Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.02.2022, Az. I R 51/19

1. Senat | REWIS RS 2022, 2771

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Gegenstand

(§ 14 Abs. 3 Satz 1 KStG umfasst keine außerorganschaftlichen Mehrabführungen)


Leitsatz

Das Tatbestandsmerkmal "vororganschaftlich" in § 14 Abs. 3 Satz 1 KStG ist nur in zeitlicher, nicht auch in sachlicher Hinsicht zu verstehen; außerorganschaftlich verursachte Mehrabführungen in organschaftlicher Zeit sind nicht erfasst (entgegen Rz Org.33 des sog. Umwandlungssteuererlasses 2011, BMF-Schreiben vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314).

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 10.09.2019 - 1 K 1418/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine börsennotierte Societas Europaea (SE) mit Sitz im Inland. Sie hält sämtliche Geschäftsanteile an der [X.]. Zwischen der Klägerin als herrschender Gesellschaft und der [X.] wurde mit Wirkung zum Wirtschaftsjahr 2007 ein Gewinnabführungsvertrag geschlossen. [X.] (Streitjahr) erwirtschaftete die [X.] einen von der Klägerin auszugleichenden Jahresfehlbetrag in Höhe von ... €.

2

Die [X.] war ihrerseits alleinige Gesellschafterin der GmbH 2 und der ... [X.] ([X.]). Zwischen der [X.] und ihren beiden Tochtergesellschaften bestanden keine Gewinnabführungsverträge.

3

Mit notariellem Vertrag vom 28.08.2008 wurde die GmbH 2 zum 01.03.2008 auf die [X.] verschmolzen. Der Verschmelzung lag die auf den 29.02.2008 erstellte Handelsbilanz der GmbH 2 zugrunde. Außerdem wurde die [X.] mit notariellem Vertrag vom 23.12.2008 zum 01.10.2008 auf die [X.] verschmolzen. Der Verschmelzung lag die auf den 30.09.2008 erstellte Handelsbilanz der [X.] zugrunde.

4

Sowohl die GmbH 2 als auch die [X.] beantragten, die bei der Verschmelzung übergehenden Wirtschaftsgüter in ihrer steuerlichen Schlussbilanz gemäß § 11 Abs. 2 des Umwandlungssteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (UmwStG 2006) mit dem Buchwert anzusetzen.

5

Die [X.] als übernehmende Körperschaft aktivierte die von der GmbH 2 und der [X.] auf sie übergegangenen Wirtschaftsgüter in ihrer Handelsbilanz zum 31.12.2008 unter Aufdeckung der stillen Reserven. Nach Vornahme der Abschreibung verblieben folgende Ansätze:

GmbH 2

                 

Software

... € 

        

Kundenstamm

... € 

        

Marke 

... € 

        

Firmenwert

... € 

        

Summe 

... € 

        
                          

[X.]    

                 

Software

... € 

        

Kundenstamm                           

... € 

        

Marke 

... € 

        

Firmenwert

... € 

        

Summe 

... € 

        

6

In der Steuerbilanz der [X.] zum 31.12.2008 wurden die betreffenden Wirtschaftsgüter hingegen gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 UmwStG 2006 jeweils mit 0 € angesetzt.

7

Die sich aus der Differenz zwischen dem handelsbilanziellen und dem steuerbilanziellen Ansatz ergebende Mehrabführung in Höhe von insgesamt ... € behandelte die Klägerin als organschaftlich i.S. von § 14 Abs. 4 des Körperschaftsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung ([X.]) und bildete in ihrer Steuerbilanz einen besonderen passiven [X.] in gleicher Höhe (§ 14 Abs. 4 Satz 1 [X.]). Bei der [X.] wurde das [X.] entsprechend gemindert (§ 27 Abs. 6 [X.]).

8

Im Rahmen einer Außenprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass es sich bei den durch die Verschmelzungen der GmbH 2 und der [X.] auf die [X.] und die damit verbundene Aufdeckung der stillen Reserven in der Handelsbilanz entstandenen Mehrabführungen nach Rz Org.33 des Schreibens des [X.] ([X.]) vom 11.11.2011 (sog. [X.] 2011, BStBl I 2011, 1314) um außer- bzw. vororganschaftlich verursachte Mehrabführungen handele, die als Gewinnausschüttungen an den Organträger zu behandeln seien. Die Bildung des besonderen passiven [X.]s wurde dementsprechend wieder rückgängig gemacht. Der Ansatz des zusätzlichen Beteiligungsertrags führte bei der Klägerin nach § 8b Abs. 1, 5 [X.] im Ergebnis zu einer Einkommenserhöhung in Höhe von ... € x 5 % = ... €. Dem folgte der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt --[X.]--) und erließ am 29.01.2016 für die Klägerin einen geänderten Körperschaftsteuerbescheid für 2008.

9

Der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage gab das [X.] ([X.]) [X.] mit in Entscheidungen der [X.]e (E[X.]) 2020, 61 veröffentlichtem Urteil statt. Das [X.] habe der Besteuerung der Klägerin zu Unrecht nach § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] Gewinnausschüttungen wegen vororganschaftlicher Mehrabführungen in Höhe von ... € zugrunde gelegt.

Dagegen wehrt sich das [X.] mit seiner Revision, die es auf die Verletzung von Bundesrecht stützt.

Das [X.] beantragt, das Urteil des [X.] [X.] vom 10.09.2019 - 1 K 1418/18 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat rechtsfehlerfrei dahin erkannt, dass bei der Besteuerung der Klägerin im Streitjahr keine Gewinnausschüttungen wegen vororganschaftlicher [X.] [X.] des § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] in Höhe von ... € anzusetzen waren.

1. Verpflichtet sich eine GmbH mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland (Organgesellschaft) durch einen Gewinnabführungsvertrag [X.] des § 291 Abs. 1 des Aktiengesetzes, ihren ganzen Gewinn an ein einziges anderes gewerbliches Unternehmen abzuführen, ist nach § 14 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 17 Satz 1 [X.] bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 14 Abs. 1 Satz 1 [X.] das Einkommen der Organgesellschaft dem Träger des Unternehmens (Organträger) zuzurechnen. Das Einkommen der Organgesellschaft unterliegt damit ausschließlich auf [X.] des [X.] der Besteuerung; die Abführung des Gewinns der Organgesellschaft an den Organträger bleibt hingegen ohne steuerliche Folgen. Nach § 14 Abs. 3 Satz 1 und 3 [X.] gelten allerdings [X.], die ihre Ursache in vor[X.] haben ([X.]), als Gewinnausschüttungen der Organgesellschaft an den Organträger zum Ende des [X.] der Organgesellschaft. [X.] von § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] unterliegen demzufolge der [X.]. Für [X.], die ihre Ursache in [X.] haben (sog. organschaftliche [X.]), ist in der Steuerbilanz des [X.] hingegen lediglich ein besonderer passiver [X.] in Höhe des Betrags zu bilden, der dem Verhältnis der Beteiligung des [X.] am [X.] der Organgesellschaft entspricht (§ 14 Abs. 4 Satz 1 [X.]) und der im [X.]punkt der Veräußerung der Organbeteiligung gewinnerhöhend aufzulösen ist (§ 14 Abs. 4 Satz 2 [X.]).

2. Gemäß § 14 Abs. 4 Satz 6 [X.] liegt eine [X.] im Sinne des Satzes 1 insbesondere dann vor, wenn der an den Organträger abgeführte Gewinn von dem [X.] der Organgesellschaft abweicht (diesen übersteigt) und diese Abweichung in [X.] verursacht ist. Zwar gilt die Regelung ihrem Wortlaut nach nur für organschaftliche [X.] nach § 14 Abs. 4 Satz 1 [X.]. Was unter einer [X.] [X.] von § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] zu verstehen ist, muss daher wegen fehlender klarer gesetzlicher Vorgaben durch Auslegung ermittelt werden. Der [X.] geht aber in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass der Begriff "[X.]" in § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] und in § 14 Abs. 4 Satz 1 [X.] inhaltlich deckungsgleich verwendet wird. Für eine [X.] [X.] von § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] genügt daher im Regelfall eine rechnerische Differenz zwischen (höherem) [X.]n Jahresüberschuss und (niedrigerem) [X.] der Organgesellschaft. Dabei können beide Werte auch als negative Werte verstanden werden, so dass eine "[X.]" ebenfalls eine [X.] darstellt ([X.]sbeschlüsse vom 06.06.2013 - I R 38/11, [X.], 530, [X.], 398; vom 27.11.2013 - I R 36/13, [X.], 108, [X.], 651). Nach diesen Grundsätzen liegt in der durch die unterschiedliche Bewertung der von der GmbH 2 und der AG übernommenen Wirtschaftsgüter bedingten Differenz zwischen [X.]m Jahresüberschuss und [X.] der [X.] eine [X.] in Höhe von ... €.

3. Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei der vorgenannten [X.] nicht um eine vororganschaftliche [X.] [X.] des § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.], sondern um eine organschaftliche [X.] [X.] des § 14 Abs. 4 Satz 1 [X.] handelt. Soweit das [X.] im [X.] an Rz Org.33 des BMF-Schreibens in [X.], 1314 meint, das in § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] enthaltene Tatbestandsmerkmal "vororganschaftlich" sei nicht nur in zeitlicher, sondern auch in sachlicher Hinsicht zu verstehen und erfasse auch eine sog. außerorganschaftliche Verursachung, so dass auch solche [X.] erfasst würden, die sich daraus ergäben, dass das Vermögen einer anderen Gesellschaft durch Umwandlung oder Einbringung auf eine Organgesellschaft übergehe und die übernehmende Organgesellschaft das auf sie übergehende Vermögen in der Steuerbilanz mit den Buchwerten, handelsrechtlich jedoch mit den Verkehrswerten ansetze, ist dem nicht zu folgen (ebenso Grube/[X.], [X.] --GmbHR-- 2005, 1172, 1177; [X.], [X.] --DStR-- 2009, 938, 942 f.; Meining, Betriebs-Berater --BB-- 2009, 1444, 1447 f.; [X.] in [X.]/[X.] [Hrsg.], [X.] Rechtsberatung, Festschrift für [X.], 2009, S. 485; [X.]/[X.], Die Unternehmensbesteuerung --[X.]-- 2012, 91, 95; [X.] und [X.], jeweils [X.] 2013, 549, 556; [X.], GmbHR 2020, 243, 244; [X.], Unternehmensteuern und Bilanzen --[X.]-- 2020, 653, 654 f.; Ronneberger, Neue Wirtschafts-Briefe --[X.]-- 2020, 1700, 1701; [X.]/Joisten in [X.]/[X.]/[X.], [X.], § 14 Rz 597 ff.; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., [X.]. 4, Rz 75; [X.]/[X.]/[X.], § 14 [X.] Rz 254; [X.] in Schnitger/[X.], [X.], 2. Aufl., § 14 Rz 1268; [X.] in [X.]/[X.]/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, [X.] [X.]. 1 Rz 64; [X.] in [X.]/Drüen, [X.]/[X.]/[X.], § 14 [X.] Rz 759; [X.] in [X.], [X.], 4. Aufl., § 14 Rz 528; wohl auch von Freeden in [X.], Steuerliche Organschaft, 2. Aufl., Rz 14.20; [X.], [X.] 2020, 1260, 1263; [X.], E[X.] 2020, 64).

a) Eine vororganschaftliche [X.] [X.] von § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] liegt vor, wenn die [X.] "ihre Ursache in vor[X.]" hat. Der Gesetzeswortlaut spricht insoweit eindeutig für ein rein zeitliches Verständnis, denn der Passus "Ursache in vor[X.]" kann sprachlich und in seinem Kontext nur so verstanden werden, dass die Ursache der [X.] zeitlich vor dem Wirksamwerden der Organschaft liegen muss (ebenso [X.], [X.], 217, 220; Grube/[X.]/[X.], GmbHR 2006, 1026, 1027; [X.], [X.] 2020, 653, 655; [X.], a.a.[X.]). Der Gesetzeswortlaut lässt eine Auslegung, wonach "vororganschaftlich verursacht" im Sinne von "außerhalb des konkreten [X.] verursacht" auszulegen ist (so aber [X.] in [X.]/Drüen, a.a.[X.], § 14 [X.] Rz 751, 759 f., 778; auch [X.] in [X.]/[X.]/Möhlenbrock, a.a.[X.], § 14 [X.] Rz 845), nicht zu (zutreffend [X.]/Joisten in [X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], § 14 Rz 599).

Hinsichtlich des [X.]punkts der Ursache der [X.] ist dabei mit dem [X.] auf den [X.]punkt abzustellen, in dem das Ereignis eintritt, auf dem der Unterschied zwischen der handelsrechtlichen Gewinnabführung und der Vermögensmehrung in der Steuerbilanz beruht. Der Geschäftsvorfall, auf den die Differenz zwischen [X.]m Jahresüberschuss und [X.] zurückgeht, muss demnach erstmalig in einer Handels- bzw. Steuerbilanz vor Wirksamwerden des [X.] zu bilanzieren gewesen sein ([X.] in [X.]/[X.]/Möhlenbrock, a.a.[X.], § 14 [X.] Rz 836). Die streitgegenständliche [X.] in Höhe von ... € beruht dabei nach den den [X.] bindenden (§ 118 Abs. 2 [X.]O) und vom [X.] auch nicht angegriffenen Feststellungen des [X.] auf der [X.]n Bewertung der im Zuge der Verschmelzungen auf die [X.] übergegangenen Wirtschaftsgüter mit den Anschaffungskosten [X.] von § 255 Abs. 1 des Handelsgesetzbuchs und dem dadurch bedingten Auseinanderfallen von [X.]m Jahresüberschuss und [X.]. Die Verschmelzungen und die Ausübung des Bewertungswahlrechts nach § 24 des Umwandlungsgesetzes ([X.]) sind im Streitjahr erfolgt; das Organschaftsverhältnis zwischen der [X.] und der Klägerin besteht hingegen bereits seit dem Wirtschaftsjahr 2007, so dass eine in zeitlicher Hinsicht vororganschaftlich verursachte [X.] nicht vorliegen kann. Auch eine außerorganschaftliche Verursachung wäre im Übrigen nicht gegeben, weil die besagte Differenz erst im Zusammenhang mit dem Übernahmegewinn (vgl. [X.], a.a.[X.]; Meining, BB 2009, 1444, 1447), damit erstmals bei der [X.] gerade nicht außerhalb des [X.]--, auftritt (vgl. [X.], [X.], 938, 943; [X.] in [X.]/[X.]/Möhlenbrock, a.a.[X.], [X.] [X.]. 1 Rz 64; [X.] in [X.]/Drüen, a.a.[X.], § 14 [X.] Rz 1002).

b) Für die vorgenannte Auslegung spricht auch der Zweck des § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.], Gewinne, die bei der Organgesellschaft bereits vor Begründung des [X.] besteuert wurden, handelsrechtlich aber erst nach der Begründung des [X.] entstehen und an den Organträger abgeführt werden, der [X.] beim Organträger zuzuführen (vgl. [X.]/Joisten in [X.]/[X.]/[X.], a.a.[X.], § 14 Rz 601). Da eine vororganschaftliche [X.] dann vorliegt, wenn der [X.] Jahresüberschuss den [X.] der Organgesellschaft übersteigt, tritt sie als Folgewirkung einer entsprechenden (umgekehrten) Bestandsdifferenz zwischen Handels- und Steuerbilanz in vor[X.] ein. An einer solchen Folgewirkung fehlt es jedoch, wenn die [X.] daraus resultiert, dass die Organgesellschaft das im Rahmen einer Umwandlung übernommene Vermögen nach § 24 [X.] --abweichend vom steuerbilanziellen Ansatz der [X.] mit den Anschaffungskosten bewertet. Soweit diese [X.] Wertaufstockung (sog. step-up) auf abschreibungsfähige Wirtschaftsgüter entfällt, führt sie vielmehr dazu, dass in den Jahren nach der Verschmelzung handelsrechtlich ein höheres Abschreibungspotential besteht und sich infolgedessen als Umkehreffekt des [X.] im Vergleich zu den [X.] steuerliche [X.] und damit Minderabführungen einstellen ([X.], [X.], 938, 943; Grube/[X.], GmbHR 2005, 1172, 1177; Meining, BB 2009, 1444, 1448; s.a. [X.], a.a.[X.]). Soweit das [X.] demgegenüber meint, die zur [X.] führende Bewertungsdifferenz zwischen Handelsbilanz und Steuerbilanz sei insofern "in vor[X.]" verursacht, als sie auf stillen Reserven beruhe, die bereits bei der übertragenden Gesellschaft und damit außerhalb des [X.] entstanden seien, ist dem mit dem [X.] entgegenzuhalten, dass die bloße Existenz von stillen Reserven, die sich weder handels- noch steuerbilanziell bei der übertragenden Gesellschaft ausgewirkt haben, keine der [X.] zugrundeliegende Ursache [X.] von § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] darstellen kann. Da eine [X.] aus der Differenz zwischen (höherem) [X.]m Jahresüberschuss und (niedrigerem) [X.] der Organgesellschaft resultiert, setzt eine solche Ursache vielmehr eine "umgekehrte" Differenz bei der übertragenden Gesellschaft, also ein Abweichen von (niedrigerem) [X.]n Jahresüberschuss und (höherem) [X.] "in vor[X.]", voraus. Anderenfalls würde der Zweck des § 14 Abs. 3 Satz 1 [X.] verfehlt, Gewinne, die in [X.] an den Organträger abgeführt werden, aber bereits in vor[X.] der Besteuerung unterlagen, der [X.] beim Organträger zuzuführen (ähnlich [X.]/[X.], [X.] 2012, 91, 95).

c) Nichts anderes ergibt sich aus den Gesetzesmaterialien. Denn ihnen lässt sich die Überlegung gerade nicht entnehmen, dass [X.], deren Ursache außerhalb des [X.] liegt, solchen [X.], die in vor[X.] verursacht sind, gleichgestellt werden sollten ([X.], [X.] 2020, 218, 219). Vielmehr führt die Begründung des Gesetzentwurfs (BTDrucks 15/3677, S. 36) aus, dass solche steuerlich relevanten Sachverhalte, die "vor der steuerlichen Wirksamkeit der Organschaft verwirklicht worden sind" und in [X.] zu Mehr- oder Minderabführungen führen, nach den allgemeinen Bestimmungen zu behandeln seien. Soweit weiter ausgeführt wird, die Neuregelung des § 14 Abs. 3 [X.] schreibe "die Verwaltungsauffassung gesetzlich fest", bezieht sich dies erkennbar auf R 59 Abs. 4 der [X.] ([X.]) 1995, wonach die Bildung besonderer [X.] beim Organträger nur dann unterbleiben sollte, wenn der Unterschied zwischen abgeführtem Gewinn und [X.] der Organgesellschaft eine "Folgewirkung von Geschäftsvorfällen aus der vorvertraglichen [X.]" war (R 59 Abs. 4 Satz 1 [X.] 1995). An einer solchen Folgewirkung fehlt es im Streitfall. Auch fehlte es bezogen auf R 59 Abs. 4 [X.] 1995 bereits an einer erkennbaren durchgängigen Dogmatik zur außerorganschaftlichen Verursachung ([X.], a.a.[X.]).

d) Es liegt auch keine Regelungslücke vor, die im Wege richterlicher Rechtsfortbildung zu schließen wäre. § 14 Abs. 3 Satz 1 und Abs. 4 Satz 1 [X.] differenzieren [X.] allein danach, ob sie "in vor[X.]" oder "in [X.]" verursacht sind. Nach dieser Systematik wird ausnahmslos jede [X.] von einer der beiden Bestimmungen erfasst und ist eine eigene Kategorie von "außerorganschaftlich" verursachten [X.] weder im Gesetz angelegt noch erforderlich.

4. [X.] folgt aus § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

I R 51/19

21.02.2022

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz, 10. September 2019, Az: 1 K 1418/18, Urteil

§ 14 Abs 3 S 1 KStG 2002, § 14 Abs 4 KStG 2002, Tziff Org.33 AEUmwStG 2006, KStG VZ 2008

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 21.02.2022, Az. I R 51/19 (REWIS RS 2022, 2771)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 2771

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