdings nur der Fall, wenn es sich bei den Eingaben um eine im unmittelbaren Zusammenhang mit einem konkreten Verfahren stehende richterliche Tätigkeit handelt ([X.], Urteil vom 14. April 1997 - [X.]([X.]) 1/96, aaO).

Das war bei den Eingaben des Antragstellers an die Leitende Oberstaatsanwältin in [X.] und den [X.] in [X.] nicht der Fall. Die Eingaben standen nicht im Zusammenhang mit konkreten Verfahren, in denen der Antragsteller [X.]echt zu finden hatte. Er hatte sie vielmehr nur aus Anlass seines bevorstehenden [X.], und damit losgelöst von einem konkret zu entscheidenden Verfahren, eingereicht, um erneut seine Forderung nach einer seiner Auffassung nach gebotenen generellen Organisationsentscheidung durch die Leitende Oberstaatsanwältin im Hinblick auf die Verfahren zur Eröffnung eines Haftbefehls gemäß § 115 StPO vorzubringen. Die Eingaben dienten damit nicht der Förderung eines konkreten von dem [X.] zu bearbeitenden Verfahrens, sondern waren abstrakt auf Maßnahmen gerichtet, die in den Bereich der Organisationshoheit und Dienstaufsicht der leitenden Oberstaatsanwältin fallen (vgl. [X.], Urteil vom 14. April 1997 - [X.]([X.]) 1/96, D[X.] 1997, 467, 469). Der von dem Antragsteller zitierte Beschluss des [X.] ([X.], 3443) zu einer Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 5 [X.] (aF) rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Entscheidend für die Beantwortung der Frage, ob eine Eingabe des [X.]s dem der Dienstaufsicht entzogenen Kernbereich richterlicher Tätigkeit zugehört, ist allein, ob sie sich - wenngleich weder Teil der eigentlichen [X.]echtsfindung noch eine Sach- oder Verfahrensentscheidung - als Ausdruck der richterlichen Aufgabe, ein konkretes Verfahren zu fördern und eine Entscheidung vorzubereiten, darstellt. Diese Voraussetzung ist bei Eingaben, mit denen der [X.] wie hier - losgelöst vom jeweiligen von ihm zu entscheidenden Fall - generelle organisatorische Maßnahmen einer Behörde erstrebt, nicht gegeben.

c) Ohne Erfolg beanstandet die [X.]evision, dass der [X.] sich nicht damit befasst hat, ob das Verhalten des Antragstellers eine ordnungswidrige Amtsführung im Sinne des § 26 Abs. 2 D[X.]iG beinhaltet, ob also für ihn - wie es der Präsident des [X.] angenommen hat - das [X.] galt. Der [X.] hat vielmehr zu [X.]echt nicht geprüft, ob der Hinweis auf die Einhaltung des [X.] sachlich berechtigt war. Die Entscheidung, ob eine Maßnahme der Dienstaufsicht sachlich berechtigt ist, ist nach inzwischen ständiger [X.]echtsprechung des Senats nicht im richterdienstgerichtlichen Verfahren, sondern vom Verwaltungsgericht zu entscheiden ([X.], Urteile vom 5. Oktober 2005 - [X.]([X.]) 5/04, [X.], 692 [X.]n. 26 und vom 8. November 2006 - [X.]([X.]) 2/05, NJW-[X.][X.] 2007, 281 [X.]n. 24, jeweils mwN). Im Verfahren vor den [X.] ist einzig darüber zu befinden, ob der Hinweis des Präsidenten des [X.] den Antragsteller in seiner richterlichen Unabhängigkeit verletzt, was - wie ausgeführt - nicht der Fall ist. Schon damit ist der [X.] zu 1. gemäß § 26 Abs. 3 D[X.]iG unbegründet.

2. Der [X.] zu 2. ist - wie die Vorinstanzen zutreffend angenommen haben - unzulässig, weil sich der Antragsteller nicht gegen eine Maßnahme der Dienstaufsicht wendet.

Gemäß § 71 D[X.]iG i.V.m. § 54 Abs. 1 BeamtStG ist der [X.]echtsweg zu den [X.] nur gegeben, soweit das Deutsche [X.]gesetz dies bestimmt (§§ 62, 78 ff. D[X.]iG). Nach § 78 Nr. 4 Buchst. e D[X.]iG entscheidet das [X.] bei "Anfechtung einer Maßnahme der Dienstaufsicht aus den Gründen des § 26 Abs. 3". Ein [X.] ist deshalb nur zulässig, wenn nachvollziehbar dargelegt ist, dass eine Maßnahme der Dienstaufsicht im Sinne des § 26 Abs. 3 D[X.]iG vorliegt und dass diese Maßnahme die richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt ([X.], Urteil vom 3. November 2004 - [X.]([X.]) 2/03, [X.], 905 mwN). Der [X.] zu 2. erweist sich danach als unzulässig, weil das vom Antragsteller zum Gegenstand seines [X.]echtsschutzbegehrens gemachte Verhalten des Präsidenten des [X.] keine Maßnahme der Dienstaufsicht im Sinne von § 26 Abs. 3 D[X.]iG ist. Zwar hat das [X.] des [X.] den Begriff "Maßnahme der Dienstaufsicht" im Hinblick auf den Zweck des § 26 Abs. 3 D[X.]iG, den [X.]n gegenüber den [X.] einen möglichst umfassenden [X.]echtsschutz zu gewähren, von jeher weit gefasst. Es genügt jede Einflussnahme der dienstaufsichtsführenden Stelle, die sich auch nur mittelbar auf die Tätigkeit des [X.]s auswirkt (st. [X.]spr.; [X.], Urteil vom 25. September 2002 - [X.]([X.]) 2/01, [X.], 282 mwN). Notwendig ist aber stets ein gegen einen bestimmten [X.] oder eine Gruppe von [X.]n gerichtetes Verhalten einer die Dienstaufsicht ausübenden Stelle (st. [X.]spr.; siehe etwa [X.], Urteile vom 12. November 1973 - [X.]([X.]) 1/73, [X.]Z 61, 374, 378 und vom 4. Dezember 1989 - [X.]([X.]) 5/89, NJW 1991, 425, jeweils mwN). Ein solches Verhalten hat der Antragsteller nicht dargelegt.

Soweit er darauf verweist, dass der erkennende Senat eine Weigerung des Dienstvorgesetzten, einem [X.] die Zugangsmöglichkeit zum Dienstzimmer zu gewähren, als Maßnahme der Dienstaufsicht eingeordnet hat (hierzu Senatsurteil vom 25. September 2002 - [X.]([X.]) 2/01, [X.], 282), ist hiermit die Zulässigkeit seines [X.]s schon deshalb nicht dargetan, weil der vom Antragsteller unterbreitete Sachverhalt nicht vergleichbar ist. Anders als in dem seinerzeit vom Senat entschiedenen Fall hat sich der Präsident des [X.] als dienstaufsichtsführende Behörde nach dem eigenen Vortrag des Antragstellers nicht geweigert, diesem Zugang zu den notwendigen Arbeitsmitteln zu gewähren; er hat dessen Zugang zu den möglicherweise im Eildienst benötigten Akten auch nicht etwa durch irgendwelche Maßnahmen beschränkt. Der Präsident des [X.] hat ihm vielmehr durch Aushändigung des Generalschlüssels zum Gerichtsgebäude und Weisung an die für den Eildienst eingeteilte Geschäftsstellenkraft, bei Bedarf die jeweiligen Akten herauszusuchen, grundsätzlich die Möglichkeit eröffnet, auf die Akten bei Bedarf zugreifen zu können. Diese Zusagen des Präsidenten des [X.] stellt der Antragsteller auch nicht in Abrede; er rügt nur, dass die [X.] trotz der eingeräumten Zugangsmöglichkeiten wegen der nach seinem Vortrag chaotischen Aktenablage auf verschiedenen Geschäftsstellen zeitaufwändig und zum Teil erfolglos sei. Damit wendet er sich aber nur gegen die nach seiner Behauptung unzuträgliche Organisation der Aktenverwaltung durch die Geschäftsstellen und erstrebt eine Optimierung der Organisationsstruktur durch den [X.]präsidenten. Ein gegen ihn selbst oder eine Gruppe von [X.]n gerichtetes Verhalten des die Dienstaufsicht ausübenden Präsidenten des [X.] - das heißt eine Maßnahme der Dienstaufsicht - ist hiermit nicht dargetan.

Bereits aus diesem Grund greift auch die [X.]üge des Antragstellers nicht, der [X.] habe verkannt, dass auch ein Unterlassen des Dienstvorgesetzten eine Maßnahme der Dienstaufsicht darstellen könne. Unabhängig von der Frage, ob ein Unterlassen als Maßnahme der Dienstaufsicht zu qualifizieren sein kann, fehlt es auch insoweit an der zwingend notwendigen Darlegung eines gegen einen bestimmten [X.] oder eine Gruppe von [X.]n gerichteten Verhaltens der Dienstaufsicht.

Ohne Erfolg bleibt schließlich auch der Einwand des Antragstellers, die Zulässigkeit seines [X.]s folge aus der im Senatsurteil vom 25. September 2002 ([X.]([X.]) 2/01, [X.], 282, 283) enthaltenen Aussage, eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit könne vorliegen, wenn dem [X.] die für seine richterliche Tätigkeit notwendigen Mittel nicht in dem möglichen Maße zur Verfügung gestellt würden. Hiermit verkennt der Antragsteller den Zusammenhang dieser Aussage in dem Urteil. Dort war - anders als hier - der Weg zu den [X.] eröffnet, weil der dortige Antragsteller dargelegt hatte, dass der Dienstvorgesetzte durch ein gegen den [X.] gerichtetes Verhalten dessen Zugang zum Dienstzimmer beschränkt hatte. Der vom Antragsteller zitierte Satz bezog sich allein auf die im [X.]ahmen der Begründetheit des Antrags zu entscheidende Frage, ob durch diese Maßnahme der Dienstaufsicht der dortige Antragsteller in seiner richterlichen Unabhängigkeit verletzt war, weil er bei der Zuteilung der vorhandenen Mittel in ermessensfehlerhafter Weise nicht berücksichtigt worden war. Der vom Antragsteller aus dem Zusammenhang gerissene Satz beantwortet daher die Frage nach dem Vorliegen einer "Maßnahme der Dienstaufsicht" nicht, sondern setzt vielmehr eine solche voraus.

II.

Die [X.]evision war danach zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 80 Abs. 1 Satz 1 D[X.]iG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das [X.]evisionsverfahren auf 10.000 € festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2 GKG), da es sich bei den beiden Anträgen um unterschiedliche Streitgegenstände handelt.

[X.]issing-van Saan                                            Joeres                                       Fischer

                                 [X.]

Meta

RiZ (R) 1/10

20.01.2011

Bundesgerichtshof Dienstgericht des Bundes

Urteil

Sachgebiet: False

vorgehend Der Dienstgerichtshof für Richter bei dem Oberlandesgericht Hamm, 1. Dezember 2009, Az: 1 DGH 3/08, Beschluss

§ 26 Abs 2 DRiG, § 26 Abs 3 DRiG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.01.2011, Az. RiZ (R) 1/10 (REWIS RS 2011, 10275)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10275

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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