Bundespatentgericht, Beschluss vom 24.11.2020, Az. 28 W (pat) 14/18

28. Senat | REWIS RS 2020, 276

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – Löschungsverfahren - „Лaкoмкa (Wort-Bildmarke)“ – Unterscheidungskraft – kein Freihaltungsbedürfnis


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Markeneintragung 305 31 255

(hier: Löschungsverfahren S 171/14 Lösch)

hat der 28. Senat ([X.]) des [X.] am 24. November 2020 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] Prof. Dr. Kortbein, des [X.] [X.] und des [X.] Dr. Söchtig

beschlossen:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das Wort-/Bildzeichen

Abbildung

2

ist am 30. Mai 2005 zur Eintragung als Marke angemeldet und am 13. September 2005 in das beim [X.] geführte Register für die nachfolgenden Waren eingetragen worden:

3

Klasse 29: Fleisch; Fleischwaren, eingesalzen; [X.]; Wurst; Wurstwaren; Schinken; Fisch; Geflügel; Wild; [X.]; Pasteten, soweit in Klasse 29 enthalten; Feinkostsalate;

4

Klasse 30: Pasteten und Teigtaschen mit Fleischfüllung, soweit in Klasse 30 enthalten.

5

Die Löschungsantragstellerin hat am 4. Juni 2014 die vollständige Löschung der Eintragung, die am 14. Oktober 2005 veröffentlicht wurde, beantragt, da an der Marke ein Freihaltbedürfnis gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] bestehe und sie darüber hinaus nicht über die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] verfüge.

6

Der Löschungsantrag ist der Inhaberin der angegriffenen Marke am 15. Juli 2014 zugestellt worden. Sie hat der Löschung mit Schriftsatz vom 24. Juli 2014, eingegangen beim [X.] am selben Tag, widersprochen und ist dem Antrag auch inhaltlich entgegengetreten.

7

Mit Schriftsatz vom 17. Juni 2015 hat die Inhaberin der angegriffenen Marke gegenüber dem [X.] auf den Schutz ihrer Marke für die Waren "Fleisch", "Geflügel" und "Wild" in Klasse 29 verzichtet.

8

Das [X.], Markenabteilung 3.4, hat den Löschungsantrag mit Beschluss vom 11. Dezember 2017 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach Auffassung der Markenabteilung stelle sich die angegriffene Marke nicht als beschreibende Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] dar und verfüge auch über hinreichende markenrechtliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.].

9

Beide Beteiligte stimmten darin überein, dass die angegriffene Marke transliteriert "[X.]" laute und im [X.] u. a. mit "[X.]" zu übersetzen sei. Nach Auffassung der Antragstellerin kämen ihr daneben auch Bedeutungen, wie "[X.]" oder "Gourmet" zu, was sich jedoch im Wege einer amtsseitigen Recherche in [X.], wie "[X.]" oder "pons.com", nicht habe verifizieren lassen. Unabhängig davon beschreibe keine dieser Bedeutungen die von der Anmeldung umfassten Wurst-, Fleisch- und Teigwaren sowie Salate unmittelbar. Das Anmeldezeichen könne zwar die von der Löschungsantragstellerin angeführten Assoziationen im Hinblick auf eine Ausrichtung der so bezeichneten Produkte auf die Bedürfnisse und Erwartungen von erwachsenen oder auch kindlichen Feinschmeckern auslösen und damit indirekt eine besondere Schmackhaftigkeit suggerieren. Letztlich sei der Ausdruck aber zu ungewöhnlich und zu wenig konkret für eine klare Eigenschaftsangabe.

Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Ausdruck "[X.]" im [X.] Sprachgebrauch abweichend hierzu eingesetzt werde, sprich, dass es sich hier tatsächlich um einen warenbeschreibenden Hinweis etwa im Sinne einer bestimmten Qualitäts(stufen)angabe handele, der als solcher für den Im- und Export freizuhalten wäre. Dies habe die insoweit darlegungspflichtige Löschungsantragstellerin nicht überzeugend zu belegen vermocht. Sofern sie sich auf vorgelegte [X.] im [X.] Markt berufen habe, könne nicht abschließend beurteilt werden, ob es sich hierbei tatsächlich um einen produktbeschreibenden oder vielmehr um einen rein werbemäßigen Gebrauch handele. Denn – wie die [X.] zutreffend angemerkt habe – sei die streitgegenständliche Bezeichnung mehrheitlich in Anführungszeichen oder titelartig wiedergegeben, was eher auf eine markenmäßige Benutzung schließen lasse. Für einen unmittelbar warenbeschreibenden Gebrauch lägen damit keine stützenden Anhaltspunkte vor. Dies gelte auch für die Behauptung, es handele sich um eine bekannte Sortenbezeichnung für [X.] Wurstwaren. Auch hier lasse sich nicht mit der für eine Löschung nach § 50 [X.] erforderlichen Eindeutigkeit feststellen, ob dieser Sachvortrag, dem die [X.] ausdrücklich widersprochen habe, zutreffe. Allein der Umstand, dass die Bezeichnung von mehreren Unternehmen verwendet werde, belege dies noch nicht ausreichend, da es sich auch um eine beliebte Kennzeichnung handeln könne, die von verschiedenen Anbietern markenmäßig verwendet werde. Für letzteres spreche die Wiedergabe in Anführungszeichen bzw. als Überschrift in den hierzu vorgelegten Nachweisen.

Auch der Hinweis auf eine staatliche Zertifizierung vermöge nicht zu überzeugen. Zunächst sei es der Löschungsabteilung nicht möglich gewesen, die angegebenen Normen in der Datenband der [X.] ([X.]) zu recherchieren. Abgesehen davon ergebe sich weder aus dem Vortrag der Löschungsantragstellerin noch aus der Stellungnahme des [X.]", in welchem Zusammenhang das Bestehen eines genormten Qualitätsstandards für ein Produkt mit der jeweiligen Produktbezeichnung stehe. Gemäß Eintrag in der [X.] zu "[X.] Standart" bestehe für alle Waren, die in die [X.] eingeführt würden, eine Zertifizierungspflicht. Das bedeute, die Produkte müssten bestimmten technischen, hier lebensmitteltechnischen Vorgaben entsprechen. Damit scheine ein [X.] vergleichbar mit den in [X.] bekannten DIN-Normen oder [X.] zu sein. [X.] zufolge setze sich die GOST-Norm aus dem Akronym "GOST" (in kyrillischen Buchstaben), einer Nummer, einem Bindestrich sowie einer abschließenden zweistelligen Zahl zusammen. Dass damit zugleich eine bestimmte Bezeichnung einhergehe bzw. dass mit der Definition der technischen Vorgaben auch eine Art allgemeine Sortenbezeichnung festgelegt werde, ließe sich hingegen nicht feststellen.

Allein aus dem Vorhandensein eines [X.]s ließe sich nicht ohne Weiteres darauf schließen, dass es sich bei der Bezeichnung eines Produkts, das diesem Standard entspreche, um eine Sorten- oder Gattungsangabe handele. Hierfür hätte es weiterführender Angaben, etwa aus offiziellen [X.] Quellen, z. B. vergleichbar dem von der Löschungsantragstellerin zitierten [X.] Lebensmittelbuch, bedurft.

Zusammenfassend sei festzuhalten, dass jedenfalls unter Berücksichtigung des Vortrags der insoweit darlegungspflichtigen Löschungsantragstellerin, der von ihr beigebrachten Unterlagen sowie einer ergänzenden Amtsrecherche nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden könne, dass das Markenwort eine rein beschreibende Eigenschafts- oder Sortenangabe in Verbindung mit den beanspruchten Waren sei, das als solches für die Mitbewerber der [X.] zur Benennung ihrer eigenen Warenangebote zwingend benötigt werde. Die bestehende Unklarheit in Bezug auf den Sachverhalt, dessen zugrundeliegenden ausländischen Umstände für das Amt nur schwer zugänglich seien, gingen insoweit zu Lasten der Löschungsantragstellerin als derjenigen, die sich auf das Vorliegen des Schutzhindernisses berufe.

Die angegriffene Marke sei daher nicht als beschreibende Angabe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] vom Schutz auszuschließen. Ihr könne auch nicht jegliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] abgesprochen werden.

Es könne dahingestellt bleiben, ob die Marke tatsächlich ein reines Werbeschlagwort darstelle, weil die Mehrheit der angesprochenen inländischen [X.]e den Bedeutungsgehalt des [X.] Wortes nicht verstehe, was bei einem in kyrillischer Schrift wiedergegebenen Begriff noch eher anzunehmen sei als bei einem [X.] Wort in [X.] Schreibweise, das u. U. auch von inländischen Verbrauchern mit Interesse an der [X.] Küche verstanden werde. Folglich sei nicht davon auszugehen, dass die Marke ausschließlich als üblicher Werbeausdruck aufgefasst werde.

Die beteiligten [X.]e bestimmten sich nach den von der Marke beanspruchten Waren, bei denen es sich vornehmlich um Fleisch-, Wurst- und Teigwaren ohne jegliche Konkretisierung auf [X.] Spezialitäten handele. Mithin richte sich die Marke an die Gesamtbevölkerung.

In [X.] beherrschten ca. 6 Millionen Einwohner die [X.] Sprache, also weniger als 10 % der Gesamtbevölkerung. Auch wenn für diese der beschreibende Gehalt der Marke im Vordergrund stehen sollte, so handele es sich dabei jedoch nur um einen unwesentlichen Teil des angesprochenen Verkehrs, dessen Auffassung für die Frage, ob einer Marke hinreichend markenrechtliche Unterscheidungskraft zukomme, nicht maßgeblich sein könne. Vielmehr ergebe sich im Umkehrschluss aus der Regelung des § 8 Abs. 3 [X.], dass eine Marke dann über Unterscheidungskraft verfüge, wenn sie von einem erheblichen Teil der [X.]e als Herkunftshinweis aufgefasst werde. Da hinsichtlich des Umfangs der maßgeblichen [X.]e keine grundsätzlichen Unterschiede zwischen originärer und durch Verkehrsdurchsetzung erworbener Unterscheidungskraft bestünden, sei auf die Sichtweise von mehr als 50 % des Verkehrs abzustellen. Somit verfüge die angegriffene Marke im Inland über hinreichende markenrechtliche Unterscheidungskraft.

Hiergegen wendet sich die Löschungsantragstellerin mit ihrer Beschwerde vom 26. Januar 2018, welche sie nicht weiter begründet hat.

Im Verfahren vor dem [X.] hat sie im Wesentlichen vorgetragen, das [X.] Markenwort in kyrillischen Buchstaben, das transliteriert "[X.]" heiße, bedeute auf [X.] "[X.]" oder "Naschkatze". Was jedoch die Verwendung als Warenbezeichnung anbelange, entspreche dieser Begriff sinngemäß am ehesten den Begriffen "[X.]" oder "Gourmet". Er werde meistens in Bezug auf Kinder, die gerne Leckereien naschten, verwendet. Insoweit sei die zentrale Gruppe der Abnehmer der Wurstwaren mit der angegriffenen Marke angesprochen. Außerdem sei sie ein gebräuchlicher Begriff für Wurst und andere Lebensmittel, der von verschiedenen Herstellern verwendet werde und auf besonders gute Geschmackseigenschaften des Produkts hinweisen solle. Die Bezeichnung werde traditionell rein beschreibend als Sortenbezeichnung und Geschmacksangabe benutzt.

Ferner existierten mehr als 100 Arten von Nahrungsmitteln mit der Bezeichnung Abbildung

Die Eignung der angegriffenen Marke zur Eigenschaftsbeschreibung sei auch in [X.] zu berücksichtigen, da dort ein nicht zu vernachlässigendes Marktsegment für [X.] Lebensmittel entstanden sei, zumal es 8 bis 10 Millionen russischsprachige Konsumenten gebe.

Darüber hinaus fehle der angegriffenen Marke auch die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft. Ihre Inhaberin habe sich mit ihren Waren auf Personen konzentriert, welche der [X.] Sprache mächtig seien. Diese würden in dem Markenwort jedoch keinen Hinweis auf die Herkunft der Waren, sondern auf die besonders gute Geschmackseigenschaften der so gekennzeichneten Waren verstehen.

Die Löschungsantragstellerin hat mit ihrer Beschwerde keinen Antrag verbunden.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert. Im Verfahren vor dem [X.] hat sie ausgeführt, die angegriffene Marke bedeute im [X.] "[X.]". Eine unmittelbar beschreibende Aussage vermittele das Wort "[X.]" nicht, weil es als solches nicht eine bestimmte [X.] beschreibe. Unerheblich sei in diesem Zusammenhang, ob eine Bezeichnung möglicherweise die von einer Ware angesprochenen [X.]e bezeichne – hier also "Leckermäuler" von Wurst- und Fleischwaren.

Da die Mehrheit der angesprochenen inländischen [X.]e, an welche sich die angegriffene Marke richte, der [X.] Sprache nicht mächtig seien, eigne sie sich weder zur Beschreibung, noch werde sie als reiner Kaufappell ohne jegliche Hinweiswirkung verstanden. Da es allein auf das inländische Verkehrsverständnis ankomme, sei es unerheblich, ob der Begriff in [X.] eine gebräuchliche Bezeichnung sei, wobei die von der Löschungsantragstellerin diesbezüglich vorgelegten Dokumente Entsprechendes schon nicht belegen würden.

Eine beschreibende Funktion der angegriffenen Marke folge auch nicht etwa daraus, dass in [X.] für die streitgegenständliche Bezeichnung staatliche technische Vorschriften, wie beispielsweise [X.]s, bestünden. Derartige Bestimmungen existierten nämlich in Bezug auf die angegriffene Marke und die registrierten Waren entgegen der Behauptung der Löschungsantragstellerin nicht. Die von ihr insoweit ins Feld geführten Vorschriften bezögen sich nicht auf die hier entscheidungserheblichen Wurst- und Fleisch-, sondern in erster Linie auf Süßwaren. Ausweislich der von der Löschungsantragstellerin eingereichten Dokumente existierten keine technischen Bestimmungen auf dem [X.] Markt für die von der angegriffenen Marke beanspruchten Wurst- und Fleischwaren. Selbst wenn die Behauptung der Löschungsantragstellerin zuträfe, dann hätte dies keine markenrechtliche Bedeutung für den hier entscheidungserheblichen [X.] Markt.

Auf Antrag der [X.] vom 14. Januar 2020, eingegangen beim [X.] am 16. Januar 2020, wurde die Eintragung der angegriffenen Marke aufgrund des Urteils des [X.] vom 12. November 2015 in einem zwischen ersterer und der Inhaberin der angegriffenen Marke geführten Verfahrens mit Wirkung zum 21. Dezember 2015 für die Waren "[X.]", "Schinken", "Fisch", "[X.]" und "Feinkostsalate" gelöscht. Damit ist die angegriffene Marke zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde für folgende Waren eingetragen:

Klasse 29: Fleischwaren, eingesalzen; Wurst; Wurstwaren; Pasteten, soweit in Klasse 29 enthalten;

Klasse 30: Pasteten und Teigtaschen mit Fleischfüllung, soweit in Klasse 30 enthalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das [X.] in seinem angegriffenen Beschluss festgestellt, dass der Eintragung der angegriffenen Marke kein Freihaltebedürfnis (§ 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.]) und auch nicht das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft (§ 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.]) entgegenstand.

1. Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat der Löschung mit am 24. Juli 2014 beim [X.] eingegangenem Schreiben und damit innerhalb der 2-Monatsfrist des § 53 Abs. 4 [X.] widersprochen, da ihr der Löschungsantrag am 15. Juli 2014 zugestellt worden ist. Zudem ist der Löschungsantrag am 4. Juni 2014, folglich binnen der am 13. September 2005 mit der Eintragung der angegriffenen Marke beginnenden 10-Jahresfrist gemäß § 50 Abs. 2 Satz 2 [X.] a. F. i. V. m. § 158 Abs. 8 Satz 2 [X.] gestellt worden, so dass das Löschungsverfahren durchzuführen war.

2. Die Feststellungslast für das Vorliegen eines absoluten Schutzhindernisses zum Eintragungszeitpunkt nach § 50 Abs. 1 [X.] trifft den Antragsteller des [X.]. Es kommt nicht darauf an, ob die Eintragung fehlerhaft erfolgt ist, sondern ob das Schutzhindernis tatsächlich vorlag. Lässt sich im Nachhinein nicht mehr mit der erforderlichen Sicherheit aufklären, ob ein Schutzhindernis zum Eintragungszeitpunkt bestand, gehen verbleibende Zweifel zu Lasten des Antragstellers des [X.] (vgl. [X.], 138 – ROCHER-Kugel).

3. Dem Schutzhindernis des § 8 Abs. 2 Nr. 2 [X.] unterfallen solche Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung oder sonstiger Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Mit diesem Schutzhindernis wird das im Allgemeininteresse liegende Ziel verfolgt, dass alle Zeichen oder Angaben, die Merkmale der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen beschreiben, von allen Unternehmen frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem Unternehmen vorbehalten werden (vgl. [X.] GRUR 2004, 680 – [X.]; [X.], 723 – Chiemsee).

Beide Beteiligte stimmen darin überein, dass die angegriffene Marke transliteriert "[X.]" lautet und im [X.] (u. a.) die Bedeutung "[X.]" hat. In diesem Sinne vermittelt sie in Verbindung mit den beanspruchten Waren keine beschreibende Aussage gegenüber den inländischen [X.]en.

Maßgeblich für die Beurteilung der Verkehrsauffassung sind sämtliche [X.]e, die als Abnehmer oder Interessenten der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen in Betracht kommen oder mit deren Vertrieb befasst sind, einschließlich solcher, die nur gelegentlich mit diesen in Berührung kommen. Es können dabei auch mehrere [X.]e mit ggf. jeweils unterschiedlicher Verkehrsauffassung zugleich maßgeblich sein, mit der Folge, dass das Zeichen dann nach Auffassung aller relevanten [X.]e unterscheidungskräftig sein muss. Dagegen ist es unerheblich, wenn ausschließlich nicht angesprochene (und damit irrelevante) [X.]e dem Zeichen keinen Herkunftshinweis entnehmen. Welche [X.]e angesprochen sind, bestimmt sich objektiv nach den dauerhaften, charakteristischen Merkmalen der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen und nicht subjektiv nach den individuellen – jederzeit änderbaren – Werbekonzeptionen und Vermarktungsstrategien des Markeninhabers. Nicht objektiv durch die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen vorgegebene, sondern lediglich subjektiv durch den Markeninhaber vorgenommene Beschränkungen der [X.] oder Vertriebswege sind deshalb unbeachtlich. Im nationalen Markenrecht sind ausschließlich inländische [X.]e relevant. Für den Erwerb einer nationalen Marke ist es deshalb unerheblich, ob ausländische [X.]e das Zeichen als beschreibend oder nicht unterscheidungskräftig ansehen. Nur im Ausland bestehende Schutzhindernisse sind unbeachtlich (vgl. [X.] [X.], 22. Edition, Stand: 01.07.2020, § 8, Rdnr. 103 ff).

Es kann im Ergebnis dahinstehen, ob vorliegend auf den [X.] der (inländischen) Verbraucher oder auf den des (inländischen) Handels (mithin die Fachkreise) abzustellen ist, da sich die angegriffene Marke in beiden Fällen als schutzfähig erweist.

a) Dies gilt zunächst für den [X.] der inländischen Verbraucher. Da es sich bei den von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren um Lebensmittel des täglichen Bedarfs handelt und das [X.] auch keinerlei Einschränkung auf den [X.] oder den Ursprung der Waren aufweist, ist auf die breite Masse der inländischen Verbraucher abzustellen. Dass ein relevanter Teil der inländischen Gesamtbevölkerung die angegriffene Marke im Sinne von "[X.]" auffassen wird, erscheint unwahrscheinlich, da nur ein geringer Prozentsatz der inländischen Bevölkerung der [X.] Sprache mächtig ist. Dies bedarf im Ergebnis jedoch keiner Entscheidung. Selbst wenn nämlich zu Gunsten der Löschungsantragstellerin von einem solchen Verständnis der Gesamtbevölkerung ausgegangen oder der [X.] der russischsprachigen inländischen Bevölkerung als maßgeblich angesehen würde, bliebe der Löschungsantrag erfolglos.

(1) Mit ihrer Bedeutung "[X.]" benennt die angegriffene Marke keine Eigenschaften der nunmehr allein noch verfahrensgegenständlichen Waren "Fleischwaren, eingesalzen; Wurst; Wurstwaren; Pasteten, soweit in Klasse 29 enthalten" sowie "Pasteten und Teigtaschen mit Fleischfüllung, soweit in Klasse 30 enthalten". Bei einem "[X.]" handelt es sich um "jemanden, der gern Leckerbissen isst; Feinschmecker" bzw. um "jemanden, der gern Süßigkeiten isst" (vgl. unter "www.duden.de" – Stichwort: [X.]). Der Begriff des "[X.]s" bezeichnet somit eine Person und keine Eigenschaft einer Ware, insbesondere eines Lebensmittels.

(2) Die angegriffene Marke weist außerdem keinen engen beschreibenden Bezug zu den von ihr beanspruchten Waren auf. [X.] ist ein Zeichen auch dann, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren oder Dienstleistungen hergestellt wird und deshalb die Annahme gerechtfertigt ist, der Verkehr werde den beschreibenden Inhalt des Begriffs als solchen ohne Weiteres und ohne Unklarheiten erfassen ([X.], 272 – Rheinpark-Center Neuss).

Entgegen der Auffassung der Löschungsantragstellerin benennt die angegriffene Marke mit ihrer Bedeutung "[X.]" nicht ausreichend deutlich den möglichen [X.] der verfahrensgegenständlichen Fleischwaren (anders als etwa der Begriff "Kinder" für Schokoladenwaren, vgl. [X.], [X.]). Es bedarf erst mehrerer Gedankenschritte, um einen engen beschreibenden Bezug zwischen der angegriffenen Marke und den in Rede stehenden Waren herstellen zu können. Zunächst muss der eher scherzhaft anmutende und vor allem bei Süßigkeiten gebräuchliche Begriff "[X.]" mit dem allgemeineren Ausdruck "Feinschmecker" gleichgesetzt und auf Fleischwaren übertragen werden. Anschließend ist bei diesen generell von einer Qualität auszugehen, die sie zum Verzehr durch Feinschmecker geeignet erscheinen lässt. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass die gegenständlichen Lebensmittel "Fleischwaren, eingesalzen; Wurst; Wurstwaren; Pasteten, soweit in Klasse 29 enthalten" sowie "Pasteten und Teigtaschen mit Fleischfüllung, soweit in Klasse 30 enthalten" vornehmlich für den täglichen Verzehr bestimmt sind, so dass sie in nahezu jedem Supermarkt und nur in Ausnahmefällen in Feinkostläden angeboten werden. Es handelt sich bei ihnen folglich in erster Linie um Produkte für den Durchschnittsverbraucher. Schließlich müssen die "Leckermäuler" im Sinne von Feinschmecker als Abnehmer der besagten Fleischwaren angesehen werden, um die gegenständliche Marke im Sinne einer Bestimmungsangabe verstehen zu können. Zusammenfassend kann damit nicht davon ausgegangen werden, dass der Verkehr den beschreibenden Inhalt des Begriffs "[X.]" als solchen ohne Weiteres erfassen wird.

(3) Zudem konnte nicht festgestellt werden, dass das in [X.] gegebenenfalls anderweitige Sprachverständnis der angegriffenen Marke auch bei den inländischen [X.]en, auf die es vorliegend abzustellen gilt, anzutreffen ist.

Zutreffend hat das [X.] darauf hingewiesen, dass die von der Löschungsantragstellerin vorgelegten [X.] nicht geeignet sind, das von ihr behauptete Verständnis zu belegen. Sie hat zwar mit ihrem Schriftsatz vom 4. Juni 2014 verschiedene [X.] vorgelegt. Hierbei ist jedoch zunächst auffällig, dass die angegriffene Marke dort oftmals in Anführungszeichen zu finden ist, was auf eine markenmäßige und nicht auf eine beschreibende Verwendung schließen lässt. Hinzu kommt, dass alle vorgelegten Nachweise ausschließlich in [X.]r Sprache gehalten sind und die Löschungsantragstellerin jeden substantiierten Vortrag, in welchem konkreten Umfeld die verfahrensgegenständliche Bezeichnung dort genannt wird, schuldig geblieben ist. Allein die Einreichung von fremdsprachigen Internetausdrucken ohne jedwede nähere Erläuterung derselben ist als Beleg einer beschreibenden Verwendung ungeeignet, zumal die [X.] ist (§ 184 GVG).

Ferner ist der Hinweis der Löschungsantragstellerin auf eine Vielzahl von Unternehmen in [X.], welche die angegriffene Marke als Gattungsbezeichnung verwenden würden, nicht geeignet, ein entsprechendes Verkehrsverständnis in [X.], geschweige denn in [X.] zu belegen. Zutreffend hat das [X.] darauf hingewiesen, dass die von der Löschungsantragstellerin ins Feld geführten [X.] auch dafür sprechen könnten, dass es sich um eine beliebte Kennzeichnung handelt, die von verschiedenen Anbietern markenmäßig verwendet wird, möglicherweise auch im Rahmen einer Lizenzvereinbarung. Trotz der ihr obliegenden Mitwirkungspflicht sowie Darlegungslast (vgl. hierzu [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 12. Auflage, § 54, Rdnr. 21) hat die Löschungsantragstellerin ihren entsprechenden Vortrag auch im Rahmen des Beschwerdeverfahrens nicht näher substantiiert.

b) Auch wenn auf den [X.] als weiteren angesprochenen [X.] abgestellt wird, verhilft dies dem Löschungsbegehren der Antragstellerin vorliegend nicht zum Erfolg.

Bei den am internationalen Handelsverkehr beteiligten inländischen Fachkreisen kann unterstellt werden, dass sie grundsätzlich in der Lage sind, eindeutig beschreibende Angaben auch in fremder Sprache zu erkennen. Davon ist jedenfalls bei Sprachen fremder [X.] auszugehen, mit denen Handelsbeziehungen im Bereich der einschlägigen Waren und Dienstleistungen bestehen. Vorliegend gilt es zu berücksichtigen, dass die Wirtschaftsbeziehungen zwischen [X.] und [X.] seit dem Zusammenbruch der [X.] im Zuge der Öffnung der Grenzen erheblich intensiviert worden sind. Der Handel mit den baltischen [X.] und [X.] expandiert aufgrund entsprechender Handelsabkommen und Wirtschaftsvereinbarungen, wovon auch der Lebensmittelbereich in ansteigendem Maße profitiert. Dies war bereits bei der Anmeldung und ist – ungeachtet der aktuellen Krimkrise und der daraus resultierenden politischen Spannungen zwischen der [X.] und westlichen [X.] – auch im Entscheidungszeitpunkt der Fall (vgl. BPatG 28 W (pat) 578/12 – Omas Gurken; BPatG 28 W (pat) 27/13 – PLOMBIR).

Wie bereits ausgeführt, sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die angegriffene Marke in [X.] im Sinne einer Qualitätsangabe oder als Gattungsbezeichnung verstanden wurde, respektive wird, so dass allein schon hierauf basierend für die Annahme eines entsprechenden Verständnisses des inländischen Handels kein Raum ist.

Auch der Hinweis der Löschungsantragstellerin auf eine staatliche Zertifizierung vermag ein anderes Ergebnis nicht zu rechtfertigen. Aus der von ihr vorgelegten Aufstellung gemäß der Anlage zum Schriftsatz vom 4. Juni 2014 ist lediglich ersichtlich, dass es in [X.] verschiedene Produkte mit der Produktbezeichnung "[X.]" gibt, die Gegenstand unterschiedlicher technischer Vorschriften sind ("TU"). Um welche konkreten technischen Vorschriften es sich hierbei jeweils handelt, hat die Löschungsantragstellerin nicht vorgetragen – auch der Senat war nicht in der Lage, dies zu ermitteln. Auffällig ist hingegen, dass die vorliegend in Rede stehenden Waren der angegriffenen Marke – zumindest ausweislich der von der Löschungsantragstellerin vorgelegten Auflistung – nicht Gegenstand einer entsprechenden "TU" sind.

Allein aus dem Vorhandensein einer gesetzlichen Normierung als solcher kann – ohne weitere Angaben zu den tatsächlichen Verhältnissen in [X.] – nicht darauf geschlossen werden, dass sich eine bestimmte Bezeichnung zu einer beschreibenden Angabe oder einer Gattungsbezeichnung entwickelt hat. Einen diesbezüglichen substantiierten Nachweis ist die Löschungsantragstellerin ebenfalls schuldig geblieben. Weiter fehlt jeder Vortrag dahingehend, warum die inländischen Fachkreise gerade von dieser gesetzlichen Normierung hätten Kenntnis haben sollen.

4. Aus vorstehend Gesagtem folgt im Ergebnis weiter, dass die Löschung der Eintragung der angegriffenen Marke auch nicht auf das Schutzhindernis des Fehlens der Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.] gestützt werden kann. Es ist nämlich nicht mit der hierfür erforderlichen Sicherheit der beschreibende Sinngehalt der gegenständlichen Bezeichnung zum Zeitpunkt der Anmeldung als auch zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag feststellbar. Entsprechendes gilt auch unter dem Gesichtspunkt eines engen beschreibenden Bezugs.

5. Hinsichtlich der Kosten des Beschwerdeverfahrens verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung des § 71 Abs. 1 Satz 2 [X.], da [X.] für die Auferlegung der Kosten auf einen Beteiligten weder vorgetragen noch ersichtlich sind.

Meta

28 W (pat) 14/18

24.11.2020

Bundespatentgericht 28. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG, § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG, § 50 Abs 1 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 24.11.2020, Az. 28 W (pat) 14/18 (REWIS RS 2020, 276)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 276

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