Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 03.03.2016, Az. 3 PKH 5/15, 3 PKH 5/15 (3 B 64/15)

3. Senat | REWIS RS 2016, 15117

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Gegenstand

Rechtsbehelfsbelehrung mit irreführendem Zusatz


Gründe

1

Der Klägerin kann Prozesskostenhilfe nicht bewilligt und ein Rechtsanwalt nicht beigeordnet werden, weil die Beschwerde BVerwG 3 [X.] keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 Abs. 1 Satz 1, § 121 Abs. 1 ZPO; § 173 VwGO i.V.m. § 78b Abs. 1 Satz 1 ZPO).

2

Die Klägerin begehrt die Aufhebung ihrer Entlassung aus dem Schuldienst im Wege der verwaltungsrechtlichen Rehabilitierung. Der Beklagte, der die Klägerin bereits wegen der Entlassung beruflich rehabilitiert hatte, lehnte die Rehabilitierung nach dem [X.] ([X.]) mit Bescheid vom 18. April 2011 ab. Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage mit Urteil vom 11. September 2014, zugestellt am 24. September 2014, abgewiesen, weil die Entlassung nicht, wie es § 1 Abs. 1 [X.] fordere, eine hoheitliche, sondern eine arbeitsrechtliche Maßnahme gewesen sei. Die Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil persönlich Beschwerde eingelegt (BVerwG 3 [X.]), die der Senat mit Beschluss vom 19. Dezember 2014 als unzulässig verworfen hat, weil die Klägerin nicht durch einen gemäß § 67 Abs. 4 VwGO vor dem [X.] vertretungsberechtigten Prozessbevollmächtigten vertreten war. Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten, beim Verwaltungsgericht eingegangen am 22. September 2015, hat die Klägerin erneut Beschwerde eingelegt (BVerwG 3 [X.]).

3

Die wiederholte Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 11. September 2014 wird voraussichtlich ohne Erfolg bleiben. Zwar ist die Beschwerde als fristgerecht anzusehen (1.); das Vorbringen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin lässt aber nicht erkennen, dass ein Zulassungsgrund vorliegt (2.).

4

1. Die Klägerin macht geltend, die Beschwerde sei fristgerecht eingelegt worden. Sie sei innerhalb eines Jahres nach Zustellung des angefochtenen Urteils zulässig, weil die dem Urteil beigegebene Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig sei. Deren Abfassung sei objektiv geeignet, einen Beschwerdeführer in die Irre zu führen. Die Belehrung habe so verstanden werden können, dass ein nicht durch einen Anwalt vertretener Kläger innerhalb der Monatsfrist persönlich Beschwerde einlegen könne und erst die spätere Begründung durch einen Anwalt erfolgen müsse.

5

Dem ist hier zu folgen. Die Rechtsbehelfsbelehrung des angefochtenen Urteils ist infolge eines irreführenden Zusatzes unrichtig erteilt worden und löste die einmonatige Beschwerdefrist gemäß § 58 Abs. 1 VwGO nicht aus. Die Beschwerde konnte daher nach § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO innerhalb eines Jahres nach Zustellung des Urteils eingelegt werden; diese Frist ist gewahrt.

6

Nach § 58 Abs. 1 VwGO beginnt die Frist für ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf nur zu laufen, wenn der Beteiligte über den Rechtsbehelf, die Verwaltungsbehörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf anzubringen ist, den Sitz und die einzuhaltende Frist schriftlich oder elektronisch belehrt wird. Diesen Anforderungen genügt die Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils. Allerdings beschränkt sie sich nicht auf die Belehrung über die gesetzlich notwendigen Vorgaben, sondern geht darüber hinaus. Unter anderem ist ihr ein ausdrücklich so bezeichneter "Hinweis" auf den "[X.] nach § 67 Abs. 2 und 4 VwGO" beigefügt und überdies dem Urteil - wohl zur Erläuterung des Hinweises - ein Beiblatt mit dem vollständigen Gesetzestext des § 67 VwGO nachgeheftet. Es ist zwar als solches nicht schädlich, auf Modalitäten der Rechtsmitteleinlegung hinzuweisen, über die nicht zwingend belehrt werden muss. Solche Hinweise dürfen aber nicht unrichtig oder irreführend, d.h. geeignet sein, bei dem Betroffenen einen Irrtum über die formellen oder materiellen Voraussetzungen des in Betracht kommenden Rechtsbehelfs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 31. August 2015 - 2 B 61.14 - NVwZ 2015, 1699 Rn. 8 m.w.[X.]). Einen Beteiligten in die Irre führen kann hier der Hinweis auf § 67 Abs. 2 VwGO in Verbindung mit dem beigefügten Gesetzestext. Der Hinweis ist unrichtig, weil die Vorschrift gerade nicht den [X.] vor dem [X.] betrifft, sondern die freigestellte Vertretung vor dem Verwaltungsgericht nach § 67 Abs. 1 VwGO. Dadurch kann die - als solche zutreffende - Belehrung, die Beschwerde sei "beim [X.] [...] einzulegen", dahin missverstanden werden, dass eine Beschwerde noch ohne anwaltliche Vertretung beim Verwaltungsgericht eingelegt werden kann.

7

2. Die zulässige Beschwerde BVerwG 3 [X.] wird aber voraussichtlich in der Sache ohne Erfolg bleiben. Die Klägerin beanstandet letztlich durchweg die Richtigkeit des angefochtenen Urteils - macht also Subsumtionsmängel geltend -, zeigt dabei aber nicht auf, dass ein die Zulassung der Revision rechtfertigender Grund im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

8

a) Die Klägerin hält die Bewertung des [X.] für falsch, die Entlassung aus dem Schuldienst sei keine hoheitliche Maßnahme des [X.], die der verwaltungsrechtlichen Rehabilitierung nach § 1 [X.] zugänglich sei, sondern ein arbeitsrechtliches und damit privatrechtliches Handeln, das von § 1 Abs. 1 [X.] nicht erfasst werde (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 30. Juni 1998 - 3 [X.] 39.97 - [X.] 115 Sonstiges Wiedervereinigungsrecht Nr. 13 = [X.] 1999, 55). Damit lässt sich eine grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO nicht dartun. Die Frage, ob sich eine Entlassung als hoheitliche Maßnahme oder als privatrechtliches Handeln darstellt, beantwortet sich aufgrund einer tatrichterlichen Würdigung des Einzelfalles; allgemeinverbindlich lässt sie sich nicht beantworten. Die Ausführungen der Klägerin geben auch keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Bewertung des [X.], zu der es im Wege der grundsätzlich dem sachlichen Recht zugeordneten Sachverhalts- und Beweiswürdigung gelangt ist, ausnahmsweise im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO verfahrensfehlerhaft - also etwa willkürlich - sein könnte.

9

b) Das angefochtene Urteil weicht nicht von der Rechtsprechung des [X.]s ab. Soweit die Klägerin Widersprüche zum Urteil des Senats vom 9. Oktober 2003 - 3 [X.] 1.03 - (BVerwGE 119, 102) sehen will, moniert sie, das Verwaltungsgericht habe die in diesem Urteil vorgenommene Auslegung des [X.]es nicht hinreichend berücksichtigt. Auch damit sind bloße Subsumtionsfehler gerügt. Zur Darlegung einer Divergenz im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO ist es erforderlich, dass der Beschwerdeführer einen tragenden (abstrakten) Rechtssatz der vorinstanzlichen Entscheidung herausarbeitet und diesem einen ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aus einer Entscheidung eines divergenzfähigen Gerichts gegenüberstellt, zu dem sich das angefochtene Urteil in Widerspruch gesetzt hat (stRspr, BVerwG, Beschluss vom 9. April 2014 - 2 B 107.13 - [X.] 310 § 132 Abs. 2 Ziff. 2 VwGO Nr. 20 Rn. 3 m.w.[X.]). Eine solche Gegenüberstellung wird aus dem Vorbringen der Klägerin nicht ersichtlich. Abgesehen davon besteht der behauptete Widerspruch nicht. Während sich das angefochtene Urteil mit der Frage auseinandersetzt, ob die streitige Maßnahme (hier die Entlassung) hoheitlichen [X.]harakter hatte, legt das zitierte Urteil des [X.]s vielmehr zugrunde, dass die Repressalien, denen der Kläger jenes Verfahrens ausgesetzt war, hoheitliche Realakte behördlicher Stellen der [X.] im Sinne des § 1 Abs. 5 [X.] waren (vgl. BVerwGE 119, 102 <111>). [X.] ist dort überdies ausgeführt, dass Benachteiligungen am Arbeitsplatz, um die es auch der Klägerin geht, beruflich rehabilitierungsfähig sind, obwohl sie privatrechtlichen [X.]harakter haben. Im Unterschied zum [X.] erfasst das Berufliche Rehabilitierungsgesetz in § 1 Abs. 1 Nr. 4 auch "andere", nämlich nicht hoheitliche Maßnahmen. Entsprechend ist die Klägerin, worauf das angefochtene Urteil ([X.]) zu Recht hinweist, mit Blick auf die arbeitsrechtlich erlittenen Repressionen und Einbußen beruflich rehabilitiert worden.

Meta

3 PKH 5/15, 3 PKH 5/15 (3 B 64/15)

03.03.2016

Bundesverwaltungsgericht 3. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend VG Meiningen, 11. September 2014, Az: 8 K 662/12 Me, Urteil

§ 1 VwRehaG, § 58 Abs 1 VwGO, § 58 Abs 2 S 1 VwGO, § 67 VwGO, § 132 Abs 2 Nr 2 VwGO, § 166 VwGO

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 03.03.2016, Az. 3 PKH 5/15, 3 PKH 5/15 (3 B 64/15) (REWIS RS 2016, 15117)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 15117

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