Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.10.2011, Az. I ZR 69/11

1. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 2188

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Gegenstand

Sprungrevision: Anforderungen an die schriftliche Einwilligungserklärung des Antragsgegners


Tenor

1. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Sprungrevision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom 16. März 2011 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Auf den Antrag der Beklagten wird die Sprungrevision der Beklagten gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom 16. März 2011 zugelassen.

Gründe

1

I. Die Klägerin ist ein Verlag und gibt Lehrbücher heraus. Die Beklagte betreibt eine öffentlich zugängliche Bibliothek und hat dort elektronische Leseplätze eingerichtet, an denen sie den Nutzern ihrer Bibliothek bestimmte Lehrbücher aus ihrem Bestand elektronisch zugänglich gemacht hat, darunter das Buch "Einführung in die neuere Geschichte" von [X.] aus dem Verlag der [X.]. Die Beklagte hat das Buch zu diesem Zweck digitalisiert. Sie hat es den Nutzern der elektronischen Leseplätze ermöglicht, das Buch ganz oder teilweise auf Papier auszudrucken oder auf [X.] abzuspeichern und jeweils in dieser Form aus der Bibliothek mitzunehmen. Auf ein Angebot der Klägerin, Lehrbücher als E-Books zu erwerben und zu nutzen, ist die Beklagte nicht eingegangen.

2

Die Klägerin ist der Ansicht, eine solche Nutzung der in ihrem Verlag erschienenen Werke durch die Beklagte sei nicht von der Schrankenregelung des § 52b [X.] gedeckt.

3

Die Klägerin hat beantragt, der Beklagten unter Androhung von [X.] zu verbieten,

Lehrbücher oder andere Werke aus dem Verlag der Klägerin, insbesondere die "Einführung in die neuere Geschichte" von [X.], zu digitalisieren oder digitalisieren zu lassen und/oder in digitalisierter Form für öffentliche Wiedergabe insbesondere an elektronischen Leseplätzen der [X.] zu benutzen, wenn nicht die Beklagte zuvor mit der Klägerin geklärt hat, ob die Klägerin für die digitale Nutzung einen angemessenen Lizenzvertrag anbietet, oder wenn die Klägerin einen angemessenen Lizenzvertrag anbietet;

Nutzern der [X.] zu ermöglichen, digitale Versionen der Werke, die im Verlag der Klägerin veröffentlicht sind, insbesondere die "Einführung in die neuere Geschichte" von [X.], an elektronischen Leseplätzen der Bibliothek ganz oder teilweise auszudrucken und/oder auf [X.] oder andere Träger für digitalisierte Werke zu vervielfältigen und/oder solche Vervielfältigungen aus den Räumen der Bibliothek mitzunehmen.

4

Darüber hinaus nimmt sie die Beklagte auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung sowie Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht in Anspruch.

5

Das [X.] ([X.], [X.], 614) hat den ersten Unterlassungsantrag und die darauf bezogenen Anträge abgewiesen und dem zweiten Unterlassungsantrag und den daran anknüpfenden Anträgen stattgegeben. Beide Parteien beantragen, die Sprungrevision gegen das Urteil des [X.]s zuzulassen. Mit ihrer Revision will die Klägerin ihren Klageantrag und die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag jeweils in vollem Umfang weiterverfolgen.

6

II. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Sprungrevision ist unstatthaft, weil die von den Prozessbevollmächtigten des ersten Rechtszugs abgegebene schriftliche Erklärung der Einwilligung der Klägerin in die Übergehung der Berufungsinstanz dem Zulassungsantrag nur in Kopie beigefügt worden ist. Die Statthaftigkeit der Sprungrevision setzt nach § 566 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO voraus, dass der Gegner in die Übergehung der Berufungsinstanz einwilligt. Die schriftliche Erklärung der Einwilligung des Antragsgegners, die auch von dem Prozessbevollmächtigten des ersten Rechtszugs abgegeben werden kann, ist nach § 566 Abs. 2 Satz 4 ZPO dem Zulassungsantrag beizufügen. Sofern die Einwilligung nicht telegrafisch, per Telefax, Computerfax oder elektronisch erklärt wird, muss die handschriftlich unterzeichnete Einwilligungserklärung im Original eingereicht werden; eine vom Anwalt des Antragstellers gefertigte - auch beglaubigte - Fotokopie der Einwilligungserklärung genügt nicht ([X.], Beschluss vom 6. März 2007 - [X.], NJW-RR 2007, 1075 Rn. 2 mwN).

7

III. Auf den Antrag der Beklagten ist die Sprungrevision der Beklagten gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.]s Frankfurt am Main vom 16. März 2011 zuzulassen. Der Antrag ist zulässig und gemäß § 566 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 ZPO auch begründet, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Der Rechtsstreit wirft grundsätzliche Rechtsfragen zur Auslegung von Art. 5 Abs. 3 Buchst. n der Richtlinie 2001/29/[X.] zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft und der auf dieser Regelung beruhenden Schrankenregelung des § 52b Satz 1 [X.] auf.

Bornkamm                                      Pokrant                                    Büscher

                              Koch                                         Löffler

Meta

I ZR 69/11

19.10.2011

Bundesgerichtshof 1. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Frankfurt, 16. März 2011, Az: 2-6 O 378/10, Urteil

§ 566 Abs 1 S 1 Nr 1 ZPO, § 566 Abs 2 S 4 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.10.2011, Az. I ZR 69/11 (REWIS RS 2011, 2188)

Papier­fundstellen: NJW 2015, 3511 REWIS RS 2011, 2188


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZR 69/11

Bundesgerichtshof, I ZR 69/11, 10.12.2015.

Bundesgerichtshof, I ZR 69/11, 16.04.2015.

Bundesgerichtshof, I ZR 69/11, 20.09.2012.

Bundesgerichtshof, I ZR 69/11, 19.10.2011.


Az. 1 BvR 273/16

Bundesverfassungsgericht, 1 BvR 273/16, 27.05.2020.


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