Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.07.2020, Az. 28 W (pat) 21/18

28. Senat | REWIS RS 2020, 167

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - „Крмелёвскaя (Wort-Bildmarke)“ – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markeneintragung 305 69 896

(hier: Löschungsverfahren S 164/14 Lösch)

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] am 22. Juli 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, des [X.] [X.] und des [X.] Dr. Söchtig

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Bildzeichen

Abbildung

2

ist am 22. November 2005 zur Eintragung als Marke angemeldet und am 2. März 2006 in das beim [X.] geführte Register für die nachfolgenden Waren eingetragen worden:

3

Klasse 29: Fleisch; Fleischwaren, eingesalzen; [X.]; Wurst; Wurstwaren; Schinken; Fisch; Geflügel; Wild; Fleischextrakte; Pasteten, soweit in Klasse 29 enthalten; Feinkostsalate, soweit in Klasse 29 enthalten;

4

Klasse 30: Pasteten und Teigtaschen mit Fleischfüllung, soweit in Klasse 30 enthalten.

5

Die Löschungsantragstellerin hat am 16. Mai 2014 die vollständige Löschung der Eintragung, die am 7. April 2006 veröffentlicht wurde, beantragt, da an der Marke ein Freihaltbedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] bestehe und sie darüber hinaus nicht über die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] verfüge.

6

Der Löschungsantrag ist der Inhaberin der angegriffenen Marke am 24. Juni 2014 zugestellt worden. Sie hat der Löschung mit Schriftsatz vom 27. Juni 2014, eingegangen beim [X.] am selben Tag, widersprochen und ist dem Antrag auch inhaltlich entgegengetreten.

7

Das [X.], Markenabteilung 3.4, hat den Löschungsantrag mit Beschluss vom 11. Dezember 2017 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach Auffassung der Markenabteilung stelle sich die angegriffene Marke nicht als beschreibende Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] dar und verfüge auch über hinreichende markenrechtliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

8

Die Beteiligten stimmten darin überein, dass die angegriffene Marke transliteriert „[X.]evskaja“ laute und das Adjektiv von „[X.]“ sei. Unabhängig davon, ob damit ausschließlich der [X.]er [X.], also die Residenz des [X.] Zaren und der heutige Regierungssitz, oder das burgartige historische Zentrum vieler [X.] Städte gemeint sei, stelle sich das Markenwort für die von der Anmeldung umfassten [X.] und Salate nicht als unmittelbar beschreibende [X.] dar. Es könne zwar die von der Löschungsantragstellerin angeführten Assoziationen mit der Ausrichtung der so bezeichneten Produkte auf die Bedürfnisse und Erwartungen der herrschenden Schicht bzw. der [X.] hervorrufen und damit indirekt eine Wertigkeit und Exklusivität suggerieren. Letztendlich sei der Ausdruck aber zu ungewöhnlich und zu wenig konkret für eine klare Eigenschaftsangabe.

9

Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Ausdruck „[X.]“ bzw. „kremlartig“ oder „kremlgemäß“ im [X.] Sprachgebrauch abweichend hierzu eingesetzt werde, sprich, dass es sich hierbei um einen rein warenbeschreibenden Hinweis etwa im Sinne einer bestimmten Qualitätsangabe handele, der als solcher für den Im- und Export freizuhalten wäre. Die diesbezüglich von der Löschungsantragstellerin vorgelegten Dokumente seien nicht geeignet, dies zu belegen. Dies gelte gleichermaßen für die Behauptung, es handele sich bei der angegriffenen Marke um eine bekannte Sortenbezeichnung für [X.] Wurstwaren. Schließlich könne auch der Hinweis auf die staatliche Zertifizierung nicht überzeugen, die im Übrigen seitens der Markenabteilung nicht hätte verifiziert werden können. Zudem ergebe sich weder aus dem Vortrag der Löschungsantragstellerin noch aus dem vorgelegten Gutachten des [X.] Forschungsinstituts [X.], in welchem Zusammenhang ein genormter Qualitätsstandard für ein Produkt mit der jeweiligen Produktbezeichnung stehe. Allein aus dem unterstellten Vorhandensein eines ([X.]) Standards ließe sich nicht ohne Weiteres schließen, dass es sich bei der Bezeichnung eines Produkts, welches diesem Standard entspreche, um eine Sorten- oder Gattungsbezeichnung handele. Hierfür hätte es weiterführender Angaben, etwa aus offiziellen [X.] Quellen, bedurft.

Der angegriffenen Marke, so das [X.] weiter, könne auch nicht jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden. Die Mehrheit der angesprochenen inländischen [X.]e verstünden bereits den Bedeutungsgehalt der angegriffenen Marke nicht. Die beanspruchten Waren, welche keine Konkretisierung auf [X.] Spezialitäten aufwiesen, richteten sich an die inländische Gesamtbevölkerung. Allerdings seien nur weniger als 10 % der inländischen Verbraucher der [X.] Sprache mächtig. Auch wenn für letztere der beschreibende Gehalt der Marke im Vordergrund stehen sollte, so handele es sich bei diesen jedoch nur um einen unwesentlichen und damit nicht den maßgeblichen Teil des angesprochenen Verkehrs.

Hiergegen wendet sich die Löschungsantragstellerin mit ihrer Beschwerde vom 26. Januar 2018, welche sie binnen der ihr hierzu gesetzten (und einmalig verlängerten Frist) nicht weiter begründet hat.

Im Verfahren vor dem [X.] hat sie im Wesentlichen vorgetragen, das [X.], in kyrillischen Buchstaben wiedergegebene Markenwort, das transliteriert „[X.]evskaja“ heiße, sei die adjektivische Form von „[X.]“ und weise auf den [X.]er [X.], den historischen und politischen Mittelpunkt [X.] hin. In Verbindung mit Lebensmitteln deute es damit auf deren hohen Wert, Qualität und Exklusivität hin. Zudem habe sich die Marke im russischsprachigen Raum als Sortenbezeichnung für hochwertige geräucherte Wurst durchgesetzt und werde von zahlreichen Wurstherstellern verwendet. Es gebe sogar eine staatliche Zertifizierung, was bedeute, dass sich die Hersteller so bezeichneter Wurstwaren an die vorgeschriebene Rezeptur halten müssten und die Marke, die in diesen Normen (GOST bzw. [X.]) beschrieben sei, frei verwendbar für alle Hersteller sein müsse. Ihre Eignung zur Eigenschaftsbeschreibung sei auch in [X.] zu berücksichtigen, da dort ein nicht zu vernachlässigendes Marktsegment für [X.] Lebensmittel entstanden sei, zumal der Anteil der russischsprachigen Konsumenten 8 bis 10 Millionen Personen betrage.

Darüber hinaus fehle der angegriffenen Marke auch die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft. Ihre Inhaberin habe sich mit ihren Waren auf Personen konzentriert, welche der [X.] Sprache mächtig seien. Diese würden in der angegriffenen Marke jedoch keinen Hinweis auf die Herkunft der Waren, sondern auf hochwertige Lebensmittel sowie auf eine von verschiedenen Herstellern produzierte Wurstsorte sehen.

Die Löschungsantragstellerin hat mit ihrer Beschwerde keinen Antrag verbunden.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen sowie

für den Fall, dass die Beschwerde zurückgenommen wird, der Löschungsantragstellerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Auch die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich im Beschwerdeverfahren inhaltlich nicht weiter zur Sache eingelassen. Im Verfahren vor dem [X.] hat sie ausgeführt, die angegriffene Marke beziehe sich nicht ausschließlich auf den [X.]er [X.], sondern auf irgendeinen in [X.] befindlichen [X.], nämlich auf eine Burg. In dieser Bedeutung könne ihr jedoch keine Sachaussage entnommen werden. Auch komme sie nicht als geografische Herkunftsangabe in Betracht. Selbst wenn die angegriffene Marke ausschließlich als Hinweis auf den [X.] in [X.] verstanden würde, komme sie nicht als Herkunftsangabe in Betracht, weil an einem Regierungssitz regelmäßig keine Lebensmittel erzeugt würden. Da die Mehrheit der angesprochenen inländischen [X.]e, an welche sich die angegriffene Marke richte, der [X.] Sprache nicht mächtig seien, eigne sie sich weder zur Beschreibung, noch werde sie als reiner Kaufappell ohne jegliche Hinweiswirkung verstanden. Da es allein auf das inländische Verkehrsverständnis ankomme, sei es unerheblich, ob der Begriff in [X.] eine gebräuchliche Bezeichnung sei, wobei die von der Löschungsantragstellerin diesbezüglich vorgelegten Dokumente Entsprechendes schon nicht belegen würden. Ebenso wenig sei entscheidungsrelevant, ob in [X.] staatliche Vorschriften betreffend die angegriffene Marke bestünden, denn auch diese hätten für den [X.] Markt keinerlei Bedeutung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das [X.] in seinem angegriffenen Beschluss festgestellt, dass der Eintragung der angegriffenen Marke kein Freihaltebedürfnis (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]) und auch nicht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) entgegenstand.

1. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat der Löschung mit am 27. Juni 2014 beim [X.] eingegangenem Schreiben und damit innerhalb der 2-Monatsfrist des § 54 Abs. 2 Satz 2 [X.] widersprochen, da ihr der Löschungsantrag am 24. Juni 2014 zugestellt worden ist. Zudem ist der Löschungsantrag am 17. Mai 2014, folglich binnen der 10-Jahresfrist gemäß § 50 Abs. 2 Satz 2 [X.] a. F. i. V. m. § 158 Abs. 8 Satz 2 [X.] gestellt worden, so dass das Löschungsverfahren durchzuführen war.

2. Die Feststellungslast für das Vorliegen eines absoluten Schutzhindernisses zum Eintragungszeitpunkt nach § 50 Abs. 1 [X.] trifft den Antragsteller des [X.]. Es kommt nicht darauf an, ob die Eintragung fehlerhaft erfolgt ist, sondern ob das Schutzhindernis tatsächlich vorlag. Lässt sich im Nachhinein nicht mehr mit der erforderlichen Sicherheit aufklären, ob ein Schutzhindernis zum Eintragungszeitpunkt bestand, gehen verbleibende Zweifel zu Lasten des Antragstellers des [X.] (vgl. [X.], 138 - ROCHER-Kugel).

3. Dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] unterfallen solche Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. [X.] GRUR 2004, 680 - [X.]; [X.], 723 - Chiemsee).

Mit dem [X.] ist davon auszugehen, dass die angegriffene Marke auch in ihrer [X.] Bedeutung eines Adjektivs zum Begriff „[X.]“ keinen beschreibenden Sinngehalt in Verbindung mit den beanspruchten Waren gegenüber den inländischen [X.]en vermittelt.

Maßgeblich für die Beurteilung der Verkehrsauffassung sind sämtliche [X.]e, die als Abnehmer oder Interessenten der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommen oder mit deren Vertrieb befasst sind, einschließlich solcher, die nur gelegentlich mit diesen in Berührung kommen. Es können dabei auch mehrere [X.]e mit ggf. jeweils unterschiedlicher Verkehrsauffassung zugleich maßgeblich sein, mit der Folge, dass das Zeichen dann nach Auffassung aller relevanten [X.]e unterscheidungskräftig sein muss. Dagegen ist es unerheblich, wenn ausschließlich nicht angesprochene (und damit irrelevante) [X.]e dem Zeichen keinen Herkunftshinweis entnehmen. Welche [X.]e angesprochen sind, bestimmt sich objektiv nach den dauerhaften, charakteristischen Merkmalen der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und nicht subjektiv nach den individuellen – jederzeit änderbaren – Werbekonzeptionen und Vermarktungsstrategien des Markeninhabers. Nicht objektiv durch die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen vorgegebene, sondern lediglich subjektiv durch den Markeninhaber vorgenommene Beschränkungen der [X.] oder Vertriebswege sind deshalb unbeachtlich. Im nationalen Markenrecht sind ausschließlich inländische [X.]e relevant. Für den Erwerb einer nationalen Marke ist es deshalb unerheblich, ob ausländische [X.]e das Zeichen beschreibend oder nicht unterscheidungskräftig ansehen. Nur im Ausland bestehende Schutzhindernisse sind unbeachtlich (vgl. [X.] [X.], 18. Edition, Stand: 01.07.2019, § 8, Rdnr. 103).

Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob vorliegend auf den [X.] der (inländischen) Verbraucher oder auf den des (inländischen) Handels (mithin die Fachkreise) abzustellen ist, da sich die angegriffene Marke in beiden Fällen als schutzfähig erweist.

a) Dies gilt zunächst für den [X.] der inländischen Verbraucher. Da es sich bei den von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren um Lebensmittel des täglichen Bedarfs handelt und das [X.] auch keinerlei Einschränkung auf den [X.] oder den Ursprung der Waren aufweist, ist auf die breite Masse der inländischen Verbraucher abzustellen. Dass ein relevanter Teil der inländischen Gesamtbevölkerung die angegriffene Marke als ein von dem [X.] Wort für „[X.]“ abgeleitetes Adjektiv im Sinne von „kremlartig“ oder „kremlgemäß“ auffassen wird, erscheint unwahrscheinlich, da nur ein geringer Prozentsatz der inländischen Bevölkerung der [X.] Sprache mächtig ist. Dies bedarf im Ergebnis jedoch keiner Entscheidung. Selbst wenn man nämlich zu Gunsten der Löschungsantragstellerin ein solches Verständnis der Gesamtbevölkerung unterstellen wollte oder den [X.] der russischsprachigen inländischen Bevölkerung als relevanten [X.] ansehen würde, würde dies dem Löschungsantrag nicht zum Erfolg verhelfen.

(1) Im Sinne von „kremlartig“, respektive „burgartig“ benennt die angegriffene Marke keine Eigenschaften der verfahrensgegenständlichen Waren „Fleisch; Fleischwaren, eingesalzen; [X.]; Wurst; Wurstwaren; Schinken; Fisch; Geflügel; Wild; Fleischextrakte; Pasteten, soweit in Klasse 29 enthalten; Feinkostsalate, soweit in Klasse 29 enthalten“ sowie „Pasteten und Teigtaschen mit Fleischfüllung, soweit in Klasse 30 enthalten“. Zwar ist der Löschungsantragstellerin dahingehend beizupflichten, dass speziell in der [X.], aber auch noch heute Gäste einer Regierung an deren Sitz (ein Begriffsverständnis der angesprochenen [X.]e dergestalt unterstellt, dass diese in der angegriffenen Marke ausschließlich einen Hinweis auf den [X.] in [X.] sehen) regelmäßig in besonderer Weise bewirtet werden, wozu auch die Reichung besonders hochwertiger Speisen gehört. Allerdings handelt es sich hierbei um allenfalls vage Gedankenverknüpfungen, die keine konkreten Vorstellungen über die Qualität oder sonstige Merkmale der in Rede stehenden Speisen vermitteln können. Lediglich beschreibende Anklänge und Andeutungen stehen einer Eintragung jedoch nicht entgegen, denn der Verkehr nimmt ein Zeichen in der Regel so wahr, wie es ihm entgegentritt, und unterwirft es keiner analysierenden, möglichen beschreibenden Begriffsinhalten nachgehenden Betrachtung. Ein merkmalsbeschreibender Inhalt, der – wie vorliegend der Fall – allenfalls erst nach mehreren Gedankenschritten erkennbar wird, ist daher unschädlich ([X.], 729, Rdnr. 14 - [X.]; [X.] [X.], 18. Edition, Stand: 01.07.2019, § 8, Rdnr. 165).

(2) Zudem konnte nicht festgestellt werden, dass das in [X.] gegebenenfalls anderweitige Sprachverständnis der angegriffenen Marke auch bei den inländischen [X.]en, auf die es vorliegend abzustellen gilt, anzutreffen ist.

Zutreffend hat das [X.] darauf hingewiesen, dass die von der Löschungsantragstellerin vorgelegten [X.] nicht geeignet sind, das von ihr behauptete Verständnis zu belegen. Aber auch Recherchen des Senats haben nicht ergeben, dass die angegriffene Marke in [X.] im Sinne eines Qualitätshinweises verstanden wird. Um dies zu belegen, hat die Löschungsantragstellerin zwar mit ihren Schriftsätzen vom 15. Mai 2014 sowie vom 17. Dezember 2014 verschiedene [X.] vorgelegt. Hierbei ist jedoch zunächst auffällig, dass die angegriffene Marke dort oftmals in Anführungszeichen zu finden ist, was auf eine markenmäßige und nicht auf eine beschreibende Verwendung schließen lässt. Hinzu kommt, dass nahezu alle vorgelegten Nachweise ausschließlich in [X.] Sprache gehalten sind und die Löschungsantragstellerin jeden substantiierten Vortrag, in welchem konkreten Umfeld die verfahrensgegenständliche Bezeichnung dort genannt wird, schuldig geblieben ist. Allein die Einreichung von (überwiegend) fremdsprachigen Internetausdrucken ohne jedwede nähere Erläuterung derselben ist als Beleg einer beschreibenden Verwendung ungeeignet, zumal die [X.] ist (§ 184 GVG). Hinzu kommt, dass einige [X.] zwar in [X.] vorgelegt wurden. Sie betreffen jedoch die Bezeichnung „[X.]“ und nicht das entsprechende verfahrensgegenständliche Adjektiv.

Dass die angegriffene Marke als Sachangabe oder Gattungsbezeichnung in Verbindung mit der ebenfalls beanspruchten Ware „Fisch“ aufgefasst wird, hat die Löschungsantragstellerin bereits nicht behauptet.

Ferner ist der Hinweis der Löschungsantragstellerin auf eine Vielzahl von Unternehmen in [X.], welche die angegriffene Marke als Gattungsbezeichnung verwenden würden, nicht geeignet, ein entsprechendes Verkehrsverständnis in [X.], geschweige denn in [X.] zu belegen. Zutreffend hat das [X.] darauf hingewiesen, dass die von der Löschungsantragstellerin ins Feld geführten [X.] auch dafürsprechen könnten, dass es sich um eine beliebte Kennzeichnung handelt, die von verschiedenen Anbietern markenmäßig verwendet wird, möglicherweise auch im Rahmen einer Lizenzvereinbarung. Trotz der ihr obliegenden Mitwirkungspflicht sowie Darlegungslast (vgl. hierzu [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 12. Auflage, § 54, Rdnr. 21) hat die Löschungsantragstellerin ihren entsprechenden Vortrag auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nicht näher substantiiert.

b) Auch wenn auf den [X.] als weiteren angesprochenen [X.] abgestellt wird, verhilft dies dem Löschungsbegehren der Antragstellerin vorliegend nicht zum Erfolg.

Bei den am internationalen Handelsverkehr beteiligten inländischen Fachkreisen kann unterstellt werden, dass sie grundsätzlich in der Lage sind, eindeutig beschreibende Angaben auch in fremder Sprache zu erkennen. Davon ist jedenfalls bei Sprachen fremder [X.] auszugehen, mit denen Handelsbeziehungen im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen bestehen. Vorliegend gilt es zu berücksichtigen, dass die Wirtschaftsbeziehungen zwischen [X.] und [X.] seit dem Zusammenbruch der [X.] im Zuge der Öffnung der Grenzen erheblich intensiviert worden sind. Der Handel mit den baltischen [X.] und [X.] expandiert aufgrund entsprechender Handelsabkommen und Wirtschaftsvereinbarungen, wovon auch der Lebensmittelbereich in ansteigendem Maße profitiert. Dies war bereits bei der Anmeldung und ist – ungeachtet der aktuellen Krimkrise und der daraus resultierenden politischen Spannungen zwischen der [X.] und westlichen [X.] – auch im Entscheidungszeitpunkt der Fall (vgl. BPatG 28 W (pat) 578/12 - Omas Gurken; BPatG 28 W (pat) 27/13 - PLOMBIR).

Wie bereits ausgeführt, sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die angegriffene Marke in [X.] im Sinne einer Qualitätsangabe oder als Gattungsbezeichnung verstanden wurde, respektive wird, so dass allein schon hierauf basierend für die Annahme eines entsprechenden Verständnisses des inländischen Handels kein Raum ist.

Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen der Löschungsantragstellerin zur staatlichen Zertifizierung einer Wurstsorte in [X.] in Form von [X.] bzw. [X.]-Standards. Ausweislich des von ihr vorgelegten Gutachtens des [X.] Forschungsinstituts [X.] (vgl. Anlage 3 zum Schriftsatz vom 17. Dezember 2014) existiert in [X.] eine Norm [X.] 9213-859-00419779-05 betreffend eine „Halbdauerwurst mit Nahrungszusätzen der Firma [X.]“ mit dem Namen „[X.]evskaja“. Welche konkrete Zusammensetzung diese Wurst aufweisen muss, ist dem Gutachten nicht zu entnehmen. Die vorstehende Norm gibt explizit vor, der Wurst „Nahrungszusätze der Firma [X.]“, mithin eines ganz bestimmten Herstellers beizufügen. Dies spricht dafür, dass die Norm nicht eine bestimmte Wurstsorte, sondern ein besonderes Produkt eines einzelnen Herstellers zum Gegenstand hat. Hinzu kommt, dass die von der Löschungsantragstellerin ins Feld geführte Normierung ausweislich des genannten Gutachtens erst im Jahr 2005 in [X.] getreten ist, mithin genau in dem Jahr, in dem die angegriffene Marke angemeldet worden ist. Zu diesem Zeitpunkt handelte es sich somit nicht um eine traditionelle, langjährig bestehende gesetzliche Normierung. Nicht ausgeschlossen ist ferner, dass andere Wurstsorten, die ebenfalls der angeführten Norm entsprechen, unter anderen Bezeichnungen in [X.] angeboten, respektive dorthin importiert werden dürfen. Allein aus dem Vorhandensein einer gesetzlichen Normierung als solcher kann – ohne weitere Angaben zu den tatsächlichen Verhältnissen in [X.] – nicht darauf geschlossen werden, dass sich eine bestimmte Bezeichnung allein hierauf basierend zu einer beschreibenden Angabe oder einer Gattungsbezeichnung entwickelt hat. Einen solchen substantiierten Nachweis ist die Löschungsantragstellerin ebenfalls schuldig geblieben. Weiter fehlt jeder Vortrag dahingehend, warum die inländischen Fachkreise gerade von dieser gesetzlichen Normierung hätten Kenntnis haben sollen.

c) Ebenso stellt die angegriffene Marke – unabhängig von dem angesprochenen [X.] – keine geografische Herkunftsangabe dar. Eine solche unterfällt § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.], wenn sie vom Verkehr mit den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen gegenwärtig in Verbindung gebracht wird oder dies vernünftigerweise für die Zukunft zu erwarten ist. Dafür genügt es nicht, dass der Verkehr in dem Zeichen allgemein eine geografische Angabe sieht. Vielmehr muss es gerade in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen als geografische Angabe aufgefasst werden (vgl. [X.] [X.], 18. Edition, Stand: 01.07.2019, § 8, Rdnr. 217 ff). Vorliegend kommt weder der noch ein [X.] als Herstellungs- oder Vertriebsstätte der beanspruchten Waren in Betracht. Dafür, dass sich dies zukünftig möglicherweise ändern wird, ist ebenfalls nichts ersichtlich.

4. Aus vorstehend Gesagtem folgt im Ergebnis weiter, dass die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke auch nicht auf das Schutzhindernis des Fehlens der Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] gestützt werden kann. Es ist nämlich nicht mit der hierfür erforderlichen Sicherheit der beschreibende Sinngehalt der gegenständlichen Bezeichnung zum Zeitpunkt der Anmeldung als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag feststellbar.

5. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.], da [X.] für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen noch ersichtlich sind. Lediglich klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass die Inhaberin der angegriffenen Marke einen Kostenantrag unter der Bedingung gestellt hat, dass die Löschungsantragstellerin ihre Beschwerde zurücknimmt, wozu sich diese jedoch nicht hat entschließen können.

Meta

28 W (pat) 21/18

22.07.2020

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 22.07.2020, Az. 28 W (pat) 21/18 (REWIS RS 2020, 167)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 167

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