Bundesfinanzhof, Vorlagebeschluss vom 06.06.2013, Az. I R 38/11

1. Senat | REWIS RS 2013, 5228

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Vororganschaftlich verursachte Mehrabführungen als fiktive Gewinnausschüttungen: Einbeziehung auch von "Minderverlustübernahmen", Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot - Vorlage an das BVerfG - Vertrauensschutz im Hinblick auf die Gewährleistungsfunktion der Rechtsordnung - Vertrauen in BFH-Rechtsprechung bei fehlender Veröffentlichung im Bundessteuerblatt


Leitsatz

1. Vororganschaftlich verursachte Mehrabführungen einer Organgesellschaft an ihren Organträger stellen keine Gewinnausschüttungen i.S. der § 8 Abs. 3, § 27 KStG 1996/2002 a.F., sondern Gewinnabführungen i.S. der §§ 14 ff. KStG 1996/2002 a.F. dar (Bestätigung des Senatsurteils vom 18. Dezember 2002 I R 51/01, BFHE 201, 221, BStBl II 2005, 49) .

2. Vororganschaftlich verursachte Mehrabführungen i.S. von § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG 2002 i.d.F. des Richtlinien-Umsetzungsgesetzes sind als rein rechnerische Differenzbeträge zu begreifen, nicht als tatsächliche "Abführungen". Sie können daher nicht nur --als "Mehr"-Abführungen-- aus einem höheren handelsbilanziellen Jahresüberschuss der Organgesellschaft resultieren, sondern auch aus Fällen sog. Minderverlustübernahmen, in welchen der Organträger infolge eines geringeren handelsbilanziellen Verlustes der Organgesellschaft einen geringeren Verlust ausgleichen musste, als ihm zugerechnet wurde .

3. Indem die so verstandenen Mehrabführungen durch § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG 2002 i.d.F. des Richtlinien-Umsetzungsgesetzes als Gewinnausschüttungen fingiert werden, handelt es sich zugleich um entsprechende Leistungen i.S. von § 38 Abs. 1 Satz 3 KStG 2002, für welche die in § 38 Abs. 2 KStG 2002 angeordnete Körperschaftsteuererhöhung zu errechnen ist .

4. Es wird die Entscheidung des BVerfG darüber eingeholt, ob § 34 Abs. 9 Nr. 4 i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG 2002 i.d.F. des Richtlinien-Umsetzungsgesetzes infolge Verstoßes gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot verfassungswidrig ist .

Tatbestand

1

A. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), ein ehemals gemeinnütziges Wohnungsbauunternehmen in der Rechtsform einer GmbH, schloss am 11. Juli 1990 mit ihrer Muttergesellschaft, der [X.], einen Beherrschungs- und Ergebnisabführungsvertrag. Dieser Vertrag galt ab dem 1. Januar 1991 und konnte erstmals zum 31. Dezember 1995 mit einer Frist von drei Monaten gekündigt werden, danach mit einer Frist von drei Monaten zum Ablauf eines jeden Jahres. Die Klägerin war demnach im Streitjahr (2004) Organgesellschaft der [X.].

2

Nach dem Wegfall der früheren persönlichen Steuerbefreiung für gemeinnützige Wohnungsbauunternehmen gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 10 des Körperschaftsteuergesetzes ([X.]) 1984 durch das Steuerreformgesetz 1990 vom 25. Juli 1988 ([X.], 1093, [X.], 224) hatte die Klägerin vor Eintritt in die Steuerpflicht zum 1. Januar 1991 in der letzten steuerlichen Schlussbilanz zum 31. Dezember 1990 abweichend von der Handelsbilanz ihre Wohnungsbestände gemäß § 13 Abs. 2 und 3 [X.] 1984 auf die deutlich höheren [X.] aufgestockt. Diesen Wertansatz hat die Klägerin in ihrer steuerlichen [X.] zum 1. Januar 1991 übernommen. In der Gliederungsrechnung erfasste sie das hieraus resultierende steuerliche ([X.] als Teilbetrag i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 2 [X.] 1991 (Alt-EK 02). Aus den [X.] ergaben sich bis zum streitgegenständlichen Veranlagungszeitraum höhere Abschreibungen in der Steuerbilanz als in der Handelsbilanz. Der [X.] in der Steuerbilanz war demgemäß niedriger als in der Handelsbilanz. Die Abweichungen führten zu einer das steuerbilanzielle Ergebnis übersteigenden Gewinnabführung an die [X.].

3

Die Klägerin erzielte im Streitjahr nach Abzug der Gewinnabführung an die [X.] in Höhe von 59.950 € ein handelsrechtliches Ergebnis in Höhe von 0 €. Nach steuerlichen Korrekturbuchungen ergab sich daraus ein steuerbilanzieller Verlust in Höhe von 625.615 €. [X.] erfolgten darüber hinaus Korrekturen in einem Umfang von 355.353 € sowie die Korrektur der Gewinnabführung in Höhe von 59.950 €, so dass sich bei der Klägerin ein Einkommen vor Zurechnung zum Organträger in Höhe von ./. 210.312 € errechnete. Eine der genannten steuerlichen Abweichungen betraf steuerliche Mehrabschreibungen aufgrund des höheren steuerlichen Wertansatzes der Wohngebäude zum 1. Januar 1991 in Höhe von 771.701 €. Die Klägerin erklärte diesen Betrag in der Körperschaftsteuererklärung 2004 als Mehrabführung aufgrund von Folgewirkungen von Geschäftsvorfällen in vorvertraglicher Zeit.

4

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) behandelte die vorgenannte Mehrabführung in Höhe von insgesamt 771.701 € als Gewinnausschüttung i.S. des § 14 Abs. 3 [X.] 2002 i.d.[X.] [X.] in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften ([X.]) vom 9. Dezember 2004 ([X.], 3310, [X.], 1158) --[X.] 2002-- und stellte dementsprechend bei der Klägerin die körperschaftsteuerliche Ausschüttungsbelastung gemäß § 38 [X.] 2002 her. Die daraus resultierende Körperschaftsteuererhöhung in Höhe von 330.729 € führte im Körperschaftsteuerbescheid 2004 zu einer Festsetzung von Körperschaftsteuer in Höhe von 331.128 €. Das [X.] erließ darüber hinaus einen Bescheid über die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen, in dem es bei der Ermittlung des verbleibenden Alt-EK 02 (Stand 1. Januar 2004: 60.949.078 €) die Mehrabführung in Höhe von 771.701 € sowie die darauf entfallende Körperschaftsteuererhöhung in Höhe von 330.729 € (3/7 von 771.701 €) abzog (Stand Alt-EK 02 am 31. Dezember 2004: 59.846.648 €).

5

Das [X.] ([X.]) wies die dagegen gerichtete Klage ab. Entgegen der Auffassung der Klägerin gelte die vororganschaftliche Mehrabführung an die [X.] in Höhe von 771.701 € als Gewinnausschüttung i.S. des § 14 Abs. 3 [X.] 2002 mit der Folge, dass sich gemäß § 38 Abs. 2 [X.] 2002 die Körperschaftsteuer des Streitjahres um 3/7 des Betrags der Leistungen erhöhe, für die ein Teilbetrag aus dem Endbetrag i.S. des § 38 Abs. l [X.] 2002 (= Alt-EK 02) als verwendet gelte. In der aufgrund von § 34 Abs. 9 Nr. 4 [X.] 2002 angeordneten Anwendung des § 14 Abs. 3 [X.] 2002 auf Mehrabführungen von Organgesellschaften, deren Wirtschaftsjahr nach dem 31. Dezember 2003 endete, sah das [X.] keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung. Aufgrund der unterschiedlichen Beurteilung der Frage, ob vororganschaftlich verursachte Mehrabführungen als Gewinnabführungen den Organschaftsregelungen in §§ 14 ff. [X.] 1991/1996 unterfielen oder aber als Gewinnausschüttungen i.S. der § 8 Abs. 3, § 27 [X.] 1991/1996 zu behandeln seien (vgl. insoweit Senatsurteil vom 18. Dezember 2002 I R 51/01, [X.], 221, [X.] 2005, 49, und inhaltlich gleichlautend Senatsurteile vom 18. Dezember 2002 I R 50/01, Der Konzern 2003, 564 sowie [X.], [X.] 2003, 991), habe die Klägerin bei Abschluss des [X.] mit dem Organträger im Jahre 1991 und der Beibehaltung des Vertrages in den Folgejahren über das [X.] hinaus auf der Grundlage des seinerzeit geltenden Rechts nicht darauf vertrauen können, dass vororganschaftlich verursachte Mehrabführungen (weiter) als Gewinnabführungen zu behandeln seien und der Gesetzgeber künftig keine Regelung dahingehend treffen würde, dass diese als Ausschüttungen zu behandeln seien. Das [X.]-Urteil vom 10. März 2011  6 K 338/07 ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (E[X.]) 2012, 261 veröffentlicht.

6

Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Revision, die sie auf eine Verletzung materiellen Rechts stützt: In Höhe der streitgegenständlichen Mehrabführungen liege weder eine Leistung i.S. von § 38 Abs. 1 Satz 3 [X.] 2002 noch eine Mehrabführung i.S. des § 14 Abs. 3 [X.] 2002 vor. Eine tatsächliche Gewinnabführung in Höhe von 59.950 € könne letztlich nicht zu einer Erhöhung der Körperschaftsteuer um 330.729 € führen. Die rückwirkende Anwendung von § 14 Abs. 3 [X.] 2002 auf das Wirtschaftsjahr 2004 verstoße zudem gegen das aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) folgende grundsätzliche Verbot, ohne sachliche Rechtfertigung rückwirkende belastende Gesetze zu erlassen. Mit der Änderung von § 14 Abs. 3 [X.] 2002 durch das [X.] vom 9. Dezember 2004 mit Wirkung zum 1. Januar 2004 sei in einen abgeschlossenen Sachverhalt eingegriffen worden. Denn mit dem Abschluss des Beherrschungs- und [X.] zum 1. Januar 1991 habe sie über ihre Verpflichtung disponiert, im Gewinnfall Gewinne an die [X.] abzuführen. Sie habe der von § 14 Abs. 3 [X.] 2002 bewirkten Fiktion von Gewinnausschüttungen auch nicht mehr rechtzeitig durch eine Kündigung des Beherrschungs- und [X.] entgehen können, da nach dessen § 5 Abs. l dieser Vertrag lediglich mit einer Frist von drei Monaten zum Jahresende kündbar gewesen sei. Im Zeitpunkt der Kenntnis der (kommenden) Gesetzesänderung habe er deshalb frühestens zum 31. Dezember 2005 gekündigt werden können.

7

Die Klägerin beantragt,
das [X.]-Urteil aufzuheben und die angefochtenen Bescheide dahingehend abzuändern, dass die Körperschaftsteuer 2004 um 330.729 € auf 399 € herabgesetzt wird und die gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen gemäß § 27 Abs. 2, § 28 Abs. 1, § 37 Abs. 2 und § 38 Abs. 1 [X.] 2002 zum 31. Dezember 2004 dahingehend abzuändern, dass das verbleibende [X.] § 38 Abs. 1 [X.] 2002 um 1.102.430 € erhöht auf einen Betrag von 60.949.078 € festgestellt wird.

8

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

9

Die Klägerin könne sich nicht auf ein verfassungsrechtlich geschütztes Vertrauen berufen, da die Finanzverwaltung "in der Praxis" während der überwiegenden Geltungsdauer des Beherrschungs- und [X.] und auch zum Zeitpunkt der letztmals möglichen Kündigung im Streitjahr die Rechtsprechung des [X.] ([X.]) entsprechend Abschn. 59 Abs. 4 Sätze 3 bis 5 der [X.] ([X.]) 1995 nicht angewandt habe. Zudem sei das Interesse des Staates, durch eine Änderung von Steuergesetzen unerwartete Mindereinnahmen auszugleichen, ein wichtiger Gemeinwohlbelang, der eine unechte Rückwirkung rechtfertigen könne.

Entscheidungsgründe

B. Infolge der vom [X.] angenommenen Verfassungswidrigkeit des § 34 Abs. 9 Nr. 4 i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] 2002 war das Revisionsverfahren gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG i.V.m. § 80 Abs. 1 des Gesetzes über das [X.] auszusetzen und die Entscheidung des [X.]s ([X.]) einzuholen.

Nach Überzeugung des [X.]s ist § 34 Abs. 9 Nr. 4 i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] 2002 mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes unvereinbar und verstößt insoweit gegen Art. 20 Abs. 3 GG, als vororganschaftliche [X.] einer Organgesellschaft, deren Wirtschaftsjahr nach dem 31. Dezember 2003 endet, als Gewinnausschüttungen der Organgesellschaft an den Organträger gelten und soweit danach die Ausschüttungsbelastung nach § 38 Abs. 2 [X.] 2002 auch dann für den Veranlagungszeitraum 2004 herzustellen ist, wenn im Zeitpunkt der Einbringung der Neuregelung in den [X.] am 13. August 2004 und in den [X.] am 6. September 2004 eine Aufhebung des [X.] und damit der steuerlichen Wirkungen der körperschaftsteuerlichen Organschaft und in Folge hiervon der vororganschaftlichen [X.] nicht mehr möglich gewesen ist.

I. Rechtsentwicklung der im Streitfall maßgeblichen Vorschriften

1. Rechtslage vor 2004

Das Körperschaftsteuergesetz enthielt bis zu seiner Fassung durch das Gesetz zum Abbau von Steuervergünstigungen und Ausnahmeregelungen (Steuervergünstigungsabbaugesetz) vom 16. Mai 2003 ([X.], 660, [X.], 321) --[X.] 2002 a.[X.] keine Regelung zur steuerlichen Behandlung vororganschaftlicher [X.]. § 27 Abs. 6 Satz 1 [X.] 2002 a.F. sah in Bezug auf das steuerliche Einlagekonto bei der Organgesellschaft vor, dass [X.] dieses mindern, wenn sie ihre Ursache in organschaftlicher Zeit haben. Für vororganschaftliche [X.] hat diese Regelung keine Relevanz.

a) Die Finanzverwaltung (Abschn. 59 Abs. 4 Satz 3 [X.] 1995; Schreiben des [X.] --[X.]-- vom 24. Juni 1996, [X.], 695, und vom 28. Oktober 1997, [X.], 939, anders aber noch [X.]-Schreiben vom 10. Januar 1981, BStBl I 1981, 44, 47) vertrat in Übereinstimmung mit einem Teil der Literatur (vgl. die Nachweise im [X.]surteil in [X.], 221, [X.], 49) die Auffassung, vororganschaftlich verursachte [X.] seien als "andere Ausschüttungen" i.S. des § 27 Abs. 3 Satz 2 [X.] 1996 zu behandeln und für diese sei damit die Ausschüttungsbelastung herzustellen. Danach werde § 27 [X.] 1996 dann nicht durch die Regelung der Gewinnabführung in den §§ 14 ff. [X.] 1996 verdrängt, wenn sich der entsprechende Geschäftsvorfall bereits in einem Zeitpunkt ereignet und ausgewirkt habe, in welchem noch kein Organschaftsverhältnis bestand.

b) Der erkennende [X.] ist dieser Verwaltungspraxis nicht gefolgt. Nach dessen Rechtsprechung (vgl. [X.]surteil in [X.], 221, [X.], 49) unterfielen vororganschaftlich verursachte [X.] als [X.] vielmehr den organschaftlichen Regelungen der §§ 14 ff. [X.] 1996 und waren mithin nicht als Ausschüttungen nach § 8 Abs. 3, § 27 [X.] 1996 zu behandeln. Dies ergebe sich unmittelbar aus der Regelung des § 14 [X.] 1996, die durch Verweis auf einen Gewinnabführungsvertrag i.S. des § 291 Abs. 1 des Aktiengesetzes (AktG) die Anknüpfung der körperschaftsteuerlichen Organschaftserfordernisse an das Zivilrecht bestimmt. Bestätigt werde diese Anknüpfung durch § 17 Satz 2 Nr. 1 [X.], wonach [X.] den in § 301 AktG genannten Betrag nicht übersteigen dürften. Maßgeblich für den Umfang der Gewinnabführungspflicht sei damit allein der handelsbilanzielle Jahresüberschuss. Dafür, dass der Gesetzgeber in den §§ 14 ff. [X.] 1996 einen von § 291 Abs. 1 und § 301 AktG abweichenden, originär steuerrechtlichen Umfang der Gewinnabführungsverpflichtung habe regeln wollen, sei nichts ersichtlich. Dies wäre aber erforderlich gewesen, um vororganschaftliche [X.] dem Regelungskonzept der Ausschüttung nach §§ 27 ff. [X.] 1996 unterwerfen zu können. An dieser Rechtsprechung, die seitens der Finanzverwaltung für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2003 endeten, nicht angewandt wurde ([X.]-Schreiben vom 22. Dezember 2004, [X.], 65) wird festgehalten.

2. Rechtslage ab 2004

Mit dem [X.] hat der Gesetzgeber erstmals gesetzliche Grundlagen für die Berücksichtigung sog. vororganschaftlicher Mehr- und Minderabführungen geschaffen. [X.], die ihre Ursache in [X.] haben, gelten danach als Gewinnausschüttungen der Organgesellschaft an den Organträger; Minderabführungen, die ihre Ursache in [X.] haben, sind als Einlagen durch den Organträger an die Organgesellschaft zu behandeln (§ 14 Abs. 3 Satz 1 und 2 [X.] 2002). Die Neuregelung ist erstmals für [X.] von Organgesellschaften anzuwenden, deren Wirtschaftsjahr nach dem 31. Dezember 2003 endet (§ 34 Abs. 9 Nr. 4 [X.] 2002). Die Minderabführungen werden in § 34 Abs. 9 [X.] 2002 dagegen nicht erwähnt.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung wurde am 13. August 2004 in den [X.] ([X.] 605/04) und am 6. September 2004 in den [X.] (BTDrucks 15/3677) eingebracht. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollte mit der Neuregelung die bisherige Verwaltungsauffassung in Abschn. 59 Abs. 4 [X.] 1995 gesetzlich festgeschrieben und damit die Sonderbestimmung der Organschaft klarer von den allgemeinen Bestimmungen des Halbeinkünfteverfahrens abgegrenzt werden (vgl. BTDrucks 15/3677, S. 36). Das Gesetz wurde am 28. Oktober 2004 vom [X.] beschlossen; der [X.] stimmte am 26. November 2004 zu ([X.] 838/04). Am 15. Dezember 2004 wurde das [X.] vom 9. Dezember 2004 im [X.] verkündet ([X.], 3310). Die gesetzlichen Änderungen sind am 16. Dezember 2004 in Kraft getreten.

3. Rechtslage ab 2008

Mit dem Jahressteuergesetz 2008 vom 20. Dezember 2007 ([X.], 3150, [X.], 218) --[X.] 2002 n.[X.] hat der Gesetzgeber eine Neuregelung für sog. organschaftliche Mehr- und Minderabführungen geschaffen. Nach der Regelung in § 14 Abs. 4 Satz 1 [X.] 2002 n.F. ist für Minder- und [X.], die ihre Ursache in organschaftlicher Zeit haben, ein besonderer aktiver oder passiver Ausgleichsposten in Höhe des Betrags zu bilden, der dem Verhältnis der Beteiligung des [X.] am [X.] der Organgesellschaft entspricht. Mehr- oder Minderabführungen i.S. von § 14 Abs. 4 Satz 1 [X.] 2002 n.F. liegen nach der Legaldefinition in § 14 Abs. 4 Satz 6 [X.] 2002 n.F. "insbesondere vor, wenn der an den Organträger abgeführte Gewinn von dem Steuerbilanzgewinn der Organgesellschaft abweicht und diese Abweichung in organschaftlicher Zeit verursacht ist". § 14 Abs. 4 [X.] 2002 n.F. ist nach § 34 Abs. 9 Nr. 5 [X.] 2002 n.F. auch für Veranlagungszeiträume vor 2008 anzuwenden.

II. Einfachgesetzliche Rechtslage

Die Revision ist unbegründet, wenn § 34 Abs. 9 Nr. 4 i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] 2002 verfassungsgemäß ist. Sie hat jedoch Erfolg, wenn die Regelung gegen den verfassungsrechtlichen Vertrauensschutz verstößt.

1. Nach § 38 Abs. 2 [X.] 2002 erhöht sich die Körperschaftsteuer des Veranlagungszeitraums, in dem das Wirtschaftsjahr endet, in dem Leistungen erfolgt sind, um 3/7 des Betrags der Leistungen, für die ein Teilbetrag aus dem Endbetrag i.S. des § 38 Abs. l [X.] 2002 als verwendet gilt. Der nach § 38 Abs. 1 Satz 1 [X.] 2002 fortgeschriebene Teilbetrag i.S. des § 30 Abs. 2 Nr. 2 [X.] i.d.[X.] zur weiteren steuerlichen Förderung von Stiftungen vom 14. Juli 2000 ([X.], 1034, [X.], 1192) --[X.] 1999-- (= Alt-EK 02) gilt gemäß § 38 Abs. l Satz 4 [X.] 2002 als verwendet, soweit die Summe der Leistungen, die die Gesellschaft im Wirtschaftsjahr erbracht hat, den um den Bestand nach § 38 Abs. l Satz l [X.] 2002 verminderten ausschüttbaren Gewinn (§ 27 [X.] 2002) übersteigt. Als Leistungen sind dabei alle Auskehrungen an die Gesellschafter, die ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben, anzusehen (zuletzt [X.]surteil vom 30. Januar 2013 I R 35/11, [X.], 304, [X.], 560; [X.]-Schreiben vom 4. Juni 2003, [X.], 366, [X.]. 11). Dies können sowohl offene Gewinnausschüttungen als auch verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA), aber auch andere Auskehrungen aufgrund des [X.], wie etwa Auszahlungen aus der Kapitalrücklage oder die Rückzahlung von [X.] sein. Erfasst werden dabei Leistungen, die im Wirtschaftsjahr erbracht, d.h. abgeflossen sind (vgl. [X.]surteile vom 9. Juni 2010 I R 43/09, [X.], 2117; vom 19. Dezember 2007 I R 52/07, [X.], 180, [X.], 431; vom 29. Mai 1996 I R 118/93, [X.], 405, [X.] 1997, 92; [X.]-Schreiben vom 6. November 2003, [X.], 575, [X.]. 7). § 14 Abs. 3 Satz l [X.] 2002 bestimmt --wie ausgeführt--, dass [X.], die ihre Ursache in [X.] haben, als Gewinnausschüttungen der Organgesellschaft an den Organträger gelten. Sie gelten nach § 14 Abs. 3 Satz 3 [X.] 2002 in dem Zeitpunkt als erfolgt, in dem das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet. Ein Teilwertansatz nach § 13 Abs. 3 Satz 1 [X.] 2002 ist dabei nach § 14 Abs. 3 Satz 4 [X.] 2002 der [X.] zuzurechnen.

2. Bei den streitgegenständlichen Abweichungen in der Steuerbilanz gegenüber dem handelsbilanziellen Jahresüberschuss der Klägerin in Höhe von 771.701 € handelt es sich um eine vororganschaftliche Mehrabführung i.S. des § 14 Abs. 3 [X.] 2002. Die Abweichung zwischen der Steuerbilanz und dem handelsbilanziellen Jahresüberschuss ist dabei im Sinne eines rein rechnerischen Differenzbetrags zu begreifen. Eine Mehrabführung kann mithin nicht nur in der Höhe vorliegen, in welcher die Organgesellschaft einen höheren handelsbilanziellen Jahresüberschuss (tatsächlich) an den Organträger abgeführt hat, sondern auch dann, wenn die Organgesellschaft handelsbilanziell einen geringeren Verlust erlitten hat, als dem Organträger steuerlich zugerechnet worden ist, und dieser daher einen geringeren Verlust ausgleichen musste (sog. [X.]n).

a) Was unter einer Mehrabführung i.S. des § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] 2002 zu verstehen ist, ergibt sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz. § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] 2002 verwendet den Begriff zwar, definiert ihn aber nicht. Auch die entsprechende Legaldefinition in § 14 Abs. 4 Satz 6 [X.] 2002 n.F. hilft insoweit nicht weiter. Denn diese Definition gilt nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut nur für "[X.] im Sinne des Satzes 1" und damit nur für sog. organschaftliche [X.] (vgl. [X.] in [X.]/[X.], [X.]/[X.]/ [X.], § 14 Rz 749; [X.] in Schnitger/[X.], [X.], § 14 Rz 1205; a.[X.] in [X.]/[X.]/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 14 [X.] Rz 404). Sie ist zudem auch erst nach dem Streitjahr in das Gesetz eingefügt worden.

b) Der Begriff der Mehrabführung i.S. des § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] 2002 muss deshalb in Ermangelung klarer gesetzlicher Vorgaben durch Auslegung ermittelt werden.

aa) Eine "Mehrabführung" setzt keinen tatsächlichen Vermögensabfluss voraus; es genügt eine rechnerische Differenz zwischen dem handelsbilanziellen Jahresüberschuss und der Steuerbilanz. Der Begriff der "Mehrabführung" impliziert zunächst zwei Vergleichswerte, damit ein "Mehr" festgestellt werden kann. Da § 14 [X.] 2002 für die Anerkennung eines körperschaftsteuerlichen Organschaftsverhältnisses u.a. den Abschluss eines Gewinnabführungsvertrages nach § 291 Abs. 1 AktG verlangt und für den Umfang der Gewinnabführungspflicht nach § 301 AktG allein der handelsbilanzielle Jahresüberschuss maßgeblich ist (vgl. [X.]surteil in [X.], 221, [X.], 49), ist diese Größe --der Jahresüberschuss-- der Ausgangspunkt für den vorzunehmenden Vergleich. Der Vergleichswert ist sodann in Bezug zu setzen zu den Ergebnissen der Organgesellschaft nach der Steuerbilanz ([X.] in [X.]/ [X.], a.a.[X.], § 14 Rz 749), da steuerfreie [X.], wie sie in dem nach § 14 Abs. 1 [X.] 2002 dem Organträger zuzurechnenden Einkommen der Organgesellschaft enthalten sind, nicht als Mehrabführung erfasst werden sollen ([X.] in [X.]/[X.]/Möhlenbrock, a.a.[X.], § 14 [X.] Rz 402; [X.], Die Unternehmensbesteuerung --[X.]-- 2010, 673, 675). Beide Werte können auch als negative Werte verstanden werden. Nach § 302 AktG besteht eine Verpflichtung zum Ausgleich eines handelsbilanziellen Jahresfehlbetrags und der Gewinn nach Steuerbilanz kann negativ sein. Dies legt nahe, unter den Begriff der "Mehrabführung" --entgegen [X.] in P. Kirchhof/ [X.]/[X.]/[X.], Steuer- und Gesellschaftsrecht zwischen Unternehmerfreiheit und Gemeinwohl, Festschrift für [X.], S. 543, 557-- auch eine "[X.]" zu fassen. Die in § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] 2002 n.F. angeordnete Rechtsfolge, dass [X.] als Gewinnausschüttungen gelten, ist unabhängig davon, ob eine tatsächliche Vermögensmehrung stattgefunden hat oder nur eine fingierte Vermögensübertragung in Form einer lediglich höheren Verlustübernahme (ähnlich [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 14 [X.] Rz 320). Im Ergebnis kann damit in den Begriff der Mehrabführung nicht das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal eines tatsächlichen Vermögensübergangs "hineingelesen" werden (so aber [X.], [X.] 2010, 673, 675). Letztlich kann auch nur so sichergestellt werden, dass der Begriff der "Abführung" eine einheitliche Bedeutung sowohl für Mehr- wie auch Minderabführungen erhält.

bb) Die Richtigkeit der Überlegung wird deutlich, stellt man auf den Sinn und Zweck der Regelung ab. Haben Bilanzierungs- oder Bewertungsdifferenzen zwischen der Handels- und der Steuerbilanz im Ergebnis zur Bildung stiller Reserven nur in der Handelsbilanz der Organgesellschaft geführt, gehen diese im Fall ihrer Realisierung nicht in das Einkommen der Organgesellschaft ein und können im Rahmen der Organschaft beim Organträger nicht besteuert werden. Die Regelung in § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] 2002 soll solches verhindern und erreichen, dass die stillen Reserven nach allgemeinen körperschaftsteuerlichen Bestimmungen als Gewinnausschüttungen behandelt werden. Mit diesem Regelungszweck ließe sich aber nicht vereinbaren, blieben die stillen Reserven als Mehrabführung ganz oder teilweise unbesteuert, weil das handelsbilanzielle Ergebnis negativ ist oder weil in der Steuerbilanz ein Verlust ausgewiesen wird.

cc) Gestützt wird diese Auslegung weiter durch die fehlende Möglichkeit einer Saldierung von vororganschaftlichen und/oder organschaftlichen Mehr- und Minderabführungen. So scheidet eine Saldierung dieser Größen bereits wegen der unterschiedlichen gesetzlichen Tatbestände und der unterschiedlichen Rechtsfolgen in § 14 Abs. 3 [X.] 2002 und § 14 Abs. 4 [X.] 2002 n.F. aus. Ebenfalls ausgeschlossen ist eine Saldierung von in [X.] verursachten Mehr- und Minderabführungen, da das Gesetz ausdrücklich in den Rechtsfolgen zwischen Gewinnausschüttungen und Einlagen differenziert und zudem die Begriffe der Mehr- und Minderabführung im Plural verwendet ([X.] in Schnitger/[X.], a.a.[X.], § 14 Rz 1215 f.). Hieraus wird deutlich, dass es eine einheitliche handelsrechtliche Gewinnabführung nicht gibt. Eine Mehrabführung kann daher nicht davon abhängig sein, dass ein positiver handelsbilanzieller Jahresüberschuss vorliegt (ebenso [X.] in Schnitger/[X.], a.a.[X.], § 14 Rz 1221).

[X.]) [X.] in [X.], 221, [X.], 49 steht dieser Auslegung nicht entgegen. Dem Urteil ist zu entnehmen, dass nur ein tatsächlicher Mittelabfluss das die Herstellung der Ausschüttungsbelastung i.S. des § 27 Abs. 1 [X.] 1996 auslösende Moment sein kann. Der [X.] hat sich damit aber zunächst lediglich mit dem Begriff der "Ausschüttung" und den nach allgemeinen körperschaftsteuerlichen Bestimmungen daran anknüpfenden Rechtsfolgen auseinandergesetzt. Soweit er weiter erkannt hat, dass eine organschaftliche Mehrabführung im Fall eines Verlustes der Organgesellschaft nicht notwendigerweise einen Mittelabfluss bedeutet, kann hieraus, jedenfalls nachdem die gesetzliche Regelung des § 14 Abs. 3 [X.] 2002 ergangen ist, nicht abgeleitet werden, eine "Mehrabführung" könne bei einem Verlust der Organgesellschaft nicht vorliegen. Überdies hat der [X.] in dem Urteil in [X.], 221, [X.], 49 (Rz 25) darauf hingewiesen, dass nach der seinerzeitigen Verwaltungsauffassung die rechnerische Differenz zwischen dem handelsrechtlichen und dem steuerlichen Ergebnis unabhängig von einem tatsächlichen Mittelfluss als "Mehrabführung" behandelt werde. Gerade die Verwaltungsauffassung zu den vororganschaftlichen [X.] sollte indes nach der Gesetzesbegründung (Begründung des [X.] zum [X.], BTDrucks 15/3677, S. 36) in § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] 2002 rechtsprechungsbrechend "festgeschrieben" werden.

c) Die streitgegenständlichen Abweichungen in der Steuerbilanz gegenüber dem handelsbilanziellen Jahresüberschuss der Klägerin in Höhe von 771.701 € haben ihre Ursache in [X.]. Die Klägerin hat in ihrer Steuerbilanz zum 31. Dezember 1990 ihre Wohnungsbestände gemäß § 13 Abs. 2 und 3 [X.] 1984 auf die deutlich höheren [X.] aufgestockt und diese Werte in der [X.] zum 1. Januar 1991 übernommen. In der Handelsbilanz hat die Klägerin dagegen die Buchwerte fortgeführt. Infolge der daraus resultierenden höheren Abschreibungsbeträge wurde im Streitjahr in der Steuerbilanz gegenüber der Handelsbilanz ein um 771.701 € niedrigeres Ergebnis ausgewiesen. Nach der ausdrücklichen Bestimmung in § 14 Abs. 3 Satz 4 [X.] 2002 ist ein Teilwertansatz nach § 13 Abs. 3 Satz 1 [X.] 2002 der [X.] zuzurechnen. Dieser der [X.] ausdrücklich zugeordnete [X.] hat die streitgegenständliche Mehrabführung ausgelöst, wodurch diese wiederum, wie von § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] 2002 gefordert, vororganschaftlich "verursacht" ist.

[X.] in [X.], 221, [X.], 49 widerspricht dieser Auslegung wiederum nicht. Der [X.] hat zwar entschieden, dass die organschaftliche Gewinnabführung ihre Veranlassung insgesamt ausschließlich in dem abgeschlossenen Gewinnabführungsvertrag hat und dementsprechend [X.] nicht in vororganschaftlicher, sondern in organschaftlicher Zeit entstanden sind. Die Entscheidung ist aber noch zu der in Abschn. 59 Abs. 4 [X.] 1995 niedergelegten früheren Verwaltungsauffassung ergangen. Mit § 14 Abs. 3 [X.] 2002 hat der Gesetzgeber dagegen vor dem Hintergrund einer bis dahin fehlenden gesetzlichen Regelung zu den vororganschaftlichen Mehr- oder Minderabführungen eine periodenübergreifende Verknüpfung des früheren [X.], der die Ursache für die Abführungsdifferenz ist, mit der späteren Mehrabführung vorgenommen. Auch wenn die Mehrabführung erst in organschaftlicher Zeit "realisiert" wird, ist sie vororganschaftlich veranlasst, wenn die entsprechenden Bilanzansätze in [X.] vorgenommen worden sind ([X.] in P. Kirchhof/[X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], S. 543, 550; [X.] in [X.]/[X.]/Möhlenbrock, a.a.[X.], § 14 [X.] Rz 407; [X.] in [X.]/[X.], a.a.[X.], § 14 Rz 750; [X.] in Schnitger/[X.], a.a.[X.], § 14 Rz 1225; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 14 [X.] Rz 321; [X.]/[X.], Der Konzern 2005, 37, 40; a.A. Rö[X.]er, [X.] --DStR-- 2005, 217, 220).

3. Die streitgegenständliche vororganschaftliche Mehrabführung in Höhe von 771.701 € gilt gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] 2002 als Gewinnausschüttung und stellt auch in dieser Höhe eine Leistung i.S. des § 38 Abs. l Satz 3 [X.] 2002 mit der Folge einer entsprechenden Körperschaftsteuererhöhung nach § 38 Abs. 2 [X.] 2002 dar.

Als Leistungen sind nach der Rechtsprechung des [X.]s alle Auskehrungen an die Gesellschafter anzusehen, die ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben (zuletzt [X.]surteil in [X.], 304, [X.], 560; [X.]-Schreiben in [X.], 366, [X.]. 11). Unstrittig fallen unter diesen Begriff damit (offene wie verdeckte) Gewinnausschüttungen. Erfasst werden Leistungen aber nur, wenn sie im Wirtschaftsjahr erbracht, d.h. abgeflossen sind (vgl. [X.]surteile in [X.], 2117; in [X.], 180, [X.], 431; in [X.], 405, [X.] 1997, 92; [X.]-Schreiben in [X.], 575, [X.]. 7).

Dass dieser Abfluss ein tatsächlicher sein müsste, kann [X.] wie bei dem Begriff der "Mehrabführung"-- dem Begriff der "Leistung" indes nicht entnommen werden. Indem § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] 2002 vororganschaftliche [X.] als Gewinnausschüttungen fingiert, ordnet das Gesetz vielmehr zugleich an, dass es sich hierbei auch um Leistungen i.S. von § 38 Abs. 1 Satz 3 [X.] 2002 handelt. Die gesetzliche Fiktion schlägt insoweit durch. Dass es sich tatsächlich nicht um Gewinnausschüttungen handelt, trägt keine abweichende Wertung (vgl. auch zu der damit insoweit gleichgelagerten Frage, ob bei Vergütungen für Fremdkapital, die nach § 8a Abs. 1 Satz 1 [X.] 1999 als vGA "gelten", Kapitalertragsteuern erhoben werden können; [X.]surteile vom 20. August 2008 I R 29/07, [X.], 500, [X.] 2010, 142; vom 18. März 2009 I R 13/08, [X.], 1613).

4. Für den Streitfall folgt aus alledem: Die steuerlichen Mehrabschreibungen aufgrund des höheren steuerlichen Wertansatzes der Wohngebäude der Klägerin haben zu vororganschaftlich verursachten [X.] i.S. des § 14 Abs. 3 [X.] 2002 in Höhe von 771.701 € geführt, für die als Leistung i.S. des § 38 Abs. 1 Satz 3 [X.] 2002 gemäß § 38 Abs. 2 [X.] 2002 eine entsprechende Körperschaftsteuererhöhung zu errechnen ist. Gemäß § 34 Abs. 9 Nr. 4 [X.] 2002 ist die Neuregelung von § 14 Abs. 3 [X.] 2002 auf [X.] einer Organgesellschaft, deren Wirtschaftsjahr nach dem 31. Dezember 2003 endet, anzuwenden. Die steuerlichen Mehrabschreibungen aufgrund des höheren steuerlichen Wertansatzes der Wohngebäude der Klägerin zum 1. Januar 1991 in Höhe von 771.701 € unterfallen damit im Streitjahr der Neuregelung des § 14 Abs. 3 [X.] 2002.

III. Verfassungsrechtliche Beurteilung

Nach Überzeugung des vorlegenden [X.]s verletzt die bezogen auf das Streitjahr in § 34 Abs. 9 Nr. 4 [X.] 2002 angeordnete rückwirkende Anwendung von § 14 Abs. 3 [X.] 2002 auf [X.] einer Organgesellschaft, deren Wirtschaftsjahr nach dem 31. Dezember 2003 endet, die Grundsätze rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG).

1. Das grundsätzliche Verbot rückwirkender belastender Gesetze beruht auf den Prinzipien der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes (vgl. [X.]-Beschluss vom 8. Juni 1977  2 BvR 499/74, 2 BvR 1042/75, [X.]E 45, 142). Es schützt das Vertrauen in die Verlässlichkeit und Berechenbarkeit der unter der Geltung des Grundgesetzes geschaffenen Rechtsordnung und der auf ihrer Grundlage erworbenen Rechte (vgl. [X.]-Urteil vom 23. November 1999  1 [X.], [X.]E 101, 239). Wenn der Gesetzgeber die Rechtsfolge eines der Vergangenheit zugehörigen Verhaltens nachträglich belastend ändert, bedarf dies einer besonderen Rechtfertigung vor dem Rechtsstaatsprinzip und den Grundrechten des Grundgesetzes, unter deren Schutz Sachverhalte "ins Werk gesetzt" worden sind (vgl. [X.]-Beschlüsse in [X.]E 45, 142; vom 22. März 1983  2 BvR 475/78, [X.]E 63, 343; vom 14. Mai 1986  2 BvL 2/83, [X.]E 72, 200; vom 3. Dezember 1997  2 BvR 882/97, [X.]E 97, 67).

a) Eine sog. unechte Rückwirkung liegt vor, wenn eine Norm auf gegenwärtige, noch nicht abgeschlossene Sachverhalte und Rechtsbeziehungen für die Zukunft einwirkt und damit zugleich die betroffene Rechtsposition entwertet (vgl. [X.]-Urteile in [X.]E 101, 239; vom 10. Juni 2009  1 BvR 706/08, 1 BvR 814/08, 1 BvR 819/08, 1 BvR 832/08, 1 BvR 837/08, [X.]E 123, 186), beispielsweise, wenn belastende Rechtsfolgen einer Norm erst nach ihrer Verkündung eintreten, tatbestandlich aber von einem bereits ins Werk gesetzten Sachverhalt ausgelöst werden ("tatbestandliche Rückanknüpfung"; vgl. [X.]-Beschlüsse in [X.]E 63, 343; in [X.]E 72, 200; in [X.]E 97, 67; vom 5. Februar 2002  2 BvR 305/93, 2 BvR 348/93, [X.]E 105, 17; vom 7. Juli 2010 2 BvL 14/02, 2 BvL 2/04, 2 BvL 13/05, [X.]E 127, 1). Sie ist grundsätzlich zulässig. Allerdings können sich aus dem Grundsatz des Vertrauensschutzes und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip Grenzen der Zulässigkeit ergeben. Diese Grenzen sind erst überschritten, wenn die vom Gesetzgeber angeordnete unechte Rückwirkung zur Erreichung des Gesetzeszwecks nicht geeignet oder erforderlich ist oder wenn die Bestandsinteressen der Betroffenen die Veränderungsgründe des Gesetzgebers überwiegen (ständige Rechtsprechung, z.B. [X.]-Beschluss vom 15. Oktober 1996  1 BvL 44/92, 1 BvL 48/92, [X.]E 95, 64; [X.]-Urteil in [X.]E 101, 239; [X.], Einstweilige Anordnung vom 18. Februar 2009  1 BvR 3076/08, [X.]E 122, 374).

b) Im Steuerrecht liegt eine unechte Rückwirkung vor, wenn der Gesetzgeber Normen mit Wirkung für den laufenden Veranlagungszeitraum ändert; denn nach § 38 der Abgabenordnung i.V.m. § 36 Abs. 1, § 25 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes bzw. § 30 Nr. 3 [X.] 2002 entsteht die Einkommensteuer bzw. Körperschaftsteuer erst mit dem Ablauf des Veranlagungszeitraums, d.h. des Kalenderjahres (vgl. [X.]-Beschlüsse in [X.]E 72, 200; in [X.]E 97, 67).

Sofern eine Steuerrechtsnorm nach diesen Grundsätzen unechte Rückwirkung entfaltet, gelten für deren Vereinbarkeit mit der Verfassung nach der neueren Rechtsprechung des [X.] im Verhältnis zu sonstigen Fällen unechter Rückwirkung gesteigerte Anforderungen (vgl. zuletzt [X.]-Beschluss vom 10. Oktober 2012  1 BvL 6/07, [X.], 2322, m.w.N.). Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass rückwirkende Regelungen innerhalb eines Veranlagungszeitraums, die danach der unechten Rückwirkung zugeordnet werden, in vielerlei Hinsicht den Fällen echter Rückwirkung nahe stehen. Allerdings ist auch in diesem Fall eine unechte Rückwirkung nicht grundsätzlich unzulässig (vgl. [X.]-Beschlüsse in [X.]E 127, 1; vom 7. Juli 2010  2 BvL 1/03, 2 BvL 57/06, 2 BvL 58/06, [X.]E 127, 31; vom 7. Juli 2010  2 BvR 748/05, 2 BvR 753/05, 2 BvR 1738/05, [X.]E 127, 61). Der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz geht aber insbesondere nicht so weit, den Regelungsadressaten vor jeder Enttäuschung zu bewahren (vgl. [X.]-Beschlüsse vom 8. März 1983  2 BvL 27/81, [X.]E 63, 312; vom 10. April 1984  2 BvL 19/82, [X.]E 67, 1; vom 30. September 1987  2 BvR 933/82, [X.]E 76, 256; [X.]-Urteil vom 10. Dezember 1985  2 BvL 18/83, [X.]E 71, 255). Soweit nicht besondere Momente der Schutzwürdigkeit hinzutreten, genießt die bloße allgemeine Erwartung, das geltende Recht werde zukünftig unverändert fortbestehen, keinen besonderen verfassungsrechtlichen Schutz (vgl. [X.]-Beschlüsse vom 17. Juli 1974  1 BvR 51/69, 1 BvR 160/69, 1 BvR 285/69, 1 BvL 16/72, 1 BvL 18/72, 1 BvL 26/72, [X.]E 38, 61; vom 31. Oktober 1984  1 BvR 35/82, 1 BvR 356/82, 1 BvR 794/82, [X.]E 68, 193; in [X.]E 105, 17; vom 5. November 2003  2 BvR 1243/03, [X.]E 109, 13; vom 8. Dezember 2009  2 BvR 758/07, [X.]E 125, 104).

c) Wenn der Gesetzgeber das Körperschaftsteuerrecht während des laufenden Veranlagungszeitraums umgestaltet und die Rechtsänderungen auf dessen Beginn bezieht, bedürfen die belastenden Wirkungen einer Enttäuschung schutzwürdigen Vertrauens deshalb stets einer hinreichenden Begründung nach den Maßstäben der Verhältnismäßigkeit. Hier muss der [X.] eine Enttäuschung seines Vertrauens in die alte Rechtslage nur hinnehmen, soweit dies aufgrund besonderer, gerade die Rückanknüpfung rechtfertigender öffentlicher Interessen unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist (vgl. [X.]-Beschlüsse in [X.]E 127, 1; in [X.]E 127, 31).

2. Nach diesen Maßstäben führt die Regelung des § 34 Abs. 9 Nr. 4 i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] 2002, nach der vororganschaftliche [X.] einer Organgesellschaft, deren Wirtschaftsjahr nach dem 31. Dezember 2003 endet, als Gewinnausschüttungen gelten und damit den allgemeinen körperschaftsteuerlichen Bestimmungen unterworfen werden, zu einer unechten Rückwirkung. Denn das [X.] ist am 15. Dezember 2004 verkündet worden, seine belastenden Rechtsfolgen (hier: Behandlung vororganschaftlicher [X.] als Gewinnausschüttungen) treten jedoch --unter Rückgriff auf einen bereits zuvor ins Werk gesetzten Sachverhalt (Verpflichtung zur Abführung des handelsbilanziellen Jahresüberschusses aufgrund eines [X.])-- erst im Zeitpunkt der Entstehung der Körperschaftsteuer für das Streitjahr, also am 31. Dezember 2004, ein.

Der ins Werk gesetzte Sachverhalt kann dabei nicht in der Mehrabführung selbst gesehen werden. § 14 Abs. 3 Satz 2 [X.] 2002 fingiert die Mehrabführung als in dem Zeitpunkt erfolgt, in dem das Wirtschaftsjahr der Organgesellschaft endet. Würde man auf diesen Zeitpunkt abstellen, läge dieser nach dem Zeitpunkt der Verkündung des [X.]es, mithin läge keine unechte Rückwirkung vor. Allerdings vermag im Rahmen der Beurteilung, ob eine unechte Rückwirkung vorliegt oder nicht, die gesetzliche Fiktion einer Gewinnausschüttung zum Ende eines Kalenderjahres nicht den einmal ins Werk gesetzten Sachverhalt zu fingieren. Die hier zu beurteilende Rechtslage unterscheidet sich in diesem Punkt vom [X.]surteil vom 6. März 2013 I R 10/11 ([X.]NV 2013, 1775, [X.], 157). Dort war über die rückwirkende Berücksichtigung von Gewinnminderungen aus [X.] zu befinden. Der [X.] hat dabei für die verfassungsrechtliche Beurteilung der streitigen Rechtsvorschriften nicht darauf abgestellt, wann die Umstände, die zu einer Wertminderung der Beteiligung geführt haben, erstmalig vorgelegen haben. Dies ergab sich allerdings unmittelbar aus der streitigen Rechtsnorm selbst, die auf den Zeitpunkt des [X.] als maßgeblichen Zeitpunkt für die Bewertung mit dem Teilwert abgestellt hat. Dadurch war allein von Relevanz, ob die den Teilwert mindernden Umstände am Bilanzstichtag vorgelegen haben oder nicht.

3. Damit genießen im Grundsatz vor dem [X.] getätigte Dispositionen der Klägerin Vertrauensschutz und eine Enttäuschung ihres Vertrauens in die alte Rechtslage ist nur hinzunehmen, soweit dies aufgrund besonderer, gerade die Rückanknüpfung rechtfertigender öffentlicher Interessen unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit gerechtfertigt ist. Allerdings sind Dispositionen umso weniger schutzwürdig, je größer der zeitliche Abstand zum letztlich ins Werk gesetzten Sachverhalt ist (vgl. [X.]-Beschluss in [X.]E 127, 31).

a) Die Verpflichtung der Klägerin als Organgesellschaft, das handelsbilanzielle Ergebnis an den Organträger abzuführen, ist jedenfalls für das Streitjahr nicht auf eine besondere Vertrauensdisposition zurückzuführen. Eine von der Organgesellschaft maßgeblich verantwortete [X.] ist zwar in dem Abschluss eines Beherrschungs- und [X.] im Jahr 1990 zu sehen. Der Abschluss eines entsprechenden Vertrages kann jedoch nicht dazu führen, dass jede Änderung in der steuerlichen Behandlung des zugerechneten Einkommens nach § 14 Abs. 1 [X.] 2002 aufgrund der 1990 getroffenen vertraglichen Dispositionen unmöglich wird. Ob eine [X.], die Vertrauensschutz begründen könnte, darin gesehen werden kann, dass die Klägerin ihre vertraglich bestehenden Kündigungsmöglichkeiten nicht wahrgenommen hat, kann offenbleiben.

b) Denn die Klägerin kann sich nach der Rechtsprechung des [X.] gleichwohl auf Vertrauensschutz berufen. Berechtigtes Vertrauen besteht für sie danach vorrangig im Hinblick auf die Gewährleistungsfunktion der Rechtsordnung (vgl. [X.]-Beschluss in [X.]E 127, 31).

aa) Bereits mit der Einbringung des Gesetzentwurfs durch die Bundesregierung in den [X.] am 13. August 2004, spätestens jedoch mit der Einbringung in den [X.] am 6. September 2004 sind die geplanten Gesetzesänderungen zur vororganschaftlichen Mehrabführung öffentlich geworden. Ab diesem Zeitpunkt sind mögliche zukünftige Gesetzesänderungen in konkreten Umrissen allgemein vorhersehbar. Deshalb konnte die Klägerin ab diesem Zeitpunkt nicht mehr darauf vertrauen, das gegenwärtig geltende Recht werde auch in Zukunft, insbesondere im Folgejahr, unverändert fortbestehen (vgl. zuletzt [X.]-Beschluss in [X.], 2322, m.w.N.). Ein schutzwürdiges Vertrauen in den Bestand der Steuerrechtslage für den davor liegenden Zeitraum wird allerdings durch diese Vorgänge im Gesetzgebungsverfahren nicht beseitigt.

bb) Um Vertrauensschutz gegen rückwirkende Gesetzesänderungen aus der Gewährleistungsfunktion des geltenden Rechts auslösen zu können, bedarf ein Geschäftsvorgang nach der Rechtsprechung des [X.] eines erkenn- und belegbaren gesteigerten Grades der Abgeschlossenheit (vgl. [X.]-Beschluss in [X.], 2322). Von einer derartigen Abgeschlossenheit des Vorgangs ist hier auszugehen. Die für die [X.] nach § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] 2002 maßgeblichen Sachverhalte, nämlich die Aufstockung der Werte des [X.] in der Steuerbilanz zum 31. Dezember 1990 und die darauf basierende unterschiedliche Entwicklung der handelsrechtlichen und steuerlichen Wertansätze sowie Begründung und Vollzug der steuerlichen Organschaft zwischen der Klägerin und der B-AG waren für das Streitjahr "definitiv". Für die Klägerin und die B-AG bestand keine zumutbare Möglichkeit mehr, die Wirkungen der steuerlichen Organschaft und damit die [X.] des § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] 2002 für das Streitjahr zu verhindern.

Eine ordentliche Kündigung des [X.] wäre gemäß dessen § 5 Abs. 1 mit einer Frist von drei Monaten zum Jahresende zulässig gewesen, hätte also die steuerlichen Wirkungen der Organschaft für das Streitjahr nicht mehr abwenden können. Eine einvernehmliche Aufhebung des [X.] durch die [X.] wäre entsprechend § 296 Abs. 1 Satz 1 AktG zum Ende des Geschäftsjahres der Klägerin, mithin ebenfalls erst zum Ende des [X.] möglich gewesen; eine rückwirkende Aufhebung war entsprechend § 296 Satz 3 AktG ausgeschlossen (vgl. [X.] in Schnitger/[X.], a.a.[X.], § 14 Rz. 544).

Ob die Schaffung des § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] 2002 die Klägerin berechtigt hätte, den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag im Verlauf des [X.] außerordentlich sofort --unterjährig-- mit der Folge zu kündigen, dass die Kündigung gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 3 [X.] 2002 steuerlich auf den Beginn des Wirtschaftsjahres der Klägerin [X.] hätte, wäre davon abhängig gewesen, ob die Einführung der [X.] als wichtiger Grund zur Kündigung i.S. von § 297 Abs. 1 Satz 1 AktG, einzustufen ist. Grundsätzlich ist es zwar denkbar, dass eine gravierende Änderung der steuerlichen Rahmenbedingungen einen wichtigen Grund zur Kündigung eines [X.] darstellen könnte (vgl. Gosch/[X.], [X.], 2. Aufl., § 14 Rz 262; [X.] in Schnitger/[X.], a.a.[X.], § 14 Rz 579). Der Klägerin war es jedoch im Zeitraum zwischen der Einbringung des Gesetzesvorhabens in den [X.] und den [X.] im August/September 2004 bzw. dem Gesetzesbeschluss des [X.]s vom 26. Oktober 2004 und dem Jahresende nicht zumutbar, den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag aus wichtigem Grund zu kündigen in der Hoffnung, die Finanzverwaltung und ggf. die Gerichte würden die Gesetzesänderung dereinst als hinreichend wichtigen Kündigungsgrund anerkennen. Auf diese Weise hätte für die Vertragsparteien eine geraume Zeit der Ungewissheit bestanden, während derer nicht sicher war, ob der Vertrag noch wirksam war oder nicht.

cc) Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die Klägerin nicht auf die bestehende Rechtslage habe vertrauen können, da bereits bei Abschluss des [X.] im Jahr 1990 in der Literatur umstritten gewesen sei, ob vororganschaftliche [X.] als [X.] oder als Gewinnausschüttungen zu behandeln seien. Die Vorinstanz hat insoweit unberücksichtigt gelassen, dass die Rechtslage seit dem [X.]surteil in [X.], 221, [X.], 49 geklärt war. Keine Rolle spielt in diesem Zusammenhang, dass die Finanzverwaltung sich zu diesem Urteil zunächst --weder positiv noch [X.] geäußert hatte. Es würde der Balance im System der Gewaltenteilung, der gegenüber anderen Gewalten geschuldeten Loyalität und damit letztlich dem Rechtsstaatsprinzip widerstreiten, wenn es die Finanzverwaltung dadurch, dass sie ein ihr missliebiges Urteil nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht, in der Hand hätte, Vertrauen des Bürgers in eine ständige Rechtsprechung a priori nicht entstehen zu lassen (vgl. [X.] vom 7. Dezember 2010 IX R 70/07, [X.], 121, [X.] 2011, 346). Im Übrigen hat sich das [X.] am 22. Dezember 2004 (im Schreiben in [X.], 65) darauf eingelassen, das [X.]surteil in [X.], 221, [X.], 49 für Wirtschaftsjahre, die vor dem 1. Januar 2004 enden, anzuwenden; auch von daher bestand für die Klägerin also keine Veranlassung, beizeiten tätig zu werden.

[X.]) Besondere Gründe, welche die nachträgliche Belastung vor dem 6. September 2004 eingegangener Verpflichtungen zur Abführung des handelsbilanziellen Jahresüberschusses aufgrund eines [X.] rechtfertigen könnten, sind nicht zu erkennen. Die allgemeinen Ziele der Umgestaltung des Steuerrechts und der Erhöhung des Steueraufkommens rechtfertigen die rückwirkende Steuerbelastung nach der Rechtsprechung des [X.] nicht (vgl. [X.]-Beschluss in [X.], 2322, m.w.N.).

Ein spürbarer [X.] oder Mitnahmeeffekt mit Blick auf die künftige steuerliche Behandlung vororganschaftlicher [X.] als Gewinnausschüttungen ließ sich durch die (unechte) Rückwirkung nicht verhindern. Auf Dauer wären wegen der bestehenden Kündigungsmöglichkeit der Ergebnisabführungsverträge auch bei ehemals gemeinnützigen Wohnungsbauunternehmen vororganschaftliche [X.] nicht als Gewinnausschüttungen zu erfassen gewesen.

Darüber hinaus ist nicht zu erkennen, dass das Ziel der rückwirkenden Regelung im Abbau zweckwidrig überschießender Vergünstigungseffekte zu sehen wäre. Der Gesetzesbegründung ist hierzu jedenfalls nichts zu entnehmen. Der [X.] hat Zweifel an der Dringlichkeit der Realisierung dieses Ziels, da der Gesetzgeber auf das [X.]surteil in [X.], 221, [X.], 49 erst nach zwei Jahren und erst auf die (verwaltungsinterne) Bitte der [X.] vom 18. März 2004 hin reagiert hat.

4. Eine verfassungskonforme Auslegung von § 34 Abs. 9 Nr. 4 i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] 2002 ist nicht möglich. Zum einen ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber angesichts des klaren Wortlauts von § 34 Abs. 9 Nr. 4 [X.] 2002 bewusst entschieden hat, die Neuregelung des § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] 2002 zu vororganschaftlichen [X.] erstmals für [X.] von Organgesellschaften anzuwenden, deren Wirtschaftsjahr nach dem 31. Dezember 2003 endet.

Dessen ungeachtet könnte nicht festgestellt werden, in welcher Weise der Gesetzgeber --hätte er die Verfassungswidrigkeit der Neuregelung erkannt-- diese beseitigt hätte. Zum einen hätte er bestimmen können, dass alle bis zum Zeitpunkt der Einbringung des Gesetzentwurfs in den [X.] wirksam abgeschlossenen Gewinnabführungsverträge nicht von der Neuregelung erfasst werden sollen. Der Gesetzgeber hätte aber auch darauf abstellen können, ab welchem Zeitpunkt bei einem vertragsgemäßen Verhalten eine Kündigungsmöglichkeit des Gewinnabführungsvertrages eröffnet wäre.

Zudem könnte eine Übergangsregelung gegen den ausdrücklichen Wortlaut und gegen den erkennbaren Willen des Gesetzgebers nur dann verfassungskonform ausgelegt werden, wenn es sich dabei um eine zu weit geratene --und damit verdeckt lückenhafte-- Überleitungsbestimmung handeln würde, die auch Sachverhaltskonstellationen erfasst, für die der Gesetzgeber --hätte er sie [X.] zur Vermeidung einer verfassungsrechtlich unzulässigen Rückwirkung eine besondere Anwendungsregelung getroffen hätte. Eine solche verdeckte Regelungslücke wäre im Wege der ergänzenden Rechtsfortbildung dadurch zu schließen, dass die verfassungsrechtlich erforderlichen Einschränkungen dem Gesetzeswortlaut hinzuzufügen sind (vgl. BFH-Urteile vom 12. Dezember 2000 VIII R 10/99, [X.], 135, [X.] 2001, 282; vom 25. März 2004 IV R 2/02, [X.], 21, [X.] 2004, 728; [X.]surteil vom 19. Oktober 2005 I R 34/04, [X.]NV 2006, 1099, jeweils zur echten Rückwirkung; sowie BFH-Urteile vom 14. Dezember 2006 III R 27/03, [X.], 442, [X.] 2007, 332; vom 23. März 2011 [X.], [X.], 404, [X.] 2011, 753; [X.]surteil vom 27. März 2012 I R 62/08, [X.], 543, [X.] 2012, 745, jeweils zur unechten Rückwirkung). Hierfür liegen dem [X.] allerdings ausweislich der Gesetzesmaterialien keine Anhaltspunkte vor.

5. Im Rahmen des anhängigen Revisionsverfahrens ist eine abschließende Sachentscheidung zu treffen. Ist die Regelung in § 34 Abs. 9 Nr. 4 i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] 2002 verfassungsgemäß, ist die Revision der Klägerin unbegründet. Hält es das [X.] hingegen für mit den Grundsätzen rechtsstaatlichen Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 3 GG) unvereinbar, dass § 34 Abs. 9 Nr. 4 [X.] 2002 die rückwirkende Anwendung von § 14 Abs. 3 [X.] 2002 auf [X.] einer Organgesellschaft, deren Wirtschaftsjahr nach dem 31. Dezember 2003 endet, vorsieht, hat die Revision Erfolg. Das dem [X.] vorgelegte [X.] ist damit entscheidungserheblich.

Meta

I R 38/11

06.06.2013

Bundesfinanzhof 1. Senat

Vorlagebeschluss

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 10. März 2011, Az: 6 K 338/07, Urteil

§ 13 Abs 3 S 1 KStG 2002 vom 09.12.2004, § 14 Abs 3 KStG 2002 vom 09.12.2004, § 34 Abs 9 Nr 4 KStG 2002 vom 09.12.2004, § 38 Abs 1 S 3 KStG 2002 vom 09.12.2004, § 38 Abs 2 KStG 2002 vom 09.12.2004, § 14 KStG 1996, § 14ff KStG 1996, § 27 KStG 1996, § 27 KStG 2002, Art 20 Abs 3 GG, Art 100 Abs 1 GG, § 80 Abs 2 S 1 BVerfGG, § 14 KStG 2002, § 14ff KStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Vorlagebeschluss vom 06.06.2013, Az. I R 38/11 (REWIS RS 2013, 5228)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 5228


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I R 38/11

Bundesfinanzhof, I R 38/11, 06.06.2013.


Az. 2 BvL 7/13, 2 BvL 18/14

Bundesverfassungsgericht, 2 BvL 7/13, 2 BvL 18/14, 14.12.2022.


Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

I R 36/13 (Bundesfinanzhof)

Vororganschaftlich verursachte Mehrabführungen als fiktive Gewinnausschüttungen: "Saldierungsverbot", Verstoß gegen das Rückwirkungsverbot - Vorzeitige Beendigung eines …


2 BvL 7/13, 2 BvL 18/14 (Bundesverfassungsgericht)

Körperschaftsteuerliche Regelungen zur Behandlung vororganschaftlicher Mehrabführungen gem § 34 Abs 9 Nr 4 KStG iVm …


I R 51/19 (Bundesfinanzhof)

(§ 14 Abs. 3 Satz 1 KStG umfasst keine außerorganschaftlichen Mehrabführungen)


I R 65/11 (Bundesfinanzhof)

(Verrechenbare Verluste der Organgesellschaft: kein passiver Ausgleichsposten für Mehrabführungen - kein EK-Charakter des aktiven Ausgleichspostens …


6 K 39/13 (FG München)

Steuerliches Einlagekonto einer Organgesellschaft: Ermittlung einer das Einlagenkonto mindernden Mehrabführung in organschaftlicher Zeit Korrektur der …


Referenzen
Wird zitiert von

2 BvL 7/13, 2 BvL 18/14

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.