Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.06.2020, Az. 28 W (pat) 18/18

28. Senat | REWIS RS 2020, 131

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - „Купеческaя (Wort-Bildmarke)“ – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markeneintragung 306 18 192

(hier: Löschungsverfahren S 159/14 Lösch)

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] am 29. Juni 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, des [X.] [X.] und des [X.] Dr. Söchtig

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die Wort-/Bildmarke

Abbildung

2

ist am 20. März 2006 zur Eintragung als Marke angemeldet und am 7. August 2006 in das beim [X.] geführte Register für nachfolgende Waren eingetragen worden:

3

Klasse 29: Fleisch, Fleischwaren, eingesalzen, [X.], Wurst, Wurstwaren, Schinken, Fisch, Geflügel, Wild, Fleischextrakte, Pasteten, soweit in Klasse 29 enthalten;

4

Klasse 30: Feinkostsalate, soweit in Klasse 30 enthalten.

5

Die Löschungsantragstellerin hat am 15. Mai 2014 Antrag auf vollständige Löschung der Eintragung der Marke gestellt, da an dieser ein Freihaltebedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] bestehe und sie darüber hinaus nicht über die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] verfüge.

6

Der Inhaberin der angegriffenen Marke ist der Löschungsantrag am 12. Juni 2014 zugestellt worden. Sie hat der Löschung mit Schriftsatz vom 27. Juni 2014, eingegangen beim [X.] am gleichen Tag, widersprochen.

7

Das [X.], Markenabteilung 3.4, hat den Löschungsantrag mit Beschluss vom 11. Dezember 2017 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die angegriffene Marke sei keine beschreibende Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] und verfüge auch über hinreichende markenrechtliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

8

Beide Beteiligten stimmten darin überein, dass die angegriffene Marke transliteriert "[X.]heskaja" laute und das Adjektiv in femininer Form von "[X.]" sei, dem [X.] Wort für [X.]". Weder in der von der Löschungsantragstellerin zugrunde gelegten Bedeutung "nach altkaufmännischer Art" noch nach der von der Inhaberin der angegriffenen Marke angeführten Übersetzung "für [X.]" bzw. "[X.] gemäß" stelle sich das Markenwort für die von der Anmeldung umfassten [X.] als unmittelbar beschreibende Warenangabe dar. Es könne zwar die von der Löschungsantragstellerin geltend gemachte Assoziation mit einer Ausrichtung der so bezeichneten Produkte auf den Geschmack und die Bedürfnisse einer historisch traditionsreichen Sozialschicht in [X.] auslösen. Letztendlich sei der Ausdruck aber zu wenig konkret für eine klare Eigenschaftsangabe. Dementsprechend ließe sich auch im inländischen [X.] Handel eine Verwendung des Ausdrucks "kaufmannsartig" o. ä. als glatte Warenbeschreibung von Lebensmitteln nicht finden.

9

Es sei zudem nicht ersichtlich, dass der Ausdruck "[X.]heskaja" im [X.] Sprachgebrauch abweichend hierzu eingesetzt würde, sprich, dass es sich hierbei um einen rein warenbeschreibenden Qualitäts- oder Geschmackshinweis etwa im Sinne einer bestimmten Würzung oder Zubereitungsform handele, der als solcher für den Im- und Export freizuhalten wäre. Die diesbezüglich von der Löschungsantragstellerin vorgelegten Dokumente seien nicht geeignet, dies zu belegen. Dies gelte gleichermaßen für die Behauptung, es handele sich bei der angegriffenen Marke um eine bekannte Sortenbezeichnung für [X.] Wurstwaren. Schließlich könne auch der Hinweis auf die staatliche Zertifizierung nicht überzeugen, die im Übrigen seitens der Markenabteilung nicht habe verifiziert werden können. Des Weiteren ergebe sich weder aus dem Vortrag der Löschungsantragstellerin noch aus dem vorgelegten Gutachten des [X.] Forschungsinstitutes [X.], in welchem Zusammenhang ein genormter Qualitätsstandard für ein Produkt mit der jeweiligen Produktbezeichnung stehe. Allein aus dem unterstellten Vorhandensein eines ([X.])Standards ließe sich nicht ohne Weiteres schließen, dass es sich bei der Bezeichnung eines Produkts, welches diesem Standard entspreche, um eine Sorten- oder Gattungsbezeichnung handele. Hierfür hätte es weiterführender Angaben, etwa aus offiziellen [X.] Quellen bedurft. Hinzu komme, dass laut Vortrag der Löschungsantragstellerin "[X.]heskaja" die Bezeichnung für eine bestimmte Wurstsorte sei. In einer von ihr vorgelegten Auflistung von Suchergebnissen seien jedoch nicht nur verschiedene Wurstwaren ([X.] Würste, Halbdauerwurst, Bockwurst), sondern auch "geschmortes Rindfleisch" sowie "tiefgefrorene Maultaschen, Krautwickler etc." aufgeführt und mit dem Markenwort bezeichnet.

Zusammenfassend sei festzustellen, dass nach der vorliegenden Sachlage nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden könne, dass das Markenwort eine rein beschreibende Eigenschafts- oder Sortenangabe in Bezug auf die beanspruchten Waren sei, das als solches von den Mitbewerbern der Inhaberin der angegriffenen Marke zur Benennung ihres eigenen Warenangebotes zwingend benötigt würde. Die bestehenden Unklarheiten des Sachverhalts, dessen zugrunde liegenden ausländischen Umstände für das Amt nur schwer zugänglich seien, gingen insoweit zu Lasten der Löschungsantragstellerin als derjenigen, die sich auf das Vorliegen des Schutzhindernisses berufe.

Der angegriffenen Marke, so das [X.] weiter, könne auch nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Die Mehrheit der angesprochenen inländischen [X.]e verstünden deren Bedeutungsgehalt überhaupt nicht. Unter Berücksichtigung der von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren, welche keine Konkretisierung auf [X.] Spezialitäten aufwiesen, richteten sich diese an die inländische Gesamtbevölkerung. Allerdings seien nur weniger als 10 % der inländischen Verbraucher der [X.] Sprache mächtig. Auch wenn für letztere der beschreibende Gehalt der Marke im Vordergrund stehen sollte, so handele es sich bei diesen jedoch nur um einen unwesentlichen Teil des angesprochenen Verkehrs, dessen Auffassung vorliegend nicht maßgeblich sei.

Hiergegen wendet sich die Löschungsantragstellerin mit ihrer Beschwerde vom 26. Januar 2017, welche sie binnen der ihr hierzu gesetzten (und einmalig verlängerten Frist) nicht weiter begründet hat.

Im Verfahren vor dem [X.] hat sie im Wesentlichen vorgetragen, das [X.], in kyrillischen Buchstaben wiedergegebene Markenwort, das in lateinischer Schrift "[X.]heskaja" laute, sei die adjektivische Form von "[X.]", der Bezeichnung für [X.] im [X.] [X.]. Es bedeute mithin "nach altkaufmännischer Art" und sei eine im [X.] übliche Bezeichnung für Lebensmittelspezialitäten. Die Bezeichnung habe sich im russischsprachigen Sprachraum als Sortenbezeichnung für eine geräucherte Kochwurst bzw. [X.] durchgesetzt und werde von zahlreichen Wurstherstellern verwendet. Es existiere sogar eine bestimmte staatliche Zertifizierung, was zum einen bedeute, dass sich die Hersteller der so bezeichneten Wurstwaren an die vorgeschriebene Rezeptur und Zusammensetzung halten müssten, zum anderen, dass die Bezeichnung, die in diesen Normen (GOST bzw. [X.]) beschrieben sei, frei verwendbar für alle Hersteller sein müsse. Diese Eignung der angegriffenen Marke zur Eigenschaftsbeschreibung sei auch in [X.] zu berücksichtigen, da dort ein nicht zu vernachlässigendes Marktsegment für [X.] Lebensmittel entstanden sei, zumal es 8 bis 10 Millionen russischsprachige Konsumenten gebe.

Darüber hinaus fehle der angegriffenen Marke auch die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft. Die Beschwerdegegnerin habe sich mit ihren Waren auf Personen konzentriert, welche der [X.] Sprache mächtig seien. Diese würden die angegriffene Marke jedoch nicht als Hinweis auf die Herkunft der Waren, sondern auf hochwertige Lebensmittel sowie im Speziellen auf eine von verschiedenen Herstellern produzierte Wurstsorte ansehen.

Die Löschungsantragstellerin hat mit ihrer Beschwerde keinen Antrag verbunden.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen sowie

für den Fall, dass die Beschwerde zurückgenommen wird, der Löschungsantragstellerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Auch die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich im Beschwerdeverfahren inhaltlich nicht weiter zur Sache eingelassen. Im Verfahren vor dem [X.] hat sie im Wesentlichen vorgetragen, die angegriffene Marke sei mit "für [X.]" bzw. "[X.] gemäß" zu übersetzen und stelle sich in dieser Bedeutung nicht als unmittelbar beschreibende Eigenschaftsangabe in Verbindung mit den relevanten Fleisch- und Wurstwaren sowie Salaten dar. Ihr sei keine konkrete Sachaussage über die so bezeichneten Waren zu entnehmen. Allenfalls handele es sich um einen Ausdruck mit allgemeiner Werbefunktion, die der Verbraucher, wenn er sie überhaupt verstehe, mangels konkreter Information über das Produkt als Marke und damit als Herkunftshinweis wahrnehme.

Die Mehrheit der angesprochenen [X.]e im Inland, an die sich die für Lebensmittel eingetragene Marke richte, seien der [X.] Sprache ohnehin nicht mächtig, so dass sie sich schon deshalb weder zur Beschreibung eigne, noch als reiner Kaufappell ohne jegliche Hinweiswirkung verstanden werde.

Da es allein auf das Verständnis der angesprochenen [X.]e im Inland ankomme, sei es unerheblich, ob der Begriff in [X.] eine für Wurstwaren gebräuchliche Bezeichnung sei, was die von der Löschungsantragstellerin vorgelegten Unterlagen im Übrigen nicht belegen würden. Ebenso sei daher nicht entscheidungsrelevant, ob in [X.] staatliche Vorschriften wie beispielsweise [X.] für die verfahrensgegenständliche Marke existierten, denn auch diese hätten keine Bedeutung für den [X.] Markt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das [X.] in seinem angegriffenen Beschluss festgestellt, dass an der angegriffenen Marke kein Freihaltebedürfnis besteht (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]) und der Eintragung auch nicht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) entgegensteht.

1. Der Antrag auf Löschung der am 7. August 2006 eingetragenen Marke ist am 15. Mai 2014, mithin binnen der 10-Jahresfrist des § 50 Abs. 2 Satz 2 [X.] a. F. i. V. m. § 158 Abs. 8 [X.] gestellt worden. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat zudem der Löschung am 27. Juni 2014 widersprochen, nachdem ihr der Löschungsantrag am 12. Juni 2014 zugestellt worden ist, so dass sie die 2-Monatsfrist des § 54 Abs. 2 [X.] eingehalten hat. Demzufolge war das Löschungsverfahren durchzuführen.

2. Die Feststellungslast für das Vorliegen eines absoluten Schutzhindernisses zum Eintragungszeitpunkt nach § 50 Abs. 1 [X.] trifft den Antragsteller des [X.]. Es kommt nicht darauf an, ob die Eintragung fehlerhaft erfolgt ist, sondern ob das Schutzhindernis tatsächlich vorlag. Lässt sich im Nachhinein nicht mehr mit der erforderlichen Sicherheit aufklären, ob ein Schutzhindernis im Eintragungszeitpunkt bestand, gehen verbleibende Zweifel zu Lasten des Antragstellers des [X.] (vgl. [X.], 138 - ROCHER-Kugel).

3. Dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] unterfallen solche Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. [X.] GRUR 2004, 680 - [X.]; [X.], 723 - Chiemsee).

a) Mit dem [X.] und den Beteiligten ist davon auszugehen, dass die angegriffene Marke transliteriert "[X.]heskaja" bzw. "[X.]" lautet und die weibliche Form eines Adjektivs ist, das von dem [X.] Wort "[X.]" bzw. "[X.]" für [X.] abstammt. Demzufolge kommen ihr im [X.] die Bedeutungen "nach altkaufmännischer Art", "für [X.]" oder "[X.] gemäß" zu. Sie vermitteln gegenüber den maßgeblichen inländischen [X.]en keine beschreibende Aussage über die beanspruchten Waren.

b) Maßgeblich für die Beurteilung der Verkehrsauffassung sind sämtliche [X.]e, die als Abnehmer oder Interessenten der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommen oder mit deren Vertrieb befasst sind, einschließlich solcher, die nur gelegentlich mit diesen in Berührung kommen. Es können dabei auch mehrere [X.]e mit ggf. jeweils unterschiedlicher Verkehrsauffassung zugleich maßgeblich sein, mit der Folge, dass die Marke dann nach Auffassung aller relevanten [X.]e unterscheidungskräftig sein muss. Dagegen ist es unerheblich, wenn ausschließlich nicht angesprochene (und damit irrelevante) [X.]e der Marke keinen Herkunftshinweis entnehmen. Welche [X.]e angesprochen sind, bestimmt sich objektiv nach den dauerhaften, charakteristischen Merkmalen der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und nicht subjektiv nach den individuellen – jederzeit änderbaren – Werbekonzeptionen und Vermarktungsstrategien des Markeninhabers. Nicht objektiv durch die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen vorgegebene, sondern lediglich subjektiv durch den Markeninhaber vorgenommene Beschränkungen der [X.] oder Vertriebswege sind deshalb unbeachtlich.

Im nationalen Markenrecht sind ausschließlich inländische [X.]e relevant. Für den Erwerb einer nationalen Marke ist es deshalb unerheblich, ob sie von ausländischen [X.]en als beschreibend oder nicht unterscheidungskräftig angesehen wird. Nur im Ausland bestehende Schutzhindernisse sind unbeachtlich (vgl. [X.] [X.], 18. Edition, Stand 01.07.2019, § 8, Rdnr. 103).

Vorliegend kann im Ergebnis dahinstehen, ob im konkreten Fall auf den [X.] der (inländischen) Verbraucher oder auf den des (inländischen) Handels (mithin die Fachkreise) abzustellen ist, da sich die angegriffene Marke in beiden Fällen als schutzfähig erweist.

(1) Dies gilt zunächst für den [X.] der inländischen Verbraucher. Da es sich bei den von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren um Lebensmittel des täglichen Bedarfs handelt und das [X.] auch keinerlei Einschränkung auf den [X.] oder den Ursprung der Waren aufweist, ist auf die breite Masse der inländischen Verbraucher abzustellen. Dass ein relevanter Teil der inländischen Gesamtbevölkerung die angegriffene Marke als ein von dem [X.] Wort für [X.]" abgeleitetes Adjektiv im Sinne von "kaufmännisch" bzw. "kaufmannsartig" auffassen wird, erscheint unwahrscheinlich, da nur ein geringer Prozentsatz der inländischen Bevölkerung der [X.] Sprache mächtig ist. Dies bedarf im Ergebnis jedoch keiner Entscheidung. Selbst wenn man nämlich zu Gunsten der Löschungsantragstellerin ein solches Verständnis der Gesamtbevölkerung unterstellen wollte oder den [X.] der russischsprachigen inländischen Bevölkerung als relevanten [X.] ansehen würde, würde dies dem Löschungsantrag nicht zum Erfolg verhelfen.

(a) Im Sinne von "kaufmännisch" bzw. "kaufmannsartig" benennt die angegriffene Marke keine Eigenschaften der verfahrensgegenständlichen Waren "Fleisch, Fleischwaren, eingesalzen, [X.], Wurst, Wurstwaren, Schinken, Fisch, Geflügel, Wild, Fleischextrakte, Pasteten, soweit in Klasse 29 enthalten" sowie "Feinkostsalate, soweit in Klasse 30 enthalten". Zwar können diese Bedeutungen gewisse Assoziationen dahingehend hervorrufen, dass die solchermaßen bezeichneten Produkte auf den Geschmack und die Bedürfnisse einer historisch traditionsreichen Sozialschicht in [X.] ausgerichtet sind. Allerdings handelt es sich hierbei um allenfalls vage Gedankenverknüpfungen, die keine konkreten Vorstellungen über die Qualität oder sonstige Merkmale der in Rede stehenden Speisen vermitteln können. Lediglich beschreibende Anklänge und Andeutungen stehen einer Eintragung jedoch nicht entgegen, denn der Verkehr nimmt ein Zeichen in der Regel so wahr, wie es ihm entgegentritt, und unterwirft es keiner analysierenden, möglichen beschreibenden Begriffsinhalten nachgehenden Betrachtung. Ein merkmalsbeschreibender Inhalt, der – wie vorliegend der Fall – allenfalls erst nach mehreren Gedankenschritten erkennbar wird, ist daher unschädlich ([X.], 729, Rdnr. 14 - [X.]; [X.] [X.], 18. Edition, Stand 01.07.2019, § 8, Rdnr. 165).

(b) Zudem konnte nicht festgestellt werden, dass das in [X.] gegebenenfalls bestehende anderweitige Sprachverständnis der angegriffenen Marke auch bei den inländischen [X.]en, auf die es vorliegend abzustellen gilt, anzutreffen ist.

Zutreffend hat das [X.] darauf hingewiesen, dass die von der Löschungsantragstellerin vorgelegten [X.] nicht geeignet sind, das von ihr behauptete Verständnis zu belegen. Aber auch Recherchen des Senats haben nicht ergeben, dass die angegriffene Marke in [X.] im Sinne eines Qualitätshinweises verstanden wird. Um dies zu belegen, hat die Löschungsantragstellerin zwar mit ihren Schriftsätzen vom 15. Mai 2014 sowie vom 23. Dezember 2014 verschiedene [X.] vorgelegt. Hierbei ist jedoch zunächst auffällig, dass dort oftmals die angegriffene Marke in Anführungszeichen zu finden ist, was auf eine markenmäßige und nicht auf eine beschreibende Verwendung schließen lässt. Hinzu kommt, dass nahezu alle vorgelegten Nachweise ausschließlich in [X.]r Sprache gehalten sind und die Löschungsantragstellerin jeden substantiierten Vortrag, in welchem konkreten Umfeld die verfahrensgegenständliche Bezeichnung dort genannt wird, schuldig geblieben ist. Den in [X.] vorgelegten Belegen sind ferner keine einheitlichen Bezeichnungen zu entnehmen. Vielmehr finden sich dort u. a. die Begriffe "[X.]" oder [X.]", nicht jedoch "kaufmännisch" bzw. "kaufmannsartig". Die Einreichung (überwiegend) fremdsprachiger Internetausdrucke ohne jedwede nähere Erläuterung derselben ist als Beleg einer beschreibenden Verwendung ungeeignet, zumal die [X.] ist (§ 184 GVG). Dass die angegriffene Marke als Sachangabe oder Gattungsbezeichnung in Verbindung mit der ebenfalls beanspruchten Ware "Fisch" aufgefasst wird, hat die Löschungsantragstellerin bereits nicht behauptet.

Ferner ist der Hinweis der Löschungsantragstellerin auf eine Vielzahl von Unternehmen in [X.], welche die angegriffene Marke als Gattungsbezeichnung verwenden würden, nicht geeignet, ein entsprechendes Verkehrsverständnis in [X.], geschweige denn in [X.] zu belegen. Zutreffend hat das [X.] ausgeführt, dass die von der Löschungsantragstellerin ins Feld geführten [X.] auch dafür sprechen könnten, dass es sich um eine beliebte Kennzeichnung handelt, die von verschiedenen Anbietern markenmäßig verwendet wird, möglicherweise auch im Rahmen einer Lizenzvereinbarung. Trotz der ihr obliegenden Mitwirkungspflicht sowie Darlegungslast (vgl. hierzu [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 12. Auflage, § 54, Rdnr. 21) hat die Löschungsantragstellerin ihren entsprechenden Vortrag auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nicht näher substantiiert.

(2) Auch wenn auf den [X.] als weiteren angesprochenen [X.] abgestellt wird, verhilft dies dem Löschungsbegehren der Antragstellerin vorliegend nicht zum Erfolg.

Bei den am internationalen Handelsverkehr beteiligten inländischen Fachkreisen kann unterstellt werden, dass sie grundsätzlich in der Lage sind, eindeutig beschreibende Angaben auch in fremder Sprache zu erkennen. Davon ist jedenfalls bei Sprachen fremder [X.] auszugehen, mit denen Handelsbeziehungen im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen bestehen. Vorliegend gilt es zu berücksichtigen, dass die Wirtschaftsbeziehungen zwischen [X.] und [X.] seit dem Zusammenbruch der [X.] im Zuge der Öffnung der Grenzen erheblich intensiviert worden sind. Der Handel mit den baltischen [X.] und [X.] expandiert aufgrund entsprechender Handelsabkommen und Wirtschaftsvereinbarungen, wovon auch der Lebensmittelbereich in ansteigendem Maße profitiert. Dies war bereits bei der Anmeldung und ist – ungeachtet der aktuellen Krimkrise und der daraus resultierenden politischen Spannungen zwischen der [X.] Föderation und den westlichen [X.] – auch im Entscheidungszeitpunkt der Fall (vgl. BPatG 28 W (pat) 578/12 - Omas Gurken; BPatG 28 W (pat) 27/13 - PLOMBIR).

Wie bereits ausgeführt sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die angegriffene Marke in [X.] im Sinne einer Qualitätsangabe oder als Gattungsbezeichnung aufgefasst wurde, respektive wird, so dass allein schon hierauf basierend für die Annahme eines entsprechenden Verständnisses des inländischen Handels kein Raum ist.

Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen der Löschungsantragstellerin zur staatlichen Zertifizierung einer Wurstsorte in verschiedenen Variationen in [X.] in Form von [X.] oder [X.]-Standards. Ausweislich des von ihr vorgelegten Gutachtens des [X.] Forschungsinstitutes [X.] (vgl. Anlage [X.] zum Schriftsatz vom 23. Dezember 2014) ist die angegriffene Marke Gegenstand verschiedener gesetzlicher Normierungen für unterschiedlichste Waren, so für eine "Halbdauerwurst (mit Nahrungszusätzen von der Firma [X.]) Technische Vorschriften [X.] 9213-559-00419779-05 [X.]", für "[X.] [X.] 9216-469-00419779-09 Geschmortes Rindfleisch Kupetscheskaja" sowie für eine "Halbdauerwurst [X.] 9213-382-00419779-98 [X.]". Die von der Löschungsantragstellerin genannten Regelwerke lassen entgegen ihrer Aussage bereits nicht den Schluss zu, es handele sich bei der angegriffenen Marke um die Bezeichnung einer bestimmten Wurstsorte. Hinzu kommt, dass sich eine "Halbdauerwurst" und "geschmortes Rindfleisch" – zumal in Form einer Konserve – deutlich voneinander unterscheiden, was ebenfalls gegen die von der Löschungsantragstellerin geltend gemachte Funktion der angegriffenen Marke einer Gattungsbezeichnung spricht. Nicht ausgeschlossen ist ferner, dass andere Wurstsorten, die ebenfalls einer der angeführten Normen entsprechen, unter anderen Bezeichnungen in [X.] angeboten, respektive dorthin importiert werden dürfen. Allein aus dem Vorhandensein einer gesetzlichen Normierung als solcher kann – ohne weitere Angaben zu den tatsächlichen Verhältnissen in [X.] – auch nicht darauf geschlossen werden, dass sich eine bestimmte Bezeichnung allein hierauf basierend zu einer beschreibenden Angabe oder einer Gattungsbezeichnung entwickelt hat. Einen solchen substantiierten Nachweis ist die Löschungsantragstellerin ebenfalls schuldig geblieben. Weiter fehlt jeder Vortrag dahingehend, warum die inländischen Fachkreise gerade von dieser gesetzlichen Normierung hätten Kenntnis haben sollen.

4. Aus vorstehend Gesagtem folgt im Ergebnis weiter, dass die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke auch nicht auf das Schutzhindernis des Fehlens der Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] gestützt werden kann. Es ist nämlich nicht mit der hierfür erforderlichen Sicherheit der beschreibende Sinngehalt der gegenständlichen Bezeichnung zum Zeitpunkt der Anmeldung als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag feststellbar.

5. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.], da [X.] für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen noch ersichtlich sind. Lediglich klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass die Inhaberin der angegriffenen Marke einen Kostenantrag unter der Bedingung gestellt hat, dass die Löschungsantragstellerin ihre Beschwerde zurücknimmt, wozu sich diese jedoch nicht hat entschließen können.

Meta

28 W (pat) 18/18

29.06.2020

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.06.2020, Az. 28 W (pat) 18/18 (REWIS RS 2020, 131)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 131

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