Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.04.2008, Az. RiZ (R) 3/07

Dienstgericht des Bundes | REWIS RS 2008, 4406

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES U[X.]TEIL [X.]([X.]) 3/07 Verkündet am: 17. April 2008 ( ) Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Prüfungsverfahren Nachschlagewerk: ja [X.]Z: ja [X.][X.]: ja _____________________ D[X.]iG § 26 Abs. 3 Bei der in einem anhängigen Gerichtsverfahren prozessleitend zur [X.] einer richterlichen Entscheidung angeordneten [X.] an das [X.] muss der [X.] nicht den Dienstweg einhalten. [X.] - Dienstgericht des [X.] - Urteil vom 17. April 2008 - [X.]([X.]) 3/07 [X.] für [X.] bei dem [X.] - 2 - des [X.]s

Antragsteller und [X.]evisionskläger,

gegen den Antragsgegner und [X.]evisionsbeklagter,
wegen Anfechtung einer Maßnahme der Dienstaufsicht - 3 - Der [X.]gerichtshof - Dienstgericht des [X.] - hat auf die mündli-che Verhandlung vom 17. April 2008 durch die Vorsitzende [X.]in am [X.]gerichtshof Dr. [X.], die [X.] am [X.]ge-richtshof Prof. Dr. [X.], [X.] und Prof. Dr. [X.] sowie die [X.]in am [X.]gerichtshof [X.] für [X.]echt erkannt: Auf die [X.]evision des Antragstellers wird das Urteil des Dienstgerichthofs für [X.] bei dem [X.] vom 22. März 2007 abgeändert. 1. Das an den Antragsteller gerichtete Schreiben des Antragsgegners vom 2. September 2005 ist unzulässig, soweit darin ausgeführt wird: "Ich erwarte, dass Sie zukünftig den Dienstweg ein-halten. Ich darf zudem darauf aufmerksam ma-chen, dass Ihre Verfahrensweise im Zusammen-hang mit den prozessleitenden Verfügungen vom 5. Juli 2005 im [X.] und bei [X.] auf Überraschung gestoßen ist. Dass Sie das [X.] in zwei laufenden Zi-vilrechtsstreitigkeiten zu einer Stellungnahme über die Verfassungsmäßigkeit des [X.] aufgefordert ha-ben, ist bemerkenswert. Auch ich halte dieses Vorgehen für befremdlich. Ohne Ihre [X.] Verfügungen nach Form und Inhalt [X.] 4 - ten zu wollen, möchte ich Sie auch daran erin-nern, dass die Justizverwaltung mit Blick auf die durch die Verfassung garantierte und geforderte richterliche Unabhängigkeit gehalten ist, sich in laufenden Gerichtsverfahren einer inhaltlichen Stellungnahme zu [X.]echtsfragen tunlichst zu enthalten." 2. Der Widerspruchsbescheid des Antragsgegners vom 20. November 2006 wird aufgehoben. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
Von [X.]echts wegen
Tatbestand:

Der Antragsteller ist [X.] am [X.] . In zwei dort an-hängigen Zivilverfahren übersandte er mit Schreiben vom 18. Juli 2005 die Zivilakten des [X.]
an das [X.] des [X.] mit dem näher ausgeführten Bemerken, er habe Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit des [X.] und gebe - bevor er die Voraussetzungen des Art. 100 GG prüfe - Gelegenheit zur Stellungnahme. Das [X.] teilte ihm mit Schreiben vom 8. August 2005 mit, es beabsichtige vor dem Hintergrund der nach der Verfassung garantierten und [X.] - 5 - ten Unabhängigkeit der [X.] nicht, im [X.]ahmen der beiden Verfahren zu der vom Antragsteller aufgeworfenen Frage Stellung zu nehmen. Die Akten würden deshalb über das [X.] zur weite-ren Bearbeitung zurückgesandt. 2 Der Antragsgegner übersandte dem Antragsteller die beiden Akten über die Direktorin des [X.] mit Begleitschreiben vom 2. September 2005. Dort heißt es unter Anderem: "Ich erwarte, dass Sie zukünftig den Dienstweg einhalten. Ich darf zudem darauf aufmerksam machen, dass Ihre Verfahrensweise im Zusammenhang mit den prozessleitenden Verfügungen vom 5. Juli 2005 im [X.] und bei [X.] auf Überraschung ge-stoßen ist. Dass Sie das [X.] in zwei laufenden [X.]igkeiten zu einer Stellungnahme über die Verfas-sungsmäßigkeit des [X.] aufgefordert haben, ist bemerkenswert. Auch ich halte dieses [X.] für befremdlich. Ohne Ihre prozessleitenden Verfügungen nach Form und Inhalt werten zu wollen, möchte ich Sie auch daran erinnern, dass die Justizverwaltung mit Blick auf die durch die Ver-fassung garantierte und geforderte richterliche Unabhängigkeit gehalten ist, sich in laufenden Gerichtsverfahren einer inhaltlichen Stellungnahme zu [X.]echtsfragen tunlichst zu enthalten". Mit Schriftsatz vom 11. Mai 2006 wandte sich der Antragsteller an den [X.] für [X.] bei dem [X.] mit dem Antrag, festzustellen, dass die Weisung, den Dienstweg einhal-ten zu müssen und vor einer möglichen Vorlage eines Landesgesetzes nach Art. 100 GG keine Stellungnahme des [X.] des [X.] einholen zu dürfen, sowie der damit verbundene Vorhalt, die Verfahrensweise des [X.]s sei befremdlich, unwirksam seien. Das nach Hinweis des [X.]s in der Folge [X.] - 6 - führte Widerspruchsverfahren endete mit Bescheid des Antragsgegners vom 20. November 2006, mit dem er den Widerspruch des Antragstellers zurückwies. 4 Der Antragsteller hat daraufhin am 29. November 2006 bei dem [X.] für [X.] die Fortsetzung seines Verfahrens nach § 26 D[X.]iG beantragt und geltend gemacht, durch den Inhalt des Schrei-bens vom 2. September 2005 werde in seine richterliche Unabhängigkeit unzulässig eingegriffen.
Der [X.] für [X.] bei dem [X.] hat den Antrag mit Urteil vom 22. März 2007 zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: 5 [X.] vom 2. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. November 2006 beeinträch-tige die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers nicht. Der [X.] habe in dem Schreiben lediglich eine [X.]echtsansicht kundge-tan, wie seiner Erwartung nach Verfahrensakten an das im jeweiligen [X.] nicht beteiligte [X.] als oberster Dienstbehörde versandt werden sollten. Hierin sei allenfalls eine die Art und Weise der [X.] und damit eine dem äußeren Ord-nungsbereich zuzuordnende [X.]egelung zu sehen. Diese beeinträchtige die richterliche Unabhängigkeit des Antragstellers ebenso wenig wie die Bestimmung des § 299 Abs. 2 ZPO, nach welcher der Vorstand des [X.] dritten Personen, die selbst nicht am [X.]echtsstreit beteiligt seien, die Einsicht in die Akten gestatten und die Versendung an sie anordnen könne. Was die Einholung der Stellungnahme selbst angehe, sei diese 6 - 7 - im [X.]ahmen der Prüfung des Art. 100 GG nicht erforderlich und auch nicht angezeigt. Die Justizverwaltung dürfe dem [X.] bei der rechtli-chen Prüfung der Voraussetzungen des Art. 100 GG schon mit [X.]ücksicht auf Art. 97 GG weder Hilfestellung leisten noch ihm eine bestimmte Ent-scheidung nahe legen. Gegen dieses Urteil wendet sich der Antragsteller mit seiner - vom [X.] auf die Nichtzulassungsbeschwerde hin zugelassenen - [X.]evision. Wegen seines Vorbringens wird auf die Schriftsätze vom 30. Mai 2007 und vom 9. Januar 2008 Bezug genommen. 7 Der Antragsteller beantragt sinngemäß, 8 das Urteil des [X.]s für [X.] bei dem [X.] vom 22. März 2007 abzuändern und festzustellen, dass Weisung und Vorhalt in dem Schreiben des Antragsgegners vom 2. September 2005 unzulässige Eingriffe in die richterliche [X.] darstellten. Der Antragsgegner beantragt, 9 die [X.]evision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige [X.]evision (§ 80 Abs. 2 D[X.]iG) ist begründet. 10 - 8 - [X.] 11 Die Entscheidung des [X.]s für [X.] hält rechtli-cher Überprüfung nicht stand. Die vom Antragsteller beanstandete Pas-sage des Schreibens des Antragsgegners vom 2. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. November 2006 stellt eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit dar.
1. Eine Beeinträchtigung der richterlichen Unabhängigkeit liegt [X.] darin, dass der Antragsgegner sein Befremden über die Zuschrif-ten des Antragstellers an das [X.] in zwei anhängigen Verfahren geäußert und den Antragsteller zugleich darauf hingewiesen hat, dass für die vom Ministerium erbetenen Stellungnahmen kein [X.]aum bestehe. 12 a) Dies beinhaltet zwar - anders als der Antragsteller meint - keine Weisung, wohl aber - entgegen der in dem Schreiben des [X.] enthaltenen weiteren Bemerkung, er wolle die prozessleitenden Verfügungen nicht nach Form und Inhalt werten - eine kritische Bewer-tung der Verfahrensweise des Antragstellers und zusätzlich einen Hin-weis für künftige Fälle vergleichbarer Art. 13 b) Zu [X.]echt macht der Antragsteller geltend, es handele sich in-soweit um eine Maßnahme der Dienstaufsicht. Maßnahmen der Dienst-aufsicht sind nach ständiger [X.]echtsprechung des [X.] nicht nur unmit-telbare Eingriffe, sondern auch alle Einflussnahmen einer für die Dienst-aufsicht in Betracht kommenden Stelle, die sich auf die Tätigkeit des 14 - 9 - [X.]s nur mittelbar auswirken, etwa Anregungen oder Meinungsäuße-rungen dienstaufsichtsführender Stellen, die sich in irgendeiner Weise kritisch mit dem dienstlichen Verhalten eines [X.]s in einem konkre-ten Fall befassen (st. [X.]spr., vgl. etwa [X.], Urteile vom 9. März 1967 - [X.]([X.]) 2/66, [X.]Z 47, 275, 282 f., vom 5. Februar 1980 - [X.]([X.]) 2/79, [X.]Z 76, 288, 290 f. und vom 31. Januar 1984 - [X.]([X.]) 3/83, [X.]Z 90, 41, 43) und auf eine direkte oder indirekte Weise nahe legen, wie der [X.] in Zukunft verfahren oder entscheiden soll (vgl. etwa [X.], [X.] vom 31. Januar 1984 [X.]O S. 43 f. und vom 14. April 1997 - [X.]([X.]) 3/96, D[X.] 1998, 20, 22). Diese Voraussetzungen erfüllt das angefoch-tene Schreiben. Der Antragsgegner bringt darin ausdrücklich sein Be-fremden über die Verfahrensweise des Antragstellers in den beiden an-hängigen Verfahren zum Ausdruck und erteilt darüber hinaus für die Zu-kunft den Hinweis, die Justizverwaltung sei gehalten, in laufenden [X.]verfahren keine inhaltlichen Stellungnahmen abzugeben. Auch wenn dies in der Sache zutreffend sein mag, enthält und beabsichtigt es doch eine Einflussnahme auf den konkreten Fall und die erwünschte künftige Verfahrensweise des Antragstellers.
c) Diese Maßnahme der Dienstaufsicht ist unzulässig, da sich Dienstvorgesetzte im Kernbereich richterlicher Tätigkeit jeglicher Ein-flussnahme zu enthalten haben (st. [X.]spr., vgl. etwa [X.], Urteile vom 9. März 1967 - [X.]([X.]) 2/66, [X.]Z 47, 275, 282 f. und vom 10. Januar 1985 - [X.]([X.]) 7/84, [X.]Z 93, 238, 241) und die Entschließung des [X.], sich mit der Bitte um Stellungnahme an das [X.] zu wenden, eine dem Kernbereich zuzuordnende richterliche Tä-tigkeit ist. 15 - 10 - [X.]) Nach § 26 D[X.]iG untersteht der [X.] einer Dienstaufsicht nur, soweit nicht seine richterliche Unabhängigkeit beeinträchtigt wird. Im Interesse eines wirksamen Schutzes der richterlichen Unabhängigkeit ist nicht nur die eigentliche [X.]echtsfindung der Dienstaufsicht entzogen, sondern zugleich alle ihr auch nur mittelbar dienenden - sie [X.] oder ihr nachfolgenden - Sach- und [X.] (st. [X.]spr., vgl. etwa [X.], Urteile vom 23. Oktober 1963 - [X.]([X.]) 1/62, [X.]Z 42, 163, 169, vom 14. April 1997 - [X.]([X.]) 1/96, D[X.] 1997, 467, 468 f. und vom 22. Februar 2006 - [X.]([X.]) 3/05, [X.], 1674, 1675). Selbst nicht ausdrücklich vorgeschriebene richterliche Handlungen gehö-ren zu dem der Dienstaufsicht entzogenen Kernbereich der [X.]echtspre-chung, sofern sie nur in einem konkreten Verfahren mit der Aufgabe des [X.]s, [X.]echt zu finden und den [X.]echtsfrieden zu sichern, in [X.] stehen ([X.], Urteile vom 14. April 1997 [X.]O [X.], vom 3. November 2004 - [X.]([X.]) 4/03, NJW-[X.][X.] 2005, 433, 435 und vom 22. Februar 2006 [X.]O). In diesem Bereich sind Maßnahmen der Dienst-aufsicht selbst dann nicht zulässig, wenn die [X.]echtsanwendung für [X.] gehalten oder das Verfahren als nicht im Einklang mit dem Gesetz stehend angesehen wird; nur wenn es sich um einen offensichtlichen, jedem Zweifel entrückten Fehlgriff handelt, kann etwas anderes gelten (st. [X.]spr., vgl. etwa [X.], Urteile vom 27. September 1976 - [X.]([X.]) 3/75, [X.]Z 67, 184, 187, vom 1. Dezember 1983 - [X.]([X.]) 5/83, D[X.] 1984, 194, 195, vom 12. Oktober 1995 - [X.]([X.]) 2/95, D[X.] 1996, 371, 372, vom 5. Juli 2000 - [X.]([X.]) 6/99, NJW-[X.][X.] 2001, 498, 499 und vom 3. November 2004 - [X.]([X.]) 4/03, NJW-[X.][X.] 2005, 433, 435 m.w.Nachw.). 16 bb) Die Entschließung des Antragstellers, die Akten in einem [X.] bei ihm anhängigen Verfahren zur Vorbereitung einer von ihm in 17 - 11 - richterlicher Unabhängigkeit zu treffenden Entscheidung durch prozess-leitende Verfügung an das Ministerium mit der Bitte um Stellungnahme zu übersenden, ist Ausübung richterlicher Tätigkeit in diesem Sinne und daher einer Dienstaufsicht grundsätzlich entzogen. Der [X.] hat das bereits für die unmittelbare Übersendung einer Akte an ein Ministerium im Zusammenhang mit der Vorbereitung der vergleichsweisen Erledigung eines [X.]echtsstreits entschieden ([X.], Urteil vom 9. März 1967 - [X.]([X.]) 2/66, [X.]Z 47, 275, 285 ff., 287). Dies gilt hier entsprechend. Die unmit-telbare Anfrage des Antragstellers an das [X.] des [X.] stand - was auch der Antragsgegner nicht in Zweifel zieht - im Zusammenhang mit der vom Antragsteller erwoge-nen Entscheidung einer Vorlage nach Art. 100 GG. Die Entscheidung über die Vorlage nach Art. 100 GG gehört zum Kernbereich der von der [X.] umfassten richterlichen Tätigkeit (vgl. [X.]/[X.], [X.]. § 1 [X.]dn. 80, § 12 [X.]dn. 27). Damit sind einer Dienstaufsicht ebenso wie im Falle der Streitentscheidung grundsätzlich auch alle diese Vorlageentscheidung des [X.]s vorbereitenden pro-zessleitenden Anordnungen entzogen. Das Gericht hat in richterlicher Unabhängigkeit zu prüfen und zu entscheiden, ob es eine Entscheidung des [X.]verfassungsgerichts nach Art. 100 GG einholen will, welche Vorbereitungen es für diese Entscheidung treffen will und in welcher Weise das geschehen soll. Die Entschließung, die Akten dem Landesjus-tizministerium zwecks Einholung einer Stellungnahme zuzuleiten, ist [X.] eine Entscheidung, die mit der richterlichen Aufgabe jedenfalls in so engem Zusammenhang steht, dass sie nicht dem einer Dienstaufsicht zugänglichen Bereich der äußeren Ordnung zugerechnet werden kann (vgl. [X.], Urteil vom 9. März 1967 [X.]O [X.]). - 12 - cc) Ob die vom Antragsteller veranlasste Übersendung der Akten an das [X.] einer Stellungnahme untunlich war, muss hier nicht entschieden werden. Sie war jedenfalls kein offensichtli-cher, jedem Zweifel entrückter Fehlgriff, der - wie dargelegt - auch im Kernbereich richterlicher Tätigkeit zum Gegenstand dienstaufsichtlicher Maßnahmen gemacht werden darf. Dies macht auch der Antragsgegner nicht geltend, der nur darauf verweist, eine vorherige Stellungnahme der Verwaltung in einem Verfahren nach Art. 100 GG sei weder notwendig noch möglich. Auch der [X.] geht nur davon aus, im [X.]ah-men der Prüfung der Voraussetzungen des Art. 100 GG sei die [X.] einer vorherigen Stellungnahme des [X.] nicht erforderlich oder angezeigt. Dies genügt indes nicht, um insoweit dienstaufsichtliche Maßnahmen zu rechtfertigen. Selbst wenn die Entschließung des [X.] auf einer fehlerhaften [X.]echtsanwendung beruht haben sollte oder das Verfahren als nicht im Einklang mit dem Gesetz stehend anzu-sehen wäre, handelte es sich doch nicht um einen offensichtlichen, je-dem Zweifel entrückten Fehlgriff. 18 2. [X.] vom 2. September 2005 be-einträchtigt den Antragsteller in seiner richterlichen Unabhängigkeit des weiteren dadurch, dass dort die Auffassung geäußert wird, der [X.] habe zukünftig, wenn er sich an das Ministerium wende, den Dienstweg einzuhalten. Dies gilt unabhängig davon, ob diese Äußerung - wie es der Antragsteller sieht - eine Weisung darstellt oder einen Vor-halt im Sinne des § 26 Abs. 2 D[X.]iG oder - wovon offenbar der [X.] ausgeht - nur eine schwächere Maßnahme der Dienstaufsicht, etwa einen Hinweis (vgl. [X.], Urteil vom 3. November 2004 - [X.]([X.]) 4/03, NJW-[X.][X.] 2005, 433, 434 m.w.Nachw.), wie Akten an das Ministeri-19 - 13 - um der Justiz versandt werden sollen. Sie beinhaltet jedenfalls eine Maßnahme der Dienstaufsicht, da der Antragsteller erkennbar dazu [X.] werden soll, in Fällen dieser Art nicht wieder unmittelbar an das Ministerium heranzutreten, sondern dies nur auf dem Dienstweg zu tun. 20 Ein solcher Weg kann dem Antragsteller bei seiner Tätigkeit als unabhängiger [X.] nicht vorgeschrieben werden. Da er als solcher nur dem Gesetz unterworfen ist, dieses aber schweigt, kann die Verwaltung nicht von sich aus bestimmen, wie er bei einer zur Vorbereitung seiner Entschließung nach Art. 100 GG getroffenen Verfügung zu verfahren ha-be. Eine Pflicht, den Dienstweg einzuhalten, besteht in einem solchen Fall für den [X.] nicht (vgl. [X.], Urteil vom 9. März 1967 - [X.]([X.]) 2/66, [X.]Z 47, 275, 289; [X.]/[X.] [X.]O § 1 [X.]dn. 65; [X.], D[X.] 2002, 301, 305). Entscheidend ist, dass sich die beanstandete Maßnahme der Dienstaufsicht auf die [X.] durch den [X.]ich-ter im Zusammenhang mit dessen rechtsprechender Tätigkeit in einem anhängigen Verfahren bezieht. Entgegen der in dem angefochtenen Ur-teil zum Ausdruck kommenden Auffassung ist sie damit dem der Dienst-aufsicht entzogenen Kernbereich richterlicher Tätigkeit und nicht dem der Dienstaufsicht zugänglichen äußeren Ordnungsbereich zuzuordnen.
Soweit in dem angefochtenen Urteil für den gegenteiligen Stand-punkt darauf verwiesen wird, dass die Entscheidung über die Aktenein-sicht durch Dritte gemäß § 299 Abs. 2 ZPO dem Gerichtsvorstand oblie-ge, ohne dass hierdurch in die richterliche Unabhängigkeit des erken-nenden [X.]s eingegriffen werde, verkennt dies den grundlegenden Unterschied zum vorliegenden Fall. Die Entscheidung über die Aktenein-sicht durch Dritte auf deren Antrag hin steht - anders als die vom [X.] 21 - 14 - prozessleitend getroffenen Verfügungen - in keinem Zusammenhang mit dem zum Kernbereich richterlicher Tätigkeit gehörenden [X.]echtsspruch des [X.]s. Anders als die prozessleitenden Verfügungen des [X.]s bereitet sie diesen [X.]echtsspruch nicht vor und berührt den Kernbereich der richterlichen Tätigkeit nicht.
Auch die vom Antragsgegner in den Mittelpunkt seiner Erörterun-gen gestellte Auffassung, es gehe bei der Versendung der Verfahrensak-ten nur um eine Frage der Aktenführung und damit der Gerichtsorganisa-tion, bei der sichergestellt werden müsse, dass der Präsident des [X.] als Mittelbehörde Kenntnis von Anfragen eines [X.]s an die oberste Dienstbehörde habe, verkennt den Zusammenhang der hier zu beurteilenden [X.] an das Ministerium. Es handelt sich nicht um die - grundsätzlich auf dem Dienstweg vorzulegende - Ein-gabe eines [X.]s an das Ministerium in dessen Funktion als oberstem Dienstvorgesetzten des [X.]s (vgl. zum Dienstweg: § 105 [X.]), sondern um die Übersendung der Akten nebst Anfrage aufgrund [X.] Verfügung zur Vorbereitung einer in einem konkreten anhängi-gen Gerichtsverfahren zu treffenden richterlichen Entscheidung. Soweit der [X.] richterliche Tätigkeit ausübt, steht er nicht in einem Unter-ordnungsverhältnis zu anderen Stellen ([X.], Urteil vom 9. März 1967 [X.]O [X.]). Fehl geht auch der Hinweis des Antragsgegners, bei Versendung von Verfahrensakten an das Ministerium müsse der [X.] eingehalten werden, um den Verbleib der Akten bei deren Übersen-dung an am [X.]echtsstreit nicht Beteiligte jederzeit nachvollziehbar zu machen. Dies ist unverständlich. Der Versand der Akten erfolgte nach der Verfügung des Antragstellers über die Geschäftsstelle des [X.] - 15 - richts, die nach der Aktenordnung den Verbleib der Akten zu dokumen-tieren hat.
I[X.] Das Urteil war danach abzuändern. 23 [X.] beruht auf § 80 Abs. 1 Satz 1 D[X.]iG i.V. mit § 154 VwGO. 24 Der Wert des Streitgegenstandes wird für das [X.]evisionsverfahren auf 5.000 • festgesetzt (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 2 GKG). 25 [X.] [X.] Joeres [X.] [X.] Vorinstanz: [X.] für [X.] bei dem [X.], Entscheidung vom 22.03.2007 - [X.] 1/06 -

Meta

RiZ (R) 3/07

17.04.2008

Bundesgerichtshof Dienstgericht des Bundes

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.04.2008, Az. RiZ (R) 3/07 (REWIS RS 2008, 4406)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 4406

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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