Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.01.2021, Az. 28 W (pat) 20/18

28. Senat | REWIS RS 2021, 9068

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - "Особая (Bildzeichen)" – Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markeneintragung 305 69 895

(hier: Löschungsverfahren S 182/14 Lösch)

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] am 29. Januar 2021 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, des [X.] [X.] und des [X.] Dr. Söchtig beschlossen:

1. Ziffer 1 des Tenors des Beschlusses des [X.], Markenabteilung 3.4, vom 11. Dezember 2017 wird aufgehoben.

2. Die Löschung der Eintragung der Marke 305 69 895 wird angeordnet.

3. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Bildzeichen

Abbildung

2

ist am 22. November 2005 zur Eintragung als Marke angemeldet und am 2. Mai 2006 in das beim [X.] geführte Register für die nachfolgenden Waren eingetragen worden:

3

Klasse 29: Fleisch; Fleischwaren, eingesalzen; [X.]; Wurst; Wurstwaren; Schinken; Fisch; Geflügel; Wild; Fleischextrakte; Pasteten, soweit in Klasse 29 enthalten; Feinkostsalate, soweit in Klasse 29 enthalten;

4

Klasse 30: Pasteten und Teigtaschen mit Fleischfüllung, soweit in Klasse 30 enthalten.

5

Die Löschungsantragstellerin hat am 13. Juni 2014 die vollständige Löschung der Eintragung, die am 2. Juni 2006 veröffentlicht wurde, beantragt, da an der Marke ein Freihaltbedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] bestehe.

6

Der Löschungsantrag ist der Inhaberin der angegriffenen Marke am 28. Juli 2014 zugestellt worden. Sie hat der Löschung mit Schriftsatz vom 12. August 2014, eingegangen beim [X.] am selben Tag, widersprochen und ist dem Antrag auch inhaltlich entgegengetreten.

7

Das [X.], Markenabteilung 3.4, hat mit Beschluss vom 11. Dezember 2017 den Löschungsantrag zurückgewiesen, keine Kosten auferlegt und den Gegenstandswert auf 50.000,00 [X.] festgesetzt. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach Auffassung der Markenabteilung stelle sich die angegriffene Marke nicht als beschreibende Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] dar und verfüge auch über hinreichende markenrechtliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

8

Beide Beteiligten stimmten darin überein, dass die angegriffene Marke transliteriert "[X.]" laute und ein Adjektiv bzw. ein Nomen in femininer Form sei, welches im [X.] mit "besonders" zu übersetzen sei. Was die Interpretation des Wortes betreffe, gingen die Ansichten der Beteiligten hingegen etwas auseinander. Während ihm die Löschungsantragstellerin eine die Qualität und den Geschmack anpreisende Bedeutung zumesse, behaupte die Markeninhaberin, es sei begrifflich unscharf und könne auch als "eigenartig" oder "speziell" und damit fast als etwas Gegensätzliches zu "besonders" verstanden werden.

9

Letztlich könne jedoch dahingestellt bleiben, welche Konnotationen dem Markenwort genau zukämen; denn sämtliche Bedeutungen vermittelten ausschließlich ein subjektives Empfinden oder Werturteil, nicht aber einen objektiv fassbaren Aussagegehalt hinsichtlich der Qualität der Produkte. Dafür seien alle behaupteten Aussagegehalte zu überhöht bzw. zu wenig konkret. Das Adverb "besonders" gebe weder im Sinne von "besonders gut" noch im Sinne von "besonders eigenartig", vor allem in der hier prüfungsrelevanten Alleinstellung, ein den Waren objektiv anhaftendes Merkmal an, sondern stelle sich eher als allgemeines Werbeschlagwort dar. Ob der Vortrag der Löschungsantragstellerin zutreffe, das Markenwort sei zudem als Art Klassifizierung insbesondere im Zusammenhang mit Fleischprodukten im Gegensatz zu "einfach" zu verstehen und damit ein warenbeschreibender Qualitätshinweis, der als solcher beim Im- und Export von [X.] Lebensmitteln auch von Mitbewerbern der Markeninhaberin benötigt werde, lasse sich nicht mit der für eine Löschung gemäß § 50 [X.] erforderlichen Eindeutigkeit feststellen (unter Verweis auf [X.] 2006, 182 – "Salatfix").

Die von der Löschungsantragstellerin vorgelegten, den [X.] Markt betreffenden [X.] seien als Beleg schon deshalb nicht geeignet, weil sie – sofern überhaupt leserlich – nicht erkennen ließen, ob es sich hierbei tatsächlich um einen produktbeschreibenden oder vielmehr um einen rein werbemäßigen Gebrauch handele. Denn – wie die Inhaberin der angegriffenen Marke zutreffend angemerkt habe – sei die streitgegenständliche Bezeichnung mehrheitlich in Anführungszeichen oder titelartig wiedergegeben, was eher auf eine markenmäßige Benutzung schließen lasse. Für einen unmittelbar warenbeschreibenden Gebrauch lägen damit keine stützenden Anhaltspunkte vor.

Schließlich ergebe sich der Charakter einer objektiven Warenbeschreibung im Sinne einer Klassifizierung oder Sortenbezeichnung auch nicht aus dem Hinweis auf die staatliche Zertifizierung. Der Löschungsabteilung sei es bereits nicht möglich gewesen, die angegebenen Normen in der Datenband der [X.] ([X.]) zu recherchieren. Abgesehen davon ergebe sich weder aus dem Vortrag der Löschungsantragstellerin noch aus dem beigefügten Gutachten des [X.] Forschungsinstituts Gorbatov vom 15. Februar 2012, in welchem Zusammenhang das Bestehen eines genormten (Qualitäts-)standards für ein Produkt mit der jeweiligen Produktbezeichnung stehe. Zudem könne das Gutachten vom 15. Februar 2012 schon deshalb nicht überzeugen, da es durch das neuere Gutachten desselben [X.] der Fleischindustrie Gorbatov vom 28. Mai 2015, welches von der Inhaberin der angegriffenen Marke vorgelegt worden sei, widerlegt werde.

Zusammenfassend sei festzuhalten, dass jedenfalls nach der vorliegenden Sachlage, wie sie sich nach dem Vortrag der insoweit darlegungspflichtigen Löschungsantragstellerin, den von ihr beigebrachten Unterlagen sowie einer ergänzenden Amtsrecherche darstelle, nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden könne, dass das Markenwort eine rein beschreibende Eigenschafts- oder Sortenangabe in Bezug auf die beanspruchten Waren darstelle, das als solches für die Mitbewerber der Inhaberin der angegriffenen Marke zur Benennung ihres eigenen Warenangebotes zwingend benötigt würde. Die bestehende Unklarheit in Bezug auf den Sachverhalt, dessen zugrunde liegenden ausländischen Umstände für das Amt nur schwer zugänglich seien, gingen insoweit zu Lasten der Löschungsantragstellerin als derjenigen, die sich auf das Vorliegen des Schutzhindernisses berufe.

Hiergegen wendet sich die Löschungsantragstellerin mit ihrer Beschwerde vom 26. Januar 2018, welche sie jedoch nicht weiter begründet hat.

Im Verfahren vor dem [X.] hat sie im Wesentlichen vorgetragen, die Eintragung der angegriffenen Marke sei zu löschen, da dieser das Schutzhindernis eines Freihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegenstehe.

Das [X.], in kyrillischen Buchstaben wiedergegebene Markenwort, das mit "[X.]" transliteriert werde, sei ein Adjektiv in weibliche Form und bedeute u. a. "besondere". In dieser Bedeutung weise es [X.] auf die gute Qualität sowie den Geschmack der so bezeichneten Produkte hin und stelle daher eine nichteintragungsfähige Beschaffenheitsangabe dar. Zudem handele es sich um eine Sortenbezeichnung für Wurst, die als Gegenstück zur ebenfalls für Fleischerzeugnisse typischen Klassifizierung "einfach" zu verstehen sei. Es existierten sogar mehrere staatliche Zertifizierungen, was zum einen bedeute, dass sich die Hersteller so bezeichneter Wurstwaren an die vorgeschriebene Rezeptur und Zusammensetzung halten müssten, zum anderen, dass die Bezeichnung, die in diesen Normen (GOST bzw. [X.]) beschrieben sei, frei verwendbar für alle Hersteller bleiben müsse. Dies sei auch im Inland zu berücksichtigen. Denn in der Rechtsprechung sei allgemein anerkannt, dass auch Begriffe der [X.] Sprache im Inland zur Beschreibung von einschlägigen Waren dienen könnten und diese daher frei zu halten seien. Entscheidend sei, dass die Waren mit der fremdsprachigen Bezeichnung im Inland vertrieben würden und entscheidungserhebliche Verkehrskreise in [X.] die entsprechenden Bezeichnungen verstünden. Dies treffe vorliegend zu. Im Lebensmittelbereich sei in [X.] ein nicht zu vernachlässigendes Marktsegment für [X.] Lebensmittel entstanden. Die Hauptabnehmergruppe dieser Lebensmittel bestehe hauptsächlich aus russischsprachigen Einwanderern der ehemaligen [X.], Flüchtlingen sowie sonstigen Ausländern, die als Familienangehörige oder als Arbeitnehmer eingereist seien. Insbesondere an diese ca. 8 bis 10 Millionen russisch sprechenden Konsumenten richteten sich die als [X.] vertriebenen Waren mit aus dem Heimatland bekannter Gestaltung und Bezeichnung. In Kenntnis dieser Umstände habe die Markeninhaberin mehr als 200 [X.] Wurstbezeichnungen in kyrillischer Schrift als Marke angemeldet und damit versucht, den Markt mit [X.] Produkten und [X.] Produktbezeichnungen für sich zu monopolisieren.

Die Löschungsantragstellerin hat mit ihrer Beschwerde keinen Antrag verbunden.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Auch sie hat sich im Beschwerdeverfahren inhaltlich nicht weiter zur Sache eingelassen. Im Verfahren vor dem [X.] hat sie ausgeführt, die angegriffene Marke sei vieldeutig, da sie zum einen "besonders" im positiven Sinne, zum anderen aber auch "ungewöhnlich" bedeute, was als Synonym für "eigenartig, speziell" eher negativ verstanden werde. Schon wegen dieser begrifflichen Unschärfe sei das Markenwort nicht zur Beschreibung geeignet. Abgesehen davon stelle es sich in keiner der genannten Bedeutungen als konkrete Eigenschaftsangabe in Verbindung mit den relevanten Fleisch-, Teigwaren und Salaten dar. Allenfalls deute es indirekt eine besondere Wertschätzung der gekennzeichneten Waren an, was jedoch nicht unmittelbar eigenschaftsbeschreibend sei und damit vom Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht umfasst werde.

Hinzu komme, dass die Mehrheit der angesprochenen Verkehrskreise im Inland, an die sich die allgemein für Lebensmittel eingetragene Marke richte, der [X.] Sprache nicht mächtig sei, so dass sie sich schon deshalb nicht zur Beschreibung eigne und auch nicht ausschließlich als sachbezogenes Werbeschlagwort aufgefasst werde. Da das Markenwort mithin keine unmittelbare Wareneigenschaft angebe und zudem vom größten Teil der [X.] Bevölkerung nicht verstanden werde, liege keinerlei Grund für seine Löschung vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat bezogen auf die Zurückweisung des Löschungsantrags Erfolg.

1. Entgegen der Auffassung des [X.]es in seinem angegriffenen Beschluss steht der Eintragung der angegriffenen Marke das Schutzhindernis des Bestehens eines Freihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] entgegen.

a) Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat der Löschung mit am 12. August 2014 beim [X.] eingegangenem Schreiben und damit innerhalb der 2-Monatsfrist des § 53 Abs. 4 [X.] (§ 54 Abs. 2 Satz 2 [X.] a. F.) widersprochen, da ihr der Löschungsantrag am 28. Juli 2014 zugestellt worden ist. Zudem ist der Löschungsantrag am 13. Juni 2014, folglich binnen der mit der Eintragung der angegriffenen Marke am 2. Mai 2006 beginnenden 10- Jahresfrist gemäß § 50 Abs. 2 Satz 2 [X.] a. F. i. V. m. § 158 Abs. 8 Satz 2 [X.] gestellt worden, so dass das Löschungsverfahren durchzuführen war.

b) Die [X.] für das Vorliegen eines absoluten Schutzhindernisses zum Eintragungszeitpunkt nach § 50 Abs. 1 [X.] trifft den Antragsteller des [X.]. Es kommt nicht darauf an, ob die Eintragung fehlerhaft erfolgt ist, sondern ob das Schutzhindernis tatsächlich vorlag. Lässt sich im Nachhinein nicht mehr mit der erforderlichen Sicherheit aufklären, ob ein Schutzhindernis zum Eintragungszeitpunkt bestand, gehen verbleibende Zweifel zu Lasten des Antragstellers des [X.] (vgl. [X.], 138 – ROCHER-Kugel).

c) Dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] unterfallen solche Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. [X.] GRUR 2004, 680 - [X.]; [X.], 723 – Chiemsee).

(1) Die Beteiligten stimmen darin überein, dass die angegriffene Marke in kryrillischer Schrift, die in [X.] Buchstaben "[X.]" heißt, in die [X.] Sprache auch mit "besonders" übersetzt werden kann. In dieser Bedeutung vermittelt sie in Verbindung mit den beanspruchten Waren einen beschreibenden Sinngehalt gegenüber den inländischen Verkehrskreisen.

Maßgeblich für die Beurteilung der Verkehrsauffassung sind sämtliche Verkehrskreise, die als Abnehmer oder Interessenten der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommen oder mit deren Vertrieb befasst sind, einschließlich solcher, die nur gelegentlich mit diesen in Berührung kommen. Es können dabei auch mehrere Verkehrskreise mit ggf. jeweils unterschiedlicher Verkehrsauffassung zugleich maßgeblich sein, mit der Folge, dass das Zeichen dann nach Auffassung aller relevanten Verkehrskreise unterscheidungskräftig sein muss. Dagegen ist es unerheblich, wenn ausschließlich nicht angesprochene (und damit irrelevante) Verkehrskreise dem Zeichen keinen Herkunftshinweis entnehmen. Welche Verkehrskreise angesprochen sind, bestimmt sich objektiv nach den dauerhaften, charakteristischen Merkmalen der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und nicht subjektiv nach den individuellen – jederzeit änderbaren – Werbekonzeptionen und Vermarktungsstrategien des Markeninhabers. Nicht objektiv durch die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen vorgegebene, sondern lediglich subjektiv durch den Markeninhaber vorgenommene Beschränkungen der [X.] oder Vertriebswege sind deshalb unbeachtlich. Im nationalen Markenrecht sind ausschließlich inländische Verkehrskreise relevant. Für den Erwerb einer nationalen Marke ist es deshalb unerheblich, ob ausländische Verkehrskreise das Zeichen beschreibend oder nicht unterscheidungskräftig ansehen. Nur im Ausland bestehende Schutzhindernisse sind unbeachtlich (vgl. [X.] [X.], 23. Edition, Stand: 01.10.2020, § 8, Rdnr. 103 ff).

Der Umstand, dass es sich bei der angegriffenen Marke um ein Bildzeichen in kyrillischer Schrift handelt und dass der überwiegende Teil des inländischen Verkehrs die genaue Bedeutung der angegriffenen Marke nicht kennen dürfte, steht der Bejahung des Schutzhindernisses nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] nicht entgegen. Eine beschreibende Bezeichnung in [X.]r Sprache bzw. Schrift kann auch dann freihaltebedürftig sein, wenn sie nicht von dem überwiegenden Teil der allgemeinen inländischen Verkehrskreise, insbesondere nicht der überwiegenden Zahl der Durchschnittsverbraucher, verstanden wird. Denn das Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] erfordert keine einhellige oder überwiegende Verkehrsauffassung. Vielmehr ist ein derartiger beschreibender Charakter in gleicher Weise rechtlich relevant, wenn er nur von den am internationalen Handelsverkehr beteiligten inländischen Fachkreisen erkannt wird (vgl. [X.] GRUR Int. 2003, 243 - Matratzen [X.]/[X.]). Damit können im Einzelfall selbst die Kenntnisse eines relativ kleinen Teils aller beteiligten Verkehrskreise einer Markeneintragung entgegenstehen, zumal jeder Mitbewerber beschreibende Angaben frei verwenden können muss. Daher kann eine fremdsprachige Angabe zur Beschreibung dienen. Maßgeblich ist hierbei, ob davon ausgegangen werden kann, dass die einschlägigen Waren mit den fremdsprachigen Bezeichnungen im Inland vertrieben bzw. diesbezügliche Dienstleistungen angeboten werden und entscheidungserhebliche Verkehrskreise im Inland dies verstehen (vgl. [X.] 2020, 1270 – Sowjetisches Plombir)

Bei den am internationalen Handelsverkehr beteiligten inländischen Fachkreisen kann unterstellt werden, dass sie grundsätzlich in der Lage sind, eindeutig beschreibende Angaben auch in fremder Sprache zu erkennen. Davon ist jedenfalls bei Sprachen fremder [X.] auszugehen, mit denen Handelsbeziehungen im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen bestehen. Vorliegend gilt es zu berücksichtigen, dass die Wirtschaftsbeziehungen zwischen [X.] und [X.] seit dem Zusammenbruch der [X.] im Zuge der Öffnung der Grenzen erheblich intensiviert worden sind. Der Handel mit den baltischen [X.] und [X.] expandiert aufgrund entsprechender Handelsabkommen und Wirtschaftsvereinbarungen, wovon auch der Lebensmittelbereich in ansteigendem Maße profitiert. Dies war bereits bei der Anmeldung und ist – ungeachtet der aktuellen Krimkrise und der daraus resultierenden politischen Spannungen zwischen der [X.] und westlichen [X.] – auch im Entscheidungszeitpunkt der Fall (vgl. BPatG 28 W (pat) 578/12 – Omas Gurken; [X.], 1210 – PLOMBIR).

(2) Entgegen der Auffassung der Markenabteilung 3.4 im Beschluss vom 11. Dezember 2017 besteht im Zusammenhang mit den Waren, die von der angegriffenen Marke beansprucht werden, ein Freihaltungsbedürfnis im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.], da es sich bei ihr um eine Angabe handelt, die Merkmale der beanspruchten Waren benennt.

Ein Zeichen ist beschreibend, wenn es nach Auffassung der angesprochenen Verkehrskreise in zumindest einer seiner möglichen Bedeutungen die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale bezeichnen kann. Es ist dabei nicht erforderlich, dass das Zeichen der üblichen Art und Weise der Bezeichnung solcher Waren oder Dienstleistungen bzw. ihrer Merkmale entspricht. Ebenso wenig ist es erforderlich, dass das Zeichen das Produkt "erschöpfend", d. h. hinsichtlich aller seiner relevanten Merkmale umfassend beschreibt (vgl. [X.] [X.], a. a. [X.], § 8, Rdnr. 162).

Bei der angegriffenen Marke mit ihrer [X.] Bedeutung "besonders" handelt es sich bezogen auf die für sie eingetragenen Waren um eine Beschaffenheitsangabe. Darunter fallen alle sichtbaren und unsichtbaren Eigenschaften einer Ware oder Dienstleistung oder eines nach der Verkehrsauffassung wesentlichen Elements davon.Allgemeine, produktunabhängige Angaben über die Beschaffenheit (z. B. "super", "extra", "Premium" usw.) sind ebenfalls beschreibend, sofern ungeachtet ihrer Unbestimmtheit ein hinreichender Produktbezug besteht (vgl. [X.] [X.], a. a. [X.], § 8, Rdnr. 193, 195). Von letzterem ist vorliegend auszugehen.

"Besonders" stellt eine produktunabhängige Angabe in vorstehendem Sinne dar, die gleichwohl einen hinreichend engen Bezug zu den verfahrensgegenständlichen Waren, hier Lebensmittel des täglichen Gebrauchs, aufweist. Das Adverb bedeutet, dass die gegenständlichen Fleischwaren, Pasteten, Salate und Teigtaschen – unabhängig davon, aus welchem Fleisch sie bestehen, ob sie solches enthalten oder wie es verarbeitet ist - aus der Masse gleichartiger Produkte herausragen und sich von diesen unterscheiden. Die Gründe hierfür können vielfältig sein und müssen aus dem produktunabhängigen Merkmal nicht unmittelbar selbst hervorgehen. So können die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren beispielsweise aufgrund ihrer Qualität oder ihrer Zusammensetzung, aber auch wegen ihres Geschmacks "besonders" gegenüber vergleichbaren Erzeugnissen sein. Weiterhin ist es möglich, dass sich die solchermaßen gekennzeichneten Lebensmittel gegenüber Vergleichswaren aufgrund ihrer besonderen Herkunft (etwa aus einer kleinen, hochspezialisierten Manufaktur) von letzteren abheben.

Der inländische Verkehrskreis des Fachhandels wird das Anmeldezeichen mithin in seiner [X.] Bedeutung "besonders" lediglich als Beschaffenheitsangabe auffassen. Dies war schon zum Anmeldezeitpunkt im Jahr 2005 der Fall, da bereits damals rege Handelsbeziehungen zu [X.] bestanden, was die Annahme eines nicht nur zum Entscheidungszeitpunkt vorliegenden Freihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] begründet.

2. Ist die Eintragung der angegriffenen Marke bereits aufgrund des Bestehens eines Freihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zu löschen, kann im Ergebnis dahinstehen, ob der Eintragung auch das Schutzhindernis des Fehlens der Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] entgegenstand. Die Löschungsantragstellerin hat sich im Rahmen der Begründung ihres Löschungsantrags nicht auf dieses Schutzhindernis berufen. Soweit das [X.] in seinem angegriffenen Beschluss angenommen hat, der Verweis der Löschungsantragstellerin auf Entscheidungen, in denen [X.] Begriffen die herkunftshinweisende Eignung abgesprochen worden sei, könne als Berufung auch auf den Löschungsgrund des § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] ausgelegt werden, erscheint dies zweifelhaft. Da vorliegend jedoch bereits das Schutzhindernis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] zu bejahen ist, bedarf es hierzu keiner weiteren Ausführungen.

3. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.], da [X.] für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen noch ersichtlich sind.

Dies gilt auch für die Kosten des Verfahrens vor dem [X.]. Die Beschwerdeführerin hat sich zwar nicht ausdrücklich gegen die Kostenentscheidung der Markenabteilung 3.4 in dem Beschluss vom 11. Dezember 2017 gewandt, nach der jeder Beteiligte seine Kosten selbst trägt. Da sie jedoch Beschwerde gegen den Beschluss in seiner Gesamtheit eingelegt hat, ist davon auszugehen, dass sie alle Ziffern des Tenors und somit auch die Kostenentscheidung angreift. Es sind jedoch auch in Bezug auf das Amtsverfahren keine [X.] erkennbar, die eine Kostenauferlegung nach § 63 Abs. 1 Satz 1 [X.] angezeigt erscheinen lassen. Ebenso ist seitens der Beschwerdeführerin hierzu nichts vorgetragen worden, so dass es bei dem [X.] zu Ziffer 2 des Tenors des Beschlusses vom 11. Dezember 2017 verbleibt.

4. Ebenso begegnet die nach § 63 Abs. 2 Satz 1 [X.] i. V. m. § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG erfolgte und ebenfalls angegriffene Festsetzung des [X.] gemäß Ziffer 3 des Tenors des besagten Beschlusses keinen rechtlichen Bedenken, so dass es bei ihr verbleibt.

Meta

28 W (pat) 20/18

29.01.2021

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 50 Abs 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 29.01.2021, Az. 28 W (pat) 20/18 (REWIS RS 2021, 9068)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 9068

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