Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 31.08.2015, Az. 2 B 61/14

2. Senat | REWIS RS 2015, 6057

© Bundesverwaltungsgericht, Foto: Michael Moser

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Keine Pflicht zur Belehrung über die vor dem OVG zur Vertretung befugten Personen; § 232 ZPO findet im Verwaltungsprozess keine Anwendung


Leitsatz

1. Die Rechtsmittelbelehrung eines verwaltungsgerichtlichen Urteils ist nicht deshalb fehlerhaft i.S.v. § 58 Abs. 2 VwGO, weil sie im Hinblick auf den Vertretungszwang vor dem Oberverwaltungsgericht nicht ausdrücklich die zur Vertretung befugten Personen benennt, sondern insoweit allein auf die gesetzliche Regelung in § 67 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO verweist (im Anschluss an BVerwG, Beschluss vom 27. August 1997 - 1 B 145.97 - Buchholz 310 § 58 VwGO Nr. 67 S. 5 f.).

2. Die im Zivilprozess geltende Regelung über die Belehrung über den Anwaltszwang (§ 232 ZPO in der Fassung des Gesetzes vom 5. Dezember 2012, BGBl. I S. 2418) findet mit Blick auf den abschließenden Charakter von § 58 Abs. 1 VwGO und die differenzierte Vertretungsmöglichkeit gemäß § 67 Abs. 4 Satz 3 ff. VwGO im Verwaltungsprozess keine Anwendung.

Gründe

1

Die auf Verfahrensfehler (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO und § 67 Satz 1 [X.] NRW) gestützte [X.]eschwerde des [X.]n gegen die Nichtzulassung der Revision ist unbegründet.

2

1. Der 1960 geborene [X.] steht seit 1977 im Polizeidienst des Klägers. Seit 1987 ist er [X.]eamter auf Lebenszeit, seit 1999 im [X.] ([X.] 9 [X.]). Auf die Disziplinarklage des Klägers hin hat das Verwaltungsgericht den [X.]n aus dem Dienst entfernt. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht ist [X.] aus [X.] unter der [X.]ezeichnung "[X.]" als Prozessbevollmächtigter des [X.]n aufgetreten. Dem hat eine vom [X.]n erteilte Vollmacht zu Grunde gelegen. In dem Text zur [X.]evollmächtigung heißt es u.a.: "[X.] liegt hiermit auch vor." Das Urteil des [X.] ist [X.] ausweislich der [X.] am 5. Februar 2014 im Wege der [X.] durch Niederlegung zugestellt worden. Am 4. März 2014 hat Herr S. beim Verwaltungsgericht [X.]erufung eingelegt und diese am 14. März 2014 begründet. Am 1. April 2014 hat sich der jetzige Prozessbevollmächtigte des [X.]n, ein Rechtsanwalt, bestellt. Am 7. April 2014 hat dieser gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil [X.]erufung eingelegt und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bezüglich der Versäumung der [X.]erufungsfrist und der Versäumung der Frist zur [X.]egründung der [X.]erufung beantragt. Die [X.]erufung hat er am 28. April 2014 begründet.

3

Das Oberverwaltungsgericht hat die [X.]erufung als unzulässig verworfen. Zur [X.]egründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Das Urteil des [X.] sei dem damaligen Prozessbevollmächtigten des [X.]n am 5. Februar 2014 wirksam zugestellt worden (§ 181 ZPO, § 56 Abs. 2 VwGO, § 3 Abs. 1 [X.] NRW). Dieser sei tauglicher Zustellungsadressat gewesen, weil er jedenfalls nicht vom Verwaltungsgericht als [X.]evollmächtigter förmlich nach § 67 Abs. 3 Satz 1 VwGO, § 3 Abs. 1 [X.] NRW zurückgewiesen worden sei. Mit der Zustellung am 5. Februar 2014 habe die [X.]erufungsfrist (§ 64 Abs. 1 Satz 2 [X.] NRW) zu laufen begonnen. Die Rechtsmittelbelehrung im Urteil des [X.] sei nicht zu beanstanden, auch wenn darin hinsichtlich der im [X.]erufungsverfahren zugelassenen [X.]evollmächtigten lediglich auf die Gesetzeslage verwiesen worden sei. Die [X.]elehrung sei weder unrichtig noch unzureichend noch irreführend. Die darin enthaltene Aufzählung der zugelassenen [X.]evollmächtigten entspreche der Gesetzeslage. Es sei auch nicht fehlerhaft, dass hinsichtlich des vertretungsbefugten Personenkreises nur auf die einschlägige Norm verwiesen worden sei, ohne diese im Einzelnen wiederzugeben. § 58 Abs. 1 VwGO, § 3 Abs. 1 [X.] NRW verlangten überhaupt keine [X.]elehrung über den [X.]. Ein Rückgriff nach § 173 Satz 1 VwGO auf § 232 ZPO, welcher nunmehr in der neuen Fassung auch eine [X.]elehrung über die bei Rechtsmitteln einzuhaltende Form enthalte, sei im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht angezeigt. Die am 4. März 2014 an sich fristgerecht eingelegte [X.]erufung habe mangels Postulationsfähigkeit des früheren Prozessbevollmächtigten des [X.]n nicht zu einer wirksamen Einlegung der [X.]erufung geführt. Die erst am 7. April 2014 durch den aktuellen Prozessbevollmächtigten des [X.]n, einen Rechtsanwalt, eingelegte [X.]erufung sei verfristet. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht zu gewähren. Der [X.] habe die Frist nicht ohne Verschulden versäumt. Soweit er sich auf eine fehlerhafte [X.]eratung durch den früheren Prozessbevollmächtigten berufe, sei ihm dessen Verschulden zuzurechnen. Zwar habe das Verwaltungsgericht davon abgesehen, den nicht zu dem vertretungsbefugten Personenkreis nach § 67 Abs. 2 VwGO zählenden früheren Prozessbevollmächtigten des [X.]n gemäß § 67 Abs. 3 Satz 1 VwGO zurückzuweisen. Daraus ergebe sich jedoch nichts für die maßgebliche Postulationsfähigkeit im [X.]erufungsverfahren. Abgesehen davon sei die [X.]erufung auch deshalb unzulässig, weil der [X.] die parallel zur [X.]erufungsfrist laufende Monatsfrist zur [X.]erufungsbegründung ebenfalls nicht eingehalten habe.

4

2. Die vom [X.]n geltend gemachten Verfahrensfehler liegen nicht vor (§ 67 Satz 1, § 3 Abs. 1 [X.] NRW i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

5

a) Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass innerhalb der Monatsfrist des § 64 Abs. 1 Satz 2 [X.] NRW eine wirksame [X.]erufung weder eingelegt noch begründet worden ist. Mit der Zustellung des verwaltungsgerichtlichen Urteils am 5. Februar 2014 hat die Monatsfrist zu laufen begonnen. Diese Frist endete gemäß § 57 Abs. 1 und 2 VwGO, § 3 Abs. 1 [X.] NRW, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 2 und § 188 Abs. 2 [X.]G[X.] mit Ablauf des 5. März 2014. Innerhalb dieser Frist hat der [X.] nach den Feststellungen des [X.] nur durch seinen [X.]evollmächtigten, [X.], am 4. März 2014 [X.]erufung beim Verwaltungsgericht eingelegt. Die [X.]egründung der [X.]erufung erfolgte erst nach Ablauf der Frist am 14. März 2014. Die Einlegung der [X.]erufung durch [X.] war mangels Postulationsfähigkeit gemäß § 67 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO, § 3 Abs. 1 [X.] NRW nicht wirksam.

6

Es ist auch nicht von der Jahresfrist des § 58 Abs. 2 VwGO, § 3 Abs. 1 [X.] NRW auszugehen gewesen. Anders als vom [X.]n angenommen ist die Rechtsmittelbelehrung im verwaltungsgerichtlichen Urteil nicht fehlerhaft.

7

Die hier streitbefangene Passage der Rechtsmittelbelehrung im verwaltungsgerichtlichen Urteil lautet:

"Im [X.]erufungsverfahren muss sich jeder [X.]eteiligte durch einen [X.]evollmächtigten vertreten lassen. Als [X.]evollmächtigter sind nur die in § 67 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen sowie diesen gleichgestellte Personen zugelassen. [X.]ehörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene [X.]eschäftigte mit [X.]efähigung zum Richteramt oder durch [X.]eschäftigte mit [X.]efähigung zum Richteramt anderer [X.]ehörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ein [X.]eteiligter, der nach Maßgabe von § 67 Abs. 4 Satz 3 und 7 VwGO zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren eingeleitet wird."

8

Eine Rechtsmittelbelehrung ist dann im Sinne des § 58 Abs. 2 VwGO fehlerhaft, wenn sie die in § 58 Abs. 1 VwGO zwingend erforderlichen Angaben nicht enthält, diese unrichtig wiedergibt oder wenn sie geeignet ist, bei dem [X.]etroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in [X.]etracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen ([X.]VerwG, Urteil vom 21. März 2002 - 4 [X.] 2.01 - [X.] 310 § 58 VwGO Nr. 83 S. 16 m.w.[X.]). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Rechtsmittelbelehrung im verwaltungsgerichtlichen Urteil ist insbesondere nicht dadurch fehlerhaft, dass sie im Hinblick auf den [X.] vor dem Oberverwaltungsgericht nicht ausdrücklich die zur Vertretung befugten Personen benennt, sondern insoweit allein auf die gesetzliche Regelung verweist. In der Rechtsprechung des [X.] ist geklärt, dass eine Rechtsmittelbelehrung nicht über den gesetzlichen [X.] belehren muss ([X.]VerwG, [X.]eschlüsse vom 27. August 1997 - 1 [X.] 145.97 - [X.] 310 § 58 VwGO Nr. 67 S. 5, vom 24. Oktober 2012 - 1 [X.] 23.12 - [X.] 310 § 58 VwGO Nr. 90 Rn. 5 und vom 7. November 2014 - 2 [X.] 45.14 - [X.] 310 § 58 VwGO Nr. 91 Rn. 10 jeweils m.w.[X.]). § 58 Abs. 1 VwGO schreibt insoweit allein eine [X.]elehrung über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei dem der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist vor. Weitere Inhalte der Rechtsbehelfsbelehrung sind nicht vorgeschrieben. Insbesondere ist es nicht notwendig, in der Rechtsmittelbelehrung darüber aufzuklären, welche Personen genau den gesetzlichen [X.] erfüllen.

9

Ein solches Erfordernis ergibt sich entgegen dem Vorbringen des [X.]n auch nicht aus § 232 ZPO n.F. i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO. § 58 Abs. 1 VwGO bildet insoweit eine abschließende Regelung, die einer Ergänzung durch § 232 ZPO nicht zugänglich ist. Gemäß § 232 ZPO in der Fassung des Gesetzes vom 5. Dezember 2012 ([X.]G[X.]l. [X.]) hat jede anfechtbare Entscheidung eine [X.]elehrung über das statthafte Rechtsmittel und - soweit hier von [X.]edeutung - über die einzuhaltende Form und Frist zu enthalten. In der Auslegung durch die [X.]undesregierung in der [X.]egründung des dem Gesetz zu Grunde liegenden Gesetzentwurfs umfasst die vorgeschriebene [X.]elehrung über die Form des Rechtsbehelfs auch einen Hinweis auf einen bestehenden Anwaltszwang ([X.]T-Drs. 17/10490 S. 13). Die Regelung ist in Reaktion auf den [X.]eschluss des [X.]undesgerichtshofs vom 26. März 2009 - V Z[X.] 174/08 - ([X.]GHZ 180, 199) sowie auf den [X.]eschluss der 81. Justizministerkonferenz vom 23./24. Juni 2010, eine Rechtsbehelfsbelehrung in das zivilgerichtliche und zwangsvollstreckungsrechtliche Verfahren einzuführen, getroffen worden ([X.]T-Drs. 17/1049012 S. 11). Sie betrifft allein das zivilprozessuale Verfahren. Die Justizministerkonferenz führte zur [X.]egründung ihrer Initiative [X.] zu anderen Verfahrensordnungen an, die bereits Regelungen über Rechtsbehelfsbelehrungen enthalten. Die Einführung von § 232 ZPO diente der Umsetzung dieses [X.]eschlusses der Justizministerkonferenz ([X.]T-Drs. 17/10490 S. 11). Mit der Einführung der Rechtsbehelfsbelehrung durch § 232 ZPO wurde ein Defizit der Zivilprozessordnung ausgeglichen. Es wurde keine Regelung über andere Verfahrensordnungen getroffen. § 58 Abs. 1 VwGO wurde nicht angepasst und gilt daher mit unverändertem Inhalt fort. Das folgt schließlich auch daraus, dass § 232 ZPO im Verständnis der amtlichen [X.]egründung allein den Anwaltszwang zum Inhalt der Rechtsmittelbelehrung erhebt. Die Regelung in § 67 Abs. 4 Satz 3 ff. VwGO enthält aber eine wesentlich differenzierte Möglichkeit der Vertretung, die längst nicht auf Rechtsanwälte beschränkt ist.

Die Rechtsmittelbelehrung ist auch nicht unrichtig. Sie gibt die Gesetzeslage treffend wieder. Sie wird entgegen dem Vorbringen durch den [X.]n nicht dadurch unrichtig, dass das Oberverwaltungsgericht in seiner eigenen Rechtsmittelbelehrung die zur Vertretung befugten Personen und Organisationen benennt. Denn in beiden Fällen handelt es sich um freiwillige Angaben des Gerichts, die nur nicht falsch und nicht irreführend sein dürfen, was wie gezeigt, hier nicht der Fall ist.

Die angegriffene Passage der Rechtsmittelbelehrung ist zudem nicht irreführend. Anders als vom [X.]n dargestellt, ist es nicht irreführend, dass im Hinblick auf den [X.] die zur Vertretung berechtigten Personen bzw. [X.]erufsgruppen nicht ausdrücklich genannt werden. Durch die gewählte Formulierung wird der Adressat der Rechtsmittelbelehrung nicht davon abgehalten, den richtigen Rechtsbehelf überhaupt, in der richtigen Frist und in der richtigen Form einzulegen. Allein dadurch, dass die angegriffene Rechtsmittelbelehrung darauf hinweist, dass in bestimmten, im Einzelnen benannten gesetzlichen Vorschriften Personen und Organisationen benannt sind, die zur Vertretung berechtigt sind, muss auch dem juristischen Laien klar sein, dass der zur Vertretung berechtigte Personenkreis durch Lektüre dieser Vorschriften ermittelt werden kann. Wegen dieses eindeutigen Verweises auf den Inhalt von Rechtsvorschriften kann er sich auch nicht darauf verlassen, dass in der Rechtsmittelbelehrung sämtliche von ihm zu beachtende Voraussetzungen für die Einlegung des Rechtsmittels genannt werden. Die angegriffene Rechtsmittelbelehrung erweckt wegen dieses Verweises gerade nicht den Eindruck, alle zu erfüllenden Anforderungen vollständig aufgelistet zu haben (vgl. hierzu [X.]VerwG, Urteil vom 21. März 2002 - 4 [X.] 2.01 - [X.] 310 § 58 VwGO Nr. 83 S. 16). Traut der Rechtsmittelführer sich nicht zu, die in der Rechtsmittelbelehrung genannten Vorschriften aufzufinden oder ihren Inhalt hinreichend zu verstehen, ist es ihm zumutbar, diesbezüglich juristischen Rat einzuholen (vgl. [X.]VerwG, [X.]eschluss vom 7. Oktober 2009 - 9 [X.] 83.09 - [X.] 310 § 60 VwGO Nr. 266 Rn. 3 m.w.[X.]).

Auch der letzte Satz der Rechtsmittelbelehrung, in dem darauf hingewiesen wird, dass "dies" auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren eingeleitet wird, gelte, ist nicht irreführend und hindert nicht die rechtzeitige, formgerechte Einlegung der [X.]erufung. Dieser Satz ist allein so zu verstehen, dass der im gesamten Absatz beschriebene [X.] nicht nur für die Durchführung der Verfahren, sondern schon bei der Einlegung des Rechtsbehelfs, hier also bei der Einlegung der [X.]erufung, gilt. Der [X.] will diesen Satz gleichwohl so verstanden wissen, dass er sich nur auf den unmittelbar davor stehenden Satz und nicht auf den gesamten Absatz bezieht. In dem unmittelbar davor stehenden Satz wird erläutert, dass ein [X.]eteiligter, der nach Maßgabe von § 67 Abs. 4 S. 3 und 7 VwGO zur Vertretung berechtigt ist, sich selbst vertreten kann. [X.]ezöge sich der letzte Satz der Rechtsmittelbelehrung nur auf diesen Satz, ergäbe er nach den Gesetzen der Denklogik keinen Sinn. Auch der juristische Laie darf der gerichtlichen Rechtsmittelbelehrung aber keine Sinnlosigkeit unterstellen; er hat vielmehr ein Verständnis des Textes zu wählen, das Sinn ergibt. [X.]ei dem vom [X.]n gewählten Verständnis des letzten Satzes der Rechtsmittelbelehrung bestünde außerhalb der Fälle der Selbstvertretung kein [X.] bei der Einleitung von Verfahren. Wenn dies so wäre, machte es aber keinen Sinn, die Möglichkeit der Selbstvertretung auch auf die Einleitung des Verfahrens zu erstrecken; denn für die Einleitung von Verfahren bestünde ja gerade kein [X.].

Auch das vom [X.]n unterbreitete Verständnis der Rechtsmittelbelehrung, diese beschreibe einen [X.] allein für [X.]ehörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts, ist nicht nachvollziehbar und zeigt kein irreführendes Element der Rechtsmittelbelehrung auf. In Satz 1 des zitierten Absatzes heißt es ausdrücklich, dass sich "jeder [X.]eteiligte" vertreten lassen muss. Allein Satz 3 dieses Absatzes befasst sich mit [X.]ehörden und juristischen Personen des öffentlichen Rechts. Dies ist vom Wortlaut her eindeutig.

Es ist auch nicht irreführend, dass der [X.]egriff der Unzulässigkeit in der angegriffenen Passage der Rechtsmittelbelehrung fehlt. Insoweit genügt es, dass das Verwaltungsgericht mit dem Wort "muss" eine eindeutige Verpflichtung, sich vertreten zu lassen, formuliert hat.

Ein irreführender [X.]harakter der Rechtsmittelbelehrung lässt sich schließlich nicht damit darlegen, dass der [X.] durch seinen Prozessbevollmächtigten eine Vielzahl von unzutreffenden Auslegungsmöglichkeiten ihres Wortlauts vorbringt, die - wie aufgezeigt - allesamt nicht tragfähig sind.

b) Ein Verfahrensfehler besteht auch nicht darin, dass das Oberverwaltungsgericht dem [X.]n keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 Abs. 1 VwGO, § 3 Abs. 1 [X.] NRW) betreffend die Frist zur Einlegung und [X.]egründung der [X.]erufung gewährt hat. Die [X.] des [X.]n beziehen sich im Wesentlichen darauf, dass das Oberverwaltungsgericht zu Unrecht von einer Zurechnung des Verschuldens des früheren [X.]evollmächtigten des [X.]n ausgegangen sei. Dem Argument des [X.], aus § 85 Abs. 2 ZPO folge, dass auch das Verschulden des nicht anwaltlichen Vertreters dem Vertretenen zuzurechnen sei, hält der [X.] allein entgegen, dass dessen Verschulden von dem Fehler des [X.], den nicht vertretungsbefugten Prozessbevollmächtigten des [X.]n nicht gemäß § 67 Abs. 3 Satz 1 VwGO, § 3 Abs. 1 [X.] NRW zurückgewiesen zu haben, überlagert werde. Insoweit fehlt es schon an hinreichenden Darlegungen, dass das Verwaltungsgericht die fehlende Vertretungsbefugnis des früheren [X.]evollmächtigten des [X.]n hätte erkennen müssen. Im Übrigen kommt § 67 Abs. 3 Satz 1 VwGO keine Schutzfunktion im Hinblick auf den vertretenen [X.]eteiligten zu. Primär geht es bei dieser Regelung darum, die geschäftsmäßige Prozessvertretung außerhalb der Rechtsanwaltschaft zu begrenzen bzw. auszuschließen (vgl. [X.]T-Drs. 16/3655 [X.]). Konsequenterweise kann sich der so Vertretene nicht auf eine fehlende Zurückweisung im Rechtsmittelverfahren berufen ([X.]T-Drs. 16/3655 [X.] zu § 79 Abs. 3 ZPO). Systematisch ist der Schutz des Vertretenen vielmehr in § 67 Abs. 3 Satz 3 VwGO angelegt. Nach dieser Vorschrift kann ein an sich Vertretungsberechtigter vom Gericht zurückgewiesen werden, wenn er nicht in der Lage ist, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen. Die Fachkompetenz des früheren Prozessbevollmächtigten des [X.]n zieht dieser jedoch nicht in Frage, sondern betont auf S. 12 der [X.]eschwerdebegründung, er habe auf Grund dessen großer Erfahrung als "[X.]" darauf vertrauen dürfen, durch ihn fachkundig beraten zu werden.

Soweit der [X.] darüber hinaus ein mangelndes Verschulden damit begründet, dass die Rechtsmittelbelehrung falsch gewesen sei, gelten die Ausführungen zu (a) entsprechend. Weitere Darlegungen bezüglich des Verschuldens des [X.]n und der Zurechnung des Verschuldens des früheren Prozessbevollmächtigten des [X.]n enthält die [X.]eschwerde nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO und § 74 Abs. 1 [X.] NRW. Einer Festsetzung des Streitwerts für das [X.]eschwerdeverfahren bedarf es nicht, weil die Gerichtskosten gesetzlich [X.] festgesetzt sind (§ 75 Satz 1 [X.] NRW, [X.] und 62 Gebührenverzeichnis zum [X.] NRW).

Meta

2 B 61/14

31.08.2015

Bundesverwaltungsgericht 2. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 19. Mai 2014, Az: 3d A 583/14.O, Beschluss

§ 3 Abs 1 DG NW, § 67 S 1 DG NW, § 132 Abs 2 Nr 3 VwGO, § 173 S 1 VwGO, § 58 Abs 1 VwGO, § 60 Abs 1 VwGO, § 67 Abs 2 S 1 VwGO, § 67 Abs 2 S 2 Nr 3 VwGO, § 67 Abs 2 S 2 Nr 4 VwGO, § 67 Abs 2 S 2 Nr 5 VwGO, § 67 Abs 2 S 2 Nr 6 VwGO, § 67 Abs 2 S 2 Nr 7 VwGO, § 67 Abs 3 S 1 VwGO, § 67 Abs 4 S 3 VwGO, § 232 ZPO vom 05.12.2012, § 85 Abs 2 ZPO, § 58 Abs 2 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 31.08.2015, Az. 2 B 61/14 (REWIS RS 2015, 6057)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 6057

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 B 45/14 (Bundesverwaltungsgericht)

Zum notwendigen Inhalt der Rechtsmittelbelehrung eines Berufungsurteils


2 B 36/19 (Bundesverwaltungsgericht)

Erfolglose Beschwerde wegen unrichtiger und irreführender Angaben in der Rechtsmittelbelehrung


2 B 24/17 (Bundesverwaltungsgericht)

Erfolglose Beschwerde gegen die disziplinare Ahndung eines Sozialleistungsbetrugs; Bindungswirkung strafgerichtlicher Feststellungen für das Disziplinarverfahren


3 PKH 5/15, 3 PKH 5/15 (3 B 64/15) (Bundesverwaltungsgericht)

Rechtsbehelfsbelehrung mit irreführendem Zusatz


6 B 48/09 (Bundesverwaltungsgericht)

Urteilsberichtigung; Ingangsetzen einer neuen Rechtsmittelfrist


Referenzen
Wird zitiert von

11 K 6685/16

3 A 324/16

8 ZB 18.30347

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.